Bitte beachten:

Mit deutsch- und volkstümelndem sowie rechtsextremem und faschistischem Gedankengut habe ich nichts am Hut und nichts zu tun!

Montag, 9. Februar 2015

Nachrichtenmosaik Ukraine Folge 139

Gesammelte Nachrichten und Informationen zu den Ereignissen in der Ukraine und deren Hintergründen, ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit und fast ohne Kommentar

• EU-Außenminister weiten Sanktionen gegen Russland aus
"In der Ukraine-Krise haben sich kurz vor dem Krisengipfel zur Beendigung der Kämpfe zwischen Armee und prorussischen Separatisten auch die diplomatischen Fronten verhärtet. Russlands Präsident Wladimir Putin warf dem ukrainischen Militär Strafaktionen vor, die sofort beendet werden müssten. Zugleich beschlossen die EU-Außenminister am Montag in Brüssel neue Sanktionen gegen Russland, die aber noch nicht in Kraft treten sollen. In Washington wollte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit US-Präsident Barack Obama über das Vorgehen bei dem für Mittwoch geplanten Gipfel in Minsk abstimmen. Dort will sie zusammen mit Frankreichs Präsident Francois Hollande versuchen, Putin und dessen ukrainischen Amtskollegen Petro Poroschenko zu einem sofortigen Waffenstillstand zu bewegen und einen Weg für eine friedliche Lösung des Konflikts abzustecken. ...
In Brüssel billigten die EU-Außenminister angesichts der militärischen Vorstöße der Rebellen die Ausweitung der Einreiseverbote und Kontensperrungen auf 19 Russen sowie Separatisten. Jedoch wollen die Außenminister bis kommenden Montag mit der Umsetzung warten. Dadurch sollten die Erfolgschancen der Minsker Friedensgespräche nicht gefährdet werden, sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius. ..." (Der Standard online, 9.2.15)

• Späte, aber nicht zu späte Vorstöße für Konfliktlösung?
"Die diplomatischen Vorstöße von Präsident Putin, Kanzlerin Merkel und Präsident Hollande kommen spät, aber nicht zu spät, um die Logik des Krieges zu durchbrechen
... In diesem Fall ist Kassandra eine Kreatur der Putin- oder Russland-Versteher, die keiner hören wollte. Erst recht nicht, als absehbar war, dass man in der Ukraine auf einen Bürgerkrieg zusteuerte, den einzudämmen schwerfallen würde, sollte er ausgebrochen sein. Kassandra wurde verschmäht. Die Katastrophe war kein Gottesgericht, sondern Menschenwerk. Man hätte sie noch abwenden können, als die damalige Kiewer Regierung – vor der Wahl Petro Poroschenkos zum Präsidenten am 25. Mai 2014 – glaubte, sie müsse den Aufstand in der Ostukraine gewaltsam niederschlagen und einen Teil des eigenen Volkes damit zur Räson bringen. Warum wurde Angela Merkel nicht in diesem Augenblick in Kiew und Moskau vorstellig? Warum hat sie sich stattdessen von das Kiewer Obsession  vereinnahmen lassen, ein „terroristisches Komplott“ zerschlagen zu müssen? ...
Das heißt, unter diesen Umständen konnten Merkel und Hollande gegenüber Putin nur Folgendes anbieten: Stoppen Sie den Vormarsch der Rebellen im Osten und stimmen Sie einer dauerhaften Feuerpause zu, dann wollen Deutschland und Frankreich tun, was in ihrer Macht steht, damit die ukrainische Führung die Realitäten akzeptiert, den Frontverlauf als Demarkationslinie zwischen dem Kernstaat und den abtrünnigen Gebieten anerkennt, und ein belastbarer Waffenstillstand amerikanische Waffenlieferungen verhindert. Dass es für all das keine Garantien gibt, ist die Schwäche der deutsch-französischen Position. Vielleicht hat die Kanzlerin im Wissen um diese Kalamität von einer „europäischen Mission“ gesprochen, die sie ohne ausdrückliche Einladung nach Moskau reisen ließ. Die Berufung auf ein solches Mandat signalisiert, als westliche Konfliktpartei zu handeln, aber keine gemeinsamen westlichen Interessen zu vertreten – auch keine rein EU-europäischen. Ein Teil der osteuropäischen EU-Staaten wie die baltischen Republiken bedient mit dem Ukraine-Konflikt eine ganz eigene Agenda – sie erklären sich ohne Not, aber mit klaren Motiv zum potenziellen Opfer russische Aggressivität und empfehlen sich größter Fürsorge der NATO. Auch Polen begegnet Merkels und Hollandes Appeasement-Politik mit erkennbarer Skepsis. ..." (Lutz Herden auf freitag.de, 9.2.15)


