Gesammelte Nachrichten und Informationen zum Ukraine-Konflikt und dessen
Hintergründen, ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit und fast
ohne Kommentar
• Aufständische: Kiewer Verfassungsreform macht Wahlen im Donbass unmöglich
"Die
von Kiew eingeleitete Verfassungsreform macht die in den Minsker
Vereinbarungen vorgesehen Wahlen in der selbsterklärten Donezker
Volksrepublik (DVR) unmöglich, wie Denis Puschilin, Beauftragter der DVR
für die Minsker Friedensgespräche mit Kiew, am Sonntag sagte.
„Die
Werchowna Rada nimmt Änderungen an dem Gesetz über den Sonderstatus des
Donbass vor, die dem (vereinbarten) Maßnamenkomplex zur friedlichen
Regelung völlig widersprechen. Diese Änderungen machen die Durchführung
von Wahlen auf dem Territorium der DVR unmöglich“, so Puschilin.
Die
Verfassungsreform hätte mit Vertretern der „Volksrepubliken“ Donezk und
Lugansk abgestimmt werden müssen; dies sei aber bis jetzt nicht getan
worden, sagte der Chefunterhändler. Also könnten die betreffenden
Punkte (des Minsker Abkommens) als nicht erfüllt betrachtet werden, so
Puschilin." (Sputnik, 3.5.15)
• OSZE bestätigt Beschuss von Donezk und neue Kämpfe
"Ein
Team der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
(OSZE) hat am Sonntag in Donezk die Zerstörungen nächtlicher
Artilleriegefechte dokumentiert. Laut Augenzeugen hat der Beschuss am
Samstag gegen 22.30 Uhr begonnen. Nach etwas mehr als zwei Stunden legte
sich der Gefechtslärm, doch die Folgen waren am Sonntag noch spürbar:
In Teilen der Stadt fiel die Gas- und Wasserversorgung aus, Wohnhäuser
und eine Schule wurden beschädigt. Sechs Rebellen und drei Zivilisten
sollen verletzt worden sein.
Vertreter der Separatisten präsentierten
den Beobachtern Bombensplitter, die von der Kanonade stammen sollen.
Der "Verteidigungsminister" der "Donezker Volksrepublik" Eduard Bassurin
warf Kiew dabei nicht nur den Bruch des Minsker Abkommens, sondern auch
der Genfer Konvention vor: Beim Beschuss sei verbotene
Schrapnellmunition verwendet worden, erklärte er. ...
Das
ukrainische Außenministerium wies die Vorwürfe wenig später als
"Provokation" zurück: "Ukrainische Soldaten haben weder diese Stadt,
noch irgendeine andere Ortschaft beschossen", die auf dem von Rebellen
kontrollierten Territorium liege, teilte das Außenamt mit. Die
Anschuldigung diene den Separatisten lediglich dazu, den
Waffenstillstand selbst zu brechen, heißt es in der Erklärung weiter.
Zugleich fordert auch Kiew die OSZE zur Prüfung des Sachverhalts auf.
..." (Der Standard online, 3.5.15)
• Schirokino weiter unter Kontrolle der Freikorps
"Entgegen
der jüngsten Vereinbarung der Normandie-Vier mit dem ukrainischen
Präsidenten Pjotr Poroschenko steht die Wohnsiedlung Schirokino im
Donbass weiterhin unter Kontrolle von Freiwilligenverbänden.
Der
stellvertretende Stabschef der Volkswehr der „Donezker Volksrepublik“,
Eduard Bassurin, hat am Sonntag die Mitteilung des Pressedienstes des
Regiments „Asow“ über einen teilweisen Abzug seiner Angehörigen aus
Schirokino zurückgewiesen. Ihm zufolge wird jetzt eine Rotation von
Soldaten vorgenommen. Kämpfer aus dem Regiment „Asow“ werden durch
Mitglieder des Bataillons „Donbass“ abgelöst, so Bassurin.
Der Pressedienst des Bataillons teilte auf Facebook mit:
„Im Zusammenhang mit der geplanten Rotation und dem Abzug eines Teils
des Regiments ‚Asow‘ hat das Bataillon ‚Donbass‘ zusätzlich
Kampfeinheiten in die Wohnsiedlung Schirokino einziehen lassen und
kontrolliert nun alle Stellungen“.
