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Dienstag, 15. April 2014

Bemerkungen zu den Ereignissen in der Ukraine – Folge 15

14. Fortsetzung der Reihe ausgewählter Kommentare von mir zu den Ereignissen und Vorgängen in der Ukraine und um selbige herum, samt Links zu interessanten Beiträgen, die ich seit Januar zu eigenen und anderen Beiträgen auf freitag.de gepostet habe, in chronologischer Reihenfolge. Die Reihe wird fortlaufend aktualisiert. (Hier geht es zu Folge 1, hier zu Folge 2, hier zu Folge 3, hier zu Folge 4, hier zu Folge 5, hier zu Folge 6, hier zu Folge 7, hier zu Folge 8, hier zu Folge 9, hier zu Folge 10, hier zu Folge 11, hier zu Folge 12, hier zu Folge 13, hier zu Folge 14)

Einen interessanten Überblick über die Ereignisse und die Mediendarstellung derselben bietet die Reihe "Machtergreifung" des Bloggers "MopperKopp" auf freitag.de samt der jeweiligen Kommentare in "Live-Ticker"-Art dazu (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6)

1. April 2014
Uli Cremer von der Grünen Friedensinitiative am 28.3.14 in der Online-Ausgabe der Zeitschrift Sozialismus aus Hamburg über die "Militärische Dimensionen des Ukraine-Konflikts":
Es ist nicht zu übersehen: Der militärische Faktor wird nach und nach in die Debatte um die Ukraine-Krise eingeführt – allen Beteuerungen zum Trotz, dass es keine militärische Lösung geben könne. Oder besser gesagt: Die unverlangten Dementis führen die militärische Komponente in die Diskussion ein. Damit wird die NATO als westlicher Militärpakt wichtiger Gegenstand der Debatten. Fragen wir uns also vor diesem Hintergrund: Wie ist es um das Verhältnis zwischen NATO und Russland bestellt? ...
NATO-Truppen an die eigene Außengrenze zu verlegen, ist das Eine. Aber damit nimmt man natürlich in der Ukraine selbst keinen Einfluss. Und darum geht es ja letztlich, denn eine Bedrohung der NATO durch Russland lässt sich nicht ernsthaft behaupten. Auch wenn der Ukraine die Mitgliedschaft 2008 seitens der NATO in Aussicht gestellt wurde (ohne einen konkreten Termin zu nennen), so ist die Ukraine gegenwärtig nun einmal kein NATO-Mitglied. Insofern wäre der Einsatz von NATO-Personal in Kiew oder Donezk natürlich heikel.
Aber es gibt auch dafür einen Ausweg: Man kann – wie in Afghanistan oder Irak massenhaft »zur Ergänzung« geschehen – auf private Söldner ausweichen. Das Anheuern von Söldnern ist für die USA und andere NATO-Staaten seit 2001 ein beliebtes Mittel geworden. Auch in der Ukraine ist offenbar bereits Personal der Firma Greystone, einer Tochterfirma von Academi (die früher Blackwater, dann Xe Services hieß) tätig – wer auch immer die Rechnungen im Einzelnen begleicht. ...
Ähnlich wie der 11.9.2001 in den USA Anlass war, alle möglichen und unmöglichen Rüstungsprojekte, die sich die militärische Community wünschte, anzugehen und zu finanzieren, könnten im Windschatten des Ukraine-Konflikts insbesondere in Westeuropa die Militäretats wieder kräftig angehoben werden. ...
Es sei nebenbei daran erinnert, dass die damalige ukrainische Regierung 2003 1.650 Soldaten samt Gerät für den völkerrechtswidrigen Irak-Krieg im Rahmen der »Koalition der Willigen« zur Verfügung stellte. ... Ukrainischer Premierminister war damals niemand anders als ein gewisser Janukowitsch. ...
Es geht um militärpolitische Trittbrettfahrerei. Militärkreise versuchen den politischen Konflikt zu nutzen, um die Militäretats zu erhöhen, Waffen zu beschaffen und Truppenverbände aufzustellen, die gar nicht gegen Russland, sondern im Süden (z.B. in Afrika) eingesetzt werden können und sollen. Das ist die eigentliche Agenda. Als Kollateralschaden der Ukraine-Krise muss mit steigenden Militäretats gerechnet werden. ..."