• Kiew: 1.500 russische Soldaten eingedrungen
"Nach Angaben Kiews sind rund 1.500 russische Soldaten am Wochenende in die Ukraine vorgedrungen. Die Truppen hätten am Wochenende mit militärischer Ausrüstung, darunter Raketensystemen, die Grenze überquert, teilte Armeesprecher Andreji Lyssenko am Montag mit. Die Gefechte zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Rebellen im Osten der Ukraine hatten sich zuletzt deutlich verstärkt. ..." (Der Standard online, 9.2.15)
"
…Eine andere Aktion Poroschenkos wurde selbst in westlichen Medien bespöttelt: Der ukrainische Präsident hatte ein Bündel von Ausweisen präsentiert, die angeblich russischen Soldaten abgenommen worden seien. Russland warf der Ukraine vor, Moskau keine Kopien der angeblichen Beutedokumente übermittelt zu haben. Die gezeigten Außenseiten könnten Schutzhüllen sein, wie man sie auf jedem Straßenbasar kaufen könne. Kenner des russischen Militärs ergänzten, selbst wenn die Pässe echt seien, bewiesen sie nicht das, was Poroschenko behaupte: Russischen Soldaten würden nämlich beim Eintritt in den Dienst ihre zivilen Dokumente abgenommen. Wer sich also mit seinem zivilen Pass in der Ukraine aufhalte, stehe jedenfalls nicht im Dienst der russischen Armee.“ (junge Welt, 9.1.15)

• Minsker Vereinbarung als Basis der Konfliktlösung
"Diese Woche könnte entscheidend für die Beilegung des Konflikts in der Ostukraine sein. Am Mittwoch werden die deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Francois Hollande mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Minsk zusammentreffen, um eine Lösung zu erarbeiten. Davor beraten der Außenministerrat der EU und Angela Merkel mit US-Präsident Barack Obama diesen Montag über den Handlungsspielraum.
Dass das Treffen in Minsk stattfinden soll, wird in Verhandlungskreisen als kleines Zugeständnis an den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko gewertet. Es unterstreiche, dass jede Friedenslösung für die Ostukraine auf der Basis des im September zwischen Russland, der Ukraine und den prorussischen Separatisten geschlossenen Abkommens aufbauen soll. Am Ende könnte ein "leicht modifiziertes" Minsker Abkommen stehen, das den innenpolitisch unter Druck stehenden Poroschenko das Gesicht wahren ließe. ..." (Der Standard online, 9.2.15)
In dem Zusammenhang muss erneut Kai Ehlers zitiert werden, der am 14.1.15 u.a. schrieb: "... Einige Tatsachen zu dem Abkommen von Minsk müssen deshalb wohl in aller Kürze Erinnerung gerufen werden. ...
Das ... im Einvernehmen zwischen Poroschenko und Putin mit Billigung der übrigen Teilnehmer und Teilnehmerinnen ausgehandelte Minsker Abkommen ist kein „Friedensvertrag“. Es ist nicht mehr und nicht weniger als eine pragmatische Waffenstillstandsvereinbarung, die zunächst einmal darauf zielt Grundlagen für weitere Verhandlungen herzustellen und eine Richtung anzugeben, in die zukünftige  Lösungen laufen könnten. Bestimmungen zur Durchführung der einzelnen Beschlüsse sind entweder nicht vorhanden oder sehr offen.

Anzumerken ist auch, dass die Verhandlungen zwar im Beisein von Vertretern der Donezker und auch der Lugansker  Republik (DNR und LNR) geführt und das Protokoll von ihnen auch unterschrieben wurde; dass die Donezker aber unmittelbar anschließend an das Minsker Treffen durch ihren Sprecher Boris Litwinow verlauten ließen, die Unterschriften der beiden Vertreter der DNR und der LNR dokumentierten lediglich deren Teilnahme.
Dieses Wackeln kann man als unseriös kritisieren, es kennzeichnet aber den Stellenwert der Vereinbarungen, die als Richtungsangabe und nicht als Vertrag zu verstehen ist. Das ist bei der Bewertung des Abkommens mit einzubeziehen. ..."

