Was US-Präsident Barack Obama in West Point und
Warschau sagte und was von Beobachtern als Grundsatzreden gewertet
wurde, ist nichts Neues. Das zeigt u.a. ein Blick in die Geschichte. Der
derzeitige US-Präsident hat nur bestätigt, was Dieter Senghaas in
seinem Vorwort zu Daniel Ellsbergs 1973 auch auf deutsch
veröffentlichtem Buch "Papers on the war" von 1972 ("Ich erkläre den
Krieg") klar stellte: "Von Anfang an war die langfristige Perspektive
für die US-Außenpolitik, die gleichzeitig immer auch als
Außenwirtschaftspolitik zu begreifen ist, klar, wie schwierig ihre
Konkretisierung in der Tagespolitik sich auch darstellte: Die
Vereinigten Staaten von Amerika hatten als einzige aus dem Zweiten
Weltkrieg intakt hervorgegangene kapitalistische Großmacht in
Wahrnehmung gesamtkapitalistischer Interessen der drohenden Ausweitung
der seit 1917 und 1949 der internationalen Bourgeoisie laufend
zugefügten Verluste an politischem Terrain ein für alle Mal Einhalt zu
gebieten. Ihre in jeder Hinsicht ernstgemeinte konter-revolutionäre
Politik rund um den Erdball, einschließlich ihrer Politik der
Beförderung gesellschaftspolitischer Restauration in West- und Südeuropa
nach 1945, war auf diese strategische Stoßrichtung inhaltlich
eingeschworen: auf die Konsolidierung des internationalen
gesellschaftspolitischen Status quo."
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der kommunistischen Bewegung ab Ende der 1980er Jahre habe sich gezeigt, „dass es nicht darum gegangen war, den Kommunismus im Zaum zu halten". Das stellte John Perkins 2004 in seinem Buch „Bekenntnisse eines Economic Hit Man“ (auf deutsch 2005 erschienen) fest. Dagegen seien damals „die Kräfte des globalen Imperiums, das im Kapitalismus wurzelte, entfesselt“ worden. Perkins verwies auf Jim Garrison, der in seinem Buch „American Empire: Global Leader or Rogue State?“ aus dem Jahr 2004 schrieb: „Im Zusammenhang betrachtet verkörpert die fortschreitende Integration der Welt, insbesondere die ökonomische Globalisierung und die Durchsetzung der ‚freien Marktwirtschaft‘, der nahezu mythische Eigenschaften zugeschrieben werden, gewissermaßen ein eigenständiges ‚Imperium‘ … Kein Land der Erde konnte sich dem Sog der Globalisierung widersetzen. Nur wenige Staaten konnten sich den ‚strukturellen Anpassungen‘ und ‚Auflagen‘ der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds sowie den Schiedssprüchen der Welthandelsorganisation entziehen, jener internationalen Finanzinstitutionen, die, wie unzureichend sie auch sein mögen, nach wie vor bestimmen, was unter Globalisierung zu verstehen ist, welche Regeln für sie gelten und wer für Wohlverhalten belohnt oder für Verstöße bestraft wird. Die Globalisierung entfaltet eine solche Dynamik, dass wir noch zu unseren Lebzeiten Zeugen sein werden, wie sich alle nationalen Volkswirtschaften der Welt in ein einziges, globales System des freien Marktes integrieren.“
