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Mit deutsch- und volkstümelndem sowie rechtsextremem und faschistischem Gedankengut habe ich nichts am Hut und nichts zu tun!

Montag, 3. März 2014

Stimmen der Vernunft in der Medienhysterie um die Ukraine, Russland und die Krim

Diese mediale Kakophonie um die Ereignisse in der Ukraine und auf der Krim, das Geschrei um Russlands Verhalten und das angeblich verletzte Völkerrecht, all die Liveticker und Kriegshetze, die fast so klingt, als werde ein neuer "Krim-Krieg" herbeigeschrieben, überschwemmen uns. Es ist schwer sich dem zu entziehen, auf allen Kanälen, Sendern, Blättern sind Überschriften zu finden wie die der Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag vom 2. März: "Russische Truppen bringen die Halbinsel Krim unter Kontrolle – Putin bereitet Intervention vor – Ukraine versetzt Armee in Kampfbereitschaft".

Gegenstimmen, jene, die versuchen, die Ereignisse ruhig zu analysieren und auf Zusammenhänge, Hintergründe und tatsächliche Vorgänge aufmerksam zu machen, sind selten und laufen Gefahr, von der Mainstreammedienwelle hinweggespült zu werden. Doch es gibt sie zum Glück und damit sie nicht ganz untergehen und übersehen werden, sei hier auf einige dieser wenigen Stimmen aufmerksam gemacht und Ausschnitte wiedergegeben mit Links zum Weiterlesen:

Kai Ehlers am 2. März im Eurasischen Magazin: "Einstimmig haben Moskauer Duma und Föderationsrat gestern Wladimir Putins Antrag zugestimmt, russisches Militär auf dem Gebiet der Ukraine, präziser, auf der Krim, einsetzen zu dürfen ...
Invasion? Besetzung? Annexion? Nicht Eskalation der inneren Situation in der Ukraine zum Bürgerkrieg und nicht die Verschärfung der äußeren Konflikte zu einem Stellvertreterkrieg auf ukrainischem Boden ist Ziel dieses Beschlusses; er setzt im Gegenteil ein Signal der Deeskalation in der aufgeheizten ukrainischen Situation, die sich wie ein Lauffeuer zum Bürgerkrieg zwischen ukrainischen und russischen Nationalisten und dazu noch randständigen ungarischen, rumänischen, bulgarischen und weiteren Minderheiten auszuweiten droht. ..."

Hans-Henning Schröder am 28. Februar im Schweizer Tages-Anzeiger: "Sie können davon ausgehen, dass die russische Führung unter Präsident Putin, Verteidigungsminister Schoigu und Aussenminister Lawrow pragmatisch handelt – im Gegensatz zu Scharfmachern, die jetzt auch im Fernsehen für eine Intervention werben. Das heisst, die russische Führung wird nur dann gewaltsam vorgehen, wenn es politisch nützt. Wie diese Männer das abwägen, bleibt letztlich Spekulation. Ich halte die Gefahr einer militärischen Eskalation aber für klein. Es wird sicher nicht den Versuch geben, die Ukraine zu überrennen. ..."

Wladimir Malinkowitsch am 3. März auf Zeit online: "Kein Deal ohne Janukowitsch ...
Der fatalste Verstoß war, Präsident Viktor Janukowitsch aus dem Amt zu entfernen, ohne dass dieser zurückgetreten wäre oder es eine formale Amtsenthebungsklage gab. Sein Nachfolger Alexander Turtschinow hat zwar auf legitimem Wege und im Rahmen des Abkommens das Amt des Parlamentssprechers erlangt, aber die Vollmachten des Präsidenten des Landes zu übernehmen, dazu hatte er kein Recht.
Folglich hatte auch das Parlament nicht die Legitimation, die Verteidigungs- und Außenminister zu ernennen, sowie unter anderem den Generalstaatsanwalt, den Vorsitzenden der Staatssicherheit, die Gouverneure, die Zusammenstellung des Rates für Nationale Sicherheit und Verteidigung zu bestimmen und fast sämtliche Verfassungsrichter zu entlassen. Turtschinow hat kein Recht vor der Amtsenthebung Janukowitschs das Amt des obersten Befehlshabers der ukrainischen Armee und des Vorsitzenden des Rates für Nationale Sicherheit und Verteidigung zu übernehmen. Die Anführer der Opposition (und somit auch die dazu gehörenden Rechtsradikalen) haben in ihren Händen die gesamte Staatsgewalt konzentriert. ..."