• Russische und deutsche Kritik an Sanktionen
"Russlands Präsident Wladimir Putin kritisierte am Wochenende laut der Nachrichtenagentur Interfax, erneut scharf die vom Westen im Zuge der Ukraine-Krise gegen Russland verhängten Sanktionen. ...
Nach einer Umfrage der Deutsch-Russischen Außenhandelskammer (AHK) wollen 30 Prozent der deutschen Unternehmen Personal in Russland abbauen. Drei Viertel verzichten auf Investitionen. 91 Prozent der Firmen erwarten demnach insgesamt einen negativen Trend für dieses Jahr, wie die AHK in der Studie feststellte. Noch nie in den vergangenen zehn Jahren sei die Stimmung so schlecht gewesen.
Der zufolge würden 78 Prozent der deutschen Unternehmen auch die Ukraine gern als Teil eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes der Europäischen Union mit der von Russland initiierten Eurasischen Wirtschaftsunion sehen. Zugleich befürchteten viele westliche Firmen, dass sich Russland von Europa ab- und vor allem China zuwende, hieß es. AHK-Präsident Rainer Seele beklagte, dass es in der Krise zwischen der EU und Russland im Streit um die Ukraine bisher nur Verlierer gebe. ...
Die deutsche Wirtschaft beklagt extrem trübe Aussichten für ihre Geschäfte in Russland. »2015 und 2016 werden brutal schwierig«, sagte Eckhard Cordes, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, während eines Moskau-Besuches. Etwa drei Viertel aktuell befragter deutscher Unternehmen hätten Zweifel an der Wirksamkeit der westlichen Sanktionen. Im Zuge der Krise seien die deutschen Exporte nach Russland um knapp 20 Prozent gesunken. Das bedeute einen Verlust von rund 60 000 Arbeitsplätzen - bei 300 000 Stellen insgesamt, die in Deutschland vom russischen Markt abhängig seien, sagte er. ...
" (Neues Deutschland, 9.2.15, S. 3)

• Hoffungen auf Gipfel in Minsk und US-Widerstände
"Der Gipfeldiplomatie zur Entspannung der Ukrainekrise könnte am Mittwoch eine weitere Station hinzugefügt werden, der Donbass wieder etwas hoffen. In Minsk sollen die Verhandlungen, die in Kiew und Moskau Ende vergangener Woche überraschend wieder aufgenommen wurden, fortgesetzt werden. Vor der Bekanntgabe am Sonntag hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin und seinem ukrainischen Amtskollegen Petro Poroschenko als den Gipfelpartnern telefoniert.
Die Rede war danach von einem »Paket für eine umfassende Regelung des Konflikts in der Ostukraine«, über das am heutigen Montag von Experten in Berlin weiter beraten werden solle. Am Dienstag wird sich die Kontaktgruppe mit den Unterzeichnern des Minsker Protokolls also Vertretern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Russlands und der Ukraine sowie der moskautreuen Separatisten treffen.
Eine Einigung in einer »Reihe von Fragen« machte Russlands Präsident allerdings zur Voraussetzung des Gipfels, so verlautete es nach dessen Treffen mit dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko am Sonntag in seiner Schwarzmeer-Residenz Sotschi. ...
Intern jedoch, so wollte »Bild.de« hinter den schallgedämpften Türen der Konferenzräume im Hotel »Bayerischer Hof« gehört haben, seien die Amerikaner »geradezu abfällig« über die Deutschen »hergezogen«. US-Präsident Barack Obamas Vertraute Victoria Nuland, die nach dem Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch vor Jahresfrist Arseni Jazenjuk als ukrainischen Premierminister durchsetzte, wird zitiert: »Wir können gegen die Europäer kämpfen, rhetorisch gegen sie kämpfen ...« Nähere Aufschlüsse dürfte wohl Kanzlerin Merkel zu Wochenbeginn auf ihrer USA-Reise im Weißen Haus erhalten. ..." (Neues Deutschland, 9.2.15, S. 2)
"... In München wurde wie nie zuvor deutlich, dass die USA im Konflikt um die Aggression Russlands in der Ostukraine nicht mehr bereit sind, den Diplomatiekurs der von Paris und Berlin angeführten EU weiter mitzumachen. In Washington haben nicht nur die Falken wie John McCain den Glauben ans Reden mit Putin verloren. ...
Wie lange die USA sich das Ringen um ein mögliches Friedensabkommen für die Ukraine noch ansehen, ist ungewiss.
Zwar wurde die aktuelle Initiative von Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande von den USA zumindest zurückhaltend gelobt. Intern aber wurde in der US-Delegation gelästert, was Gespräche über ein Abkommen bringen sollen, das bereits im September in Minsk unterzeichnet und dann nie umgesetzt worden ist. Selbst das Stichwort vom "Moscow Bullshit" machte die Runde.
Was die USA wirklich von der deutschen Linie der Diplomatie halten, wurde in München hinter gut gedämmten Türen gesagt. "Bild.de" berichtet detailliert über ein vertrauliches Briefing für die angereisten US-Politiker, das Einblicke in die US-Sicht gibt. So wird die Top-Diplomatin Viktoria Nuland zitiert, wie sie über die Zurückhaltung der Europäer bei Sanktionen gegen Putin herzog. "Sie fürchten sich vor Schäden für ihre Wirtschaft, Gegensanktionen der Russen", ätzte Nuland. ..." (Spiegel online, 8.2.15)

