• Aufständische haben Einflussgebiet ausgeweitet
"... Die ukrainische Regierung hat unterdessen am Donnerstag eingeräumt, dass die prorussischen Aufständischen im Osten des Landes ihr Einflussgebiet bis ans Asowsche Meer ausgeweitet haben. Die dortigen Grenzabschnitte zu Russland würden derzeit "von prorussischen Söldnern kontrolliert", sagte der Militärsprecher Andrej Lissenko am Donnerstag vor Journalisten in Kiew. ..." (Die Presse online, 11.9.14)
• Neue EU-Sanktionen ab Freitag
"Die neuen Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union gegen Russland treten am Freitag in Kraft. Darauf einigten sich die EU-Botschafter am Donnerstag in Brüssel. Eine Sprecherin des britischen Premiers David Cameron sagte, dass die Staatschefs Angela Merkel, Francois Hollande, Matteo Renzi sowie der scheidende EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy vereinbart hätten, dass die Sanktionen Ende der Woche veröffentlicht werden.
Die Sanktionen werden zudem von einer Erklärung Van Rompuys begleitet, sagten EU-Diplomaten. In dieser Erklärung werde die EU Bereitschaft zur Rücknahme der Sanktionen für den Fall zeigen, dass sich Russland konstruktiv um die Beendigung der Ukraine-Krise bemüht, hieß es. Die Erklärung sollte noch am Donnerstag veröffentlicht werden. Darin werde Van Rompuy mitteilen, dass die EU ihre Sanktionen im Blick auf die Umsetzung der Waffenruhe in der Ukraine überprüfen werde. ..." (Der Standard online, 11.9.14)
Da helfen alle Warnungen nichts ...
• "Die meisten Ukrainer wollen Frieden"
Die Tageszeitung Neues Deutschland veröffentlicht in ihrer Ausgabe vom 11.9.14 auf Seite 7 ein Interview mit Viktoria Schilowa, Professorin und Vorsitzende der ukrainischen Anti-Kriegs-Organisation AntiWojna sowie Abgeordnete in Dnjepropetrowsk:
"... Wird der Waffenstillstand in der Ostukraine halten?
Schilowa: Er wird nicht halten, weil ihn die Mächtigen in Kiew nicht wollen. Doch derweil leben die Menschen im Donbass in der Hölle. Die humanitäre Lage ist katastrophal: kein fließendes Wasser, die sanitären Anlagen arbeiten nicht, es gibt keine Lebensmittel.
Sie haben Ihre Anstellung als Professorin am Institut für Film, und Fernsehen an der Kiewer Nationalen Universität für Kultur und Künste verloren. Hat das mit ihrem Kampf gegen den Krieg zu tun?
Ich habe versucht, einen ehrenvollen und wahrhaftigen Journalismus zu lehren, wurde aber beschuldigt, den Studenten Separatismus beizubringen. Seit ich eine anti-oligarchische Haltung einnehme und mich an meiner Universität gegen den Krieg einsetze, wurde ich als »Donbass-Separatistin« bezeichnet und entlassen. Es läuft eine Kampagne gegen die Bewegung »AntiWojna«. Der Fernsehkanal »1+1«, der dem Oligarchen Kolomoyski gehört, wirft Schmutz auf »AntiWojna« und mich. ...
Wer unterstützt »AntiWojna«?
Nach Umfragen wollen mehr als 70 Prozent der Ukrainer Frieden und eine bedingungslose Einstellung des Krieges im Südosten. Das hat die Regierung völlig ignoriert. Inzwischen stürzt die Ukraine in den wirtschaftlichen Abgrund. Aber nun lassen sich die Probleme ja alle auf den Krieg zurückführen. ...
Sind Sie selbst in Gefahr?
Alle Proteste der Mütter gegen den Krieg wurden angegriffen. Die jüngsten Demonstrationen der Mütter vor der Werchowna Rada und der Präsidialverwaltung in Kiew wurden von Söldnern mit Sturmhauben, jungen Menschen in Sportkleidung und mit Waffen in ihren Händen beendet. Provokateure riefen zur Fortsetzung der »Anti-Terror-Operation« auf. ...
Haben die Menschen eine reale Vorstellung von der Anti-Terror-Operation?
Die Gesellschaft ist sehr polarisiert wegen der Desinformationspropaganda der ukrainischen Medien. Einige Reporter zeigen Aufnahmen des Beschusses von Slawjansk, Lugansk und Donezk durch die ukrainische Armee und sagen, das sei Beschuss durch die Milizen. Internet-Interviews mit Menschen, die mit der Regierung unzufrieden sind, werden so bearbeitet, dass der Eindruck entsteht, die Leute sprechen über die Milizen. Die ukrainischen Medien berichten, dass die Milizen des Donbass Städte bombardieren. Dabei verfügen sie über keine Flugzeuge.
Die neueste »Innovation« der ukrainischen Behörden sind Diversionsbrigaden. Sie tragen St.-Georgs-Bänder wie sonst nur die russischen Soldaten. Dann wird an den Stadträndern von Donezk und Lugansk auf friedliche Zivilisten geschossen. Über 200 dieser »Freiwilligen« sind in Donezk von Milizen und einfachen Bürgern festgenommen worden. ...
Halten Sie Frieden für die Ukraine angesichts all dessen denn noch für möglich?
Ich bin bereits seit vier Monaten in der Bewegung gegen den Krieg aktiv. Ich habe Bekannte sowohl in der Miliz als auch beim ukrainischen Militär. Auch dort ist die Stimmung strikt gegen den Krieg. Aber die Soldaten fürchten um ihre Verwandten, die von den Strafbataillonen der Nationalgarde verfolgt werden, wenn sie sich weigern, in der »Anti-Terror-Operation« zu kämpfen.
Auch heute ist der Frieden immer noch möglich. Aber nur, wenn alle Truppen die Feindseligkeiten einstellen und in Ruhe mit dem Donbass verhandelt wird. Die Menschen im Donbass haben nichts gegen die Ukraine und die Ukrainer. Aber sie lehnen kategorisch die Heuchler und Mörder ab, die in Kiew an der Macht sind. ..."
• Deutsche Unternehmen halten Sanktionen für falsch
"Kurz und mittelfristig drohen auf dem russischen Markt Verluste und sogar der Exodus. So das Fazit einer repräsentativen Umfrage, die die deutsch-russische Außenhandelskammer (AHK) in Moskau vorstellte. Sie vertritt rund 750 deutsche Unternehmen, die in Russland ansässig sind.
Das Ergebnis der Mitgliederbefragung ist eine gelbe Karte für die Politik. Für Russland wie für Deutschland. Denn Gegenstand waren die Sanktionen, die Europa und Moskau wegen der Ukraine-Krise gegen den jeweils anderen verhängten. Fast 80 Prozent der Befragten halten sie für den falschen Weg und kontraproduktiv für das politische Krisenmanagement.
Nur 38 Prozent der in Russland ansässigen deutschen Unternehmen gaben an, von Embargos direkt betroffen zu sein. Das waren mit 24 Prozent vor allem Hersteller von Gütern, die sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich eingesetzt werden können, sowie der meist mittelständische Maschinen- und Anlagenbau.
58 Prozent fürchten jedoch, der Konflikt in der Ukraine werde direkte Auswirkungen auf ihre Geschäfte haben. ..." (Neues Deutschland, 11.9.14, S. 7)
• Verschärfte EU-Sanktionen gegen Russland vertagt
"Die Vertreter von 28 EU-Staaten ringen in Brüssel weiter um die Inkraftsetzung neuer Wirtschaftssanktonen gegen Russland. Beratungen über die von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel geforderten sofortigen Anwendung der Maßnahmen waren gestern auf heute vertagt worden.
Mehrere Staaten, darunter Italien und Finnland, zögern mit der Umsetzung, weil diese unter anderem die Feuerpause in der Ostukraine gefährden könnte.
Den Gebieten dort stellte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko mehr Autonomierechte in Aussicht: “Nächste Woche wird dem Parlament in Kiew ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt. Davon hängt der Frieden ab und die friedliche Rückführung der Gebiete unter die Souveränität der Ukraine.” ..." (Euronews, 11.9.14)
• Etwa 1.500 Ausländer kämpfen für "Volksrepublik Donezk"
"Rund 1500 ausländische Freiwillige kämpfen auf der Seite der von Kiew abtrünnigen „Donezker Volksrepublik“ (DVR) im Osten der Ukraine, wie DVR-Parlamentschef Boris Litwinow am Mittwoch mitteilte.
„Nach meinen Angaben machen sie (Ausländer) etwa zehn bis 15 Prozent aus“, sagte Litwinow in Donezk. Es handle sich um 1500 Menschen. Die Meisten von ihnen stammten aus Russland. Doch gebe es auch Freiwillige aus Frankreich, Deutschland und Israel. Auf beiden Seiten kämpfen nach Litwinows Angaben Angehörige der französischen Fremdenlegion (Légion étrangère).
Bereits Ende August hatte der DVR-Premierminister Alexander Sachartschenko bestätigt, dass viele Freiwillige aus Russland auf der Seite der Milizen gegen die ukrainische Armee und Kiew-treue Formationen kämpften. „In unseren Reihen hat es etwa 3000 bis 4000 Russen gegeben. Viele sind bereits heimgefahren.“ Davor hatte auch die Führung in Kiew eingestanden, dass ausländische Soldaten auf der Seite der Regierungstruppen an den Kämpfen teilnehmen. ..." (RIA Novosti, 10.9.14)
• Österreichische und Schweizer Kritik an den Sanktionen
Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, erläuterte am 10.9. in der Sendung ZIB2 des ORF, warum er gegen die Sanktionen gegen Russland ist und diese als "unsinnig" bezeichnet, und welche Fehler die EU im Umgang mit Wladimir Putin gemacht hat. Leitl erzählt, dass sich am Vortag ihm gegenüber der Schweizer Wirtschaftsminister "sehr skeptisch" gegenüber den Sanktionen geäußert habe und der Schweizer Bundespräsident und OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter sich gegen neue Sanktionen wandte.