Die US-Präsidenten wie Barack Obama und seine Vorgänger und Nachfolger sind gewissermaßen die Hohepriester dieser Globalisierung. Das begann nicht erst 1989 oder wie manche glauben, 1945 nach dem von den USA miterkämpften Sieg über den deutschen Faschismus. Das zeigt ein interessante Analyse des Historikers Christian Hacke in der Zeitschrift Politische Studien der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung, Heft 454 (März/April 2014). Er bestätigt damit auch die beiden oben zitierten Aussagen von Senghaas und Garrison. Ohne es selbst so zu benennen zeigt der Historiker in seinem Text "Der erste Weltkrieg und Amerikas Aufstieg zur Weltmacht" ganz klar, dass der Imperialismus im Kapitalismus wurzelt. Er belegt, dass die verkündeten moralischen Ansprüche nur die wirtschaftlichen Interessen tarnen sollen. Grundlage für den US-Imperialismus sei die wirtschaftliche Entwicklung nach dem US-amerikanischen Bürgerkrieg von 1861-1866 gewesen. Der diesem folgende „Aufstieg der USA zur führenden Wirtschaftsmacht“ sei anfangs durch die kontinentalen Grenzen und dem „außenpolitischen Desinteresse“ gebremst worden. „Die darauf einsetzende Wirtschaftskrise, begründet in Überproduktion und fehlenden Märkten konnte nur durch neue Märkte in Übersee gebannt werden.“ Zunehmend habe die USA „ein imperialistischer Zeitgeist“ erfasst: Mit dem „wunderbar kleinen Krieg“ gegen Spanien 1898 und der Eroberung Kubas, der Philippinen, Puerto Ricos, Hawaiis und anderer Inseln sei ein „informelles Imperium“ geschaffen worden, so Hacke. Zwar hätten sich Imperialisten und Antiimperialisten gestritten, was zur „Open-Door-Politik“ geführt habe: „Aber beide Lager begrüßten neue überseeische Märkte zur Sicherung der wirtschaftlichen Prosperität Amerikas.“
Der Historiker zitiert den US-Außenminister John W. Foster aus dem Jahr 1900: „…alle Amerikaner stimmen darin überein, dass eine kommerzielle Expansion wünschenswert ist. Sie ist notwendig, um neue und größere Märkte für unsere Produkte zu finden. Ohne sie können wir nicht unsere industrielle Prosperität aufrechterhalten.“ Bis zum 1. Weltkrieg habe es keine bedeutenden bilateralen Beziehungen zwischen den USA und den damaligen europäischen Großmächten gegeben, aber verstärkte imperialistische Rivalitäten. „Der neue Aufsteiger auf der internationalen Bühne forderte die etablierten Kolonialmächte heraus“, stellt Hacke fest. Die US-Außenpolitik habe gleichzeitig missionarische Züge entwickelt: „Amerika sei von Gott auserwählt, die Welt zu verändern“. Hacke beschreibt das so: „Eine bislang unbekannte Konvergenz von wirtschaftlich, politisch und religiös begründeter Machtausdehnung intensivierte Washingtons Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu den Märkten.“ Diese Strategie habe bis in die Zeit des Kalten Krieges gegolten, „was heute weithin vergessen ist“. Dazu habe der Marshall-Plan als Teil der Truman-Doktrin von 1947 gehört, mit dem auch der wirtschaftliche Einfluss der USA auf Mittel- und Osteuropa ausgedehnt werden sollte. Die USA seien von 1899 bis 1914 „aus wachsendem Eigeninteresse, das gern in altruistischer Rhetorik verschleiert wurde“, expandiert. Woodrow Wilson, der 1913 Präsident wurde, formulierte das sechs Jahre zuvor laut Hacke so: „Da der Handel sich über nationale Grenzen hinwegsetzt und der Unternehmer die Welt als seinen Markt beansprucht, muss die Flagge seiner Nation ihm folgen, und die verschlossenen Tore der Nationen müssen aufgesprengt werden.“ Wilsons „ausgeprägter Antikolonialismus“ habe ihn als Präsident aber nicht von „entschlossenem außenpolitischen Interventionismus“ besonders in Mittelamerika und Asien abgehalten. Aber mit Europa habe er wie andere US-Präsidenten nur wenig zu tun haben wollen, so dass er lange versuchte, die USA aus dem 1. Weltkrieg herauszuhalten.