• Nun doch Viergipfel zum Ukraine-Krieg – Debatten in NATO
Russland, die Ukraine, Frankreich und Deutschland werden am Mittwoch auf einem Vierergipfel in Minsk nach neuen politischen Lösungen für den Ukraine-Konflikt suchen. Das gaben die beteiligten Staaten am Sonntag bekannt. Die neue Verhandlungsrunde ist das einzige sichtbare Ergebnis der Reise von Präsident François Hollande und Kanzlerin Angela Merkel nach Kiew und Moskau am Donnerstag und Freitag.
Unterdessen machte der Verlauf der Münchener »Sicherheitskonferenz« am Wochenende tiefe Gegensätze nicht nur zwischen der NATO und Russland, sondern auch innerhalb des westlichen Bündnisses deutlich. Russlands Außenminister Sergej Lawrow warf den USA und ihren Verbündeten vor, sie hätten sich 25 Jahre lang dem Traum hingegeben, den Kalten Krieg gewonnen zu haben. Sie hätten Russland ein ums andere Mal übervorteilt – Lawrow nannte die US-Pläne zur Raketenabwehr und zum Bau atomwaffenfähiger Drohnen, die Osterweiterung der NATO und die Einmischung in der Ukraine. Der Westen müsse sich jetzt entscheiden, ob er eine Sicherheitsarchitektur mit, ohne oder gegen Russland aufbauen wolle.
Darüber streiten offenbar auch führende Mitgliedsstaaten der NATO. Angela Merkel wandte sich auf der Münchener Konferenz gegen US-Waffenlieferungen an die Ukraine, mit dem Argument, sie könne sich keine Aufrüstung vorstellen, die Russlands Präsidenten von seiner gegenwärtigen Ukraine-Politik abhalten könnte. Dies sei die »bittere Wahrheit«, so Merkel. Der republikanische Senator und ehemalige Präsidentschaftskandidat John McCain nannte Merkels Haltung in einem ZDF-Interview »töricht«. ..." (junge Welt, 9.1.15)

• Schlechte Aussichten für Verhandlungslösung
"Die Aussichten für die von Merkel und Hollande gestartete Verhandlungsinitiative zur Lösung des Kriegs in der Ostukraine sind nicht gut. Auch wenn die Separatisten schon einmal angekündigt haben, sowohl Mariupol zu erobern, als auch wieder Kramatorsk und Slawjansk einzunehmen, haben die bislang erzielten Geländegewinne wohl vorrangig den Zweck, die Frontlinie zu begradigen und die Distanz zu den Städten Lugansk und Donezk zu vergrößern, so dass sie von Raketenwerfern nicht mehr zu erreichen sind, wenn der im Minsker Abkommen geregelte Waffenstillstand und der Rückzug der schweren Waffen umgesetzt würden. Kaum vorstellbar, dass die Separatisten die Frontlinie vom September anerkennen werden. Für einen Waffenstillstand, der vor allem das Leben von Zivilisten schont, wäre dies "realpolitisch" auch vernünftig. Klar wurde aber auch in München auf der Sicherheitskonferenz, dass Russland und die meisten Vertreter der Nato-Staaten den Konflikt in der Ukraine höchst unterschiedlich sehen. Weder von den offiziellen Vertretern des Westens noch von Russland gibt es wirkliche Versuche der Annäherung oder ideologischen Abrüstung. ..." (Telepolis, 8.2.15)