Leitl weiter im Wortlaut: "... Ich bin auch der Meinung, es ist das eine politische Krise, die mit politischen Mitteln gelöst werden muss und nicht in dem man die Wirtschaft, die ja die Menschen zu verbinden, ihnen zu nützen, ihnen zu dienen, dem Frieden einen beitrag zu liefern hat gegenseitig einzusetzen als Kampfinstrument.
... Indem man sich zusammensetzt, die Beteiligten. Die Beteiligten sollen sich zusammensetzen. Putin hat sieben Punkte vorgeschlagen, die Europäische Union hat ihre Vorstellungen. Nur einmal in Minsk zusammen zu kommen ist zu wenig ... Schließlich eine sicherheitspolitische Lösung, die keine Bedrohung Russlands ist, sprich kein NATO-Beitritt ..."
Leitl forderte Gespräche um Kompromisse zu finden: "Die Gespräche sind ohne Alternative. Was haben Sie für eine Alternative? Wenn wir uns weiter mit Sanktionen und Drohungen hineinsteigern, ich bezweifle, ob das Herrn Putin irgendwo berührt, ganz im Gegenteil: Es facht den Nationalismus an, es führt tiefer ins Problem hinein und nicht aus dem Problem heraus."
Auf die Frage des Moderators, ob das Angela Merkel nicht wisse, antwortet Leitl: "Angela Merkel hat zu schauen, daß die 28, und da gibt's unterschiedliche Meinungen, zu einer Linie finden, und hat hinter sich auch noch Länder, die möglicherweise auch Einfluß ausüben."
Der Moderator: "Das verstehe ich jetzt nicht ..."
Leitl: "Na blicken Sie über den Großen Teich, dann wissen Sie, wer das ist."
Moderator: "Sie glauben, Angela Merkel agiert im Interesse der USA?"
Leitl: "Nein, aber in Abstimmung mit den USA. Sie ist sicherlich guten Glaubens, dass man mit dem aus dem Problem rauskommt. Ich bezweifle das massiv und kann nur wiederholen, dass die Schweizer, die wirklich eine kluge jahrhundertelange Neutralitätspolitik verfolgt haben und sich auf der Welt ein bisschen auskennen, wenn die sagen: Bitte jetzt auf Vorsicht, jetzt auf Diplomati, jetzt auf Verhandlung setzen, dann nehme ich das serh sehr ernst. Da kann mir niemand unterstellen: Das macht der jetzt aus wirtschaftlichem Interesse. ..."
Leitl äußerte sich am selben Tag auch in einer Pressemitteilung zum Thema: "Die Sanktionen der EU gegen Russland ziehen in der europäischen Wirtschaft bereits weite Kreise und verursachen auch bei österreichischen Betrieben deutliche Einbußen, wie zuletzt am Beispiel des Lkw-Herstellers MAN ersichtlich war, der aufgrund fehlender Aufträge aus Russland Kurzarbeit für rund 2.000 Beschäftigte anmelden muss. ... Sollten die Sanktionen verschärft werden und die Krise sich zuspitzen, ist ein größeres Ausmaß an Schäden zu befürchten. Das können und wollen wir uns angesichts des nur sehr verhaltenen Wirtschaftswachstums nicht leisten. Wir drohen in eine längerfristige Vertrauenskrise zu schlittern, wenn wir nicht aktiv gegensteuern. ... Was wir brauchen, ist eine konzertierte politische Initiative zur Beendigung der Ukraine-Krise und damit der Sanktionspolitik. Die bisherigen Sanktionsschritte verursachen zwar bereits schmerzliche Einbußen, eine Kursänderung Putins ist jedoch nicht zu erkennen. Es ist daher nicht einzusehen, warum die betroffenen Betriebe und die Beschäftigten den Schaden tragen sollen."
• Russland kündigt Antwort auf NATO-Kurs an
"Russland will auf die von der Nato beschlossene Truppenverstärkung in Osteuropa “adäquat” reagieren. “Wegen dieser neuen Bedrohungen ist Russland gezwungen, seine Sicherheit zu stärken”, sagte Kremlchef Wladimir Putin und kündigte eine neue Militärdoktrin bis Ende des Jahres an. Außerdem sagte der russische Präsident: “Die Krise in der Ukraine ist von einigen Ländern des Westens in die Wege geleitet und immer weiter angefacht worden. Nun benutzt die Nato die Ukrainekrise, um sich selbst wiederauferstehen zu lassen. Dabei werden wir nicht untätig dabeistehen, sondern wir werden die Sicherheit Russlands bei allen Entscheidungen im Auge behalten.” Von einem U-Boot im japanischen Meer aus testete Russland am Mittwoch eine atomar bestückbare Interkontinentalrakete vom Typ “Bulawa”. Sie habe ihr Ziel auf der Halbinsel Kamchatka getroffen, so ein Sprecher der russischen Marine." (Euronews, 10.9.14)
• Entspannungssignale nähren Zweifel am Sinn der Sanktionen - OSZE will mit Drohnen beobachten
"Als Petro Poroschenko gestern zu einer Kabinettssitzung in Kiew eintraf, hatte er neue, schöne Zahlen des Geheimdiensts im Gepäck. „70 Prozent der russischen Truppen in der Ukraine zogen sich wieder hinter die Grenze zurück“, ließ der ukrainische Präsident später in einer Erklärung mitteilen. Poroschenko kündigte zudem an, nächste Woche einen Gesetzesantrag einzubringen, der (Rebellen-)Gebieten im Raum Lugansk und Donezk eine „vorübergehende Selbstverwaltung“ innerhalb der Ukraine einräumt.
Mit den Entspannungssignalen mehren sich die Zweifel, ob die am Montag beschlossenen EU-Sanktionen im Amtsblatt veröffentlicht, also in Kraft treten sollen. Angela Merkel drängte zwar gestern auf eine Umsetzung. Doch die deutsche Regierungschefin stößt auf Widerstand. Im Bundeskanzleramt in Wien erwartet man, dass die Sanktionen am Freitag Geltung erlangen.
Kritisch merkte Tschechiens Außenminister Lubomir Zaoralek gestern an, Sanktionen allein seien noch keine Strategie. „Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um neue Sanktionen zu beschließen, oder macht das eine fragile Situation noch fragiler?“, fragte auch OSZE-Chef Didier Burkhalter rhetorisch. Seine Organisation plant, Drohnen zur Überwachung des Waffenstillstands zu schicken. Und Experten. Die OSZE fühlt auch beim Verteidigungsministerium bereits vor, ob die drei „eingemeldeten“ Soldaten der Miliz für eine Mission verfügbar wären. ..." (Die Presse online, 10.9.14)
• Kiewer Truppen werden umgruppiert
"Dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zufolge gruppiert Kiew seit Beginn der Waffenruhe seine Militäreinheiten im Konfliktgebiet in der Ostukraine um. Dies sei nicht für einen Angriff auf prorussische Separatisten gedacht, sondern für die Verteidigung des Staatsgebiets, so Poroschenko bei einer Kabinettssitzung in Kiew. Außerdem sagte er, der Geheimdienst habe ihn informiert, dass “70 Prozent der russischen Kämpfer über die Grenze zurück gegangen” seien. “Das gibt uns die Gelegenheit für eine friedliche Lösung des Konflikts, und es zeigt klar, dass Initiativen, um einen Frieden aufzubauen, vielversprechend sind,” so der Staatschef. Poroschenko hatte am Vorabend bei einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin über die Waffenruhe in der Ostukraine diskutiert.
Der Präsident sagte auch, er habe ein Gesetz auf den Weg gebracht, das klar festlege, dass die Regionen Luhansk und Donezk Teil der Ukraine blieben, auch für den Fall, dass sie einen Sonderstatus erhielten. “Es ist sehr wichtig, dass das Parlament diesem Gesetzentwurf bald zustimmt. Für einen Frieden ist dieses Gesetz unabdingbar,” so Poroschenko. Er wolle den Separatisten mehr Autonomie zubilligen, eine Unabhängigkeit für Luhansk und Donezk lehnte er erneut rigoros ab." (Euronews, 10.9.14)
• Weiter Gefechte in Ostukraine
"Trotz Waffenruhe wird in der Ostukraine weiterhin geschossen. Am Mittwochvormittag war das periodische Dröhnen der Artillerie weit im Umkreis der Donbass-Hauptstadt Donezk zu vernehmen. Die Geräusche stammen offenbar von Gefechten um den Flughafen. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, die Feuerpause zu missachten. Ein Sprecher Kiews teilte später mit, die am Flughafen verschanzten Regierungstruppen hätten eine gepanzerte Kolonne der Rebellen vernichtet. Diese wiederum bezichtigen das ukrainische Militär, die Waffenruhe für eine Umgruppierung der eigenen Kräfte zu nutzen.
Die Umgruppierung bestätigte Petro Poroschenko, der bei einem Treffen mit der Regierung wenig Optimismus versprühte: "Gott weiß, wie lang die Feuerpause noch dauern wird", klagte der ukrainische Präsident über "Provokationen der Terroristen". Kiew werde aber alles in seiner Macht Stehende tun, um den Frieden zu erhalten, versprach er. Die Umgruppierung diene keinem neuen Angriff, sondern der Festigung der eigenen Stellungen.
