• Bremst Bundesregierung Kriegstreiber in der NATO?
"...
Nach Informationen der "Welt" streitet die deutsche Bundesregierung mit
den baltischen Staaten und Polen darüber, wie stark oder ob das Bündnis
überhaupt zu einst gemachten Zusagen an Moskau stehen soll. Kernpunkt
der Auseinandersetzung, die beim letzten Zusammentreffen der
Nato-Botschafter am Dienstag in Brüssel nicht beigelegt werden konnte,
ist die 1997 verfasste Nato-Russland-Grundakte.
Berlin bestand lange Zeit darauf, dass im Schlusskommunique des Gipfels
ein Passus zu finden sein müsse, dass die aus der Ukraine-Krise
erwachsenen militärischen "Anpassungsmaßnahmen im Einklang mit der
Nato-Russland-Akte stehen".
Noch am Mittwoch unterstrich Regierungssprecher Steffen Seibert, dass Deutschland nicht an der Akte rütteln wolle. Man stehe zu der Vereinbarung, trotz mancher Enttäuschung über die russische Politik in den vergangenen Wochen. Dahinter steht der Gedanke: Putin mag Verträge brechen, wir tun das nicht. Vor allem will die Bundesregierung dem Russen keinen weiteren Vorwand liefern, die Lage in der Ukraine weiter zu eskalieren.
Doch Berlins Emissäre treffen auf harten Widerstand. Polens Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak sagte dieser Zeitung, dass "die Akte die Nato nicht darin beschränken soll, in Osteuropa zu handeln. Die Verbündeten müssen das machen, was sie für richtig halten." Die Akte immer wieder hervorzurufen sei kontraproduktiv. Auch Estlands Präsident Toomas Hendrik Ilves stellte die Gültigkeit des Vertrages wegen der russischen Militärintervention in der Ostukraine offen infrage. "Wenn eine Vereinbarung in bestimmen Teilen nicht mehr gilt, ist es an der Zeit, etwas zu ändern", sagte er am Mittwoch nach einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama in Tallinn. Russland habe die Bestimmungen der Vereinbarung verletzt und eine "unvorhersehbare und neue Sicherheitsumgebung" geschaffen.
Zunächst hatten die Osteuropäer offenbar sogar gefordert, die Vereinbarung ganz aufzukündigen. Das Papier sichert Moskau unter anderem zu, dass keine größere und vor allem keine dauerhafte Truppenpräsenz in den ehemaligen Ostblockstaaten eingerichtet wird. Genau das aber wünscht man sich dort. Beobachter sehen die Konfrontation als Zeichen dafür, dass sich die Osteuropäer und allen voran Polen nicht mehr als Nato-Mitglieder zweiter Klasse abfertigen lassen wollen. In den Ländern herrscht der Eindruck, dass Deutschland noch immer seiner althergebrachten Entspannungspolitik anhängt, während vor allem in den baltischen Staaten mit ihrer großen russischen Minderheit die Angst umgeht, dass Putin seine Krim-Strategie auch im Westen Russlands testen könnte. Vor allem Polen tritt mit Selbstbewusstsein auf, zumal Noch-Premier Donald Tusk demnächst das Amt des EU-Ratspräsidenten übernimmt. ..." (Die Welt online, 4.9.14)
Noch am Mittwoch unterstrich Regierungssprecher Steffen Seibert, dass Deutschland nicht an der Akte rütteln wolle. Man stehe zu der Vereinbarung, trotz mancher Enttäuschung über die russische Politik in den vergangenen Wochen. Dahinter steht der Gedanke: Putin mag Verträge brechen, wir tun das nicht. Vor allem will die Bundesregierung dem Russen keinen weiteren Vorwand liefern, die Lage in der Ukraine weiter zu eskalieren.
Doch Berlins Emissäre treffen auf harten Widerstand. Polens Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak sagte dieser Zeitung, dass "die Akte die Nato nicht darin beschränken soll, in Osteuropa zu handeln. Die Verbündeten müssen das machen, was sie für richtig halten." Die Akte immer wieder hervorzurufen sei kontraproduktiv. Auch Estlands Präsident Toomas Hendrik Ilves stellte die Gültigkeit des Vertrages wegen der russischen Militärintervention in der Ostukraine offen infrage. "Wenn eine Vereinbarung in bestimmen Teilen nicht mehr gilt, ist es an der Zeit, etwas zu ändern", sagte er am Mittwoch nach einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama in Tallinn. Russland habe die Bestimmungen der Vereinbarung verletzt und eine "unvorhersehbare und neue Sicherheitsumgebung" geschaffen.