• US-Senator und -Ex-Militär: Kiew muss bewaffnet werden
"STANDARD: Wir würden Sie die zögernden Europäer überzeugen, dass es wichtig ist, Waffen an die ukrainische Armee zu liefern?
Graham: Ich bin der Erste, der zugesteht, dass jede Entscheidung in dieser Frage mit Risiken verbunden ist. Ich schätze Bundeskanzlerin Angela Merkel sehr. Deutschland war ein guter Verbündeter in Afghanistan. Berlin hat auch geholfen, die Kurden zu bewaffnen. Jetzt stimmen wir nicht überein, wie wir mit einer autokratischen Diktatur umgehen sollen. Bitte verstehen Sie doch, dass Putin nach einem Kosten-Nutzen-Kalkül handelt. Bevor Russland Demokratiebewegungen entlang seiner Grenzen duldet, wird es sie zerstören. Ja, es gibt einen Konflikt in der Ukraine. Aber wenn Rechtsstaatlichkeit irgendeinen Sinn haben soll, dann dürfen solche Konflikte nicht mit russischen Waffen gelöst werden.
STANDARD: Ihr Lösungsansatz?
... Was wir vielmehr tun müssen, ist, die Kosten-Nutzen-Analyse Wladimir Putins und seiner Alliierten ins Negative zu drehen. Es ist Zeit, defensive Waffen an die Ukrainer zu liefern. Natürlich birgt das Risiken. Aber das größte Risiko ist doch, einer ums Überleben kämpfenden Demokratie den Rücken zuzukehren und Lügnern den Sieg zu überlassen. Die Welt schaut uns zu. Wir müssen Demokratiebewegungen in der Welt ermutigen, statt sie zu enttäuschen. ...
STANDARD: Werden die USA die Ukraine im Alleingang bewaffnen?
Graham: Ich wäre froh, wenn wir eine Koalition bilden könnten. Aber ich bin auch ein Anhänger der Führungsstärke Amerikas. Wenn wir vorangehen, werden Dutzende folgen. Niemand wird führen, wenn Amerika es nicht tut.
Lindsey Graham (59) ist Jurist und Oberst der US-Luftwaffe. Für South Carolina sitzt der Republikaner seit 2003 im US-Senat." (Der Standard online, 8.2.15)

• OSZE-Generalsekretär: "Wir brauchen den Waffenstillstand"
Die Lage in der Ostukraine könnte sich erheblich verschlechtern, wenn kein Waffenstillstand umgesetzt wird, warnt OSZE-Chef Zannier im tagesschau.de-Interview. Zudem könne sich der Konflikt internationalisieren, falls die Unterstützung für die Ukraine auf den militärischen Aspekt fokussiert werde.
tagesschau.de: Was ist jetzt angesichts der angespannten Lage in der Ostukraine am nötigsten?
Lamberto Zannier: Es müssen alle Kanäle genutzt werden, um auf die beteiligten Seiten Druck auszuüben. Wir brauchen den Waffenstillstand, sonst wird sich die Lage womöglich in erheblichem Maße verschlechtern. Wir sind sehr besorgt.
Wenn die Ukraine Waffen erhält, gibt es das Risiko einer Internationalisierung des Konflikts. Ich sage nicht, dass die Ukraine nicht unterstützt werden sollte. Sie braucht starke Unterstützung und Solidarität der internationalen Gemeinschaft in jeder Hinsicht. Die Ukraine kann nicht allein mit so vielen grundlegenden Problemen gleichzeitig fertig werden. Aber ein Fokus auf den militärischen Aspekt hilft nicht.
tagesschau.de: Ist es nicht problematisch bei der Umsetzung des Waffenstillstandes, dass die Separatisten seit dem ersten Waffenstillstand im September die Frontlinie zu ihren Gunsten verschoben haben. Wie kann man eine Waffenstillstandslinie festlegen, ohne mit Gewalt erzielte Landgewinne anzuerkennen?
Zannier: Wenn man Waffen zurückzieht, zieht man sie von welcher Linie auch immer zurück. Man lässt sie einfach auf einen größeren Abstand zurückziehen. Mit etwas Kreativität kann man einen Weg finden. Letztlich kommt es auf Vertrauen in die Maßnahmen für den Waffenstillstand an. Wenn nicht, dann haben wir wirklich eine düstere Zukunft vor uns. …“ (ARD tagesschau.de, 8.2.15)