Joachim Bischoff am 28.3.14 in der Online-Ausgabe der Zeitschrift Sozialismus über das "Troika"-Programm für die Ukraine:
"... Bundesfinanzminister Schäuble hat Russland vor einer Verschärfung der Krise in der Ukraine gewarnt. Dies ist eine eigentümliche Sichtweise. Ein Land, das am Abgrund entlang taumelt, soll von einer wenig legitimierten Elite mit einer Rosskur und neuen Krediten saniert werden. Russland soll die gesellschaftliche Transformation – nach der Abspaltung der autonomen Region Krim – tolerieren. Notfalls – so Schäuble -  werde es weitere Sanktionen geben. Bei einer Eskalation werde der Westen tun, was getan werden müsse.
Diese Linie erscheint wenig plausibel. Selbst wenn es zügig, also noch vor den Wahlen in der Ukraine, zum Einsatz von Finanzmitteln aus dem Sofortprogramm kommt, werden sich die Effekte auf Wirtschaft und Lebensverhältnisse in Grenzen halten. Die Neuerfindung der staatlichen Institutionen ist in einer Situation des ökonomischen Bankrotts eine Gratwanderung. Unter diesen Rahmenbedingungen eine neoliberale Rosskur zur Sanierung der Ökonomie durchzusetzen zu wollen, ist in der Tat eine »Kamikaze-Aktion«, bei der die Chancen des Erfolges äußerst gering sind. ..."

junge Welt am 1.4.14:
»Es ist doch verlockend, dort mitzumachen«
50 bis 100 Euro pro Tag: Rechte Aktivisten auf dem Kiewer Maidan werden aus dem Ausland bezahlt. Gespräch mit Alexej Smorgunow
Alexej Smorgunow ist Bankangestellter in der ostukrainischen Stadt Donezk
... Aber gibt es nicht auch in Ihrer Region Mitbürger, die Sympathien für die Besetzer des Maidan haben?
Für manche Arbeitslose ist es verlockend, dort mitzumachen. Da kann man richtig Geld verdienen, je nachdem, welche Aufgabe einem in einer der dortigen Hundertschaften zugeteilt wird – das bringt etwa 50 bis 100 Euro pro Tag. Entfernte Verwandte von mir waren auch dort, nach einer Woche kamen sie freudestrahlend mit 1000 Euro zurück. Ich vermute, das Geld kommt aus den USA.
...
Auf dem Maidan war immer wieder zu hören, daß die Ukrainer endlich »nach Europa« wollen.
Mit dem Begriff »Europa« verbinden viele, daß man dort besser lebt, daß es dort bessere Renten und eine ordentliche Ausbildung gibt. Sie haben aber nur Deutschland, Österreich, die Schweiz oder Norwegen im Blick und nehmen nicht zur Kenntnis, daß es vielen Menschen in Griechenland, Spanien und Italien genau so schlecht geht wie uns. Oder noch schlechter. ..."

2. April 2014
Mit prowestlichen Stiftungen hat der 'Regime Change' ja nur in Kiew geklappt, nicht in Moskau ...
Sie werden es auf jeden Fall wieder versuchen, nachdem es mit dem Schachspieler Gari Kasparow, der als solcher Weltmeister, aber anscheinend nicht schlagkräftig genug war, nicht so recht klappte. Auch in Russland wurde schon viel in die Opposition investiert, siehe u.a. hier. ...