Positiv ist seinen Angaben nach, dass trotz vereinzelter Scharmützel keine umfassenden Kampfhandlungen stattfinden. ..." (Der Standard online, 10.9.14)
• Mauerbau an der Grenze zu Russland begonnen
"Ab jetzt wurden die Bauarbeiten zur Festigung der Grenze mit Russland im Auftrag vom Präsidenten der Ukraine eingeleitet. Das berichtet der Pressedienst der ATO.
„Angefangen sind die erstrangigen Arbeiten zur Einrichtung von Befestigungsanlagen und Pioniersperrsystemen an bestimmten Grenzabschnitten“, - heißt es im Bericht. Der ATO-Pressedienst betont auch, geplant seien zwei Verteidigungslinien, deren Hauptziel in der Nichtzulassung des Gegners auf ukrainisches Territorium besteht.
Den Hauptumfang der Arbeiten bilden etwa anderthalb Tausend Kilometer von Lauf- und Schützengraben zur Verbindung, über acht Tausend Graben für Kampfgeräte, über vier Tausend Schützengraben für Personal, dazu gehört auch der Bau einer 60-km langen nichtexplosiblen Sperre." (Ukrinform, 10.9.14)
• Putin: Westen nutzt Ukraine-Krise zur Reaktivierung der NATO
"Russlands Präsident Wladimir Putin hat westliche Staaten beschuldigt, die Ukraine-Krise für eine Wiederbelegung der Nato zu nutzen.
„Die Krise in der Ukraine, die von einigen unserer westlichen Partner provoziert und herbeigerufen wurde, wird jetzt für eine Reanimierung dieses Militärblocks genutzt“, sagte Putin am Mittwoch in Moskau. „Wir werden das in den Entscheidungen zur Gewährleistung der Sicherheit unseres Landes berücksichtigen. Wir werden alles tun, um die Sicherheit absolut zu garantieren.“ ..." (RIA Novosti, 10.9.14)
• Jazenjuk Anführer der "Volksfront"
"Zum Anführer der politischen Partei „Narodnyj front“ („Volksfront“) ist ukrainischer Ministerpräsident Arssenij Jatzenjuk geworden. Seine Kandidatur wurde bei der 1. Etappe des außerordentlichen Parteitages, der am Mittwoch veranstaltet wird, einstimmig unterstützt, berichtet der Ukrinform-Korrespondent.
Der Parteitag wurde vom Sprecher des ukrainischen Parlamentes Oleksandr Turtschynow eröffnet. An der Arbeit des Parteitages sind ca. 490 Parteimitglieder beteiligt. ..." (Ukrinform, 10.9.14)
• Ukrainischer Politiker: Westen will Russland in die Enge treiben
"Der Westen verschiebe die Sanktionen, denn er wolle nicht die Wirtschaft Russlands vernichten, er möchte dieses Land nur zurechtweisen. Eine solche Meinung hat ukrainischer Ex-Minister für auswärtige Angelegenheiten Wolodymyr Ohrysko in der Live-Sendung des „24“-Senders zum Ausdruck gebracht.
„Sie (die Sanktionen –red.) können dazu führen, dass die russische Wirtschaft nicht aushalten können und einfach zerfallen wird. Man möchte die Russische Föderation in die Enge treiben, sie aber nicht ersticken. Deshalb gibt es eine solche Verschiebung der Sanktionen“, - davon ist Ohrysko überzeugt. Die Tatsache des Fehlens einer einheitlichen Außenpolitik in der Europäischen Union bleibe doch ein ernsthaftes Problem. ..." (Ukrinform, 10.9.14)
• Poroschenko will neue "Mannerheim-Linie" zu Russland
"Der ukrainische Präsident Pjotr Poroschenko hat am Mittwoch in einer Regierungssitzung angekündigt, dass Kiew an der Grenze zu Russland im Bedarfsfall ein mächtiges Befestigungswerk nach dem Vorbild der Mannerheim-Linie bauen wird.
Die mehr als 100 Kilometer lange Verteidigungsanlage, die in den Jahren 1920 bis 1930 am finnischen Abschnitt der Karelischen Landenge, zwischen dem Ladogasee und dem Finnischen Meerbusen, gebaut worden war, hatte zum Ziel, gegen einen eventuellen Angriff der Sowjetunion zu schützen.
„Wenn wir ohne eine Mannerheim-Linie nicht auskommen sollten, werden wir auch solche Befestigungsanlagen errichten müssen, die aber stärker sein müssen als das Vorgängermuster. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es nicht um Befestigungswerke geht, wie sie 1941 und 1942 gebaut wurden, sondern um solche, die unsere moderne Verteidigungswissenschaft jetzt braucht“, so Poroschenko. Ein solches Abwehrsystem müsse „eine tiefgestaffelte Verteidigungsanlage mit Panzerstellungen und Schutzmechanismen gegen Salvenfeuer sowie mit modernen Kommunikationsleitungen und einer speziellen Zone für einen effektiven Waffeneinsatz“ umfassen, so Poroschenko. Ihm zufolge müssen „alle bei der Anti-Terror-Operation eingesetzten Einheiten“ zu dem Abwehrsystem gehören.
Der ukrainische Regierungschef Arsenij Jazenjuk hatte früher den Start des Projektes „Mauer“ angekündigt, das die Errichtung einer „echten Staatsgrenze zu Russland“ vorsieht und in sechs Monaten abgeschlossen werden soll.
Nach Expertenschätzungen wird die Befestigung der Grenze zu Russland nach dem in Israel üblichen Prinzip die Ukraine schätzungsweise vier Milliarden US-Dollar kosten und höchstwahrscheinlich länger dauern, als gewünscht." (RIA Novosti, 10.9.14)
Dieser Poroschenko-Vorschlag ist ebenfalls nicht neu oder überraschend: "Zu Poroschenkos Plänen gehört laut Ukrinform auch, die Grenze nach Russland zu sperren und die „Antiterror-Operation“ in der Ostukraine fortzusetzen." Darauf hatte ich am 24.5.14 hingewiesen.
• Russland und Korruption sind Hauptfeinde der Ukraine
"Die Hauptfeinde der Ukraine sind laut Premierminister Arseni Jazenjuk Russland und die Korruption. „Wir haben zwei Aggressoren: Der erste und der äußere ist Russland und der zweite ist Korruption“, sagte er am Mittwoch in einer erweiterten Regierungssitzung unter Teilnahme von Staatspräsident Pjotr Poroschenko.
Zuvor hatte der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko darauf verwiesen, dass „Korruption, Machtverfall und Banditentum“ die Hauptursachen für die aktuelle Lage in der Ukraine seien.
Laut Jazenjuk will das Kabinett am 15. September einen Gesetzentwurf zum Staatshaushalt ins Parlament einbringen, der Militärausgaben in Milliardenhöhe vorsieht." (RIA Novosti, 10.9.14)
Dazu passt ein Bericht der Tageszeitung Die Welt in deren Online-Ausgabe vom 23.8.14: "In der Ukraine tobt der Krieg der Oligarchen"
• Poroschenko: Zusammenarbeit mit NATO auf höchstem Niveau
"Die Ukraine hat laut Präsident Pjotr Poroschenko das höchste Niveau der Zusammenarbeit mit der Nordatlantikallianz erreicht. „Wir haben derzeit das höchste Niveau der Zusammenarbeit mit der Nato erreicht, welches es nur geben kann. Es ist uns gelungen, mit einer Reihe von Ländern über einen Ausbau der militärtechnischen Zusammenarbeit übereinzukommen“, sagte er.
Am Montag erklärte Poroschenko, dass es ihm gelungen sei, sich mit einer Reihe von Nato-Ländern auf direkte Lieferungen von modernen Waffen in die Ukraine zu einigen. Nach Angaben von Juri Luzenko, Berater des ukrainischen Präsidenten, wurde bei dem Nato-Gipfel in Wales eine Vereinbarung über Waffenlieferungen aus den USA, Frankreich, Polen, Norwegen und Italien getroffen. All diese Länder hatten jedoch in der Folgezeit diese Erklärung dementiert.
Die Nato betonte mehr als einmal, dass die Organisation an und für sich keine Waffen und keine anderen militärischen Ausrüstungen an die Ukraine liefern könne, weil sie darüber nicht verfüge. Dabei sagte der Generalsekretär der Allianz, Anders Fogh Rasmussen, am vorigen Donnerstag zu Journalisten, dass sich die Nato in die Entscheidungen einzelner Mitgliedsländer, Waffen an die Ukraine zu liefern, nicht einmischen werde.
Später erläuterte ein Nato-Vertreter RIA Novosti, dass die Spitzenvertreter der Mitgliedsländer der Allianz den Antrag der Ukraine auf Erweisung militärtechnischer Hilfe in Betracht gezogen hätten. Seinen Worten nach leisten viele Verbündete der Ukraine zusätzliche Hilfe auf bilateraler Grundlage." (RIA Novosti, 10.9.14)
• Brzezinski: Westen muss Ukraine mit Waffen helfen
"Zbigniew Brzezinski (86), Berater von US-Präsident Barack Obama, hat sich für Waffenlieferungen des Westens an die ukrainische Regierung ausgesprochen. "Wir müssen die Ukraine mit Waffen unterstützen. Nicht um Russland anzugreifen, sondern zur Selbstverteidigung", sagte er am Dienstag in einem Interview mit der Deutschen Welle. "Wenn die Ukrainer sich wehren, werden die Kosten für Putin steigen und er muss seine Strategie überdenken."