Zunächst hatten die Osteuropäer offenbar sogar gefordert, die Vereinbarung ganz aufzukündigen. Das Papier sichert Moskau unter anderem zu, dass keine größere und vor allem keine dauerhafte Truppenpräsenz in den ehemaligen Ostblockstaaten eingerichtet wird. Genau das aber wünscht man sich dort. Beobachter sehen die Konfrontation als Zeichen dafür, dass sich die Osteuropäer und allen voran Polen nicht mehr als Nato-Mitglieder zweiter Klasse abfertigen lassen wollen. In den Ländern herrscht der Eindruck, dass Deutschland noch immer seiner althergebrachten Entspannungspolitik anhängt, während vor allem in den baltischen Staaten mit ihrer großen russischen Minderheit die Angst umgeht, dass Putin seine Krim-Strategie auch im Westen Russlands testen könnte. Vor allem Polen tritt mit Selbstbewusstsein auf, zumal Noch-Premier Donald Tusk demnächst das Amt des EU-Ratspräsidenten übernimmt. ..." (Die Welt online, 4.9.14)
"Die ukrainische Regierung plant entlang der rund 2000 Kilometer langen Staatsgrenze zu Russland angeblich den Bau einer Mauer. „Wir wollen einen echten Schutz“, sagte Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk am Mittwoch in Kiew. Denkbar sei auch ein Elektrozaun mit Minen und Stacheldraht.
Das Projekt soll etwa 100 Millionen Euro kosten. In ihrem Kampf gegen prorussische Separatisten hat die Regierung in Kiew derzeit die Kontrolle über einen Teil der Grenze in der Ostukraine verloren. Die prowestliche Führung wirft Moskau vor, hier Nachschub für die Aufständischen einzuschleusen.
Vor dem Hintergrund des Konflikts sprach sich Jazenjuk auch dafür aus, Russland in der Militärdoktrin der Ukraine als Aggressor zu bezeichnen. „Es ist das einzige Land, das unsere territoriale Integrität bedroht“, meinte er. Die Ukraine erwarte vom Nato-Gipfel in Wales diese Woche deutlichen Beistand. „Unser Ziel ist ein Sonderstatus in den Beziehungen zur Nato“, sagte Jazenjuk. ..." (FAZ online, 3.9.14)
• Russischer Sieben-Punkte-Plan für die Ostukraine
"Der russische Präsident Putin hat am Mittwoch einen Plan für eine Waffenruhe im Donbass vorgelegt, den er laut der Agentur Interfax auf dem Flug zu einem Besuch in der Mongolei zu Papier gebracht hatte. Die sieben Punkte des Plans umfassen eine Einstellung militärischer Aktionen in den Regionen Donezk und Luhansk sowohl seitens der ukrainischen Sicherheitskräfte wie der separatistischen Milizen, den Rückzug ukrainischer Artillerie in Gebiete, aus denen Städte und Siedlungen nicht erreicht werden können, sodann einen umfassenden Gefangenenaustausch, internationale Überwachung der Waffenruhe und die Einrichtung humanitärer Korridore, um die Versorgung der Zivilbevölkerung und die Reparatur von Infrastruktur zu ermöglichen.
Putin hatte bereits in der Nacht auf Mittwoch mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko ein Gespräch geführt, zu dem verlautete, man habe über die Schritte, die zu einer Waffenruhe hinführen sollten, weitgehende Einigkeit erzielt. Von Medien wurde dies zunächst so interpretiert, dass zwischen Poroschenko und Putin im Prinzip eine Feuerpause vereinbart worden sei. Dem widersprach jedoch umgehend Putins Pressechef Peskow. Er sagte, dass Russland nicht direkt einen Waffenstillstand vereinbaren könne, weil es an dem Konflikt im Donbass gar nicht beteiligt sei.
Obama, der auf dem Weg zum Nato-Gipfel in Wales am Mittwoch in Estland Station machte, sprach hingegen explizit von einer russischen Aggression gegen die Ukraine und sagte, eine Friedenslösung könne nur tragfähig sein, wenn Russland aufhöre, vorzugeben, mit dem Konflikt nichts zu tun zu haben.