Wahrscheinlich meinten Sie diesen bei Tlaxcala übersetzten und veröffentlichten Beitrag: Putins genialer Schachzug oder wie Russland in ein paar Tagen 20 Mrd. Dollar verdiente
Nachtrag für alle, die daran zweifel(te)n, ob diese Meldung denn wahr sei. (Quelle)
Hier ist die Meldung des russischen Fernseh-Kanals 1 (das ist der Hauptfernsehsender Russlands).
In dem Video wird das ab etwa 5:30 gesagt, im Text ist das im unteren Drittel zu lesen. (google-Übersetzer mag demjenigen, der des Russischen nicht mächtig ist, behilflich sein): 1TV.ru
Interessant dabei auch, was Reuters am 20.3.14 meldete: "US-Banken befürchten wegen der Krim-Krise einen Sanktionswettlauf der heimischen Regierung mit Russland.
"Ich denke, das ist eines der ersten Male, dass die USA Sanktionen gegen ein Land verhängen, das zurückbeißen kann", sagte Bill Fox, Experte für Finanzkriminalität bei der Bank of America, am Donnerstag. "Das könnte ziemlich schnell eskalieren." Viele russische Oligarchen verfügen weltweit über umfangreiche und komplexe Vermögensanlagen. Es könnte daher nach Einschätzung von Geldwäsche-Experten schwierig werden, alle Bestände aufzudecken.
Der US-Geheimdienst CIA schätzt, dass Ende 2013 die weltweiten russischen Auslandsinvestitionen bei 439 Milliarden Dollar lagen. Zudem galt Russland lange als attraktives Anlageziel, allein im vergangenen Jahr flossen nach UN-Berechnungen 94 Milliarden Dollar in das Land, das damit nach den USA und China auf den dritten Platz kommt. Der größte Teil des Geldes kommt aus Europa, auf die USA entfallen lediglich 14 Milliarden Dollar."

Als Mittel der Propaganda taugen diese unsäglichen Vergleiche sehr wohl, die natürlich jene, die sie machen, nie gemacht haben wollen. Taugten sie nichts, gäbe es sie nicht, so viel ist sicher. Propaganda ist immer noch ein wohl kalkuliertes Geschäft, das viele seiner Grundlagen aus der Werbung für Unternehmen und Produkte bezog und bezieht. Und dass sie auch im konkreten Fall wirkt, zeigte u.a. das, was das ZDF-Politbarometer am 28.3.14 meldete: "Mehrheit macht sich Sorgen wegen Putins aktueller Politik
Nachdem Russland die Krim annektiert hat, machen sich 53 Prozent aller Befragten sehr große oder große Sorgen über die aktuelle Politik Putins. Nicht so große oder keine Sorgen deshalb machen sich 46 Prozent aller Befragten. In diesem Zusammenhang glauben nur 41 Prozent, dass sich Russland mit dem Anschluss der Krim zufrieden geben wird. 49 Prozent meinen, dass Russland versuchen wird, weitere Gebiete an seinen Grenzen dem russischen Staatsgebiet anzugliedern. ..."


3. April 2014
Kein Blick in die Zukunft, aber ein Zeichen dafür:
Ukrainian, US, and Polish Air Forces training together, July 29, 2011
Ukrainian, US, and Polish Air Forces training together, July 29, 2011 (photo: EUCOM)
Quelle: Atlantic Council 17.3.14