Die Haltung von Russlands Präsident Wladimir Putin nannte Brzezinski "antiquiert": "Er wird damit nicht durchkommen. Aber wenn er trotzdem versucht, eine neue Sowjetunion mit Gewalt durchzusetzen, könnte das jede Menge Unruhe in Europa auslösen", betonte der einstige Leiter des Nationalen Sicherheitsrats unter Präsident Jimmy Carter. ..." (Märkische Oderzeitung online, 9.9.14)
• Merkel: Neue Sanktionen sofort
"Die Bundesregierung tritt dafür ein, dass die EU-Sanktionen gegen Russland sofort umgesetzt werden. Das betonte Bundeskanzlerin Merkel im Bundestag. Trotz Fortschritten beim Waffenstillstand sei unklar, inwieweit Russland den vereinbarten Plan für eine friedliche Lösung zu erfüllen bereit sei. ...
Nachdem die EU neue Sanktionen beschlossen habe, gehe es jetzt um deren Veröffentlichung - also darum, wann sie in Kraft treten, erklärte die Kanzlerin. Angesichts der gegebenen Lage - die sicherlich Fortschritte beim Bemühen um einen Waffenstillstand zeige - und der "Unklarheit über die Erfüllung der vielen anderen Punkte", trete die Bundesregierung für eine Veröffentlichung der Sanktionen ein. "Ich hoffe, dass hierüber bald entschieden wird", sagte die Kanzlerin.
Merkel betonte aber auch: Wenn die zwölf Punkte wirklich "substanziell" erfüllt seien, "werden wir die ersten sein, die die neuen Sanktionen auch wieder aufheben." Denn die Strafmaßnahmen seien kein Selbstzweck, sondern würden immer nur verhängt, wenn sie unvermeidlich seien. ..." (bundesregierung.de, 10.9.14)
• WHO warnt vor "Gesundheitskrise" in Ukraine
"Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat vor dem Ausbruch von Krankheiten und einer generellen Gesundheitskrise in der Ukraine gewarnt. Hunderttausende Menschen seien wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten des Landes auf der Flucht.Viele von ihnen müssten in nicht winterfesten Behausungen unter prekären hygienischen Verhältnissen leben, berichtete die Organisation am Dienstag in Genf. Etwa 260'000 Menschen seien als Binnenflüchtlinge in der Ukraine registriert und mehr als 300'000 Menschen aus der Ukraine in Nachbarländer, vor allem nach Russland, geflohen. Die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge liege nach Einschätzung des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR jedoch wesentlich höher.
Das Gesundheitswesen in der Ukraine sei geschwächt, die Impfrate gering und chronische Krankheiten verbreitet. Die WHO bereite angesichts der schwierigen Lage eine gesundheitliche Notversorgung der Bevölkerung vor. In Zusammenarbeit mit dem UNHCR sollten zudem Unterkünfte winterfest gemacht werden." (Handelszeitung, 9.9.14)
• Ex-CIA-Beamter: Peinliche "Beweise" für russische Invasion
Die Zeitschrift Hintergrund hat auf ihrer Homepage am 9.9.14 ein Interview mit Ray McGovern von den Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS) veröffentlicht. McGovern arbeitete 27 Jahre lang als Analytiker für den US-Auslandsgeheimdienst CIA, bevor er 1990 in den Ruhestand trat. Er war mitverantwortlich für die Vorbereitung des Tagesberichtes der CIA an den US-Präsidenten.
Im Interview sagt er u.a.: "... Was die jüngsten Ereignisse in der Ukraine betrifft und die angebliche „Invasion“ durch Russland, muss ich sagen, dass die vorgelegten diesbezüglichen Beweise in den Augen eines jeden professionellen Geheimdienstmitarbeiters nur als peinlich zu bewerten sind. Es ist schon als empörend zu bezeichnen, wenn mit den veröffentlichten unscharfen Satellitenbildern belegt werden soll, dass Russland Panzer und Artillerie in die Ukraine sendet. Wenn Russland das getan hätte, dann würden die USA und auch Deutschland über wesentlich bessere Beweise verfügen. ...
Nun, denke ich, dass Russen in der Südostukraine sind? Ja, natürlich sind sie das. Habe ich Zweifel daran, dass die Russen die Menschen in der Südostukraine, die gegen die Putschregierung aufbegehren, unterstützen? Nein, habe ich nicht. Russland schickt humanitäre Güter, wie vor zwei Wochen mittels der 230 Lastkraftwagen. Ich bin mir auch sicher, dass die Russen einiges an Waffen schicken, vielleicht auch Freiwillige oder sogar einige Spezialeinheiten – aber das ist keine „Invasion“. Moskau schickt keine Panzer oder Artillerie dorthin. ..."
McGovern zu MH17: "Wir wissen nicht, wer Flug MH17 abgeschossen hat. Aber die US-Geheimdienste wissen es, die russischen auch, und ich wage sogar zu sagen, dass Kiew es auch weiß. Es sei erinnert an die Situation vor einem Jahr, als nach dem Giftgaseinsatz bei Damaskus US-Außenminister John Kerry auf einer Pressekonferenz am 30. August 2013 gebetsmühlenartig erklärte, „wir wissen, dass es Bashar Al-Assad und seine Leute waren“. Doch damals wusste man überhaupt nichts. Und kurz darauf haben wir herausgefunden, dass es die Rebellen selbst waren, die eine rudimentäre, selbst produzierte Form des Nervengases Sarin eingesetzt hatten. ...
Ich übe mich jetzt in Spekulation: Aufgrund meiner Quellen habe ich Grund zu der Annahme, dass die ukrainischen Kräfte für den Absturz verantwortlich sind, aber Präsident Poroschenko davon nichts wusste. Dass also womöglich andere Oligarchen, die ja selbst auch Teile der bewaffneten Kräfte kommandieren, dahinter stecken. Auch wenn für diese darin ein gewisser Anreiz bestanden haben mag, glaube ich allerdings immer noch, dass der Abschuss wahrscheinlich ein Versehen war. Und ich glaube, dass Russland über eindeutige Beweise verfügt, dass die ukrainischen Kräfte verantwortlich waren. Und das bringt mich zum Grübeln: „Wenn sie die Beweise haben, warum präsentieren sie sie dann nicht?“. Ich denke, ich weiß warum. Die Russen verfügen damit über ein Druckmittel gegenüber Poroschenko, das sie ausspielen können, wenn es ihnen beliebt. Poroschenko muss somit jederzeit befürchten, dass die Russen belegen können, dass der ukrainische Präsident nicht die Kontrolle über sein Land und seine Armee hat, nicht einmal über seine Flugabwehreinheiten oder seine SU-25 Kampfjets. Ich weiß nicht, wer das Flugzeug abgeschossen hat. Aber ich denke, es waren die Ukrainer, und die Russen spielen ihre Trumpfkarte clever aus und sagen: „Schau, wir brauchen wirklich eine Waffenruhe, wir brauchen jetzt wirklich politische Verhandlungen. Und wenn Du Dich dem verweigerst, dann haben wir hier Beweise, die Dich ganz schön in Bedrängnis bringen, wenn wir sie veröffentlichen.“ ..."
• NATO wegen Russland gespalten?
"Es stimme nicht, dass die Nato-Länder angesichts der Ukraine-Krise näher zusammenrückten, sagt Sicherheitsexperte Otfried Nassauer. Die Spannungen würden eher noch zunehmen.
Die Nato trifft sich in Wales zum Gipfel. Es ist ein Krisengipfel wegen der russischen Aggression in der Ukraine. Rückt die Militärallianz nun wieder enger zusammen?
Sie glaubt es, weil sie sich gegen eine neue Bedrohung wendet. Tatsächlich aber nehmen die Spannungen im Bündnis zu. Denn die Nato ist gespalten wegen Russland respektive in der Frage, wie man mit Wladimir Putin umgehen soll. Offen ist, ob sich angesichts der Ukrainekrise das konfrontative Lager durchsetzt oder jenes, das eine Kooperation mit Moskau anstrebt. Sicher aber werden sich Risse zeigen.
Welches sind die Exponenten der beiden Lager?
Die USA, Grossbritannien und einige neue Mitglieder in Osteuropa wollen Sicherheit vor Russland schaffen. Ihnen gegenüber stehen die alten Nato-Mitglieder Kontinentaleuropas, also vor allem Deutschland und Frankreich. Sie wollen die europäische Sicherheit mit Moskau gestalten. Diese Länder glauben, dass eine langfristige strategische Kooperation beiden Seiten nützt, wirtschaftlich und politisch.
Aber kommt der Nato die Krise in der Ukraine nicht gelegen? Nach dem Ende des Afghanistan-Einsatzes drohte ihr eine neue Debatte über die Daseinsberechtigung.
Ja, man ist auf der Suche nach einer neuen Hauptaufgabe. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat freudig zugegriffen, als ihm die Krise in der Ukraine die Möglichkeit bot, für eine neue gemeinsame Abwehrhaltung gegenüber Russland zu werben. Damit lässt sich die Existenz der Nato als Überbleibsel des Kalten Kriegs wieder rechtfertigen. ..." (Tages-Anzeiger online, 2.9.14)
Die Tageszeitung Neues Deutschland veröffentlicht in ihrer Ausgabe vom 11.9.14 auf Seite 7 ein Interview mit Viktoria Schilowa, Professorin und Vorsitzende der ukrainischen Anti-Kriegs-Organisation AntiWojna sowie Abgeordnete in Dnjepropetrowsk:
"... Wird der Waffenstillstand in der Ostukraine halten?
Schilowa: Er wird nicht halten, weil ihn die Mächtigen in Kiew nicht wollen. Doch derweil leben die Menschen im Donbass in der Hölle. Die humanitäre Lage ist katastrophal: kein fließendes Wasser, die sanitären Anlagen arbeiten nicht, es gibt keine Lebensmittel.
Sie haben Ihre Anstellung als Professorin am Institut für Film, und Fernsehen an der Kiewer Nationalen Universität für Kultur und Künste verloren. Hat das mit ihrem Kampf gegen den Krieg zu tun?