• Pufferzone als Teil des Friedensplanes?
"... Ein Knackpunkt der Verhandlungen ist der Verlauf der Demarkationslinie für einen Waffenstillstand. Poroschenko bestand zuletzt auf den im September im Minsker Friedensplan vereinbarten Verlauf. Die Separatisten haben seitdem aber deutliche Gebietsgewinne verzeichnet.
Gleichwohl zeigte sich Poroschenko in München offen für eine sofortige, bedingungslose Waffenruhe. "Ich bin zu jeder Zeit bereit, eine vollständige, bedingungslose (...) Waffenruhe zu verkünden, um die steigende Zahl an Opfern unter der Zivilbevölkerung zu stoppen", sagte er vor Journalisten. "Wir erhalten vollständige Unterstützung bei der Umsetzung dieses ukrainischen Wunsches von Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande." ...
Nach Informationen des französischen Fernsehsenders France 2 sieht der Friedensplan eine entmilitarisierte Zone von 50 bis 70 Kilometern rund um die aktuelle Trennlinie vor. Die von Separatisten beherrschten Gebiete im Osten der Ukraine sollten eine relativ große Autonomie bekommen, berichtete der öffentlich-rechtliche Kanal unter Berufung auf Hollande. Poroschenko sagte dagegen: "Ich weiß gar nichts von diesen Vorschlägen." Von deutscher Seite gab es keinen Kommentar dazu.
Nach Angaben von France 2 räumte Hollande ein, der Plan sei noch nicht ausverhandelt. "Ich möchte keine Prognosen abgeben", sagte er. Merkel äußerte sich in München ebenfalls zurückhaltend zu den Chancen für eine Friedenslösung. Erneut von Poroschenko geforderte Waffenlieferungen an die Ukraine, für die es auch in den USA Befürworter gibt, lehnte die Kanzlerin ab. ..." (Der Standard online, 8.2.15)

• Angeblich bis zu 50.000 Kriegstote
"Deutsche Sicherheitskreise rechnen nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung damit, dass bislang bis zu 50.000 ukrainische Soldaten und Zivilisten in den Kämpfen im Osten des Landes ums Leben gekommen sein könnten. Das sind fast zehnmal so viele, wie zuletzt offiziell angegeben. Die offiziellen Zahlen seien eindeutig zu niedrig und nicht glaubwürdig, hieß es aus den Sicherheitskreisen. So würden nach schweren Gefechten oft einstellige Opferzahlen gemeldet, obwohl es in Wirklichkeit Dutzende Tote gegeben haben müsse.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko gab in München die Zahl der Kriegstoten in der Ukraine mit 1200 Soldaten und 5400 Zivilisten an. ..." (FAZ online, 8.2.15)