Nur zur Erinnerung zwei verbale Kampfgenossen:
Die Nato muss aus Sicht von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in der Ukraine-Krise den östlichen Mitgliedern wie den baltischen Staaten zur Seite stehen. Diese wollten nach der Annexion der Krim durch Russland sicher sein, "dass das Nato-Bündnis hält", sagte die CDU-Politikerin in der ARD. "Und da ist wichtig, klar zu machen, dass das Nato-Bündnis nicht nur auf dem Papier besteht, sondern dass wir füreinander auch da sind." (n-tv, 23.3.14)
“Russische Truppen sind nicht nur auf der Krim, sie sind überall entlang der ukrainischen Grenzen”, sagte der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Andrij Parubij. Die USA gehen von einer deutlich geringeren Truppenstärke aus.
Parubij sagte bei einer Veranstaltung des Atlantic Council in Washington per Videokonferenz, dass die Ukraine sich auf eine Invasion der russischen Armee vorbereite, die jederzeit beginnen könne. Von den westlichen Partnern forderte er eine “sichtbare Unterstützung” und eine “sichtbare Präsenz” der Streitkräfte. Als Beispiel nannte Parubij eine gemeinsame Militärübung westlicher und ukrainischer Truppen. (Vorarlberg online, 27.3.14)
Parubij war "Kommandant des Maidan", jetzt ist Dmitrij Jarosch vom neofaschistischen "Rechten Sektor" sein Vize.
Wie war am 27. Februar 14 bei Zeit online in einer Zwischenüberschrift zu lesen: "Die Amerikaner sind zufrieden": "Neben dem Einfluss des Maidans merkt man der neuen Regierung jedoch auch den Einfluss einer äußeren Kraft an: der USA. Premierminister Jazenjuk ist der Favorit der Amerikaner, wie seit dem geleakten Telefonat von Victoria Nuland öffentlich bekannt ist. Jurij Prodan, der bis 2010 schon einmal Energieminister war, kehrt auf diesen Posten zurück: Laut den Wikileaks-Depeschen ist er ein Verfechter amerikanischer Interessen auf diesem Posten. Er hatte den Amerikanern unter anderem versprochen, das angereicherte Uran für die ukrainischen Atomkraftwerke künftig nicht mehr von russischen, sondern von amerikanischen Zulieferern kaufen zu wollen. ..."
7. April 2014
Stimme Russlands meldete am 5.3.14 das: "Die USA und die Europäische Union haben den Staatsstreich, den „Euro-Maidan“, in der Hauptstadt der Ukraine mehrere Jahre lang vorbereitet.
Dies teilte der ehemalige Mitarbeiter der US-Aufklärung, Scott Ricard, in einem Interview für den TV-Sender „Press-TV“ mit."
Die Redaktion Luftpost hat folgenden Beitrag zugänglich gemacht, mit Informationen zu Deiner Frage: "Die Ukraine: Ein Staat im Osten,den die NATO gern vereinnahmen möchte - Von Wayne Madsen"
Dann habe ich noch das gefunden: "CIA, NATO and NGOs created the Ukrainian crisis"

Übrigens halte ich Informationen, dass die CIA am Staatsstreich in Kiew beteiligt gewesen sein soll, für gar nicht überraschend oder verwunderlich. Nicht umsonst habe ich in meinem Text vom 26.2.14 geschrieben: "Das Geschehen in Kiew bis zur Absetzung und Flucht erinnerte mich u.a. an den CIA-gesteuerten Putsch im Iran 1953 gegen Mohammed Mossadegh. Die "Operation Ajax" wurde 60 Jahre später offiziell bestätigt. ..." Es wäre eher verwunderlich, wenn es keine Special Operations der US-Geheimdienste gegeben hätte. Und die Ähnlichkeiten können nur Blinde übersehen, wenn ich das mal so sagen darf.

10. April 2014
Was es mit der "ukrainischen Freiheit", mit der Souveränität der Ukraine in der Realität und gerade im gegenwärtigen Konflikt auf sich hat, das beschreibt ziemlich punktgenau ein Beitrag in Heft 1/14 der Zeitschrift Gegenstandpunkt: "Die Sachwalter der glorreichen ukrainischen Unabhängigkeit haben es nämlich immer auch mit der Tatsache zu tun, dass die Nation eine eindeutige Festlegung nicht verträgt, weil es ihren Bestand gefährdet, in politischer wie ökonomischer Hinsicht. Sie verfügt schließlich nicht über autonome nationale Lebensmittel, sondern lebt von den auswärtigen Beziehungen: einerseits immer mehr von der Geld- und Kreditmacht des Westens; andererseits von den Verbindungen zu Russland; das meiste vom Wirtschaftspotential der Ukraine als Transitland, als Kornkammer, mit der ererbten Industrie, den Kohlebergwerken und der Schwerindustrie im Osten taugt nur so viel, wie die Staatsführung sich mit Moskau ins Benehmen setzt und an ökonomischer Kooperation zustande bringt.
Die Abhängigkeit des ukrainischen Wirtschaftslebens von den Beziehungen zu Russland kommt aber im Programm der EU nur in einer Hinsicht vor: Sie ist nicht zu dulden. Europa stellt sich zu den Existenzbedingungen der Ukraine rein negativ, indem es alles in Bewegung setzt, um den innerukrainischen Machtkampf zu entscheiden. Wenn sich dieses Land schon in einen ökonomischen und sonstigen Verkehr mit der EU mit dem erfreulichen Resultat einer weitreichenden Abhängigkeit hineinbegeben hat, kann es nach Auffassung der EU einfach nicht angehen, dass es sich weiterhin die Freiheit einer eigenen nationalen Linie herausnimmt, weiterhin versucht, sich in dieser Lage zu behaupten und aus dem Verkehr mit beiden Seiten das Beste für sich herauszuschlagen."
Von Freiheit allein kann sich niemand was kaufen und sich schon gar nicht ernähren. Also muss es um die Bedingungen dafür gehen. Und wenn die Existenz gesichert ist, ist Zeit und Kraft, sich um die immateriellen Dinge zu kümmern, die dazu gehören und auch für das Leben, möglichst in Würde und selbstbestimmt, notwendig sind. Alles andere ist lebenfremder Freiheitsfetischismus und Ignoranz gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen. Diesen Vorwurf muss sich die Autorin gefallen lassen. Aber vielleicht ist der Blick auf die grundlegenden Zusammenhängen auch zu viel verlangt ... Usw. usf.