Ich habe versucht, einen ehrenvollen und wahrhaftigen Journalismus zu lehren, wurde aber beschuldigt, den Studenten Separatismus beizubringen. Seit ich eine anti-oligarchische Haltung einnehme und mich an meiner Universität gegen den Krieg einsetze, wurde ich als »Donbass-Separatistin« bezeichnet und entlassen. Es läuft eine Kampagne gegen die Bewegung »AntiWojna«. Der Fernsehkanal »1+1«, der dem Oligarchen Kolomoyski gehört, wirft Schmutz auf »AntiWojna« und mich. ...
Wer unterstützt »AntiWojna«?
Nach Umfragen wollen mehr als 70 Prozent der Ukrainer Frieden und eine bedingungslose Einstellung des Krieges im Südosten. Das hat die Regierung völlig ignoriert. Inzwischen stürzt die Ukraine in den wirtschaftlichen Abgrund. Aber nun lassen sich die Probleme ja alle auf den Krieg zurückführen. ...
Sind Sie selbst in Gefahr?
Alle Proteste der Mütter gegen den Krieg wurden angegriffen. Die jüngsten Demonstrationen der Mütter vor der Werchowna Rada und der Präsidialverwaltung in Kiew wurden von Söldnern mit Sturmhauben, jungen Menschen in Sportkleidung und mit Waffen in ihren Händen beendet. Provokateure riefen zur Fortsetzung der »Anti-Terror-Operation« auf. ...
Haben die Menschen eine reale Vorstellung von der Anti-Terror-Operation?
Die Gesellschaft ist sehr polarisiert wegen der Desinformationspropaganda der ukrainischen Medien. Einige Reporter zeigen Aufnahmen des Beschusses von Slawjansk, Lugansk und Donezk durch die ukrainische Armee und sagen, das sei Beschuss durch die Milizen. Internet-Interviews mit Menschen, die mit der Regierung unzufrieden sind, werden so bearbeitet, dass der Eindruck entsteht, die Leute sprechen über die Milizen. Die ukrainischen Medien berichten, dass die Milizen des Donbass Städte bombardieren. Dabei verfügen sie über keine Flugzeuge.
Die neueste »Innovation« der ukrainischen Behörden sind Diversionsbrigaden. Sie tragen St.-Georgs-Bänder wie sonst nur die russischen Soldaten. Dann wird an den Stadträndern von Donezk und Lugansk auf friedliche Zivilisten geschossen. Über 200 dieser »Freiwilligen« sind in Donezk von Milizen und einfachen Bürgern festgenommen worden. ...
Halten Sie Frieden für die Ukraine angesichts all dessen denn noch für möglich?
Ich bin bereits seit vier Monaten in der Bewegung gegen den Krieg aktiv. Ich habe Bekannte sowohl in der Miliz als auch beim ukrainischen Militär. Auch dort ist die Stimmung strikt gegen den Krieg. Aber die Soldaten fürchten um ihre Verwandten, die von den Strafbataillonen der Nationalgarde verfolgt werden, wenn sie sich weigern, in der »Anti-Terror-Operation« zu kämpfen.
Auch heute ist der Frieden immer noch möglich. Aber nur, wenn alle Truppen die Feindseligkeiten einstellen und in Ruhe mit dem Donbass verhandelt wird. Die Menschen im Donbass haben nichts gegen die Ukraine und die Ukrainer. Aber sie lehnen kategorisch die Heuchler und Mörder ab, die in Kiew an der Macht sind. ..."
• Deutsche Unternehmen halten Sanktionen für falsch
"Kurz und mittelfristig drohen auf dem russischen Markt Verluste und sogar der Exodus. So das Fazit einer repräsentativen Umfrage, die die deutsch-russische Außenhandelskammer (AHK) in Moskau vorstellte. Sie vertritt rund 750 deutsche Unternehmen, die in Russland ansässig sind.
Das Ergebnis der Mitgliederbefragung ist eine gelbe Karte für die Politik. Für Russland wie für Deutschland. Denn Gegenstand waren die Sanktionen, die Europa und Moskau wegen der Ukraine-Krise gegen den jeweils anderen verhängten. Fast 80 Prozent der Befragten halten sie für den falschen Weg und kontraproduktiv für das politische Krisenmanagement.
Nur 38 Prozent der in Russland ansässigen deutschen Unternehmen gaben an, von Embargos direkt betroffen zu sein. Das waren mit 24 Prozent vor allem Hersteller von Gütern, die sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich eingesetzt werden können, sowie der meist mittelständische Maschinen- und Anlagenbau.
58 Prozent fürchten jedoch, der Konflikt in der Ukraine werde direkte Auswirkungen auf ihre Geschäfte haben. ..." (Neues Deutschland, 11.9.14, S. 7)
• Verschärfte EU-Sanktionen gegen Russland vertagt
"Die Vertreter von 28 EU-Staaten ringen in Brüssel weiter um die Inkraftsetzung neuer Wirtschaftssanktonen gegen Russland. Beratungen über die von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel geforderten sofortigen Anwendung der Maßnahmen waren gestern auf heute vertagt worden.
Mehrere Staaten, darunter Italien und Finnland, zögern mit der Umsetzung, weil diese unter anderem die Feuerpause in der Ostukraine gefährden könnte.
Den Gebieten dort stellte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko mehr Autonomierechte in Aussicht: “Nächste Woche wird dem Parlament in Kiew ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt. Davon hängt der Frieden ab und die friedliche Rückführung der Gebiete unter die Souveränität der Ukraine.” ..." (Euronews, 11.9.14)
• Etwa 1.500 Ausländer kämpfen für "Volksrepublik Donezk"
"Rund 1500 ausländische Freiwillige kämpfen auf der Seite der von Kiew abtrünnigen „Donezker Volksrepublik“ (DVR) im Osten der Ukraine, wie DVR-Parlamentschef Boris Litwinow am Mittwoch mitteilte.
„Nach meinen Angaben machen sie (Ausländer) etwa zehn bis 15 Prozent aus“, sagte Litwinow in Donezk. Es handle sich um 1500 Menschen. Die Meisten von ihnen stammten aus Russland. Doch gebe es auch Freiwillige aus Frankreich, Deutschland und Israel. Auf beiden Seiten kämpfen nach Litwinows Angaben Angehörige der französischen Fremdenlegion (Légion étrangère).
Bereits Ende August hatte der DVR-Premierminister Alexander Sachartschenko bestätigt, dass viele Freiwillige aus Russland auf der Seite der Milizen gegen die ukrainische Armee und Kiew-treue Formationen kämpften. „In unseren Reihen hat es etwa 3000 bis 4000 Russen gegeben. Viele sind bereits heimgefahren.“ Davor hatte auch die Führung in Kiew eingestanden, dass ausländische Soldaten auf der Seite der Regierungstruppen an den Kämpfen teilnehmen. ..." (RIA Novosti, 10.9.14)
• Österreichische und Schweizer Kritik an den Sanktionen
Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, erläuterte am 10.9. in der Sendung ZIB2 des ORF, warum er gegen die Sanktionen gegen Russland ist und diese als "unsinnig" bezeichnet, und welche Fehler die EU im Umgang mit Wladimir Putin gemacht hat. Leitl erzählt, dass sich am Vortag ihm gegenüber der Schweizer Wirtschaftsminister "sehr skeptisch" gegenüber den Sanktionen geäußert habe und der Schweizer Bundespräsident und OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter sich gegen neue Sanktionen wandte.
Leitl weiter im Wortlaut: "... Ich bin auch der Meinung, es ist das eine politische Krise, die mit politischen Mitteln gelöst werden muss und nicht in dem man die Wirtschaft, die ja die Menschen zu verbinden, ihnen zu nützen, ihnen zu dienen, dem Frieden einen beitrag zu liefern hat gegenseitig einzusetzen als Kampfinstrument.
... Indem man sich zusammensetzt, die Beteiligten. Die Beteiligten sollen sich zusammensetzen. Putin hat sieben Punkte vorgeschlagen, die Europäische Union hat ihre Vorstellungen. Nur einmal in Minsk zusammen zu kommen ist zu wenig ... Schließlich eine sicherheitspolitische Lösung, die keine Bedrohung Russlands ist, sprich kein NATO-Beitritt ..."
Leitl forderte Gespräche um Kompromisse zu finden: "Die Gespräche sind ohne Alternative. Was haben Sie für eine Alternative? Wenn wir uns weiter mit Sanktionen und Drohungen hineinsteigern, ich bezweifle, ob das Herrn Putin irgendwo berührt, ganz im Gegenteil: Es facht den Nationalismus an, es führt tiefer ins Problem hinein und nicht aus dem Problem heraus."
Auf die Frage des Moderators, ob das Angela Merkel nicht wisse, antwortet Leitl: "Angela Merkel hat zu schauen, daß die 28, und da gibt's unterschiedliche Meinungen, zu einer Linie finden, und hat hinter sich auch noch Länder, die möglicherweise auch Einfluß ausüben."
Der Moderator: "Das verstehe ich jetzt nicht ..."
Leitl: "Na blicken Sie über den Großen Teich, dann wissen Sie, wer das ist."
Moderator: "Sie glauben, Angela Merkel agiert im Interesse der USA?"
Leitl: "Nein, aber in Abstimmung mit den USA. Sie ist sicherlich guten Glaubens, dass man mit dem aus dem Problem rauskommt. Ich bezweifle das massiv und kann nur wiederholen, dass die Schweizer, die wirklich eine kluge jahrhundertelange Neutralitätspolitik verfolgt haben und sich auf der Welt ein bisschen auskennen, wenn die sagen: Bitte jetzt auf Vorsicht, jetzt auf Diplomati, jetzt auf Verhandlung setzen, dann nehme ich das serh sehr ernst. Da kann mir niemand unterstellen: Das macht der jetzt aus wirtschaftlichem Interesse. ..."
