• Kerry: Moskau soll mehr für Frieden tun
"US-Außenminister John Kerry hat Moskau zu mehr Engagement für den Frieden in der Ukraine gedrängt. Kerry traf am Dienstag in Sotschi am Schwarzen Meer zunächst vier Stunden seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow und anschließend Präsident Wladimir Putin. Vordringlich sei "die konkrete Umsetzung der nächsten Schritte" aus dem Minsker Waffenstillstandsabkommen, sagte ein hoher Mitarbeiter Kerrys.
Kerry ist der höchste US-Vertreter, der seit Beginn der Ukraine-Krise Russland besucht. Die Ukraine befinde sich derzeit in einem "kritischen Moment", sagte sein Mitarbeiter auf dem Flug nach Sotschi. Wenn der Vertrag von Minsk vollständig umgesetzt werde und die Ukraine die Souveränität über ihre Grenzen zurückerhalte, könnte eine Rücknahme der gegen Moskau verhängten Sanktionen erwogen werden. "Wenn es mehr ernsthafte Verletzungen gibt, wird der Druck erhöht."
Nach einem Gespräch mit Lawrow wurde Kerry von Putin in dessen Sommerresidenz empfangen. Nach einem Händedruck vor den Kameras zogen sich beide Politiker zu ihren Beratungen zurück. ..." (Wiener Zeitung online, 12.5.15)
"... Lawrow sprach zunächst mit Kerry vier Stunden im Hotel „Rodina“ (Heimat) in Sotschi. Anschließend informierten die Minister Staatschef Putin über das Ergebnis ihrer Beratungen. Auf die Frage von Journalisten, wie das Gespräch gelaufen sei, antwortete Lawrow knapp: „Wunderbar.“ ..." (Der Tagesspiegel online, 12.5.15)
• Kiew will Söldner legalisieren
"In der bürgerkriegsgeplagten Ukraine greift die Regierung angesichts der hohen Verluste der Streitkräfte im Kampf gegen die prorussischen Rebellen im Osten nun zu ungewöhnlichen Mitteln: Die Streitkräfte sollen offiziell für ausländische Kämpfer geöffnet werden. Das Parlament in Kiew nahm am Dienstag in erster Lesung ein entsprechendes Gesetz an.
"Durch die Ausländer, die den Streitkräften beitreten, verringern sich der Mobilisierungsbedarf bei Ukrainern und die Ausgaben für die Kampfteilnehmer, Invaliden und Hinterbliebenen", sagte Gesetzesautor Dmitri Timtschuk der Internetzeitung "Ukrainskaja Prawda". Das Gesetz muss noch in zweiter Abstimmung bestätigt werden. Es legalisiert den bereits jetzt üblichen Einsatz, wenngleich rechtlich halbseidenen Einsatz von Ausländern - sprich Söldnern - im Kampf gegen die Separatisten. ..." (Die Presse online, 12.5.15)
"Mit der Annahme eines Gesetzes zur Öffnung der ukrainischen Armee für Ausländer gewährleisten die Kiewer Behörden eine Rückendeckung für NATO-Truppen im Donbass. Das teilte das Verteidigungsministerium der selbst ernannten Volksrepublik Donezk am Dienstag mit. ...
Nach Angaben der Aufklärung der Volkswehr halten sich bereits Formationen der Streitkräfte der USA, Kanadas, Polens, Georgiens und einiger anderer Länder auf dem Territorium der Ukraine auf. Die Donezker Führung geht davon aus, dass berufliche Fähigkeiten ukrainischer Militärs von US-amerikanischen Instrukteuren negativ bewertet worden sind. Deshalb sei beschlossen worden, die Armee für Ausländer zu öffnen, hieß es in Donezk.
Das umstrittene Gesetz muss noch in zweiter Lesung abgestimmt werden. Es legalisiert den bereits jetzt üblichen Einsatz von Ausländern im Kampf gegen die Separatisten. Es handelt sich unter anderem um private Militär- und Sicherheitsfirmen wie Academi (einst Blackwater)." (Sputnik, 12.5.15)
• Aufständische appellieren an Berlin und Paris: Kiew erfüllt Minsk II nicht
"Drei Monate nach den Minsker Abkommen appellieren die nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk an Deutschland und Frankreich: Nur Berlin und Paris könnten verhindern, dass Kiew weiter die Erfüllung der Friedensvereinbarungen verweigert.
„Nur mithilfe Deutschlands und Frankreichs können wir den Zugang zur Ukraine finden. Denn die Ukraine weicht der Umsetzung der Minsker Abkommen immer wieder aus“, sagte Wladislaw Dejneko, Unterhändler der Lugansker Volksrepublik bei den Friedensgesprächen in Minsk, am Dienstag. „Der Ball ist auf der Seite der Ukraine. Wir haben alles von uns Abhängende getan.“
Auch der Donezker Unterhändler Denis Puschilin beschuldigte die ukrainische Regierung, die Umsetzung der Minsk-Vereinbarungen nur vorzutäuschen. Er rief die EU auf zu verhindern, dass Kiew aus dem Friedensprozess aussteige.
„Die Verantwortung für die Erfüllung von Minsk-2 liegt bei Europa, bei den Garantieländern“, sagte Puschilin. „Wir bitten Europa darum, einen Ausstieg der Ukraine aus dem Friedensprozess zu verhindern. (…) Ukrainische Amtspersonen geben immer wieder Erklärungen ab, die den Abkommen widersprechen“, sagte er und verwies auf die jüngste Ankündigung des ukrainischen Staatschefs Pjotr Poroschenko, den Flughafen Donezk zurückerobern zu wollen. „Wir sind überzeugt: Eine unblutige Lösung des Konfliktes ist nur durch die Erfüllung von Minsk-2 möglich, so Puschilin. Ohne einen ernsthaften Druck Europas auf die Ukraine kommen wir nicht aus.“ ..." (Sputnik, 12.5.15)
• Unabhängigkeit in Donezk gefeiert
"Ein Jahr nach einem umstrittenen Referendum in der selbst ernannten ostukrainischen "Volksrepublik" Donezk haben Zehntausende Menschen ihre "Unabhängigkeit" von der Ukraine gefeiert. Mit einer riesigen schwarz-blau-rot gestreiften Fahne des Separatistengebiets und Blumen zogen die Menschen am Montag durch die Straßen der gleichnamigen Großstadt.