Erst der deutsche U-Boot-Krieg und die sogenannte Zimmermann-Depesche mit dem deutschen Angebot an Mexico, die Rückeroberung von Texas, Neu-Mexiko und Arizona zu unterstützen, führten 1917 zum Kriegseintritt der USA. So sorgte der Einsatz von rund 1,3 Millionen US-Soldaten 1918 für den Sieg der Alliierten auf den europäischen Schlachtfeldern. Hacke verweist auf die „widersprüchliche Wirkung“ des Krieges: „Wirtschaftlich hatte er das Land gestärkt, die USA wurden vom Hauptschuldner zum Hauptgläubiger der Weltwirtschaft. Andererseits hatte er das alte isolationistische Selbstverständnis wieder belebt.“ Wilson habe einen „Frieden ohne Sieg“ angestrebt, um „die Welt für den Frieden zu sichern“. Dazu sollte der Völkerbund „mit Hilfe amerikanischer Macht für eine Weltordnung sorgen, in der freiheitlicher Wettbewerb unter friedlichen Bedingungen garantiert werden“. Doch „Wilsons Kreuzzug für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit“ sei in Versailles am aggressiven Realismus der europäischen Siegermächte gescheitert. Daraufhin hätten sich die „skeptischen Realisten“ in den USA durchgesetzt. Die neue Weltwirtschaftsmacht habe zwar den „deutschen Griff nach Weltmacht und Hegemonie in Europa“ verhindert. Aber die USA seien nach dem 1. Weltkrieg „noch nicht reif für die Rolle als Weltordnungsmacht“ gewesen, bedauert Historiker Hacke. Erst nach 1945 hätten sie „ihre Europapolitik mit der notwendigen Dosis von machtpolitischem Realismus“ unterfüttert.
Hacke schreibt, dass „Woodrow Wilsons Konzept einer liberalen Weltordnung, in der die USA die führende Rolle einnehmen, bis heute von zentraler Bedeutung geblieben“ sei. Er habe als erster US-Präsident „Amerikas Macht in den Dienst eines liberalen Weltfriedens gestellt“. „Seitdem unterlässt es keiner seiner Nachfolger, Wilsons Idealismus weiterhin als Legitimationsressource zu beschwören.“ Hacke schaut nicht mehr auf die ökomischen Interessen, als er meint, „Wilsons Überzeugung, dass ein Krieg nur dann legitim sei, wenn man ihn als Kreuzzug für Menschenrechte und freiheitliche Werte führt, hat die Außenpolitik der USA im 20. Jahrhundert dauerhaft revolutioniert.“ Eine solche Kriegsbegründung, die ökonomische Interessen verdecken hilft, wurde zum Ende des 1. Weltkrieges auch in Deutschland als nützlich erkannt. Im März 1918 hatte der deutsche Prinz Max von Baden in seiner "Denkschrift über den ethischen Imperialismus" gefordert: "Eine so ungeheure Kraft, wie wir sie in diesem Kriege entfaltet haben, muss sich vor der Welt ethisch begründen, will sie ertragen werden. Darum müssen wir allgemeine Menschheitsziele in unseren nationalen Willen aufnehmen." (zitiert nach "Europastrategien des deutschen Kapitals 1900-1945", herausgegeben von Reinhard Opitz, S. 433).
Historiker Hacke sieht Wilsons Idee einer liberalen Weltordnung nicht nur als „erfolgreiche ideelle Mobilisierung“ als „Gegenentwurf zur kommunistischen Weltrevolution“. „Man kann deshalb den Ursprung des Kalten Krieges auf 1917 datieren.“ Und Wilson habe „den Grundstein für Amerikas zukünftige Rolle als Weltordnungsmacht in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts“ gelegt. Hacke schreibt, dass sich die USA nach dem 1. Weltkrieg militärisch und politisch aus Europa wieder zurückzogen. Aber ökonomisch und diplomatisch hätten sie dort weiter eine Rolle gespielt. Sie hatten sich in Europa festgesetzt. Damals begann auch das „Hineinwirken Amerikas nach Deutschland“, wie es der Historiker Volker Berghahn in seinem Buch „Umbau im Wiederaufbau - Amerika und die deutsche Industrie im 20. Jahrhundert“ (2013) bezeichnete. Was nach dem 1. Weltkrieg laut Berghahn „nur zögerlich“ begann, geschah nach 1945 umso gründlicher. Allerdings gelang es bereits 1923 den US-Finanzkreisen, u.a. dem mächtigen Banker John P. Morgan, mit Hjalmar Schacht