Der Bataillonskommandeur
Semjon Sementschenko hat diese Information in seinem Facebook-Account
bestätigt. Ihm zufolge steht Schirokino jetzt unter Kontrolle des
ukrainischen Militärs. Sementschenko wies die in Medien und
Sozialnetzwerken erschienen Informationen zurück, laut denen alle
Truppen aus Schirokino abgezogen worden waren.
Früheren
Berichten zufolge hat das ukrainische Freiwilligenregiment „Asow“ im
Raum von Schirokino eine Beobachtungsstelle der speziellen OSZE-Mission
– trotz Protesten der zur Mission gehörigen Offiziere – eingenommen.
..." (Sputnik, 3.5.15)
• Kiewer Truppen beschiessen Donezk
"Der
massive Beschuss von Donezk in der Nacht zum Sonntag hat großflächige
Zerstörungen in der Stadt verursacht, wie die Stadtverwaltung auf ihrer
Webseite mitteilt.
In der Stadt sei schweres Artilleriefeuer zu hören, heißt es.
Wie
der Chef der Verwaltung der Stadtbezirke Kiewski und Kuibyschewski,
Iwan Prichodko, der Donezker Nachrichtenagentur sagte, hat der
nächtliche Beschuss durch das ukrainische Militär großflächige
Zerstörungen im Bezirk Kiewski verursacht. Nach einem Geschosseinschlag
in einem Kesselhaus haben 25 Häuser keine Warmwasserversorgung mehr.
Die
Donezker Volkswehr hatte am Samstagabend mitgeteilt, dass die
ukrainischen Militärkräfte den Flughafen von Donezk sowie nächstgelegene
Ortschaften unter Beschuss genommen haben. Nach Angaben der
Volksmilizen sind Artillerieanlagen im Kaliber 120 bzw. 152 Millimeter
zum Einsatz gekommen. ..." (Sputnik, 3.5.15)
"Nach
Berichten über den Beschuss von Donezk mit großkalibriger Artillerie
hat der russische Außenminister Sergej Lawrow die OSZE aufgerufen, von
Kiew zu fordern, mit der Verletzung der Minsker Vereinbarungen
aufzuhören.
Lawrow hat den OSZE-Vorsitzenden und
Außenminister Serbiens, Ivica Dacic, in einem Telefongespräch
nachdrücklich aufgefordert, „seine Vollmachten geltend zu machen, damit
die Spezielle Beobachtermission der OSZE in der Ukraine von Kiew
fordert, die grobe Verletzung der Minsker Vereinbarungen unverzüglich
einzustellen“, heißt es in einer Mitteilung des russischen
Außenministeriums, die auf Facebook veröffentlicht wurde. ..." (Sputnik, 3.5.15)
• NATO hat "Rotes Telefon" zu russischer Armee eingerichtet
"Die
Nato verfügt erstmals seit Ende des Kalten Krieges wieder über einen
direkten Draht zum russischen Militär. „Die Nato und die russischen
Militärbehörden unterhalten Kommunikationsverbindungen. Sowohl der
Oberbefehlshaber für Europa als auch der Vorsitzende des
Nato-Militärausschusses haben die Erlaubnis, sich mit ihren russischen
Kollegen in Verbindung zu setzen“, teilte die Allianz auf Anfrage der
Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung mit. Die Kommunikationskanäle
seien jederzeit offen und würden regelmäßig getestet, heißt es weiter.
Die
Nato machte keine Angaben dazu, wann das System aktiviert wurde. Aus
einer nationalen Delegation erfuhr die F.A.S., dass der russischen Seite
in der vergangenen Woche Kontakt-Nummern übermittelt worden seien. Der
Vorgang wurde als „geheim“ eingestuft. Er geht zurück auf eine
Initiative des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD).
..." (FAZ online, 3.5.15)
• Sachartschenko: Seit dem Odessa-Massaker gibt es keine Ukraine mehr
"Nach
der vorjährigen Brandtragödie in Odessa hat die Ukraine aufgehört, ein
Staat zu sein, wie Alexander Sachartschenko, Chef der selbsterklärten
Volksrepublik Donezk, am Samstag sagte.