Auch ein langes Georgsband, ein russisches Symbol des Sieges über den Faschismus im Zweiten Weltkrieg, präsentierten die Teilnehmer. Zu dem Marsch kamen der Agentur Interfax zufolge rund 43.000 Menschen.
Am 11. Mai vor genau einem Jahr stimmten in einem von der prowestlichen Führung in Kiew nicht anerkannten Referendum mehr als 90 Prozent der Teilnehmer für die Loslösung des Gebiets Donezk von der Ukraine. Die Regierung will die Region wieder unter ihre Kontrolle bringen. ..." (Der Standard online, 11.5.15)
• In Moskau gab es am 9. Mai mehr als eine Parade
"16 000 Soldaten paradierten vor Präsident Putin. Aber weitaus mehr Menschen trugen die Trauer an ihre im Zweiten Weltkrieg umgekommenen Angehörigen auf Moskaus Straßen. ...
Eröffnet wurde die Parade von Einheiten in den erdbraunen Uniformen der historischen Siegesparade von Ende Juni 1945. Ihnen wurde das Siegesbanner vorangetragen, das Rotarmisten vor 70 Jahren auf dem Reichstag in Berlin gehisst hatten. Die letzten noch lebenden Veteranen verfolgten dies mit Tränen in den Augen.
Am »modernen« Teil der Parade nahmen auch auf der Krim stationierte Einheiten teil. Mit dem Vorschlag, sogar Verbände der pro-russischen Separatisten in der Ostukraine zuzulassen, sei die »Falkenfraktion« in Moskau indes gescheitert, berichten Insider. Szenenapplaus kassierten dagegen die jüngsten Teilnehmer der Parade: Kadettinnen, die beim Stechschritt light viel Bein zeigten. Ihnen folgten Eliteeinheiten befreundeter Staaten - neben den sechs Mitgliedern des Verteidigungsbündnisses der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS auch Kontingente aus Aserbaidschan, China, Indien, der Mongolei und Serbien: die potenzielle Konfiguration eines antiwestlichen Bündnisses, das die unipolare Weltordnung beenden könnte.
Diese hatte Präsident Wladimir Putin in seiner kurzen Ansprache vor Beginn der eigentlichen Parade als Ursache für die Eskalation von Konflikten weltweit und die zunehmende Ignoranz gegenüber dem Völkerrecht scharf kritisiert. Direkt beim Namen nannte er Washington dabei allerdings nicht. Auch enthielt er sich - wohl mit Rücksicht auf Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Sonntagmittag zusammen mit dem Kremlchef Blumen am Grabmal des Unbekannten Soldaten niederlegte - aller Spitzen gegen Deutschland ...
Eher besinnlich ging es auf den Volksfesten am Nachmittag zu. Militärkapellen intonierten die Lieder des Krieges. Unter ihren Klängen waren auch Zehntausende Moskauer mit Fotos von Angehörigen durch das Stadtzentrum gezogen. »Unsterbliches Regiment« nennt sich der Gedenkmarsch, an dem sich erstmals auch Putin mit einem Foto seines im Krieg schwer verwundeten Vaters beteiligte. Landesweit wurden bei ähnlichen Prozessionen weit über eine Million Menschen gezählt, bei Galakonzerten mehr als zwölf Millionen Zuschauer. Das größte mit Stars der russischen Estrade fand am Samstagabend auf dem Roten Platz statt, gefolgt von einem grandiosen Feuerwerk." (Neues Deutschland, 11.5.15, S. 5)
• Kein Anschluss an Russland
Jutta Sommerbauer berichtet in einer Reportage für die Onlineausgabe der österreichischen Tageszeitung Die Presse vom 10.5.15 aus der Ostukraine: "Die ostukrainischen "Volksrepubliken" ein Jahr nach dem Abspaltungs-Referendum: Die Euphorie über die Lossagung von Kiew ist verklungen, der Hass ist geblieben. ...
In mehrerlei Hinsicht haben sich die Donzeker und Luhansker Separatistengebiete der viel beschworenen „russischen Welt“, (russkij mir), in diesem Jahr angenähert. Der Rubel ist offiziell zweites Zahlungsmittel, in Läden finden sich immer mehr russische Produkte, an den Universitäten hofft man auf russische Abschlüsse. ...
Einen Anschluss an den großen Nachbarn verspricht freilich keiner der Donezker oder Luhansker Machthaber mehr. Russlands Präsident Wladimir Putin hat längst klargemacht, dass er nicht an eine Aufnahme des Donbass denkt. Moskaus Unterstützung ist nicht bedingungslos: Ja, Russland lässt kampfeswillige Freiwillige ungehindert in den Donbass reisen, das russische Militär leistete in entscheidenden Kriegsphasen offen Schützenhilfe. Moskau liefert humanitäre Hilfe und dürfte die vor Kurzem begonnene erstmalige Auszahlung von Pensionen in Rubel finanzieren.
Doch keine Rede ist von Wiederaufbauhilfe, ganz zu schweigen von Investitionen. Der abgespaltene Donbass ist eine rechtliche und wirtschaftliche Grauzone geworden, in der Schwarzhandel blüht. Es gibt kein Bankensystem mehr, und die Frontlinie wird immer mehr zur befestigten Grenze: Der Warenverkehr aus ukrainisch kontrolliertem Gebiet stockt, die Preise in Donezk sind gestiegen. Das von Kiew im Jänner eingeführte äußerst bürokratische Passierschein-System ist freilich auch dafür geeignet, die letzten Sympathien für Kiew zu vertreiben: Die Bürger müssen bis zu zwei Monate auf diese Reisegenehmigungen warten. Zudem machen viele hier die ukrainische Armee einseitig für die Zerstörungen verantwortlich. ..."
Eine Reportage von Nina Jeglinski aus Donezk veröffentlichte der Schweizer Tages-Anzeiger in seiner Online-Ausgabe am 12.5.15: "Ein Jahr Krieg hat die ostukrainische Wirtschaftsmetropole Donezk in ein Armenhaus verwandelt. Für die Misere machen die Bewohner die ukrainische Regierung verantwortlich. Doch auch Moskaus Stern sinkt.