einen ihrer engsten Vertrauten als Präsidenten der deutschen Reichsbank zu etablieren. Damit war bereits damals „ein wichtiger Helfershelfer des USA-Finanzkapitals an einen entscheidenden Schalthebel gelangt“, wie der Historiker Kurt Gossweiler 1971 feststellte. Aber das ist schon ein anderes Thema. Mein Fazit: Der derzeitige US-Präsident Barack Obama folgt einer langen Tradition des US-Imperialismus, was an sich nicht verwunderlich ist. Auch bei ihm gilt, dass all die Reden von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten nur überdecken und davon ablenken, dass es um nicht mehr und nicht weniger sowie nichts anderes als die Interessen der US-Wirtschaft geht. Das gelingt aber immer noch zu oft erfolgreich.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der kommunistischen Bewegung ab Ende der 1980er Jahre habe sich gezeigt, „dass es nicht darum gegangen war, den Kommunismus im Zaum zu halten". Das stellte John Perkins 2004 in seinem Buch „Bekenntnisse eines Economic Hit Man“ (auf deutsch 2005 erschienen) fest. Dagegen seien damals „die Kräfte des globalen Imperiums, das im Kapitalismus wurzelte, entfesselt“ worden. Perkins verwies auf Jim Garrison, der in seinem Buch „American Empire: Global Leader or Rogue State?“ aus dem Jahr 2004 schrieb: „Im Zusammenhang betrachtet verkörpert die fortschreitende Integration der Welt, insbesondere die ökonomische Globalisierung und die Durchsetzung der ‚freien Marktwirtschaft‘, der nahezu mythische Eigenschaften zugeschrieben werden, gewissermaßen ein eigenständiges ‚Imperium‘ … Kein Land der Erde konnte sich dem Sog der Globalisierung widersetzen. Nur wenige Staaten konnten sich den ‚strukturellen Anpassungen‘ und ‚Auflagen‘ der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds sowie den Schiedssprüchen der Welthandelsorganisation entziehen, jener internationalen Finanzinstitutionen, die, wie unzureichend sie auch sein mögen, nach wie vor bestimmen, was unter Globalisierung zu verstehen ist, welche Regeln für sie gelten und wer für Wohlverhalten belohnt oder für Verstöße bestraft wird. Die Globalisierung entfaltet eine solche Dynamik, dass wir noch zu unseren Lebzeiten Zeugen sein werden, wie sich alle nationalen Volkswirtschaften der Welt in ein einziges, globales System des freien Marktes integrieren.“
Die US-Präsidenten wie Barack Obama und seine Vorgänger und Nachfolger sind gewissermaßen die Hohepriester dieser Globalisierung. Das begann nicht erst 1989 oder wie manche glauben, 1945 nach dem von den USA miterkämpften Sieg über den deutschen Faschismus. Das zeigt ein interessante Analyse des Historikers Christian Hacke in der Zeitschrift Politische Studien der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung, Heft 454 (März/April 2014). Er bestätigt damit auch die beiden oben zitierten Aussagen von Senghaas und Garrison. Ohne es selbst so zu benennen zeigt der Historiker in seinem Text "Der erste Weltkrieg und Amerikas Aufstieg zur Weltmacht" ganz klar, dass der Imperialismus im Kapitalismus wurzelt. Er belegt, dass die verkündeten moralischen Ansprüche nur die wirtschaftlichen Interessen tarnen sollen. Grundlage für den US-Imperialismus sei die wirtschaftliche Entwicklung nach dem US-amerikanischen Bürgerkrieg von 1861-1866 gewesen. Der diesem folgende „Aufstieg der USA zur führenden Wirtschaftsmacht“ sei anfangs durch die kontinentalen Grenzen und dem „außenpolitischen Desinteresse“ gebremst worden. „Die darauf einsetzende Wirtschaftskrise, begründet in Überproduktion und fehlenden Märkten konnte nur durch neue Märkte in Übersee gebannt werden.“ Zunehmend habe die USA „ein imperialistischer Zeitgeist“ erfasst: Mit dem „wunderbar kleinen Krieg“ gegen Spanien 1898 und der Eroberung Kubas, der Philippinen, Puerto Ricos, Hawaiis und anderer Inseln sei ein „informelles Imperium“ geschaffen worden, so Hacke. Zwar hätten sich Imperialisten und Antiimperialisten gestritten, was zur „Open-Door-Politik“ geführt habe: „Aber beide Lager begrüßten neue überseeische Märkte zur Sicherung der wirtschaftlichen Prosperität Amerikas.“