Leitl äußerte sich am selben Tag auch in einer Pressemitteilung zum Thema: "Die Sanktionen der EU gegen Russland ziehen in der europäischen Wirtschaft bereits weite Kreise und verursachen auch bei österreichischen Betrieben deutliche Einbußen, wie zuletzt am Beispiel des Lkw-Herstellers MAN ersichtlich war, der aufgrund fehlender Aufträge aus Russland Kurzarbeit für rund 2.000 Beschäftigte anmelden muss. ... Sollten die Sanktionen verschärft werden und die Krise sich zuspitzen, ist ein größeres Ausmaß an Schäden zu befürchten. Das können und wollen wir uns angesichts des nur sehr verhaltenen Wirtschaftswachstums nicht leisten. Wir drohen in eine längerfristige Vertrauenskrise zu schlittern, wenn wir nicht aktiv gegensteuern. ... Was wir brauchen, ist eine konzertierte politische Initiative zur Beendigung der Ukraine-Krise und damit der Sanktionspolitik. Die bisherigen Sanktionsschritte verursachen zwar bereits schmerzliche Einbußen, eine Kursänderung Putins ist jedoch nicht zu erkennen. Es ist daher nicht einzusehen, warum die betroffenen Betriebe und die Beschäftigten den Schaden tragen sollen."
• Weiter an der Sanktionsschraube gedreht
"...
Ein Teil der EU-Länder hat mit massivem Druck neue Sanktionen gegen
Russland durchgesetzt, was mit einer "zunehmend dramatischen Lage" in
der Ostukraine gerechtfertigt wurde. Dabei sieht die reale Entwicklung
in der Region ganz anders aus. Dort wird die in Minsk vereinbarte
Waffenruhe noch weitgehend eingehalten, Verhandlungen über einen
Friedensplan sollen beginnen. Deshalb hat man nun in Brüssel zunächst
einen Mittelweg gewählt.
Anders als die Nato, die ausgerechnet an dem Tag Russland wieder zum Gegner erklärt hat, als der Waffenstillstand in Minsk beschlossen wurde, will die EU offenbar nicht ganz so offen zeigen, dass es ihr weniger um die Ukraine geht, sondern sie eigene strategische Ziele verfolgt. Wobei das eigentlich längst klar ist. Dazu muss man nur analysieren, wie bisweilen Separatisten wie im Kosovo unterstützt werden, während man in der Ukraine mit allen Mitteln die Einheit des Landes wahren will (Heuchelei zu Krim-Unabhängigkeitsbestrebungen) Im Fall des Iraks liefert nun sogar Deutschland nun Waffen an die Kurden, die klar und deutlich einen eigenen Staat fordern (Deutsche Waffen für Terroristen?).
Die neue Lage ließ es nun aber nicht zu, dass die Sanktionen am Montagnachmittag beschlossen und veröffentlicht werden konnten. Dazu sollte aus den Hauptstädten nur noch die finale Zustimmung kommen. Drei Tage lang hatten die EU-Botschafter in der vergangenen Woche über Details diskutiert, bis das Paket am Freitagabend stand und eigentlich schon in Kraft treten sollte. Doch das war zunächst auf Montag verschoben worden. In einigen Ländern wurde das von EU-Botschaftern geschnürte Paket aber dann doch nicht einfach abgenickt, wie man sich das in Brüssel erhofft hatte. ..." (Telepolis, 10.9.14)
Anders als die Nato, die ausgerechnet an dem Tag Russland wieder zum Gegner erklärt hat, als der Waffenstillstand in Minsk beschlossen wurde, will die EU offenbar nicht ganz so offen zeigen, dass es ihr weniger um die Ukraine geht, sondern sie eigene strategische Ziele verfolgt. Wobei das eigentlich längst klar ist. Dazu muss man nur analysieren, wie bisweilen Separatisten wie im Kosovo unterstützt werden, während man in der Ukraine mit allen Mitteln die Einheit des Landes wahren will (Heuchelei zu Krim-Unabhängigkeitsbestrebungen) Im Fall des Iraks liefert nun sogar Deutschland nun Waffen an die Kurden, die klar und deutlich einen eigenen Staat fordern (Deutsche Waffen für Terroristen?).
Die neue Lage ließ es nun aber nicht zu, dass die Sanktionen am Montagnachmittag beschlossen und veröffentlicht werden konnten. Dazu sollte aus den Hauptstädten nur noch die finale Zustimmung kommen. Drei Tage lang hatten die EU-Botschafter in der vergangenen Woche über Details diskutiert, bis das Paket am Freitagabend stand und eigentlich schon in Kraft treten sollte. Doch das war zunächst auf Montag verschoben worden. In einigen Ländern wurde das von EU-Botschaftern geschnürte Paket aber dann doch nicht einfach abgenickt, wie man sich das in Brüssel erhofft hatte. ..." (Telepolis, 10.9.14)
"Russland will auf die von der Nato beschlossene Truppenverstärkung in Osteuropa “adäquat” reagieren. “Wegen dieser neuen Bedrohungen ist Russland gezwungen, seine Sicherheit zu stärken”, sagte Kremlchef Wladimir Putin und kündigte eine neue Militärdoktrin bis Ende des Jahres an. Außerdem sagte der russische Präsident: “Die Krise in der Ukraine ist von einigen Ländern des Westens in die Wege geleitet und immer weiter angefacht worden. Nun benutzt die Nato die Ukrainekrise, um sich selbst wiederauferstehen zu lassen. Dabei werden wir nicht untätig dabeistehen, sondern wir werden die Sicherheit Russlands bei allen Entscheidungen im Auge behalten.” Von einem U-Boot im japanischen Meer aus testete Russland am Mittwoch eine atomar bestückbare Interkontinentalrakete vom Typ “Bulawa”. Sie habe ihr Ziel auf der Halbinsel Kamchatka getroffen, so ein Sprecher der russischen Marine." (Euronews, 10.9.14)
• Entspannungssignale nähren Zweifel am Sinn der Sanktionen - OSZE will mit Drohnen beobachten
"Als Petro Poroschenko gestern zu einer Kabinettssitzung in Kiew eintraf, hatte er neue, schöne Zahlen des Geheimdiensts im Gepäck. „70 Prozent der russischen Truppen in der Ukraine zogen sich wieder hinter die Grenze zurück“, ließ der ukrainische Präsident später in einer Erklärung mitteilen. Poroschenko kündigte zudem an, nächste Woche einen Gesetzesantrag einzubringen, der (Rebellen-)Gebieten im Raum Lugansk und Donezk eine „vorübergehende Selbstverwaltung“ innerhalb der Ukraine einräumt.
Mit den Entspannungssignalen mehren sich die Zweifel, ob die am Montag beschlossenen EU-Sanktionen im Amtsblatt veröffentlicht, also in Kraft treten sollen. Angela Merkel drängte zwar gestern auf eine Umsetzung. Doch die deutsche Regierungschefin stößt auf Widerstand. Im Bundeskanzleramt in Wien erwartet man, dass die Sanktionen am Freitag Geltung erlangen.
Kritisch merkte Tschechiens Außenminister Lubomir Zaoralek gestern an, Sanktionen allein seien noch keine Strategie. „Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um neue Sanktionen zu beschließen, oder macht das eine fragile Situation noch fragiler?“, fragte auch OSZE-Chef Didier Burkhalter rhetorisch. Seine Organisation plant, Drohnen zur Überwachung des Waffenstillstands zu schicken. Und Experten. Die OSZE fühlt auch beim Verteidigungsministerium bereits vor, ob die drei „eingemeldeten“ Soldaten der Miliz für eine Mission verfügbar wären. ..." (Die Presse online, 10.9.14)
• Kiewer Truppen werden umgruppiert
"Dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zufolge gruppiert Kiew seit Beginn der Waffenruhe seine Militäreinheiten im Konfliktgebiet in der Ostukraine um. Dies sei nicht für einen Angriff auf prorussische Separatisten gedacht, sondern für die Verteidigung des Staatsgebiets, so Poroschenko bei einer Kabinettssitzung in Kiew. Außerdem sagte er, der Geheimdienst habe ihn informiert, dass “70 Prozent der russischen Kämpfer über die Grenze zurück gegangen” seien. “Das gibt uns die Gelegenheit für eine friedliche Lösung des Konflikts, und es zeigt klar, dass Initiativen, um einen Frieden aufzubauen, vielversprechend sind,” so der Staatschef. Poroschenko hatte am Vorabend bei einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin über die Waffenruhe in der Ostukraine diskutiert.
Der Präsident sagte auch, er habe ein Gesetz auf den Weg gebracht, das klar festlege, dass die Regionen Luhansk und Donezk Teil der Ukraine blieben, auch für den Fall, dass sie einen Sonderstatus erhielten. “Es ist sehr wichtig, dass das Parlament diesem Gesetzentwurf bald zustimmt. Für einen Frieden ist dieses Gesetz unabdingbar,” so Poroschenko. Er wolle den Separatisten mehr Autonomie zubilligen, eine Unabhängigkeit für Luhansk und Donezk lehnte er erneut rigoros ab." (Euronews, 10.9.14)
• Weiter Gefechte in Ostukraine
"Trotz Waffenruhe wird in der Ostukraine weiterhin geschossen. Am Mittwochvormittag war das periodische Dröhnen der Artillerie weit im Umkreis der Donbass-Hauptstadt Donezk zu vernehmen. Die Geräusche stammen offenbar von Gefechten um den Flughafen. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, die Feuerpause zu missachten. Ein Sprecher Kiews teilte später mit, die am Flughafen verschanzten Regierungstruppen hätten eine gepanzerte Kolonne der Rebellen vernichtet. Diese wiederum bezichtigen das ukrainische Militär, die Waffenruhe für eine Umgruppierung der eigenen Kräfte zu nutzen.