Es ist auffallend ruhig im Stadtzentrum der früheren Millionenstadt Donezk. Selbst an Wochentagen fahren nur wenige Autos, in der gesamten Innenstadt findet man geschlossene Läden und Cafés. Vereinzelt haben kleine Lebensmittelgeschäfte geöffnet. Die Preise sind hoch, die Auswahl ist dürftig. Der Grossteil der Einwohner überlebt ohnehin nur dank Lebensmittelspenden. ...
«Ohne diesen Krieg wäre unsere junge Republik schon viel weiter», sagt Tatjana trotzig. Diese Meinung ist in Donezk weit verbreitet. Fast jeder Bewohner, mit dem ein Gespräch möglich ist, schiebt die Verantwortung für die missliche Lage auf die Kiewer Zentralregierung. Doch auch Russlands Stern ist gesunken. Ein Mann, der sich ebenfalls bei der Achmetow-Stiftung seine Lebensmittelration abholt, sagt: «Wir sind komplett auf uns alleine gestellt. In Kiew sitzen Verräter, die mit uns nichts zu tun haben wollen, und Russland hilft auch nur halbherzig.» ...
Wadim Opoprijenko ist stellvertretender Direktor der Klinik für Traumatologie – eines der wenigen Krankenhäuser, die ihren Betrieb noch nicht eingestellt haben. Am Ende des Gesprächs überreicht Opoprijenkos Mitarbeiterin eine Liste mit Medikamenten und Medizintechnik. «Diese Produkte werden dringend benötigt, das müssen Sie in Europa erzählen», gibt der Verwaltungschef seinen Besuchern mit auf den Weg. ..."
• Schweizer Hilfe für faschistisches Freikorps
"Die Schweizerin Irina von Burg unterstützt ukrainische Kämpfer mit Autos, Kleidern und Geld. Unsere Reporterin hat sie an die Front begleitet, auf einer abenteuerlichen Fahrt mit Pannen, Gefechtslärm und viel Alkohol.
... Irina von Burg, 38-jährige Familienfrau, Schweizer Staatsbürgerin, geboren im ukrainischen Tschernihiw unweit von Tschernobyl. Sie hat die beiden Mitsubishi-Pick-ups, ein rotes und ein grünes Modell, in Landquart (GR) erworben und dem Freiwilligenbataillon Aydar gestiftet. In Kiew, wo die Fahrzeuge eine neue Lackierung in Tarnfarbe bekommen haben, ist sie dem Transport zugestiegen. Sie will selbst sehen, wo ihre Hilfsgüter, für die sie in der Schweiz in jeder freien Minute Geld sammelt, gebraucht werden. Zusammen mit Bogdan, einem Mitglied von Aydar, wird sie die Tagesreise nach Schastia in der Krisenregion Donbass wagen. Wir, eine Journalistin und ein Fotograf, begleiten sie auf ihrer Reise. ...
Eine halbe Stunde später, es ist früher Sonntagnachmittag, sitzen wir in einem schicken Café in der Innenstadt von Charkiw. Hier trifft sich die Mittelschicht der ehemaligen Industriestadt. Die Hälfte der Bevölkerung, heisst es, befürworte den Anschluss an Russland. In den Strassen kreuzen die Geländewagen der OSZE. Ein Freund von Bogdan, ebenfalls Mitglied des Freiwilligenbataillons Aydar, lädt uns zum Essen ein. Es gibt ukrainische Ravioli, Borschtsch und heisse Schokolade. Bogdan und der Fahrer des zweiten Pick-ups versuchen einen Automechaniker aufzutreiben. Irina von Burg gähnt verstohlen. Die letzten Tage vor ihrer Abreise hat sie jeweils bis spät in die Nacht hinein Güter zur humanitären Hilfe verladen – Spenden aus der ukrainischen Diaspora, aber auch von Institutionen wie dem Inselspital Bern.
«Die Hilfsbereitschaft ist gross», sagt von Burg in ihrem Solothurner Dialekt mit slawischem Einschlag. Jedoch müsse man gegenüber den Spendern klar deklarieren, wohin das Geld fliesse. Einige wollten auf keinen Fall das Militär unterstützen. Von Burg selbst kennt da keine Skrupel. Sie gibt sich kämpferisch-pragmatisch: «Putin ist ein Wahnsinniger. Wir müssen ihn stoppen.» Um die Unabhängigkeit der Ukraine zu unterstützen, würde sie sogar Waffen liefern, sagt sie: «Ich habe sogar schon versucht, alte Panzer der Schweizer der Armee zu kaufen.» Dass das nur schon von Gesetzes wegen nicht geht, hat sie erst hinterher erfahren. ...
Von Burg beschloss, die ukrainische Armee zu unterstützen, und gründete den Verein 24h-help. Seither sind bereits einige Fahrzeuge und Ausrüstung wie Decken, Schuhe und Pullover für die Soldaten per Camion in die Ostukraine geliefert worden. ...
Während der Amokfahrt aus der Stadt hat Bogdan doch noch klein beigegeben und uns in eine Herberge gefahren. «Minus fünf Sterne», hat er, immer noch verstimmt, die Hotelwahl kommentiert. Den Pick-up mit der Aufschrift der ukrainischen Streitkräfte, ATO, hatten wir im Hinterhof versteckt. Nicht selten werden Fahrzeuge der ATO in dieser Gegend angezündet. ...
In der Küche des Hauses, es handelt sich um das konfiszierte Heim eines geflohenen Separatisten, steht Wiktoria und kocht Borschtsch. Auf ihren Oberarm hat sie die Zahl 39 tätowiert, die für ihre Gruppierung auf dem Maidan steht. Sie war gerade einmal 20, als die Proteste mit brutaler Gewalt niedergeschlagen wurden. Wiktoria steht stellvertretend für viele Junge in den Freiwilligenbataillons: Der Schock des Maidan hat einen Patriotismus in ihr geweckt, der sie in die Schützengräben der Ostukraine trieb. Früher trug sie hüftlange Haare und Lippenstift, heute sind es Tarnanzüge und Kampfstiefel. ...
Irina von Burg, die Schweizer Gönnerin von Aydar, ist von all den Eindrücken wie elektrisiert. Nach der ersten Nacht, in der sie kaum geschlafen und den Geräuschen der Front gelauscht hat, will sie noch näher ans Geschehen. Sie will den Schützengraben und die tapferen Soldaten sehen, ihnen moralisch beistehen. ...