Das Keiner fragt hier nach den finanziellen Konsequenzen. stimmt so nicht. Die russische Regierung hat mehrfach darauf hingewiesen und entsprechende Angebote an die Ukraine gemacht, die nicht an "Reform"-Forderungen gebunden waren wie das "Assoziierungsabkommen" der EU und die Angebote des IWF. Russland hat sicher kein Interesse daran, dass die Ukraine finanziell und wirtschaftlich völlig abstürzt, einmal wegen der wirtschaftlichen Verflechtungen, zum anderen weil das so direkt vor der "eigenen Haustür" nur einen weiteren Konfliktherd bedeutet, sozial, politisch, wirtschaftlich usw.
Darauf machte u.a. eine Meldung von euronews vom 22.1.14 aufmerksam: "Den Kampf um politischen Einfluss in der Ukraine habe Russland gegen die EU und den IWF vorerst gewonnen, so Analysten der DekaBank. Der an unliebsame Reformen und Auflagen geknüpfte IWF-Kredit und das Assoziierungsabkommen mit der EU seien am Ende doch weniger attraktiv gewesen als das russische Angebot: Das Land erhalte ohne erkennbare Gegenleistung – ein Beitritt zur Eurasischen Handelsunion sei nicht diskutiert worden – außerdem um ein Drittel billigere Gasimporte."

Und zur Erinnerung: "Sowohl kurz- als auch langfristig macht Russland der Ukraine derzeit die besseren Angebote. Während die EU nicht bereit ist, der Ukraine aus ihrer finanziellen Misere zu helfen, gewährt Russland einen Milliardenkredit und senkt die Gaspreise drastisch. ...
Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass die EU entgegen ihren eigenen Beteuerungen, keine Geopolitik zu betreiben und die Außenpolitik gegenüber den osteuropäischen Staaten nicht als Nullsummenspiel zwischen Russland und der EU zu verstehen, letztlich genau dies tut. Sie stellt die Ukraine vor die Wahl entweder – oder: entweder Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit der EU oder Zollunion mit Russland. Hingegen erlauben die ökonomischen Abhängigkeiten der Ukraine letztlich keine Abkehr von Russland, ganz abgesehen von historischen und kulturellen Verbindungen. ...
Das Angebot von russischer Seite zu einem trilateralen Dialog liegt auf dem Tisch. Dies ist mehr Entgegenkommen, als Russland bei Einführung der Europäischen Nachbarschaftspolitik oder gar der Östlichen Partnerschaft gezeigt hat. ..." (Katrin Böttger, stellvertretende Direktorin des Institut für Europäische Politik, am 24.1.14)

13. April 2014
Wie auch immer und warum Sie das anders sehen: Um die russischen Reaktionen auf die Ereignisse zu verstehen und zu beurteilen, sollte eben auf das geschaut werden, was von russischer Seite versucht wurde, eine Eskalation zu verhindern. Erst nach dem Staatsstreich hat Russland deutlich geziegt, dass es auch Sanktionen u.ä. kann, was es auch schon andeutete als die EU die Ukraine das Abkommen mit dem Etikett präsentierte "TINA" (there is no alternative). Eine objektive Einschaätzung ist schon schwierig, das ist klar, aber Ihre Worte klingen eher nach antirussischer Voreingenommenheit.
Ach ja, und die Oligarchen. Was wäre, wenn die nicht wären? In der neuesten Ausgabe von Le Monde diplomatique heißt es: "Die Revolution in der Ukraine ist eher ein Oligarchenwechsel". Die Ereignisse erscheinen zum Teil eher, als hätten die ukrainischen Oligarchen die Marionetten ausgetauscht, aus eigenem Antrieb, um ihre profite zu sichern und auch von den westlichen Geldern profitieren zu können. Auch da wieder ein Unterschied: In der Ukraine betsimmen die Oligarchen in wichtigen Teilen die Politik. In Russland hat es Putin mindestens ansatzweise geschafft, den Einfluss der Oligarchen auf die Politik zurückzudrängen. ...