Die Umgruppierung bestätigte Petro Poroschenko, der bei einem Treffen mit der Regierung wenig Optimismus versprühte: "Gott weiß, wie lang die Feuerpause noch dauern wird", klagte der ukrainische Präsident über "Provokationen der Terroristen". Kiew werde aber alles in seiner Macht Stehende tun, um den Frieden zu erhalten, versprach er. Die Umgruppierung diene keinem neuen Angriff, sondern der Festigung der eigenen Stellungen.
Positiv ist seinen Angaben nach, dass trotz vereinzelter Scharmützel keine umfassenden Kampfhandlungen stattfinden. ..." (Der Standard online, 10.9.14)
• Mauerbau an der Grenze zu Russland begonnen
"Ab jetzt wurden die Bauarbeiten zur Festigung der Grenze mit Russland im Auftrag vom Präsidenten der Ukraine eingeleitet. Das berichtet der Pressedienst der ATO.
„Angefangen sind die erstrangigen Arbeiten zur Einrichtung von Befestigungsanlagen und Pioniersperrsystemen an bestimmten Grenzabschnitten“, - heißt es im Bericht. Der ATO-Pressedienst betont auch, geplant seien zwei Verteidigungslinien, deren Hauptziel in der Nichtzulassung des Gegners auf ukrainisches Territorium besteht.
Den Hauptumfang der Arbeiten bilden etwa anderthalb Tausend Kilometer von Lauf- und Schützengraben zur Verbindung, über acht Tausend Graben für Kampfgeräte, über vier Tausend Schützengraben für Personal, dazu gehört auch der Bau einer 60-km langen nichtexplosiblen Sperre." (Ukrinform, 10.9.14)
• Putin: Westen nutzt Ukraine-Krise zur Reaktivierung der NATO
"Russlands Präsident Wladimir Putin hat westliche Staaten beschuldigt, die Ukraine-Krise für eine Wiederbelegung der Nato zu nutzen.
„Die Krise in der Ukraine, die von einigen unserer westlichen Partner provoziert und herbeigerufen wurde, wird jetzt für eine Reanimierung dieses Militärblocks genutzt“, sagte Putin am Mittwoch in Moskau. „Wir werden das in den Entscheidungen zur Gewährleistung der Sicherheit unseres Landes berücksichtigen. Wir werden alles tun, um die Sicherheit absolut zu garantieren.“ ..." (RIA Novosti, 10.9.14)
• Jazenjuk Anführer der "Volksfront"
"Zum Anführer der politischen Partei „Narodnyj front“ („Volksfront“) ist ukrainischer Ministerpräsident Arssenij Jatzenjuk geworden. Seine Kandidatur wurde bei der 1. Etappe des außerordentlichen Parteitages, der am Mittwoch veranstaltet wird, einstimmig unterstützt, berichtet der Ukrinform-Korrespondent.
Der Parteitag wurde vom Sprecher des ukrainischen Parlamentes Oleksandr Turtschynow eröffnet. An der Arbeit des Parteitages sind ca. 490 Parteimitglieder beteiligt. ..." (Ukrinform, 10.9.14)
• Ukrainischer Politiker: Westen will Russland in die Enge treiben
"Der Westen verschiebe die Sanktionen, denn er wolle nicht die Wirtschaft Russlands vernichten, er möchte dieses Land nur zurechtweisen. Eine solche Meinung hat ukrainischer Ex-Minister für auswärtige Angelegenheiten Wolodymyr Ohrysko in der Live-Sendung des „24“-Senders zum Ausdruck gebracht.
„Sie (die Sanktionen –red.) können dazu führen, dass die russische Wirtschaft nicht aushalten können und einfach zerfallen wird. Man möchte die Russische Föderation in die Enge treiben, sie aber nicht ersticken. Deshalb gibt es eine solche Verschiebung der Sanktionen“, - davon ist Ohrysko überzeugt. Die Tatsache des Fehlens einer einheitlichen Außenpolitik in der Europäischen Union bleibe doch ein ernsthaftes Problem. ..." (Ukrinform, 10.9.14)
• Poroschenko will neue "Mannerheim-Linie" zu Russland
"Der ukrainische Präsident Pjotr Poroschenko hat am Mittwoch in einer Regierungssitzung angekündigt, dass Kiew an der Grenze zu Russland im Bedarfsfall ein mächtiges Befestigungswerk nach dem Vorbild der Mannerheim-Linie bauen wird.
Die mehr als 100 Kilometer lange Verteidigungsanlage, die in den Jahren 1920 bis 1930 am finnischen Abschnitt der Karelischen Landenge, zwischen dem Ladogasee und dem Finnischen Meerbusen, gebaut worden war, hatte zum Ziel, gegen einen eventuellen Angriff der Sowjetunion zu schützen.
„Wenn wir ohne eine Mannerheim-Linie nicht auskommen sollten, werden wir auch solche Befestigungsanlagen errichten müssen, die aber stärker sein müssen als das Vorgängermuster. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es nicht um Befestigungswerke geht, wie sie 1941 und 1942 gebaut wurden, sondern um solche, die unsere moderne Verteidigungswissenschaft jetzt braucht“, so Poroschenko. Ein solches Abwehrsystem müsse „eine tiefgestaffelte Verteidigungsanlage mit Panzerstellungen und Schutzmechanismen gegen Salvenfeuer sowie mit modernen Kommunikationsleitungen und einer speziellen Zone für einen effektiven Waffeneinsatz“ umfassen, so Poroschenko. Ihm zufolge müssen „alle bei der Anti-Terror-Operation eingesetzten Einheiten“ zu dem Abwehrsystem gehören.
Der ukrainische Regierungschef Arsenij Jazenjuk hatte früher den Start des Projektes „Mauer“ angekündigt, das die Errichtung einer „echten Staatsgrenze zu Russland“ vorsieht und in sechs Monaten abgeschlossen werden soll.
Nach Expertenschätzungen wird die Befestigung der Grenze zu Russland nach dem in Israel üblichen Prinzip die Ukraine schätzungsweise vier Milliarden US-Dollar kosten und höchstwahrscheinlich länger dauern, als gewünscht." (RIA Novosti, 10.9.14)
Dieser Poroschenko-Vorschlag ist ebenfalls nicht neu oder überraschend: "Zu Poroschenkos Plänen gehört laut Ukrinform auch, die Grenze nach Russland zu sperren und die „Antiterror-Operation“ in der Ostukraine fortzusetzen." Darauf hatte ich am 24.5.14 hingewiesen.
• Russland und Korruption sind Hauptfeinde der Ukraine
"Die Hauptfeinde der Ukraine sind laut Premierminister Arseni Jazenjuk Russland und die Korruption. „Wir haben zwei Aggressoren: Der erste und der äußere ist Russland und der zweite ist Korruption“, sagte er am Mittwoch in einer erweiterten Regierungssitzung unter Teilnahme von Staatspräsident Pjotr Poroschenko.
Zuvor hatte der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko darauf verwiesen, dass „Korruption, Machtverfall und Banditentum“ die Hauptursachen für die aktuelle Lage in der Ukraine seien.
Laut Jazenjuk will das Kabinett am 15. September einen Gesetzentwurf zum Staatshaushalt ins Parlament einbringen, der Militärausgaben in Milliardenhöhe vorsieht." (RIA Novosti, 10.9.14)
Dazu passt ein Bericht der Tageszeitung Die Welt in deren Online-Ausgabe vom 23.8.14: "In der Ukraine tobt der Krieg der Oligarchen"
• Poroschenko: Zusammenarbeit mit NATO auf höchstem Niveau
"Die Ukraine hat laut Präsident Pjotr Poroschenko das höchste Niveau der Zusammenarbeit mit der Nordatlantikallianz erreicht. „Wir haben derzeit das höchste Niveau der Zusammenarbeit mit der Nato erreicht, welches es nur geben kann. Es ist uns gelungen, mit einer Reihe von Ländern über einen Ausbau der militärtechnischen Zusammenarbeit übereinzukommen“, sagte er.
Am Montag erklärte Poroschenko, dass es ihm gelungen sei, sich mit einer Reihe von Nato-Ländern auf direkte Lieferungen von modernen Waffen in die Ukraine zu einigen. Nach Angaben von Juri Luzenko, Berater des ukrainischen Präsidenten, wurde bei dem Nato-Gipfel in Wales eine Vereinbarung über Waffenlieferungen aus den USA, Frankreich, Polen, Norwegen und Italien getroffen. All diese Länder hatten jedoch in der Folgezeit diese Erklärung dementiert.
Die Nato betonte mehr als einmal, dass die Organisation an und für sich keine Waffen und keine anderen militärischen Ausrüstungen an die Ukraine liefern könne, weil sie darüber nicht verfüge. Dabei sagte der Generalsekretär der Allianz, Anders Fogh Rasmussen, am vorigen Donnerstag zu Journalisten, dass sich die Nato in die Entscheidungen einzelner Mitgliedsländer, Waffen an die Ukraine zu liefern, nicht einmischen werde.