Wir besichtigen die ins Erdreich gegrabene Befestigung. Von Burg wird umringt von den Soldaten, angehimmelt wie Marilyn Monroe auf Truppenbesuch. Eine Weile posiert sie für die Smartphones, wirft sich in Pose, strahlt aus blauen Augen unter ihrem grünen Helm hervor. ...
Wir fahren zurück in die Kaserne, wo Wiktoria mit heissem Borschtsch auf uns wartet. Von Burg ist aufgewühlt und hat Tränen der Rührung in den Augen. Nach einer weiteren Nacht an der Front ist sie überzeugt, das Richtige getan zu haben. Sie fährt zurück in die Schweiz mit dem festen Plan, nächstes Mal nicht bloss zwei Pick-ups mitzubringen, sondern eine richtige militärische Drohne schweizerischen Fabrikats." (Neue Zürcher Zeitung online, 4.5.15)
In der gedruckten Ausgabe der NZZ am Sonntag vom 3.5.15, in der die Reportage zuerst erschien, schrieb die Autorin über das Freikorps: "Das Bataillon Aydar ist einer der wenigen freiwilligen Kampfverbände im ostukrainischen Konflikt, die von Anfang an in die reguläre Armee eingegliedert waren. Etwa 800 Kämpfer und freiwillige Helfer gehören dazu. Benannt ist Aydar nach einem Fluss in der Region Luhansk. ...
In den letzten Monaten war Aydar mehrfach in den Schlagzeilen der westlichen Medien, weil angeblich zahlreiche rechtsextremistisch Gesinnte im Bataillon kämpfen würden. Amnesty International berichtete von gewalttätigen Übergriffen auf Zivilisten und Gräueltaten. Die Vorwürfe bezogen sich jedoch auf Truppen, die weiter südlich im Donbass stationiert waren. Bei unserem Besuch treffen wir auf nationalistisch gesinnte Kämpfer ... Einige wenige tragen abseits des Schützengrabens Kleidung mit modifizierten Hakenkreuzen und anderen Nazi-Symbolen. Im gespräch lehnen sie jedoch jede nationalsozialistische Gesinnung ab. Hingegen beziehen sie sich oft auf den Partisanen Stepan Bandera ..."
→ hier geht's zu Folge 207
→ alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen
→ die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine
"Drei Monate nach den Minsker Abkommen appellieren die nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk an Deutschland und Frankreich: Nur Berlin und Paris könnten verhindern, dass Kiew weiter die Erfüllung der Friedensvereinbarungen verweigert.
„Nur mithilfe Deutschlands und Frankreichs können wir den Zugang zur Ukraine finden. Denn die Ukraine weicht der Umsetzung der Minsker Abkommen immer wieder aus“, sagte Wladislaw Dejneko, Unterhändler der Lugansker Volksrepublik bei den Friedensgesprächen in Minsk, am Dienstag. „Der Ball ist auf der Seite der Ukraine. Wir haben alles von uns Abhängende getan.“
Auch der Donezker Unterhändler Denis Puschilin beschuldigte die ukrainische Regierung, die Umsetzung der Minsk-Vereinbarungen nur vorzutäuschen. Er rief die EU auf zu verhindern, dass Kiew aus dem Friedensprozess aussteige.
„Die Verantwortung für die Erfüllung von Minsk-2 liegt bei Europa, bei den Garantieländern“, sagte Puschilin. „Wir bitten Europa darum, einen Ausstieg der Ukraine aus dem Friedensprozess zu verhindern. (…) Ukrainische Amtspersonen geben immer wieder Erklärungen ab, die den Abkommen widersprechen“, sagte er und verwies auf die jüngste Ankündigung des ukrainischen Staatschefs Pjotr Poroschenko, den Flughafen Donezk zurückerobern zu wollen. „Wir sind überzeugt: Eine unblutige Lösung des Konfliktes ist nur durch die Erfüllung von Minsk-2 möglich, so Puschilin. Ohne einen ernsthaften Druck Europas auf die Ukraine kommen wir nicht aus.“ ..." (Sputnik, 12.5.15)
• Poroschenko will Krieg fortsetzen
"Drei
Monate nach dem Minsker Waffenstillstandsabkommen hat der ukrainische
Präsident Pjotr Poroschenko angekündigt, den Flughafen der
Aufständischen-Hochburg Donezk wieder unter seine Kontrolle bringen zu
wollen. Der Flughafen wird jetzt von der Bürgerwehr der von Kiew
abtrünnigen Donezker Volksrepublik kontrolliert.
„Ich zweifle nicht daran, dass wir den Flughafen werden befreien können. Das ist unser Land“, sagte Poroschenko am 11. Mai bei einem Treffen mit ukrainischen Soldaten. Der Kreml kritisierte Poroschenkos Äußerung als Verstoß gegen die Minsker Abkommen. Auch die Volksrepublik Donezk wertete Poroschenkos Abkündigung als einen „direkten Appell zu Kampfhandlungen“. „Wir machen die Garantiemächte (Deutschland, Frankreich und Russland – Red.) darauf aufmerksam", sagte der Donezker Unterhändler bei den Minsker Gesprächen, Denis Puschilin, am Dienstag. ..." (Sputnik, 12.5.15)
„Ich zweifle nicht daran, dass wir den Flughafen werden befreien können. Das ist unser Land“, sagte Poroschenko am 11. Mai bei einem Treffen mit ukrainischen Soldaten. Der Kreml kritisierte Poroschenkos Äußerung als Verstoß gegen die Minsker Abkommen. Auch die Volksrepublik Donezk wertete Poroschenkos Abkündigung als einen „direkten Appell zu Kampfhandlungen“. „Wir machen die Garantiemächte (Deutschland, Frankreich und Russland – Red.) darauf aufmerksam", sagte der Donezker Unterhändler bei den Minsker Gesprächen, Denis Puschilin, am Dienstag. ..." (Sputnik, 12.5.15)
• Nemzow-Bericht belegt angeblich russische Truppen in der Ostukraine
"Vertraute
des Ende Februar im Zentrum Moskaus ermordeten Oppositionellen Boris
Nemzow haben am Dienstag einen Bericht vorgelegt, der nach ihren Angaben
"vollständige Beweise" für die Präsenz russischen Militärs in der
Ukraine enthält. Der 64-seitige Bericht enthalte unter anderem Aussagen
von "Schlüsselzeugen", sagte einer der Autoren, der Oppositionelle Ilja
Jaschin, in Moskau.