Der Historiker zitiert den US-Außenminister John W. Foster aus dem Jahr 1900: „…alle Amerikaner stimmen darin überein, dass eine kommerzielle Expansion wünschenswert ist. Sie ist notwendig, um neue und größere Märkte für unsere Produkte zu finden. Ohne sie können wir nicht unsere industrielle Prosperität aufrechterhalten.“ Bis zum 1. Weltkrieg habe es keine bedeutenden bilateralen Beziehungen zwischen den USA und den damaligen europäischen Großmächten gegeben, aber verstärkte imperialistische Rivalitäten. „Der neue Aufsteiger auf der internationalen Bühne forderte die etablierten Kolonialmächte heraus“, stellt Hacke fest. Die US-Außenpolitik habe gleichzeitig missionarische Züge entwickelt: „Amerika sei von Gott auserwählt, die Welt zu verändern“. Hacke beschreibt das so: „Eine bislang unbekannte Konvergenz von wirtschaftlich, politisch und religiös begründeter Machtausdehnung intensivierte Washingtons Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu den Märkten.“ Diese Strategie habe bis in die Zeit des Kalten Krieges gegolten, „was heute weithin vergessen ist“. Dazu habe der Marshall-Plan als Teil der Truman-Doktrin von 1947 gehört, mit dem auch der wirtschaftliche Einfluss der USA auf Mittel- und Osteuropa ausgedehnt werden sollte. Die USA seien von 1899 bis 1914 „aus wachsendem Eigeninteresse, das gern in altruistischer Rhetorik verschleiert wurde“, expandiert. Woodrow Wilson, der 1913 Präsident wurde, formulierte das sechs Jahre zuvor laut Hacke so: „Da der Handel sich über nationale Grenzen hinwegsetzt und der Unternehmer die Welt als seinen Markt beansprucht, muss die Flagge seiner Nation ihm folgen, und die verschlossenen Tore der Nationen müssen aufgesprengt werden.“ Wilsons „ausgeprägter Antikolonialismus“ habe ihn als Präsident aber nicht von „entschlossenem außenpolitischen Interventionismus“ besonders in Mittelamerika und Asien abgehalten. Aber mit Europa habe er wie andere US-Präsidenten nur wenig zu tun haben wollen, so dass er lange versuchte, die USA aus dem 1. Weltkrieg herauszuhalten.
Idealismus als Legitimationsressource
Erst der deutsche U-Boot-Krieg und die sogenannte Zimmermann-Depesche mit dem deutschen Angebot an Mexico, die Rückeroberung von Texas, Neu-Mexiko und Arizona zu unterstützen, führten 1917 zum Kriegseintritt der USA. So sorgte der Einsatz von rund 1,3 Millionen US-Soldaten 1918 für den Sieg der Alliierten auf den europäischen Schlachtfeldern. Hacke verweist auf die „widersprüchliche Wirkung“ des Krieges: „Wirtschaftlich hatte er das Land gestärkt, die USA wurden vom Hauptschuldner zum Hauptgläubiger der Weltwirtschaft. Andererseits hatte er das alte isolationistische Selbstverständnis wieder belebt.“ Wilson habe einen „Frieden ohne Sieg“ angestrebt, um „die Welt für den Frieden zu sichern“. Dazu sollte der Völkerbund „mit Hilfe amerikanischer Macht für eine Weltordnung sorgen, in der freiheitlicher Wettbewerb unter friedlichen Bedingungen garantiert werden“. Doch „Wilsons Kreuzzug für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit“ sei in Versailles am aggressiven Realismus der europäischen Siegermächte gescheitert. Daraufhin hätten sich die „skeptischen Realisten“ in den USA durchgesetzt. Die neue Weltwirtschaftsmacht habe zwar den „deutschen Griff nach Weltmacht und Hegemonie in Europa“ verhindert. Aber die USA seien nach dem 1. Weltkrieg „noch nicht reif für die Rolle als Weltordnungsmacht“ gewesen, bedauert Historiker Hacke. Erst nach 1945 hätten sie „ihre Europapolitik mit der notwendigen Dosis von machtpolitischem Realismus“ unterfüttert.