• ... Die Ereignisse, insbesondere auch, dass Polizei- und Spezialeinheiten sich weigern, gegen die "Aufständischen" vorzugehen (siehe hier und hier), könnten ein Indiz dafür sein, dass die per Staatsstreich in Kiew an die Macht Gekommenen alles andere als die Interessen der Menschen in der Ukraine vertreten und diesen das klar ist und sich deshalb der neuen Kiewer "Autorität" verweigern.
Zu hoffen ist, dass es keine Agents Provocateurs der Kiewer Putschisten sind, die Russland zum Eingreifen provozieren wollen, um dann den Westen zu Hilfe rufen zu können. Aber die Menschen sehen nicht wie Provokateure aus, siehe hier.
Und zu den westlichen Behauptungen, Moskau stecke hinter den Unruhen, auch zu solchen aus Kiew, nur das:
- Generalstab: NATO präsentiert alte Satellitenbilder russischer Truppen an ukrainischer Grenze
- Rada-Abgeordneter: Keine Russen im Gebäude des Sicherheitsrates der Ukraine in Lugansk
- Ukrainischer Innenminister: Keine Russen unter Verhafteten in Charkow
- Lawrow: Keine russischen Geheimagenten in Südostukraine
Alles Meldungen, die in deutschen Mainstreammedien kaum bis gar nicht auftauchen.

14. April 2014
Das Ironische, aber zugleich Erschreckende ist ja, dass die Gewalt der Maidanisten in Kiew gegen alle Behörden und Institutionen vor dem Staatstreich, das Besetzen von Regierungsgebäuden, die Angriffe auf Polizei, das Bauen von Barrikaden usw. als "zivilgesellschaftlicher Protest" galt. Aber: „Wir erwarten von der ukrainischen Regierung, dass sie die demokratischen Freiheiten – insbesondere die Möglichkeit zu friedlichen Demonstrationen – sichert, dass sie Leben schützt, dass Gewaltanwendung nicht stattfindet“, erklärte Angela Merkel am 22.1.14. Am 20. 2.14, vor dem Staatsstreich, erklärte sie gar: "Alle Seiten müssten unverzüglich die Gewalt beenden und die vereinbarte Waffenruhe umsetzen. Die Hauptverantwortung dafür liege bei der Staatsführung."
Hm, und jetzt? Jetzt ist natürlich alles andersrum, jetzt muss konsequent gegen Rädelsführer, Separatisten und russische Agenten vorgegangen werden ... Wenne snicht so ernst wäre, wäre es einfach nur absurd und ein weiteres Kapitel im westlichen Kaspertheater.
Ein Beispiel vom 14.4.14: "Am Montagmorgen (8 Uhr MEZ) endete ein Ultimatum der Übergangsregierung in Kiew an die prorussischen Separatisten, die Waffen niederzulegen und die besetzten Verwaltungsgebäude zu räumen. Doch die Besetzer reagierten offenbar nicht auf die Warnung. Nur wer bis Montagmorgen die Waffen niederlege und die besetzten Verwaltungsgebäude verlasse, werde strafrechtlich nicht belangt, hatte Übergangspräsident Alexander Turtschinow am Sonntag in Kiew klar gemacht. Er drohte mit einem "groß angelegten Anti-Terror-Einsatz" unter Beteiligung der Streitkräfte, um die Unruhen im Osten des Landes zu beenden."
Angebliche Pläne ähnlicher Art, die Präsident Janukowitsch vorbereitet haben soll und die Ende Februar nach dem Staatsstreich gemeldet wurden, das waren natürlich Vorbereitungen für ein großangelegtes Massaker an den Maidanisten.
Die Etiketten werden verteilt, wie es eben gebraucht wird ...

Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski im Interview mit der österreichischen Zeitschrift Profil:
"profil: Die russische Regierung sieht das anders und nennt die Vorgänge in Kiew einen Staatsstreich.
Sikorski: Es ist eine Tatsache, dass die Regierung von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk demokratisch legitimiert ist. Alle sollten jene internationalen Normen respektieren, die wir nach den schrecklichen Ereignissen im 20. Jahrhundert entwickelt haben. Der Zweite Weltkrieg und der Kalte Krieg haben uns gelehrt, dass wir Probleme mit ethnischen Minderheiten über die OSZE und den Europarat lösen. Wir bauen Schranken ab und stellen legitime Forderungen zufrieden – Grenzen werden in Europa heute nicht mehr mit Gewalt geändert. Ich nehme an, dass die Österreicher ebenso wie wir Polen wissen, welch gefährlichen Präzedenzfall der Anschluss der Krim durch Russland darstellt. ...
profil: Sie haben die Opposition in der Ukraine offen unterstützt, schon bevor Präsident Viktor Janukowitsch das Land verließ. Die deutsche Regierung zeigte besondere Nähe zu Vitali Klitschko. War diese Politik nicht doch zu einseitig?
Sikorski: Wir sollten uns keinesfalls in die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine einmischen. Die Ukrainer müssen selbst entscheiden. Ich kann nur eines sagen: Arseni Jazeniuk war Außenminister, er ist erfahren, kompetent und patriotisch. Er ist außerdem dazu bereit, die schmerzhaften Reformen durchzuführen, die sein Land dringend benötigt. Ich sollte hinzufügen, dass es absurd ist, ihn als Radikalen zu verunglimpfen. Schließlich war schon am 20. Februar allen klar, dass er Premierminister werden würde. Das hatte auch der russische Botschafter Wladimir Lukin, der Gesandte des Kremls, akzeptiert. ...
Sikorski: In jedem Land gibt es Menschen, die Sie nicht nach Hause zum Abendessen einladen würden. In Österreich hatten Sie Jörg Haider. In der Ukraine gibt es auch ein paar radikale Figuren. Doch darum ging es nicht auf dem Maidan. Es war der Protest einer ganzen Generation von gut ausgebildeten, jungen Ukrainern, die hofften, ihr Land werde den Weg Polens gehen. Diese Hoffnung schnappte Janukowitsch ihnen vor der Nase weg. Doch er tat das nicht einfach so, er stand unter starkem Druck. Russland drohte mit Handelsboykott. Darum ging es auf dem Maidan zu Beginn. Als die Proteste anschwollen, mischten sich auch Radikale unters Volk, was in solchen Fällen immer passiert. Es ist aber verstörend, dass die russische Propaganda diesen Aspekt des Maidan aufgeblasen hat und die Radikalen, die nur einen kleinen Teil der Bewegung ausmachten, als treibende Kraft darstellten. Dadurch wurden in Russland enorme nationale Leidenschaften hochgeschaukelt, und es wird sehr schwierig werden, diese wieder zu beruhigen. Bisher ist kein einziger Russe oder russischsprachiger Bürger zu Schaden gekommen. Die einzigen Opfer sind ukrai-nische und westliche Journalisten, die vor ein paar Tagen von russischen Kosaken mit Peitschen geschlagen wurden. ..."