"Alle entscheidenden militärischen Siege" der prorussischen Separatisten in der Ostukraine seien "von regulären russischen Truppen gewährleistet" worden.
Der Bericht befasst sich mit der Rolle des Kreml und des russischen Staatschefs Wladimir Putin im Ukraine-Konflikt und trägt den Titel "Putin - der Krieg". Er fußt auf Recherchen Nemzows, die dieser bis zu seiner Ermordung vorantrieb.
Die Unterstützung des Aufstands im Osten der Ukraine hat Russland dem Bericht zufolger bisher mehr als eine Milliarde Dollar (897,50 Mio. Euro) gekostet. Mindestens 220 russische Soldaten seien in den Kämpfen im Nachbarland getötet worden. ..." (Der Standard online, 12.5.15)
Der Bericht behauptet laut eines Berichtes des Senders Bloomberg vom 12.5.15, dass bis zu 10.000 russische Soldaten in der Ostukraine im Einsatz sein könnten.
"Alle entscheidenden militärischen Siege" der prorussischen Separatisten in der Ostukraine seien "von regulären russischen Truppen gewährleistet" worden.
Der Bericht befasst sich mit der Rolle des Kreml und des russischen Staatschefs Wladimir Putin im Ukraine-Konflikt und trägt den Titel "Putin - der Krieg". Er fußt auf Recherchen Nemzows, die dieser bis zu seiner Ermordung vorantrieb.
Die Unterstützung des Aufstands im Osten der Ukraine hat Russland dem Bericht zufolger bisher mehr als eine Milliarde Dollar (897,50 Mio. Euro) gekostet. Mindestens 220 russische Soldaten seien in den Kämpfen im Nachbarland getötet worden. ..." (Der Standard online, 12.5.15)
Der Bericht behauptet laut eines Berichtes des Senders Bloomberg vom 12.5.15, dass bis zu 10.000 russische Soldaten in der Ostukraine im Einsatz sein könnten.
• Moskau warnt Washington vor Militärhilfe für Kiew
"Gespräche über Ukraine-Krise: Russland warnt vor US-Militärhilfe für Kiew
Bei seinem ersten Russland-Besuch seit zwei Jahren hat US-Außenminister John Kerry mit seinem Kollegen Sergej Lawrow in der Schwarzmeer-Stadt Sotschi Gespräche zum Ukraine-Konflikt begonnen. Später am Dienstag war auch ein Treffen mit Präsident Wladimir Putin geplant. Außerdem soll es um die Bürgerkriege in Syrien und im Jemen sowie den Atomstreit mit dem Iran gehen. ...
Das Verhältnis zwischen Russland und den USA wird vor allem von der Ukraine-Krise schwer belastet. Die USA und die Europäische Union werfen der russischen Regierung vor, die gegen Kiew kämpfenden Rebellen in der Ostukraine mit Soldaten und Ausrüstung zu unterstützen. Die russische Regierung bestreitet dies. Russland kritisiert seinerseits den wachsenden Einfluss der NATO in Osteuropa.
Kerry sagte, er hoffe auf "fruchtbare Verhandlungen". Das US-Außenministerium teilte mit, bei der Reise gehe es vor allem darum, den Kontakt zu ranghohen russischen Vertretern aufrechtzuerhalten und sicherzustellen, dass US-Ansichten klar vermittelt würden. Es ist der erste Besuch Kerrys in Russland seit zwei Jahren.
Ein US-Regierungsvertreter sagte während des Flugs nach Sotschi, es müsse nun vor allem darum gehen, die "nächsten Schritte" bei der Umsetzung des vereinbarten Waffenstillstands sicherzustellen. Der Ukraine-Konflikt befinde sich in einer "entscheidenden" Phase.
In Moskau hieß es, Russland hoffe auf eine Normalisierung der Beziehungen. Der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow sagte der Agentur Tass, es gebe viele schwierige Punkte auf der Tagesordnung.
Putins Sprecher Dmitri Peskow bewertete Kerrys Besuch laut Berichten russischer Nachrichtenagenturen als "äußerst positiv". Peskows Angaben zufolge soll es neben internationalen Themen auch um die bilateralen Beziehungen zwischen beiden Ländern gehen. Nur durch Dialog könnten eine "Normalisierung" der Beziehungen und "eine engere Zusammenarbeit bei der Lösung internationaler Probleme" erreicht werden." (Der Standard online, 12.5.15)
Bei seinem ersten Russland-Besuch seit zwei Jahren hat US-Außenminister John Kerry mit seinem Kollegen Sergej Lawrow in der Schwarzmeer-Stadt Sotschi Gespräche zum Ukraine-Konflikt begonnen. Später am Dienstag war auch ein Treffen mit Präsident Wladimir Putin geplant. Außerdem soll es um die Bürgerkriege in Syrien und im Jemen sowie den Atomstreit mit dem Iran gehen. ...
Das Verhältnis zwischen Russland und den USA wird vor allem von der Ukraine-Krise schwer belastet. Die USA und die Europäische Union werfen der russischen Regierung vor, die gegen Kiew kämpfenden Rebellen in der Ostukraine mit Soldaten und Ausrüstung zu unterstützen. Die russische Regierung bestreitet dies. Russland kritisiert seinerseits den wachsenden Einfluss der NATO in Osteuropa.
Kerry sagte, er hoffe auf "fruchtbare Verhandlungen". Das US-Außenministerium teilte mit, bei der Reise gehe es vor allem darum, den Kontakt zu ranghohen russischen Vertretern aufrechtzuerhalten und sicherzustellen, dass US-Ansichten klar vermittelt würden. Es ist der erste Besuch Kerrys in Russland seit zwei Jahren.
Ein US-Regierungsvertreter sagte während des Flugs nach Sotschi, es müsse nun vor allem darum gehen, die "nächsten Schritte" bei der Umsetzung des vereinbarten Waffenstillstands sicherzustellen. Der Ukraine-Konflikt befinde sich in einer "entscheidenden" Phase.