Am 2. Mai 2014 haben
„wahnsinnig gewordene ukrainische Politiker ein unerhörtes Verbrechen
gegen das eigene Volk begangen“, zitiert die Donezker Nachrichtenagentur
Sachartschenko. „Entsetzen, Schmerz und Tränen erfassten Odessa.“ Es
sei das Nachspiel vom „Maidan-Albtraum" gewesen.
„An diesem
Tag mussten wir neben den Einwohnern von Odessa zugeben: Ein Land mit
dem Namen Ukraine gibt es nicht mehr – es starb für uns gemeinsam mit
Dutzenden zu Tode gequälten Einwohnern von Odessa.“ Alle Schuldigen
werden dies verantworten, fügte er hinzu. ..." (Sputnik, 2.5.15)
"...
Der ukrainische Parlamentarier Igor Mossijtschuk von der Radikalen
Partei bezeichnete indessen die Ereignisse in Odessa als „markanter Tag
für die Ukraine“ sowie als eine „Säuberungsaktion“. Er würdigte
via Facebook „ukrainische Patrioten“, die „das ukrainische Odessa vor
Besatzern und Kollaborateuren gehalten“ und es zum südlichen Vorposten
der Ukraine am Schwarzen Meer gemacht hätten.
„Ich bin stolz! Ich gratuliere zum Fest, meine Herren“, schrieb er abschließend." (Sputnik, 2.5.15)
• Gericht in Wien lehnt Auslieferung des Oligarchen Firtasch an USA als unzulässig ab
"Österreich liefert den ukrainischen Oligarchen Dmitrij Firtasch nicht an die USA aus. Das hat ein Gericht in Wien entschieden. In der Urteilsentscheidung hieß es, dass die Anklage aus den USA in Teilen politisch motiviert sei und die Auslieferung deswegen “nicht zulässig”. Die USA
hätten Firtasch mit dem erlassenen Haftbefehl, der als wichtiger
Unterstützer des gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch gilt, aus
dem politischen Leben in der Ukraine abziehen wollen.
Dem Unternehmer wird nach Ermittlungen des FBI
wegen der angeblichen Verwicklung in einen internationalen
Korruptionsskandal gesucht. Er steht im Verdacht, durch die Bestechung
indischer Behörden im Jahr 2006 eine Ausbeutungslizenz für Titan in
Indien erworben zu haben.
Nach der Urteilsentscheidung
erklärte Firtasch: “Ich bin froh über das Ergebnis. Ich war von Anfang
an davon überzeugt, dass die österreichische Justiz mich fair behandeln
würde. Doch ich war auch besorgt denn die Vereinigten Staaten sind nun
einmal die Vereinigten Staaten. Deshalb hatte ich gemischte Gefühle und
war auf jede Entscheidung vorbereitet. Doch ich wusste, dass ich nichts
falsch gemacht habe und dass dieser Fall von Anfang an politisch
motiviert war.”
Firtasch wurde im März 2014 in Wien
verhaftet. Nach der Zahlung von einer Rekordsumme von 125 Millionen Euro
Kaution konnte er sich in Österreich aber frei bewegen. ..." (Euronews, 1.5.15)
• Berlin drängt angeblich Kiew, Minsk II zu erfüllen
Berlin und seine EU-Partner drängen laut einem Bericht der Financial Times vom 26.4.15
Kiew, das zweite Minsker Abkommen vom Februar zu erfüllen. Dem Blatt
zufolge geschieht das aus Angst, dass Russland sonst eine Entschuldigung
für eine "erneute Aggression" hätte. Die Warnungen kämen aus
Berlin, Paris und London und seien von Jean-Claude Juncker beim
EU-Ukraine-Gipfel an Kiew übermittelt worden. Angeblich wolle die EU die
Spannungen mit Russland entschärfen, während Washington derzeit mit
fortgesetzten und verschärften Sanktionen droht.
EU-Diplomaten würden
den Aufständischen vorwerfen, Minsk II mehr zu verletzen wie Kiew.
Dennoch solle der Kiewer Präsident Petro Poroschenko vorangehen und die
politischen Klauseln von Minsk II umsetzen, so die Zeitung. Deutsche
Diplomaten meinten danach, Kiew müsse sich kooperativer verhalten. Das
Blatt zitiert Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für
Auswärtige Politik (DGAP), demzufolge deutsche Diplomaten mit beiden
Seiten reden, aber vor allem Kiew auffordern, sich zu bewegen. Geschehe
das nicht, habe Russland die Möglichkeit, den Konflikt zu verlängern.