15. April 2014
... Da sind ja noch die US-Amerikaner, die an der Absprache vom 21. Februar nicht beteilgt waren, die übrigens auch der russische Ukraine-Vermittler Wladimir Lukin nicht unterschrieb. Das Ergebnis, dass die sogenannte Übergangs-Regierung hauptsächlich von Leuten aus dem Umfeld von Julija Timoschenko gestellt wird, während jemand wie der deutsche Favorit Witali Klitschko leer ausging, sagt einiges aus. Mag sein, dass die europäischen "Vermittler" Steinmeier und Sikorski Janukowitsch zu einem friedlichen Übergang überredet hatten. Das dürfte aber den US-Amerikanern zu unsicher gewesen sein, die m.E. längst nach dem Modell "Teheran 1953" in Kiew mitmischten und verantwortlich für die Eskalation sein dürften.
Dazu sei nochmal Folgendes aus meinem Text vom 26.2.14 wiederholt: "... Nuland verteilte auf dem Maidan gemeinsam mit US-Botschafter Geoffrey Pyatt ganz gönnerhaft auch Versorgungspakete, an Demonstranten und Polizisten, die aber nur von den ersten angenommen wurden. Kurze Zeit später zeigte sie mit ihrer Bemerkung gegenüber Pyatt „Fuck the EU“, was sie von den europäischen Einmischungsversuchen hielt. Die US-Position zeichne sich dagegen „vor allem durch Ungeduld aus“, stellte die Neue Zürcher Zeitung am 8. Februar fest: „Das State Department dringt mit aller Kraft darauf, die Restauration der Verhältnisse vor der orangen Revolution durch Präsident Wiktor Janukowitsch und dessen Mentor im Moskauer Kreml zurückzudrängen, und zweifelt daran, dass die EU in der Lage ist, zu diesem Zweck genügend Härte zu zeigen.“ Die Schweizer Zeitung ging noch weiter: Nulands Bemerkung widerlege „die in Washington gern gemachte Behauptung, die Zukunft der Ukraine liege alleine in den Händen des ukrainischen Volks“.
Wie weit die Unterstützung der US-Regierung für die gewalttätigen Barrikadenkämpfer in Kiew ist derzeit schwer zu belegen. Sicher bin ich mir, dass Nuland und Pyatt die rechten Kräfte von „Swoboda“ und „Rechter Sektor“ nicht zu Gewaltfreiheit aufriefen. Stephen Cohen hatte in der US-Zeitschrift The Nation am 11. Februar darauf hingewiesen, dass die mediale Aufregung um Nulands EU-Beleidigung nur ablenkte. Wichtiger sei gewesen, dass die US-Diplomaten planten, eine neue anti-russische Regierung in der Ukraine zu installieren und den gewählten Präsidenten „zu verdrängen oder zu neutralisieren“. Das bedeute einen Staatsstreich, machte Cohen aufmerksam. ..." In dem Zusammenhang wurde auch schon Jazeniuk als Favorit der USA für den Posten des Regierungschefs benannt.
Manchmal hilft es, an den Anfang zurückzugehen, um zu verstehen, was danach passierte und passiert. Und ohne Blick in die Vergangenheit ist die Gegenwart nicht zu verstehen.

Noch was zum Nachlesen:
"Spätestens am 13. Dezember vergangenen Jahres musste dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch klar geworden sein, was ihm die Stunde geschlagen hat. An diesem Tag wechselte sein bisheriger Schutzherr, der reichste Ukrainer, Rinat Achmetow, öffentlichkeitswirksam die Fronten. Unter den Sponsoren einer Veranstaltungsreihe des Ukraine Business Council zugunsten der damaligen ukrainischen Opposition, bei der auch die US-Staatssekretärin Nuland auftrat, wurde neben den Multis Exxon, Chevron, Monsanto, Coca Cola … auch die ukrainische Firma
System Capital Management (SCM) aufgeführt (siehe Fred Schmid, Ukrainische Opposition – sponsored by Exxon, Chevron, Monsanto ... Konrad-Adenauer-Stiftung).
Die SCM ist die Holding Gesellschaft des Wirtschaftsimperiums von Achmetow. Die Dach-Gesellschaft wurde im Jahr 2000 in Donezk gegründet, umfasst über 100 Firmen mit insgesamt etwa
300.000 Beschäftigten (gesamtes Kapitalvermögen etwa 31 Milliarden Dollar; Umsatz (2012) 23,5 Milliarden Dollar).
Achmetow hat über die Jahre massiv Viktor Janukowitsch und dessen „Partei der Regionen“ unterstützt und insbesondere die Wahlkämpfe finanziert, war selbst mehrere Jahre Abgeordneter der Partei und hatte bis zuletzt direkten Zugriff auf das Abstimmungsverhalten einiger Dutzend Abgeordneter. ..." (Quelle)

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