In Moskau hieß es, Russland hoffe auf eine Normalisierung der Beziehungen. Der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow sagte der Agentur Tass, es gebe viele schwierige Punkte auf der Tagesordnung.
Putins Sprecher Dmitri Peskow bewertete Kerrys Besuch laut Berichten russischer Nachrichtenagenturen als "äußerst positiv". Peskows Angaben zufolge soll es neben internationalen Themen auch um die bilateralen Beziehungen zwischen beiden Ländern gehen. Nur durch Dialog könnten eine "Normalisierung" der Beziehungen und "eine engere Zusammenarbeit bei der Lösung internationaler Probleme" erreicht werden." (Der Standard online, 12.5.15)
• Merkel als Kriegshetzerin
"Was
gehört dazu, sich als Repräsentantin eines deutschen Staates in Moskau
70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg hinzustellen und von einer
»verbrecherischen und völkerrechtswidrigen Annexion der Krim« zu
sprechen? Antwort: Erstens das Fehlen jeglichen Funkens Anstand. Das war
bereits klar, als der Boykott der russischen Feierlichkeiten zum 9. Mai
angekündigt wurde – insofern war es eine Wiederholungstat. Zweitens das
verordnete Vergessen dessen, was »verbrecherische Annexion« an solch
einem Tag der Erinnerung an Vernichtung und Kolonisierung – auch der
Krim – durch einen deutschen Staat bedeutet. Der keiner linken Neigung
verdächtige Historiker Götz Aly wies in der Berliner Zeitung am
vergangenen Dienstag auf den ersten Befehl des sowjetischen
Stadtkommandanten Berlins Nikolai Bersarin vom 2. Mai 1945 hin, in dem
von Wiederherstellung des Gesundheitswesens, von Lebensmittelversorgung
und Hilfe für kranke Kinder die Rede war. Aly setzte hinzu: »Ersparen
wir uns erste Wehrmachtsbefehle in Minsk, Kiew oder Smolensk«. Der Name
von Bersarin sollte nach 1990 auf Betreiben der SPD aus dem Berliner
Stadtbild verschwinden, um seine Ehrenbürgerschaft gab es eine lange
Auseinandersetzung auf Frontstadtniveau. Das war ein Beispiel für die
Staatspolitik, die Angela Merkel mit ihrem Vokabular würdig vertreten
hat. ...
Der Affront übersteigt das gewohnte Maß auf dem diplomatischen Parkett des Kalten Krieges. Es handelt sich um Kriegshetze, wie sie ansonsten von den in Kiew durch die von den USA installierten Kreaturen à la Jazenjuk zu hören ist. Mit ihrer Wortwahl hat sich die Kanzlerin fest an die Seite der »Fuck the EU«-Strategen gestellt. Lügen und Russophobie sind wichtigste Bestandteile der dazugehörigen westlichen Propaganda. ...
Merkels Worte sind insofern ein deutliches Signal: Sie hat sich für Eskalation, wenn nicht für Krieg entschieden." (Arnold Schölzel in junge Welt, 12.5.15)
Der Affront übersteigt das gewohnte Maß auf dem diplomatischen Parkett des Kalten Krieges. Es handelt sich um Kriegshetze, wie sie ansonsten von den in Kiew durch die von den USA installierten Kreaturen à la Jazenjuk zu hören ist. Mit ihrer Wortwahl hat sich die Kanzlerin fest an die Seite der »Fuck the EU«-Strategen gestellt. Lügen und Russophobie sind wichtigste Bestandteile der dazugehörigen westlichen Propaganda. ...
Merkels Worte sind insofern ein deutliches Signal: Sie hat sich für Eskalation, wenn nicht für Krieg entschieden." (Arnold Schölzel in junge Welt, 12.5.15)
"Ein Jahr nach einem umstrittenen Referendum in der selbst ernannten ostukrainischen "Volksrepublik" Donezk haben Zehntausende Menschen ihre "Unabhängigkeit" von der Ukraine gefeiert. Mit einer riesigen schwarz-blau-rot gestreiften Fahne des Separatistengebiets und Blumen zogen die Menschen am Montag durch die Straßen der gleichnamigen Großstadt.
Auch ein langes Georgsband, ein russisches Symbol des Sieges über den Faschismus im Zweiten Weltkrieg, präsentierten die Teilnehmer. Zu dem Marsch kamen der Agentur Interfax zufolge rund 43.000 Menschen.
Am 11. Mai vor genau einem Jahr stimmten in einem von der prowestlichen Führung in Kiew nicht anerkannten Referendum mehr als 90 Prozent der Teilnehmer für die Loslösung des Gebiets Donezk von der Ukraine. Die Regierung will die Region wieder unter ihre Kontrolle bringen. ..." (Der Standard online, 11.5.15)
• In Moskau gab es am 9. Mai mehr als eine Parade
"16 000 Soldaten paradierten vor Präsident Putin. Aber weitaus mehr Menschen trugen die Trauer an ihre im Zweiten Weltkrieg umgekommenen Angehörigen auf Moskaus Straßen. ...
Eröffnet wurde die Parade von Einheiten in den erdbraunen Uniformen der historischen Siegesparade von Ende Juni 1945. Ihnen wurde das Siegesbanner vorangetragen, das Rotarmisten vor 70 Jahren auf dem Reichstag in Berlin gehisst hatten. Die letzten noch lebenden Veteranen verfolgten dies mit Tränen in den Augen.
Am »modernen« Teil der Parade nahmen auch auf der Krim stationierte Einheiten teil. Mit dem Vorschlag, sogar Verbände der pro-russischen Separatisten in der Ostukraine zuzulassen, sei die »Falkenfraktion« in Moskau indes gescheitert, berichten Insider. Szenenapplaus kassierten dagegen die jüngsten Teilnehmer der Parade: Kadettinnen, die beim Stechschritt light viel Bein zeigten. Ihnen folgten Eliteeinheiten befreundeter Staaten - neben den sechs Mitgliedern des Verteidigungsbündnisses der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS auch Kontingente aus Aserbaidschan, China, Indien, der Mongolei und Serbien: die potenzielle Konfiguration eines antiwestlichen Bündnisses, das die unipolare Weltordnung beenden könnte.