Lutz Herden am 2. März auf freitag.de: "Bei der "Operation Krim" beharrt Russland auf – aus seiner Sicht – legitimen Interessen. Die USA drohen Moskau mit politischer Isolation, warten ansonsten aber ab...
Eben deshalb kommt die Krim-Krise den radikalen Nationalisten aus dem Maidan-Lager als Kraftprobe mit Russland gelegen. Wer erst einmal die territoriale Unversehrtheit verteidigen muss, kann die ökonomische Misere in den Hintergrund drängen. Dieses Ansinnen spiegelte schon die sofort nach dem Machtwechsel vom 22. Februar getroffene Entscheidung einer Mehrheit im Parlament (Rada), Russisch als zweite Amtssprache in der vorwiegend von russischer Bevölkerung bewohnten Ost- und Südukraine abzuschaffen. Der Antrag zu diesem Rada-Beschluss kam von Oleh Tjahnybok, dem Führer der ultrarechten, antisemitischen und antipolnischen Swoboda-Partei. Viele Beobachter werten das inzwischen als ungeschickte oder unnötige Provokation. Eine gezielte Herausforderung war es auf jeden Fall. Sie spielte mit dem Kalkül, durch die angeheizte Konfrontation mit Russland den Westen zum Handeln zu zwingen. Der Slogan, "die Ukraine ist Europa" impliziert schließlich, dann verteidigt uns bitte schön auch wie Europa.
In der Westukraine wurden in den vergangenen Tagen nicht allein Lenin-Denkmäler und Gedenkorte für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges geschleift, sondern auch Statuen des russischen Generals Kutusow vom Sockel gestoßen. ..."

Michael Vosatka am 2. März in Der Standard (Österreich): "Die Hektik, die sich nach der russischen Ankündigung einer Intervention in der Ukraine am Samstag auf allen diplomatischen Kanälen ausbreitete, war erwartbar. Für den politischen Beobachter ist lediglich die internationale Überraschung überraschend: Zu absehbar sind bei dem Machtspiel in der Ukraine Aktion und Reaktion, als dass irgendjemand über die Ereignisse erstaunt sein sollte.
Doch zumindest im Falle der EU dürfte die Ratlosigkeit glaubhaft sein, wurde doch von Brüssel und den Mitgliedsstaaten sowohl die Situation in der Ukraine als auch die Rolle Russlands von Beginn an gründlich missverstanden.
... Anders ist die bedingungs- und kritiklose Unterstützung der EU für eine Opposition mit zweifelhafter Zusammensetzung und unklarer Orientierung gegen eine gewählte Regierung nicht erklärbar. ...
Die ukrainische Maidan-Bewegung besteht nicht nur aus der Timoschenko-Partei "Vaterland" und Vitali Klitschkos "Udar" (die im Übrigen als einzige nennenswerte Partei über ein halbwegs verlässliches politisches Profil verfügt, da "Vaterland" im Endeffekt nichts anderes ist als eine etwas professionellere Version der heimischen Stronachpartei), sondern stützt sich vielmehr auf einen Strauß von rechtsextremen, ultranationalistischen, holocaustleugnenden, antisemitischen und antirussischen Gruppierungen. ..."

Viktor Funk am 2. März in der Frankfurter Rundschau online: "Es ist verführerisch, im Kreml-Herrscher Wladimir Putin den einzigen Bösewicht in der aktuellen Ukraine-Eskalation zu sehen. ...
Der Westen hat Moskau seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion mehrfach brüskiert: Die Nato-Osterweiterung, die Anerkennung des Kosovo, der Krieg gegen den libyschen Tyrannen Muammar al-Gaddafi sind nur einige der Einschnitte, die gegen den ausdrücklichen Einspruch Moskaus stattfanden. Für jeden dieser Schritte gab es gute Gründe. Aber genau so klug wäre es gewesen, sich zu fragen, ob man wieder und wieder Russlands Mahnungen in den Wind schlagen sollte. ...
Die finanzielle und logistische Unterstützung der friedlichen Rosenrevolution in Georgien 2003 und der Orangen Revolution in der Ukraine 2004 durch US-Stiftungen betrachtete Moskau ebenso als illegitime Einmischung in ihr Interessengebiet. Dass Russlands Führung gut 20 Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion hierbei immer noch von Phantomschmerzen geplagt wird, mag westlichen Strategen lediglich ein Lächeln wert sein. Diese Befindlichkeiten zu ignorieren und weiter so tun, als müsste sich allein Russland an die neue Weltordnung anpassen, ist jedoch höchst gefährlich. ...
Moskau, Kiew, Brüssel und Washington könnten gemeinsam einen Entwicklungsplan für die Autonome Republik Krim verhandeln. Das wäre sowohl für die Ukraine als auch für die West-Ost-Diplomatie ein Gewinn. Putin hat seinen Schritt gemacht. Nun ist der Westen am Zug.
Der ehemaliger KGBler rechnet nach all seinen Erfahrungen jetzt wieder mit Provokationen und Ignoranz. Die westliche Wertegemeinschaft könnte ihn überraschen und auf weitere Drohungen verzichten – und so neues Blutvergießen vermeiden."