Auf eine reservierte Reaktion stiess Putins Initiative auch bei den Donezker Separatisten. Wladimir Antjufejew, ein «Vizeministerpräsident» der selbsterklärten «Volksrepublik Donezk» (DNR), bezeichnete laut Reuters das Telefongespräch Putins mit Poroschenko als «Provokation». Russland habe mit den Angelegenheiten des Donbass nichts zu tun. Ein Waffenstillstand sei zwar gut, doch die Hauptforderung der DNR bestehe in einem vollständigen Rückzug der ukrainischen Sicherheitskräfte von ihrem Gebiet. ..." (Neue Zürcher Zeitung online, 3.9.14)
• Aufständische angeblich auf dem Vormarsch
"Vertreter der Ukraine, Rußlands und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie Abgesandte der ostukrainischen Widerstandsbewegung sind am Montag in Minsk zu einer Sitzung der sogenannten Kontaktgruppe zusammengekommen. Wie der russische Fernsehsender RT berichtete, haben die Repräsentanten der international nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk dabei ihre Bereitschaft erklärt, im Staatsverband der Ukraine zu verbleiben, wenn der Region Autonomierechte verliehen würden. Am Vortag waren Sprecher der Rebellen noch mit der Aussage aufgetreten, sie könnten sich einen gemeinsamen Staat »mit den Faschisten in Kiew« nicht mehr vorstellen.
Die ukrainische Regierung bestätigte am Montag, daß ihre Truppen die Kontrolle über den Flughafen von Lugansk verloren hätten. Dort sei ein »russisches Panzerbataillon« im Einsatz, so Sprecher des Regimes. Auch der Airport von Donezk war weiter umkämpft. Zudem erklärten die Aufständischen, mehrere Ortschaften eingenommen zu haben sowie alle Zufahrtswege nach Mariupol zu kontrollieren.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow wies den Vorwurf einer Militärintervention seines Landes in der Ukraine erneut zurück. »Es wird keine militärische Einmischung geben. Wir treten ausschließlich für eine friedliche Lösung dieser schwersten Krise ein, dieser Tragödie«, sagte er der Agentur Interfax zufolge vor Studenten in Moskau. Zugleich kritisierte Lawrow die vorbehaltlose Unterstützung des Westens für die Führung in Kiew. Es sei Aufgabe der EU und der USA, das zu fordern, was sie in anderen Konflikten predigten, nämlich damit aufzuhören, »schwere Waffentechnik und die Luftwaffe gegen zivile Objekte und gegen friedliche Menschen einzusetzen«. ..." (junge Welt, 2.9.14)
• Kiew will Daten zu MH17-Katastrophe nicht veröffentlichen
Der Sender Stimme Russlands hat am 2.9.14 ein Interview mit dem japanischen Journalisten zur MH-17-Katastrophe in der Ostukraine veröffentlicht:
"Was stört Sie an Washingtons und Kiews Haltung?Besonders seltsam wirkt die Tatsache, dass die USA und die ukrainische Regierung keine Hinweise publik machen, um auf die von Russland geäußerten Zweifel zu reagieren. Das ist sonderbar. Wenn die USA behaupten, dass das Flugzeug durch eine russische Buk-Rakete abgeschossen worden sei bzw. durch die Aufständischen, denen Russland Rückendeckung gebe, so wäre es für Washington und Kiew nicht schlecht, diese Vermutungen nachzuweisen. Doch das Problem besteht aus meiner Sicht darin, dass die ukrainische Regierung die Angaben zum Boeing-Absturz nicht veröffentlichen will, obwohl sie darüber umfassend verfügt. Das ist zwar nur meine persönliche Meinung, vielleicht befürchtet die Ukraine jedoch, dass sich alle Versuche, Russland für die Katastrophe verantwortlich zu machen, im Fall der Veröffentlichung als haltlos erweisen. Sollte man vielleicht der Ukraine die Schuld geben? Natürlich habe ich keine Schuldbeweise gegen die Ukraine, trotzdem finde ich die Sache sehr seltsam.
Warum schweigen jetzt all die Länder, die Russland nach dem Absturz verantwortlich gemacht haben?Weil sie keine Nachweise für Russlands Schuld geliefert haben. Hätten sie über diese Schuldbeweise verfügt, so hätten sie die Angaben veröffentlicht – sowohl in Bezug auf die Boeing, als auch in Bezug auf jenen Suchoi-Kampfjet, der nahe des malaysischen Passagierjets bemerkt worden war.
Wie geht es nun weiter? Wie ist Ihre Prognose?Das weiß ich nicht. Falls die den USA und der Ukraine vorliegenden Daten nachweisen, dass die Boeing nicht von einer prorussischen Gruppe abgeschossen wurde, wird das auch die Grundlage für die Vorwürfe und Sanktionen gegen Russland ruinieren. Die USA und die Ukraine wollen das offenbar vermeiden, so ist mein Eindruck. Sie sind nicht daran interessiert, Daten zu veröffentlichen, die den bisherigen Behauptungen und Entscheidungen der USA und der Ukraine widersprechen würden. Deshalb sollte Russland die internationale Öffentlichkeit möglichst ausführlich über diesen Fall informieren."