Diese hatte Präsident Wladimir Putin in seiner kurzen Ansprache vor Beginn der eigentlichen Parade als Ursache für die Eskalation von Konflikten weltweit und die zunehmende Ignoranz gegenüber dem Völkerrecht scharf kritisiert. Direkt beim Namen nannte er Washington dabei allerdings nicht. Auch enthielt er sich - wohl mit Rücksicht auf Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Sonntagmittag zusammen mit dem Kremlchef Blumen am Grabmal des Unbekannten Soldaten niederlegte - aller Spitzen gegen Deutschland ...
Eher besinnlich ging es auf den Volksfesten am Nachmittag zu. Militärkapellen intonierten die Lieder des Krieges. Unter ihren Klängen waren auch Zehntausende Moskauer mit Fotos von Angehörigen durch das Stadtzentrum gezogen. »Unsterbliches Regiment« nennt sich der Gedenkmarsch, an dem sich erstmals auch Putin mit einem Foto seines im Krieg schwer verwundeten Vaters beteiligte. Landesweit wurden bei ähnlichen Prozessionen weit über eine Million Menschen gezählt, bei Galakonzerten mehr als zwölf Millionen Zuschauer. Das größte mit Stars der russischen Estrade fand am Samstagabend auf dem Roten Platz statt, gefolgt von einem grandiosen Feuerwerk." (Neues Deutschland, 11.5.15, S. 5)
• Kein Anschluss an Russland
Jutta Sommerbauer berichtet in einer Reportage für die Onlineausgabe der österreichischen Tageszeitung Die Presse vom 10.5.15 aus der Ostukraine: "Die ostukrainischen "Volksrepubliken" ein Jahr nach dem Abspaltungs-Referendum: Die Euphorie über die Lossagung von Kiew ist verklungen, der Hass ist geblieben. ...
In mehrerlei Hinsicht haben sich die Donzeker und Luhansker Separatistengebiete der viel beschworenen „russischen Welt“, (russkij mir), in diesem Jahr angenähert. Der Rubel ist offiziell zweites Zahlungsmittel, in Läden finden sich immer mehr russische Produkte, an den Universitäten hofft man auf russische Abschlüsse. ...
Einen Anschluss an den großen Nachbarn verspricht freilich keiner der Donezker oder Luhansker Machthaber mehr. Russlands Präsident Wladimir Putin hat längst klargemacht, dass er nicht an eine Aufnahme des Donbass denkt. Moskaus Unterstützung ist nicht bedingungslos: Ja, Russland lässt kampfeswillige Freiwillige ungehindert in den Donbass reisen, das russische Militär leistete in entscheidenden Kriegsphasen offen Schützenhilfe. Moskau liefert humanitäre Hilfe und dürfte die vor Kurzem begonnene erstmalige Auszahlung von Pensionen in Rubel finanzieren.
Doch keine Rede ist von Wiederaufbauhilfe, ganz zu schweigen von Investitionen. Der abgespaltene Donbass ist eine rechtliche und wirtschaftliche Grauzone geworden, in der Schwarzhandel blüht. Es gibt kein Bankensystem mehr, und die Frontlinie wird immer mehr zur befestigten Grenze: Der Warenverkehr aus ukrainisch kontrolliertem Gebiet stockt, die Preise in Donezk sind gestiegen. Das von Kiew im Jänner eingeführte äußerst bürokratische Passierschein-System ist freilich auch dafür geeignet, die letzten Sympathien für Kiew zu vertreiben: Die Bürger müssen bis zu zwei Monate auf diese Reisegenehmigungen warten. Zudem machen viele hier die ukrainische Armee einseitig für die Zerstörungen verantwortlich. ..."
Eine Reportage von Nina Jeglinski aus Donezk veröffentlichte der Schweizer Tages-Anzeiger in seiner Online-Ausgabe am 12.5.15: "Ein Jahr Krieg hat die ostukrainische Wirtschaftsmetropole Donezk in ein Armenhaus verwandelt. Für die Misere machen die Bewohner die ukrainische Regierung verantwortlich. Doch auch Moskaus Stern sinkt.
Es ist auffallend ruhig im Stadtzentrum der früheren Millionenstadt Donezk. Selbst an Wochentagen fahren nur wenige Autos, in der gesamten Innenstadt findet man geschlossene Läden und Cafés. Vereinzelt haben kleine Lebensmittelgeschäfte geöffnet. Die Preise sind hoch, die Auswahl ist dürftig. Der Grossteil der Einwohner überlebt ohnehin nur dank Lebensmittelspenden. ...
«Ohne diesen Krieg wäre unsere junge Republik schon viel weiter», sagt Tatjana trotzig. Diese Meinung ist in Donezk weit verbreitet. Fast jeder Bewohner, mit dem ein Gespräch möglich ist, schiebt die Verantwortung für die missliche Lage auf die Kiewer Zentralregierung. Doch auch Russlands Stern ist gesunken. Ein Mann, der sich ebenfalls bei der Achmetow-Stiftung seine Lebensmittelration abholt, sagt: «Wir sind komplett auf uns alleine gestellt. In Kiew sitzen Verräter, die mit uns nichts zu tun haben wollen, und Russland hilft auch nur halbherzig.» ...
Wadim Opoprijenko ist stellvertretender Direktor der Klinik für Traumatologie – eines der wenigen Krankenhäuser, die ihren Betrieb noch nicht eingestellt haben. Am Ende des Gesprächs überreicht Opoprijenkos Mitarbeiterin eine Liste mit Medikamenten und Medizintechnik. «Diese Produkte werden dringend benötigt, das müssen Sie in Europa erzählen», gibt der Verwaltungschef seinen Besuchern mit auf den Weg. ..."
• Schweizer Hilfe für faschistisches Freikorps
"Die Schweizerin Irina von Burg unterstützt ukrainische Kämpfer mit Autos, Kleidern und Geld. Unsere Reporterin hat sie an die Front begleitet, auf einer abenteuerlichen Fahrt mit Pannen, Gefechtslärm und viel Alkohol.
... Irina von Burg, 38-jährige Familienfrau, Schweizer Staatsbürgerin, geboren im ukrainischen Tschernihiw unweit von Tschernobyl. Sie hat die beiden Mitsubishi-Pick-ups, ein rotes und ein grünes Modell, in Landquart (GR) erworben und dem Freiwilligenbataillon Aydar gestiftet. In Kiew, wo die Fahrzeuge eine neue Lackierung in Tarnfarbe bekommen haben, ist sie dem Transport zugestiegen. Sie will selbst sehen, wo ihre Hilfsgüter, für die sie in der Schweiz in jeder freien Minute Geld sammelt, gebraucht werden. Zusammen mit Bogdan, einem Mitglied von Aydar, wird sie die Tagesreise nach Schastia in der Krisenregion Donbass wagen. Wir, eine Journalistin und ein Fotograf, begleiten sie auf ihrer Reise. ...