Hacke schreibt, dass „Woodrow Wilsons Konzept einer liberalen Weltordnung, in der die USA die führende Rolle einnehmen, bis heute von zentraler Bedeutung geblieben“ sei. Er habe als erster US-Präsident „Amerikas Macht in den Dienst eines liberalen Weltfriedens gestellt“. „Seitdem unterlässt es keiner seiner Nachfolger, Wilsons Idealismus weiterhin als Legitimationsressource zu beschwören.“ Hacke schaut nicht mehr auf die ökomischen Interessen, als er meint, „Wilsons Überzeugung, dass ein Krieg nur dann legitim sei, wenn man ihn als Kreuzzug für Menschenrechte und freiheitliche Werte führt, hat die Außenpolitik der USA im 20. Jahrhundert dauerhaft revolutioniert.“ Eine solche Kriegsbegründung, die ökonomische Interessen verdecken hilft, wurde zum Ende des 1. Weltkrieges auch in Deutschland als nützlich erkannt. Im März 1918 hatte der deutsche Prinz Max von Baden in seiner "Denkschrift über den ethischen Imperialismus" gefordert: "Eine so ungeheure Kraft, wie wir sie in diesem Kriege entfaltet haben, muss sich vor der Welt ethisch begründen, will sie ertragen werden. Darum müssen wir allgemeine Menschheitsziele in unseren nationalen Willen aufnehmen." (zitiert nach "Europastrategien des deutschen Kapitals 1900-1945", herausgegeben von Reinhard Opitz, S. 433).
Historiker Hacke sieht Wilsons Idee einer liberalen Weltordnung nicht nur als „erfolgreiche ideelle Mobilisierung“ als „Gegenentwurf zur kommunistischen Weltrevolution“. „Man kann deshalb den Ursprung des Kalten Krieges auf 1917 datieren.“ Und Wilson habe „den Grundstein für Amerikas zukünftige Rolle als Weltordnungsmacht in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts“ gelegt. Hacke schreibt, dass sich die USA nach dem 1. Weltkrieg militärisch und politisch aus Europa wieder zurückzogen. Aber ökonomisch und diplomatisch hätten sie dort weiter eine Rolle gespielt. Sie hatten sich in Europa festgesetzt. Damals begann auch das „Hineinwirken Amerikas nach Deutschland“, wie es der Historiker Volker Berghahn in seinem Buch „Umbau im Wiederaufbau - Amerika und die deutsche Industrie im 20. Jahrhundert“ (2013) bezeichnete. Was nach dem 1. Weltkrieg laut Berghahn „nur zögerlich“ begann, geschah nach 1945 umso gründlicher. Allerdings gelang es bereits 1923 den US-Finanzkreisen, u.a. dem mächtigen Banker John P. Morgan, mit Hjalmar Schacht einen ihrer engsten Vertrauten als Präsidenten der deutschen Reichsbank zu etablieren. Damit war bereits damals „ein wichtiger Helfershelfer des USA-Finanzkapitals an einen entscheidenden Schalthebel gelangt“, wie der Historiker Kurt Gossweiler 1971 feststellte. Aber das ist schon ein anderes Thema. Mein Fazit: Der derzeitige US-Präsident Barack Obama folgt einer langen Tradition des US-Imperialismus, was an sich nicht verwunderlich ist. Auch bei ihm gilt, dass all die Reden von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten nur überdecken und davon ablenken, dass es um nicht mehr und nicht weniger sowie nichts anderes als die Interessen der US-Wirtschaft geht. Das gelingt aber immer noch zu oft erfolgreich.
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