"Was stört Sie an Washingtons und Kiews Haltung?Besonders seltsam wirkt die Tatsache, dass die USA und die ukrainische Regierung keine Hinweise publik machen, um auf die von Russland geäußerten Zweifel zu reagieren. Das ist sonderbar. Wenn die USA behaupten, dass das Flugzeug durch eine russische Buk-Rakete abgeschossen worden sei bzw. durch die Aufständischen, denen Russland Rückendeckung gebe, so wäre es für Washington und Kiew nicht schlecht, diese Vermutungen nachzuweisen. Doch das Problem besteht aus meiner Sicht darin, dass die ukrainische Regierung die Angaben zum Boeing-Absturz nicht veröffentlichen will, obwohl sie darüber umfassend verfügt. Das ist zwar nur meine persönliche Meinung, vielleicht befürchtet die Ukraine jedoch, dass sich alle Versuche, Russland für die Katastrophe verantwortlich zu machen, im Fall der Veröffentlichung als haltlos erweisen. Sollte man vielleicht der Ukraine die Schuld geben? Natürlich habe ich keine Schuldbeweise gegen die Ukraine, trotzdem finde ich die Sache sehr seltsam.
Warum schweigen jetzt all die Länder, die Russland nach dem Absturz verantwortlich gemacht haben?Weil sie keine Nachweise für Russlands Schuld geliefert haben. Hätten sie über diese Schuldbeweise verfügt, so hätten sie die Angaben veröffentlicht – sowohl in Bezug auf die Boeing, als auch in Bezug auf jenen Suchoi-Kampfjet, der nahe des malaysischen Passagierjets bemerkt worden war.
Wie geht es nun weiter? Wie ist Ihre Prognose?Das weiß ich nicht. Falls die den USA und der Ukraine vorliegenden Daten nachweisen, dass die Boeing nicht von einer prorussischen Gruppe abgeschossen wurde, wird das auch die Grundlage für die Vorwürfe und Sanktionen gegen Russland ruinieren. Die USA und die Ukraine wollen das offenbar vermeiden, so ist mein Eindruck. Sie sind nicht daran interessiert, Daten zu veröffentlichen, die den bisherigen Behauptungen und Entscheidungen der USA und der Ukraine widersprechen würden. Deshalb sollte Russland die internationale Öffentlichkeit möglichst ausführlich über diesen Fall informieren."
Die französische Tageszeitung Le Monde veröffentlichte am 2.9.14 einen Reportage aus Mariupol unter dem Titel "Dans le sud-est de l'Ukraine, sur la piste de la fantomatique armée russe" ("In Süd-Osten der Ukraine, auf den Spuren der geisterhaften russischen Armee"). Der Beitrag ist online leider nicht frei verfügbar, aber das dazu gestellte passende Bild einer leeren Straße mit einem bewaffneten Aufständischen in der Mitte ist zu sehen. In dem Text werden Anwohnerinnen der ukrainisch-russischen Grenze bei Novoazovsk zitiert, die russische Panzer über die Grenze kommend gesehen haben wollen. In der Nähe der Stadt findet der Korrespondent Benoît Vitkine einen Trupp Aufständischer mit Panzern des Typs T-72. Diese stammten aus einem Lager der ukrainischen Armee bei Lugansk, erklärt einer der Kommandeure der Aufständischen. Die Russen unter den Kämpfern seien Freiwillige. Aber auch die ukrainische Armee sei kaum zu sehen und "fast unsichtbar", wird aus Mariupol berichtet. Sie habe das Terrain den Freiwilligenbataillonen wie dem "Azov"-Bataillon überlassen, in dem zahlreiche Europäer kämpften. Zumindest seien in einem Waldstück Spuren eines Feldcamps der ukrainischen Truppen gefunden worden: Rationen der US-Armee, die Washington der ukrainischen Armee liefert.