Eine halbe Stunde später, es ist früher Sonntagnachmittag, sitzen wir in einem schicken Café in der Innenstadt von Charkiw. Hier trifft sich die Mittelschicht der ehemaligen Industriestadt. Die Hälfte der Bevölkerung, heisst es, befürworte den Anschluss an Russland. In den Strassen kreuzen die Geländewagen der OSZE. Ein Freund von Bogdan, ebenfalls Mitglied des Freiwilligenbataillons Aydar, lädt uns zum Essen ein. Es gibt ukrainische Ravioli, Borschtsch und heisse Schokolade. Bogdan und der Fahrer des zweiten Pick-ups versuchen einen Automechaniker aufzutreiben. Irina von Burg gähnt verstohlen. Die letzten Tage vor ihrer Abreise hat sie jeweils bis spät in die Nacht hinein Güter zur humanitären Hilfe verladen – Spenden aus der ukrainischen Diaspora, aber auch von Institutionen wie dem Inselspital Bern.
«Die Hilfsbereitschaft ist gross», sagt von Burg in ihrem Solothurner Dialekt mit slawischem Einschlag. Jedoch müsse man gegenüber den Spendern klar deklarieren, wohin das Geld fliesse. Einige wollten auf keinen Fall das Militär unterstützen. Von Burg selbst kennt da keine Skrupel. Sie gibt sich kämpferisch-pragmatisch: «Putin ist ein Wahnsinniger. Wir müssen ihn stoppen.» Um die Unabhängigkeit der Ukraine zu unterstützen, würde sie sogar Waffen liefern, sagt sie: «Ich habe sogar schon versucht, alte Panzer der Schweizer der Armee zu kaufen.» Dass das nur schon von Gesetzes wegen nicht geht, hat sie erst hinterher erfahren. ...
Von Burg beschloss, die ukrainische Armee zu unterstützen, und gründete den Verein 24h-help. Seither sind bereits einige Fahrzeuge und Ausrüstung wie Decken, Schuhe und Pullover für die Soldaten per Camion in die Ostukraine geliefert worden. ...
Während der Amokfahrt aus der Stadt hat Bogdan doch noch klein beigegeben und uns in eine Herberge gefahren. «Minus fünf Sterne», hat er, immer noch verstimmt, die Hotelwahl kommentiert. Den Pick-up mit der Aufschrift der ukrainischen Streitkräfte, ATO, hatten wir im Hinterhof versteckt. Nicht selten werden Fahrzeuge der ATO in dieser Gegend angezündet. ...
In der Küche des Hauses, es handelt sich um das konfiszierte Heim eines geflohenen Separatisten, steht Wiktoria und kocht Borschtsch. Auf ihren Oberarm hat sie die Zahl 39 tätowiert, die für ihre Gruppierung auf dem Maidan steht. Sie war gerade einmal 20, als die Proteste mit brutaler Gewalt niedergeschlagen wurden. Wiktoria steht stellvertretend für viele Junge in den Freiwilligenbataillons: Der Schock des Maidan hat einen Patriotismus in ihr geweckt, der sie in die Schützengräben der Ostukraine trieb. Früher trug sie hüftlange Haare und Lippenstift, heute sind es Tarnanzüge und Kampfstiefel. ...
Irina von Burg, die Schweizer Gönnerin von Aydar, ist von all den Eindrücken wie elektrisiert. Nach der ersten Nacht, in der sie kaum geschlafen und den Geräuschen der Front gelauscht hat, will sie noch näher ans Geschehen. Sie will den Schützengraben und die tapferen Soldaten sehen, ihnen moralisch beistehen. ...
Wir besichtigen die ins Erdreich gegrabene Befestigung. Von Burg wird umringt von den Soldaten, angehimmelt wie Marilyn Monroe auf Truppenbesuch. Eine Weile posiert sie für die Smartphones, wirft sich in Pose, strahlt aus blauen Augen unter ihrem grünen Helm hervor. ...
Wir fahren zurück in die Kaserne, wo Wiktoria mit heissem Borschtsch auf uns wartet. Von Burg ist aufgewühlt und hat Tränen der Rührung in den Augen. Nach einer weiteren Nacht an der Front ist sie überzeugt, das Richtige getan zu haben. Sie fährt zurück in die Schweiz mit dem festen Plan, nächstes Mal nicht bloss zwei Pick-ups mitzubringen, sondern eine richtige militärische Drohne schweizerischen Fabrikats." (Neue Zürcher Zeitung online, 4.5.15)
In der gedruckten Ausgabe der NZZ am Sonntag vom 3.5.15, in der die Reportage zuerst erschien, schrieb die Autorin über das Freikorps: "Das Bataillon Aydar ist einer der wenigen freiwilligen Kampfverbände im ostukrainischen Konflikt, die von Anfang an in die reguläre Armee eingegliedert waren. Etwa 800 Kämpfer und freiwillige Helfer gehören dazu. Benannt ist Aydar nach einem Fluss in der Region Luhansk. ...
In den letzten Monaten war Aydar mehrfach in den Schlagzeilen der westlichen Medien, weil angeblich zahlreiche rechtsextremistisch Gesinnte im Bataillon kämpfen würden. Amnesty International berichtete von gewalttätigen Übergriffen auf Zivilisten und Gräueltaten. Die Vorwürfe bezogen sich jedoch auf Truppen, die weiter südlich im Donbass stationiert waren. Bei unserem Besuch treffen wir auf nationalistisch gesinnte Kämpfer ... Einige wenige tragen abseits des Schützengrabens Kleidung mit modifizierten Hakenkreuzen und anderen Nazi-Symbolen. Im gespräch lehnen sie jedoch jede nationalsozialistische Gesinnung ab. Hingegen beziehen sie sich oft auf den Partisanen Stepan Bandera ..."
→ hier geht's zu Folge 207
→ alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen
→ die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine
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