Uwe Klußmann am 3. März auf Spiegel online: "Ganze Regionen im Osten und Süden des Landes haben sich von ihr losgesagt, auf der Krim sieht ein Großteil der Bevölkerung die einmarschierenden russischen Soldaten als Schutzmacht.
Dass es so weit gekommen ist, liegt an fatalen Fehlern der neuen Kiewer Regierung und des ukrainischen Parlaments. Unter dem Druck rechter Straßenkämpfer, die das Parlament in bedrohlicher Weise "bewachen", hat die Werchowna Rada ein Gesetz aufgehoben, das den Status der russischen Sprache im Osten und Süden des Landes garantierte.
Die mit den Außenministern Deutschlands, Frankreichs und Polens - Frank-Walter Steinmeier, Laurent Fabius und Radoslaw Sikorski - am 21. Februar unterschriebene Vereinbarung sieht die Bildung einer "Übergangsregierung der nationalen Einheit" vor. Die hätte logischerweise auch Vertreter der russischsprachigen Regionen einbeziehen müssen, die mehr als ein Drittel des Landes umfassen....
Stattdessen wurden Mitglieder der rechtsextremen Swoboda Minister. Diese Partei, die sich bei ihrer Gründung noch Sozial-Nationale Partei der Ukraine nannte, unterhält freundschaftliche Beziehungen zur NPD. ...
Die Folge: Die russische Bevölkerung der Krim erhob sich gegen die Zentralregierung, noch bevor Putin Truppen in Marsch setzte. ..."

All diesen Stimmen habe ich, bis auf manch kleinen Widerspruch in Details, so wenn Funke von einer "Invasion" schreibt oder "gute Gründe" für die westlichen Kriege zu sehen glaubt, nichts hinzuzufügen. Nur zwei Hinweise noch: 
Putin hatte übrigens zuerst vor einer weiteren Eskalation der Situation gewarnt. Putin habe bei Gesprächen mit europäischen Staatsführern "die extreme Bedeutung" betont, keine weitere Eskalation der Gewalt zu erlauben, hieß es in Meldungen am 28. Februar.
Ein Detail ging bei der ganzen Aufregung ebenfalls unter, so dass ich es auch nur nach langem Suchen fand: Am 28. Februar hieß es außerdem in den Meldungen: "Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Freitagabend von mehreren Insidern in den USA erfuhr, werden zum Teil russische Soldaten auf die ukrainische Halbinsel verlegt und zum Teil abgezogen. Die genaue Stärke und die Ziele der Einheiten seien unklar.
Eine der Personen, die alle namentlich nicht genannt werden wollten, erklärte, möglicherweise solle der Schutz der auf der Krim stationierten russischen Soldaten verbessert werden."
Dazu passend bin ich eben (in der Nacht zum 4. März) auf ein interessantes Detail aufmerksam geworden: Wenn laut Vertrag über die Schwarzmeerflotte Russland bis zu 25.000 Soldaten stationieren darf und laut Russland heute derzeit die Gesamtzahl der russischen Armeeangehörigen auf der Krim 14.000 Mann beträgt, wird ja nicht mal der Vertrag verletzt. Interessantes Detail.
Da frage ich mich: Wird da wieder mal von den westlichen Regimewechslern und Kriegstreibern und ihren medialen Lakaien Stimmung mit Halbinformationen gemacht?

aktualisiert: 5.3.2014; 00:34 Uhr

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