• Die Lügen der westlichen Politik und Medien
"Wenn Sie sich wundern, wie die Welt in den Dritten Weltkrieg stolpern könnte - genauso wie sie es in den Ersten Weltkrieg vor einem Jahrundert tat - , dann brauchen Sie nur einen Blick auf den Irrsinn, der bei der Ukraine praktisch die gesamte US-Politik- und Medienstrukturen eingeschlossen hat, wo die falsche Erzählung von weißen Hüten gegen schwarze Hüte frühzeitig aufkam und sie undurchlässig machte für Fakten und Vernunft." Das schreibt der US-Journalist Robert Parry in einem Beitrag auf seiner Website consortiumnews.com am 2.9.14. Die Grundlüge des "Gruppendenkens" des offiziellen Washington sei, "dass der russische Präsident Wladimir Putin die Krise in der Ukraine auslöste als Teil eines teuflischen Plan, um das Gebiet der untergegangenen Sowjetunion, darunter Estland und anderen baltischen Staaten zurückzufordern". Währned die US-Geheimdienste dieses Szenario nicht bestätigen, glauben laut Parry die "smart people" um so mehr daran. Auch er erinnert daran, dass die Krise im letzten Jahr provoziert wurde, als die EU ein Assoziierungsabkommen mit der Ukraine vorschlug während die US-Neocons und andere Falken unter Politikern und Experten vorschlugen, den "Ukraine-Schachzug" zu nutzen, um Putin in Russland zu untergraben. Diesen Plan habe u.a. David Gershman, Präsident der auf Regimechange spezialisierten und vom US-Kongress finanzierten Organisation National Endowment for Democracy (NED) bereits am 26.9.13 in der Washington Post beschrieben. Gershman schrieb darin von der Ukraine als "größtem Preis" und einem wichtigen Zwischenschritt, um Putin in Russland zu stürzen. Das zeige, so Parry, dass von Anfang Putin das Ziel der US-Politik der Ukraine-Initiative war und nicht deren Anstifter. Wer glaube, dass der russische Präsident der Drahtzieher der Krise sei, folge einer "bizarren Verschwörungstheorie" und müsse auch glauben, dass Putin das EU-Assoziierungsabkommen angeordnet habe, dann den IWF dazu brachte, von der Ukraine drakonische "Reformen" einzufordern, dass Wiktor Janukowitsch das westliche Angebot ablehnte. Dann müsse Putin auch für die Maidan-Proteste gegen Janukowitsch verantwortlich sein, während Neonazi-Milizen den Staatsstreich gegen den gewählten Präsidenten vorbereiteten, der dann durch ein Regime aus extrem rechten ukrainischen Nationalisten und von den USA favorisierten Technokraten ersetzt wurde. Als nächstes müsse Putin die neue Regierung zu Provokationen gegen die ethnischen Russen im Osten angestiftet haben. "Während ein solches fantasievolles Szenario die extremsten Verschwörungstheoretiker erröten ließe", so Parry, "wurde diese Erzählung von prominenten US-Politiker, darunter Ex-Außenministerin Hillary Clinton, und "Journalisten" von der New York Times bis zu CNN bereitwillig übernommen. Alle waren sich einig, dass Putin ein Irrer auf einer Mission der hemmungslosen Aggression gegen seine Nachbarn ist mit dem Ziel der Wiederherstellung des Russischen Reiches. Clinton verglich ihn sogar mit Adolf Hitler." Das Muster dieser grundlegende Falscherzählung sei dann durch die US-Berichte über die Krise weiter gestrickt worden. Dieser Irrsinn sei durch einen Beitrag der Washington Post am 1.9.14 über Putins angebliche "große Lüge" auf die Spitze getrieben worden, stellt Parry fest. Danach würden die Russen von ihrem Präsidenten mittels Propaganda über die Ukraine und mehr "im Dunkeln" gehalten. Die staatlich kontrollierten Medien in Russland würden über die Ereignisse bei den Nachbarn im Westen falsch informieren, behauptete die Washington Post. Parry widerspricht und schreibt, dass "die Verzerrungen der US-Mainstreammedien über die Ukraine-Krise etwas sind, wovon die realen Totaliräen nur träumen können." Er bringt dafür verschiedene Beispiele wie die Rolle der Neonazis beim Staatstreich im Februar in Kiew, welche z.B. für die Washington Post nur russische Phantasie seien. Noch beunruhigender sei, dass die Tötung tausender Zivilisten durch die Kiewer Truppen von den Medien und der US-Politik ignoriert würde. Auch die angebliche aktuelle russische "Invasion" mit Panzern, Artillerie und Lkw-Konvois gehöre dazu, so Parry, die von Geheimdienstquellen nicht belegt würde. Die angeblichen "Beweise" für eine "Invasion" taugten als solche "praktisch nichts", habe ihm ein ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter versichert. Der US-Journalist macht auch auf den offenen Brief von US-Geheimdienstveteranen, der Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS), an Bundeskanzlerin Angela Merkel vom 1.9.14 aufmerksam. Darin heißt es u.a., dass die Behauptungen und Belege für eine "russischen Invasion" genauso dubios seien wie jene, mit denen vor etwa zwölf Jahren der Überfall auf den Irak begründet wurde.