Berlin ist laut der Financial Times besorgt, dass Kiew die
Umsetzung des politischen Teils von Minsk II verschleppe, insbesondere
die politische Dezentralisierung, die Kiew entgegen der Minsker
Vereinbarung erst nach Kommunalwahlen umsetzen will. Zudem habe Außenminister Frank-Walter Steinmeier in einem Schreiben an Juncker
gefordert, die EU solle russische Bedenken zum Freihandelsabkommen mit
der Ukraine berücksichtigen. Der deutsche Außenminister habe Dreier-Gespräche vorgeschlagen und Juncker gebeten "die große Flexibilität, die die Vereinbarung bietet, zu nutzen."
• Führt die Spur der Maidan-Scharfschützen nach Polen?
Die
Scharfschützen, die im Februar 2014 zielgerichtet auf dem Kiewer
Maidan-Platz Demonstranten und Sicherheitskräfte erschossen, seien in
Polen ausgebildet worden. Das sagte der polnische EU-Abgeordnete und
Präsidentschaftskandidat der Partei KORWiN Janusz Korwin-Mikke in einem Interview mit dem polnischen Online-Magazin WP Wiadomosci am 15.4.15. "Wir haben Washington einen Gefallen getan",
so der Politiker auf die Frage, warum das geschehen sei. Für ihn ist
sind der "Maidan" eine Operation des US-Geheimdienstes CIA, unterstützt
aus Polen – "es war auch unsere Operation". Korwin-Mikke, beruft sich u.a. auf den Außenminister Urmas
Paet, neben dem er im Eurpoaparlament sitze. Paet hatte am 26.2.14 in einem abgehörten Telefonat mit der damaligen EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton
von seinem Verdacht berichtet, dass nicht der gestürzte Präsident
Wiktor Janukowitsch hinter den Scharfschützen stecke. Darauf sei er bei
seinem Besuch in Kiew aufmerksam gemacht worden.
Kortwin-Mikke
spricht sich in dem Interview auch für eine unabhängige Ukraine aus und
bezeichnet die aktuellen Ereignisse in der Ukraine als eine
amerikanische Aggression gegen Russland.
Auf die polnische Spur zu
den Maidan-Scharfschützen hatte bereits der ehemalige Chef des
ukrainischen Geheimdienstes SBU, Aleksandr Jakimenko, in einem Interview mit der russischen Zeitung Vesti, veröffentlicht am 12.3.14, hingewiesen (siehe auch chartophylakeion tou polemu, 13.3.14). Die radikalen Kräfte auf dem Maidan seien für den Staatsstreich trainiert worden. "Diese Trainingslager bestanden seit den Zeiten Juschtschenkos", so Jakimenko. "Wir
haben sie im Endeffekt nicht ausschalten können. Sobald wir daran
gingen, sie in die Zange zu nehmen, verlagerten sie sich nach Polen,
nach Litauen oder Lettland." Polen habe sich als Mittler des von
den USA betriebenen Umsturzes in der Ukraine betätigt. Die Polen hätten
in Kiew ihre eigenen Ambitionen und eine "sichere Deckung". "Alle
Kommandos kamen aus der US-Botschaft oder aus der Vertretung der EU, von
Herrn Tombiński, der selbst ein polnischer Staatsbürger ist. Die Rolle
Polens beim Umsturz in der Ukraine ist also höchst bedeutend ..."
Die
polnische Spur könnte eine Erklärung für die immer wieder in Berichten
und Beiträgen zum Maidan-Massaker erwähnte mirakulöse "dritte Kraft"
(siehe u.a. FAZ online am 8.2.15)
liefern. Manche der jetzt in Kiew Herrschenden behaupten, diese Kraft
säße in Moskau. Manches deutet daraufhin, dass sie dagegen ihre
Auftraggeber in Warschau hatte, als Dienstleistung für Washington.
Auf die Äußerungen des polnischen Politikers Korwin-Mikke wurde ich durch einen Beitrag auf der Website der "Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg" aufmerksam.
→ hier geht's zu Folge 201
→ alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen
→ die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine
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