Später erläuterte ein Nato-Vertreter RIA Novosti, dass die Spitzenvertreter der Mitgliedsländer der Allianz den Antrag der Ukraine auf Erweisung militärtechnischer Hilfe in Betracht gezogen hätten. Seinen Worten nach leisten viele Verbündete der Ukraine zusätzliche Hilfe auf bilateraler Grundlage." (RIA Novosti, 10.9.14)
• Brzezinski: Westen muss Ukraine mit Waffen helfen
"Zbigniew Brzezinski (86), Berater von US-Präsident Barack Obama, hat sich für Waffenlieferungen des Westens an die ukrainische Regierung ausgesprochen. "Wir müssen die Ukraine mit Waffen unterstützen. Nicht um Russland anzugreifen, sondern zur Selbstverteidigung", sagte er am Dienstag in einem Interview mit der Deutschen Welle. "Wenn die Ukrainer sich wehren, werden die Kosten für Putin steigen und er muss seine Strategie überdenken."
Die Haltung von Russlands Präsident Wladimir Putin nannte Brzezinski "antiquiert": "Er wird damit nicht durchkommen. Aber wenn er trotzdem versucht, eine neue Sowjetunion mit Gewalt durchzusetzen, könnte das jede Menge Unruhe in Europa auslösen", betonte der einstige Leiter des Nationalen Sicherheitsrats unter Präsident Jimmy Carter. ..." (Märkische Oderzeitung online, 9.9.14)
• Merkel: Neue Sanktionen sofort
"Die Bundesregierung tritt dafür ein, dass die EU-Sanktionen gegen Russland sofort umgesetzt werden. Das betonte Bundeskanzlerin Merkel im Bundestag. Trotz Fortschritten beim Waffenstillstand sei unklar, inwieweit Russland den vereinbarten Plan für eine friedliche Lösung zu erfüllen bereit sei. ...
Nachdem die EU neue Sanktionen beschlossen habe, gehe es jetzt um deren Veröffentlichung - also darum, wann sie in Kraft treten, erklärte die Kanzlerin. Angesichts der gegebenen Lage - die sicherlich Fortschritte beim Bemühen um einen Waffenstillstand zeige - und der "Unklarheit über die Erfüllung der vielen anderen Punkte", trete die Bundesregierung für eine Veröffentlichung der Sanktionen ein. "Ich hoffe, dass hierüber bald entschieden wird", sagte die Kanzlerin.
Merkel betonte aber auch: Wenn die zwölf Punkte wirklich "substanziell" erfüllt seien, "werden wir die ersten sein, die die neuen Sanktionen auch wieder aufheben." Denn die Strafmaßnahmen seien kein Selbstzweck, sondern würden immer nur verhängt, wenn sie unvermeidlich seien. ..." (bundesregierung.de, 10.9.14)
• WHO warnt vor "Gesundheitskrise" in Ukraine
"Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat vor dem Ausbruch von Krankheiten und einer generellen Gesundheitskrise in der Ukraine gewarnt. Hunderttausende Menschen seien wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten des Landes auf der Flucht.Viele von ihnen müssten in nicht winterfesten Behausungen unter prekären hygienischen Verhältnissen leben, berichtete die Organisation am Dienstag in Genf. Etwa 260'000 Menschen seien als Binnenflüchtlinge in der Ukraine registriert und mehr als 300'000 Menschen aus der Ukraine in Nachbarländer, vor allem nach Russland, geflohen. Die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge liege nach Einschätzung des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR jedoch wesentlich höher.
Das Gesundheitswesen in der Ukraine sei geschwächt, die Impfrate gering und chronische Krankheiten verbreitet. Die WHO bereite angesichts der schwierigen Lage eine gesundheitliche Notversorgung der Bevölkerung vor. In Zusammenarbeit mit dem UNHCR sollten zudem Unterkünfte winterfest gemacht werden." (Handelszeitung, 9.9.14)
• Ex-CIA-Beamter: Peinliche "Beweise" für russische Invasion
Die Zeitschrift Hintergrund hat auf ihrer Homepage am 9.9.14 ein Interview mit Ray McGovern von den Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS) veröffentlicht. McGovern arbeitete 27 Jahre lang als Analytiker für den US-Auslandsgeheimdienst CIA, bevor er 1990 in den Ruhestand trat. Er war mitverantwortlich für die Vorbereitung des Tagesberichtes der CIA an den US-Präsidenten.
Im Interview sagt er u.a.: "... Was die jüngsten Ereignisse in der Ukraine betrifft und die angebliche „Invasion“ durch Russland, muss ich sagen, dass die vorgelegten diesbezüglichen Beweise in den Augen eines jeden professionellen Geheimdienstmitarbeiters nur als peinlich zu bewerten sind. Es ist schon als empörend zu bezeichnen, wenn mit den veröffentlichten unscharfen Satellitenbildern belegt werden soll, dass Russland Panzer und Artillerie in die Ukraine sendet. Wenn Russland das getan hätte, dann würden die USA und auch Deutschland über wesentlich bessere Beweise verfügen. ...
Nun, denke ich, dass Russen in der Südostukraine sind? Ja, natürlich sind sie das. Habe ich Zweifel daran, dass die Russen die Menschen in der Südostukraine, die gegen die Putschregierung aufbegehren, unterstützen? Nein, habe ich nicht. Russland schickt humanitäre Güter, wie vor zwei Wochen mittels der 230 Lastkraftwagen. Ich bin mir auch sicher, dass die Russen einiges an Waffen schicken, vielleicht auch Freiwillige oder sogar einige Spezialeinheiten – aber das ist keine „Invasion“. Moskau schickt keine Panzer oder Artillerie dorthin. ..."
McGovern zu MH17: "Wir wissen nicht, wer Flug MH17 abgeschossen hat. Aber die US-Geheimdienste wissen es, die russischen auch, und ich wage sogar zu sagen, dass Kiew es auch weiß. Es sei erinnert an die Situation vor einem Jahr, als nach dem Giftgaseinsatz bei Damaskus US-Außenminister John Kerry auf einer Pressekonferenz am 30. August 2013 gebetsmühlenartig erklärte, „wir wissen, dass es Bashar Al-Assad und seine Leute waren“. Doch damals wusste man überhaupt nichts. Und kurz darauf haben wir herausgefunden, dass es die Rebellen selbst waren, die eine rudimentäre, selbst produzierte Form des Nervengases Sarin eingesetzt hatten. ...
Ich übe mich jetzt in Spekulation: Aufgrund meiner Quellen habe ich Grund zu der Annahme, dass die ukrainischen Kräfte für den Absturz verantwortlich sind, aber Präsident Poroschenko davon nichts wusste. Dass also womöglich andere Oligarchen, die ja selbst auch Teile der bewaffneten Kräfte kommandieren, dahinter stecken. Auch wenn für diese darin ein gewisser Anreiz bestanden haben mag, glaube ich allerdings immer noch, dass der Abschuss wahrscheinlich ein Versehen war. Und ich glaube, dass Russland über eindeutige Beweise verfügt, dass die ukrainischen Kräfte verantwortlich waren. Und das bringt mich zum Grübeln: „Wenn sie die Beweise haben, warum präsentieren sie sie dann nicht?“. Ich denke, ich weiß warum. Die Russen verfügen damit über ein Druckmittel gegenüber Poroschenko, das sie ausspielen können, wenn es ihnen beliebt. Poroschenko muss somit jederzeit befürchten, dass die Russen belegen können, dass der ukrainische Präsident nicht die Kontrolle über sein Land und seine Armee hat, nicht einmal über seine Flugabwehreinheiten oder seine SU-25 Kampfjets. Ich weiß nicht, wer das Flugzeug abgeschossen hat. Aber ich denke, es waren die Ukrainer, und die Russen spielen ihre Trumpfkarte clever aus und sagen: „Schau, wir brauchen wirklich eine Waffenruhe, wir brauchen jetzt wirklich politische Verhandlungen. Und wenn Du Dich dem verweigerst, dann haben wir hier Beweise, die Dich ganz schön in Bedrängnis bringen, wenn wir sie veröffentlichen.“ ..."
• NATO wegen Russland gespalten?
"Es stimme nicht, dass die Nato-Länder angesichts der Ukraine-Krise näher zusammenrückten, sagt Sicherheitsexperte Otfried Nassauer. Die Spannungen würden eher noch zunehmen.
Die Nato trifft sich in Wales zum Gipfel. Es ist ein Krisengipfel wegen der russischen Aggression in der Ukraine. Rückt die Militärallianz nun wieder enger zusammen?
Sie glaubt es, weil sie sich gegen eine neue Bedrohung wendet. Tatsächlich aber nehmen die Spannungen im Bündnis zu. Denn die Nato ist gespalten wegen Russland respektive in der Frage, wie man mit Wladimir Putin umgehen soll. Offen ist, ob sich angesichts der Ukrainekrise das konfrontative Lager durchsetzt oder jenes, das eine Kooperation mit Moskau anstrebt. Sicher aber werden sich Risse zeigen.
Welches sind die Exponenten der beiden Lager?
Die USA, Grossbritannien und einige neue Mitglieder in Osteuropa wollen Sicherheit vor Russland schaffen. Ihnen gegenüber stehen die alten Nato-Mitglieder Kontinentaleuropas, also vor allem Deutschland und Frankreich. Sie wollen die europäische Sicherheit mit Moskau gestalten. Diese Länder glauben, dass eine langfristige strategische Kooperation beiden Seiten nützt, wirtschaftlich und politisch.
Aber kommt der Nato die Krise in der Ukraine nicht gelegen? Nach dem Ende des Afghanistan-Einsatzes drohte ihr eine neue Debatte über die Daseinsberechtigung.
Ja, man ist auf der Suche nach einer neuen Hauptaufgabe. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat freudig zugegriffen, als ihm die Krise in der Ukraine die Möglichkeit bot, für eine neue gemeinsame Abwehrhaltung gegenüber Russland zu werben. Damit lässt sich die Existenz der Nato als Überbleibsel des Kalten Kriegs wieder rechtfertigen. ..." (Tages-Anzeiger online, 2.9.14)
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