• Westliche Schizophrenie und Wirtschaftskrieg gegen Russland
"Schizophrenie kann schön sein. Zumindest muss man das bei Regierungen wie der deutschen, der amerikanischen oder britischen vermuten. Deren Truppen treiben sich schon lange ohne jegliche Legitimation in Afghanistan rum oder auch im Irak. Die unterstützten - die USA und England mehr, die Deutschen weniger - mit Waffen und Geld in Libyen oder Syrien Separatisten. Rufen aber laut "haltet den Dieb", wenn etwas scheinbar Ähnliches von Russland in der Ukraine betrieben wird. Aber wenn man dann dringlich nach Beweisen für russische Untaten sucht, dann lagern die ausgewerteten Daten der Flugschreiber des Flug MH17 der Malaysia Airlines seit Wochen unveröffentlicht in Holland, die Protokolle des Funkverkehrs zwischen dem Flughafen Kiew und dem Absturzflugzeug liegen sogar seit Mitte Juli beim ukrainischen Geheimdienst SBU unter Verschluss, und die neuesten NATO-Satellitenbilder über russische Truppenbewegungen haben die Qualität schlechtester Hobby-Fälschungen. Macht nix, sagten die Steinmeiers im Dienste der USA beim jüngsten Außenminister-Treffen der EU und diagnostizieren eine "neue Dimension" in der Ost-Ukraine. So ist es bei Bewusstseins-Spaltungen: Der Balken im eigenen Auge macht die Splitter im fremden Auge erst so richtig sichtbar.
Nun also noch mehr Sanktionen als zuvor. Verkündeten die über den faden Schein eines Gedanken erhabenen Lenker der EU am Wochenende in Brüssel. Fällt jemandem auf, dass hier ein dringender Wunsch der USA erfüllt wird? Denn das Handelsvolumen der EU mit Russland ist zehnmal größer als das zwischen den USA und Russland. Die USA verlieren nichts, wenn sie die Wirtschaftsbeziehung zu Russland abbrechen. Denn Sanktionen haben zuweilen Bumerang-Charakter: Man will Putin treffen und hat wenig später das krumme Holz am eigenen Kopf. ...
Putin ist nach dem Verständnis der USA dabei, ein schweres Verbrechen zu begehen, das die Herren Saddam Hussein (Irak) und Muammar al-Gaddafi (Libyen) bereits Leben und Staat gekostet hat. Auch die hatten überlegt ihr Öl nicht mehr auf Dollarbasis zu verkaufen. Nun denkt man Russland darüber nach Gas und Öl künftig in Rubel, Euro oder der chinesischen Währung Yuan zu handeln. So kann man es in Zeitungen in Österreich und der Schweiz lesen. In deutschen Zeitungen kaum: Die sind längst das Papier nicht mehr wert, auf dem sie gedruckt werden. Da die völlig verschuldeten USA - deren Staatsverschuldung unvorstellbare 17.556 Milliarden Dollar beträgt - ihre Vormachtstellung nur halten kann, wenn der Ölpreis weiter an den Dollar gekoppelt ist, kann sie Putins Ankündigung nur als Kriegserklärung begreifen. Denn nur wenn der an den Ölpreis gebundene US-Dollar als globale Leitwährung Bestand hat, kann die USA weiterhin billiges Papier bunt bedrucken, behaupten es sei echtes Geld. Und damit jene Militärmacht finanzieren, die in fast jeder Ecke der Welt fast jeden, den sie zum Gegner erklärt, unterwerfen kann. Da sind Sanktionen, auch wenn sie Europa Geld und Arbeitsplätze kosten, vergleichsweise harmlose Drohungen. ..." (U. Gellermann auf Rationalgalerie, 1.9.14)
• Was den Westen tatsächlich bedroht ...
... davon kündet u.a. die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Wostok, die in ihrem Heft 2-3/2014 neben zahlreichen Beiträgen zur Entwicklung in der Ukraine ein Dossier zur Eurasischen Wirtschaftsunion aus Weißrussland, Russland und Kasachstan veröffentlicht. Die drei Staaten hatten am 29.5.14 das entsprechende Abkommen unterzeichnet, wonach die Union am 1.1.15 in Kraft tritt. Russland hatte der Ukraine angeboten, dabei zu sein, wozu es bekanntermaßen nicht kam.
Die Zeitschrift gibt in einer Übersicht das Wirtschaftspotenzial der Euraischen Wirtschaftsunion wieder, die unausgesprochen belegen, warum der Westen diesen potenziellen Konkurrenten mit allen offenen und verdeckten Mittel bekämpft:
Danach liegt dieses regionale Integrationsprojekt bei der Gas- und der Ölförderung auf Platz 1 in der Welt. Die drei Staaten haben zusammen das weltweit zweitgrößte Eisenbahnnetz und liegen gemeinsam bei der Mineraldüngerproduktion ebenfalls auf Platz 2. Bei der Stromerzeugung liegen sie weltweit auf Platz 3. Das ist ebenso bei der Eisenproduktion der Fall, bei der Stahlproduktion liegen sie auf Platz 4, wie auch bei der Kohleförderung. In der Landwirtschaft ist der Wirtschaftsraum der weltweit drittgrößte Kartoffelproduzent, liegt bei Weizen auf Platz 4 und bei Fleisch auf Platz 5. Die drei Staaten haben gemeinsam das fünftgrößte Autostraßennetz und belegen im Maschinenbau Platz 6 der Weltproduktion.
Dieses Potenzial wird als mögliche Konkurrenz gesehen von jenen, die bisher die Weltwirtschaft dominieren, solange sie es nicht selbst unter Kontrolle haben und ausbeuten können.
• Slowakischer Premier kündigt Veto gegen weitere EU-Sanktionen an
"Der slowakische Premierminister Robert Fico ist gegen EU-Sanktionen in Bezug auf Russland aufgetreten und hat mit einem Veto gegen zusätzliche Maßnahmen gedroht, meldet Reuters unter Hinweis auf eine Erklärung des Premiers.
Die Europäische Union hatte am 1. August im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängt. Die Maßnahmen werden im Laufe eines Jahres angewendet. Unter die Einschränkung fallen: der Zugang der größten russischen Staatsbanken und der staatlichen Korporation Bank für Außenhandel zu den europäischen Fonds, Lieferungen von EU-Ausrüstungen nach Russland für eine Reihe von Erdölprojekten, neue Verträge mit Russland über Import und Export von Waffen und der Verkauf von Waren doppelter Bestimmung an Russland für den Verteidigungssektor. Die Sanktionen betreffen nur Geschäfte und Verträge, die seit dem 1. August geschlossen wurden.
Der Europarat beauftragte in der Nacht zum Sonntag die EU-Kommission, im Laufe der Woche zusätzliche Sanktionen gegen Russland auszuarbeiten.
„Ich betrachte die Sanktionen als sinnlos und kontraproduktiv. Solange wir von den Ergebnissen der bereits verhängten Sanktionen nichts erfahren, hat es keinen Sinn, neue zu verhängen“, sagte Fico zu Journalisten. Der slowakische Premier fügte hinzu, gegen Sanktionen aufzutreten, die der Wirtschaft seines Landes schaden könnten. „Ich behalte mir das Recht vor, ein Veto gegen Sanktionen einzulegen, die den nationalen Interessen der Slowakei schaden“, betonte der Premier." (RIA Novosti, 31.8.14)
• Polnischer Präsident: Ostflanke der NATO stärken, um Europa vor den Kosaken zu beschützen
"Der polnische Präsident Bronisław Komorowski hat angesichts des russischen Vorgehens in der Ukraine vor einer Appeasement-Politik gegenüber Moskau gewarnt. Komorowski sagte im Deutschlandradio Kultur, der russische Präsident müsse davon abgehalten werden, neue politische Einflusssphären zu bilden. Nach der Krim gehe es jetzt um weitere Gebiete der Ukraine. Man müsse sich fragen, wo das ende. Komorowski betonte, eine Politik des Nachgebens führe zu nichts. ...
Komorowski: ... Russland hat in der Ukraine eine Invasion durchgeführt. Das ist eine Tatsache, die durch die Politik von Präsident Putin geschaffen wurde. Und Europa und die westliche Welt stehen nun vor der Frage: Wie darauf effektiv reagieren?
Es geht darum, ob wir das Russland von Präsident Putin davon abhalten können, neue politische Einflusssphären zu bilden. Denn Einflusssphären bedeuten die Wiedererrichtung des russischen Imperiums. Das hat einst bis zur Oder gereicht, bis zur Elbe und es gab sogar Pläne, es bis zu den Pyrenäen auszudehnen. Also wie können wir effektiv verhindern, dass Aggression stattfindet, Völkerrecht gebrochen wird und Menschenrechte mit Füßen getreten werden?
Hier geht es nicht nur um politische Interessen, sondern darum, was aus Europa wird: Ob es ein Europa der Kosaken wird oder ein demokratisches. ...
Deutschlandradio: Was würden Sie sich wünschen, um Putin aufzuhalten?
Komorowski: Ich finde, dass vor allem die Deutschen, aber auch die Polen, besondere Verantwortung dafür tragen, Lehren aus der Geschichte in Erinnerung zu rufen. In den 30er-Jahren fehlte dem damaligen Europa der Mut, den Revisionismus und die Gewaltanwendung Deutschlands zu stoppen, es galt die Appeasement-Politik, das Nachgeben gegenüber Hitler.
Darum müssen wir uns jetzt klarmachen, dass eine Politik des Nachgebens zu nichts führt. Sie ermutigt nur zu noch mehr Forderungen, so wie wir das jetzt erleben: Erst wurde die Krim gefordert, jetzt geht es schon um weitere Gebiete der Ukraine. Und alle fragen sich, wo das endet. Ich denke, dass die Sanktionen leider gerechtfertigt und notwendig sind, notwendig ist aber auch die Stärkung des NATO-Bündnisses. Und so wie sich die Lage entwickelt, geht es hier vor allem um die Ostflanke der NATO. Denn hier liegt die Gefahr, hier besteht das Potential für Aggression. Und wir wissen aus dem Leben des Einzelnen wie der Staaten, dass die Schwäche potenzieller Opfer zur Aggression ermutigen kann. Umgekehrt schreckt Stärke eine aggressive Politik ab. Darum bin ich für Stärke.
Deutschlandradio: Das heißt: mehr Waffen, mehr Soldaten?
Komorowski: Das heißt, mehr Sicherheit bedeutet immer höhere Ausgaben für die Modernisierung der Streitkräfte. Erinnern wir uns: Der Zusammenbruch der Sowjetunion, der Polen die Freiheit und Deutschland die Einheit gebracht hat, der war eine Folge des verlorenen Rüstungswettlaufs, des verlorenen Wettlaufs um wirtschaftliche Entwicklung. Daran zerbrach das Imperium. Heute sagt Präsident Putin ganz offen – wer das hören will, kann es hören, wer nicht, der nicht – Putin sagt, dass er das Imperium wieder aufbauen will. Ich hoffe, dass genügend Deutsche sich daran erinnern, was das bedeutet hat: ein sowjetisches Imperium in Europa. ..." (DeutschlandRadio Kultur, 30.8.14)
• Westliche Wut auf inszenierte Großmut aus Russland
"Auf der unmittelbaren Ebene ist Wladimir Putin mit seinem Aufruf an die Aufständischen im Donbass, die eingekesselten ukrainischen Truppen abziehen zu lassen und »unnötige Opfer zu vermeiden«, der Entspanner. Der russische Präsident tut jetzt genau das, was der Westen seit Genf Mitte April von ihm verlangt: »seinen Einfluß auf die Separatisten geltend zu machen«. Daß wütende ukrainische Politiker daraus den Beweis machen wollen, die Aufständischen würden von Moskau gelenkt, ist geschenkt und zeigt nur, daß die in Kiew herrschenden Oligarchen und Faschisten schlechte Verlierer sind.
Daß sie zumindest kurzfristig verloren haben, geben die intelligenteren unter den Anführern der Kiew-treuen Freiwilligenbataillone in ihren Facebook-Postings inzwischen offen zu. Andrij Bilezkij, Kommandant des berüchtigten Bataillons »Asow«, schrieb am Freitag vormittag, der Blitzkrieg sei vorbei. Jetzt müsse sich die Ukraine auf eine lange Defensive einstellen. Auch Semjon Semjontschenko vom Bataillon »Donbass« orientiert schon auf die Nachkriegsordnung, wenn er die Forderung nach dem Entsatz seiner Kämpfer damit begründet, daß sie für den Neuaufbau nach dem Krieg am Leben bleiben müßten – als Kader einer von Faschisten dominierten Ukraine. Daß die Führung der »Volksrepublik Donezk« als Bedingung für den Abzug die Entwaffnung der eingeschlossenen Truppen verlangt, ist nur verständlich. Aber Präsident Petro Poroschenko und Premier Arseni Jazenjuk werden dem ohnehin nicht zustimmen und lieber den heroischen Untergang ihrer Truppen wählen – so wie Hitler den der in Stalingrad eingeschlossenen 6. Armee.
Putin hat sich zu den Konditionen für einen »humanitären Korridor« nicht geäußert. Auf der symbolischen Ebene ist die Botschaft seines Appells ohnehin klar: Er inszeniert sich als Sieger der Auseinandersetzung, als Sieger zumal, der gegenüber dem geschlagenen Gegner Großmut beweist. Eine klassische Herrschertugend seit der Antike.
Und genau deshalb reagiert der Westen so wütend. Es reicht den Herrschenden in Washington, Brüssel und Berlin nicht aus, Rußlands Einflußsphäre um einige hundert Kilometer zurückgedrängt zu haben – bis dorthin, wo die Wehrmacht im Frühjahr 1943 stand. Sie wissen, daß schon dies für Rußland unannehmbar ist, aber sie wollen das Land und Putin persönlich zusätzlich demütigen. Schon kann man lesen, das eigentliche Ziel des Ukraine-Konflikts sei der »Regime Change« in Rußland: ein Sturz Putins. ..." (Reinhard Lauterbach in junge Welt, 30.8.14)
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