• Fortschreitende Ausgrenzung Rußlands als Ursache für den Ukraine-Konflikt
Das Berliner Ost-West-Europa Forum hat ein Diskussionspapier von Herwig Roggemann, Dr. jur. Dr. h. c., Univ.-Prof. a. D. am Fachbereich Rechtswissenschaft und am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin, zur Ukraine-Krise veröffentlicht, das der Autor am 7.2.15 in Berlin vorstellte. In dem Papier unter dem Titel „Ukraine-Krise oder Krise der Rußlandpolitik? heißt es u.a.: „Der Ukrainekrieg der Jahre 2014 und 2015 ff. hat das „Europäische Haus“ und seinen „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ ... schwer beschädigt.
Ursächlich dafür sind mehrere Faktoren.
Keineswegs sind dies allein oder auch nur in erster Linie uneinsichtige, das internationale Recht in mehrfacher Hinsicht verletzende Entscheidungen eines "despotischen" Kremlherrschers oder gar „Tyrannen“ ... Wladimir Putin. Eines "autokratischen" russischen Präsidenten also, der aus heiterem Himmel grundlos das Nachbarland Ukraine angegriffen, einen Teil (die Krim) mit Militärgewalt seinem eigenen Lande angegliedert und einen anderen Teil (den Donbass) besetzt  hat. Und der auch in anderen Nachbarländern (Moldau, Georgien) interveniert, Unruhe stiftet und deren freie Entwicklung behindert.
Diesen Eindruck vom Verlauf der Dinge vermitteln allerdings viele deutsche Medien seit längerem ihren Lesern und Hörern …
Weitergehende Ursachenforschung und Hintergrundanalyse findet in deutschen Presseberichten dagegen kaum statt ...
Die eigentliche Konfliktursache ist Rußlands ungeklärter Platz in einer paneuropäischen Sicherheitsarchitektur und einem EU-übergreifenden Wirtschaftsraum,
- entweder als gleichberechtigter, strategisch mitwirkender, institutionell eingebundener Kooperationspartner der NATO und Partner der EU in einer euro-asiatischen Freihandelszone ("Lissabon - Wladiwostok")
- oder ausgeschlossen am Rande eines von den USA dominierten Einflußbereichs der NATO und eines um die Ukraine und andere unmittelbare Nachbarstaaten Rußlands erweiterten Gemeinsamen Binnenmarktes der EU, durch ein - in wesentlichen Punkten fragwürdiges - transatlantisches Handelsabkommen mit den USA verbunden. ...
"

• FAZ: "Was Merkel mit Putin besprach"
"Das Gespräch von Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Präsidenten Hollande mit Russlands Präsident Putin soll nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) in höflicher und freundlicher Form verlaufen sein. ... Zwar wurden in vielen Streitfragen Kompromisse erörtert, doch der politischer Wille Putins, zu einer Einigung zu kommen, war für die Gäste aus Berlin und Paris nicht erkennbar.
Nach schwierigen diplomatischen Vorbereitungen hatte Putin sich bereit erklärt, ein von Berlin und Paris erarbeitetes Papier zu erörtern, das den gescheiterten Minsker Friedensprozess wiederbeleben soll. ...
Merkel bestand in dem Gespräch mit Putin insbesondere darauf, dass die Russen die Grenze zur Ukraine schließen. Für die Russen ist dieser Punkt heikel, denn dadurch würden die prorussischen Separatisten in der Ostukraine vom Nachschub aus Russland abgeschnitten. Auch über den Abzug schwerer Waffen aus dem umkämpften Gebiet gab es in Moskau keine Einigung. Umstritten bleibt zudem, welche Frontlinie für einen Waffenstillstand gelten soll. Merkel und Hollande waren für die im September in Minsk festgelegte Linie, Putin für den aktuellen Frontverlauf. ...
Merkel, Putin und Hollande sprachen auch über die Versorgung der Bevölkerung in der umkämpften Region und eine politische Lösung, insbesondere Wahlen in den Separatistengebieten. Die EU und die Ukraine wollen, dass Wahlen unter internationaler Beobachtung stattfinden. Russland will, dass möglichst viele Fragen in direkten Gesprächen Kiews mit den „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk geregelt werden. Das lehnt die Ukraine ab, weil es in ihren Augen auf eine faktische Anerkennung der Selbständigkeit der Separatistengebiete hinausläuft. ...
Die Aufhebung der Sanktionen wurde in Moskau nicht ausdrücklich erörtert. Doch hatte die Kanzlerin schon zuvor klargemacht, dass die Erfüllung des Minsker Abkommens, insbesondere die Schließung der Grenze zur Ukraine, der Schlüssel dafür sei, um die Isolation Russlands aufzuheben.
Merkel hatte sich angesichts der militärischen Eskalation in der Ostukraine, aber auch wegen der kritischen wirtschaftlichen und innenpolitischen Lage in der Ukraine zur Reise nach Moskau entschlossen. ..." (FAZ online, 7.2.15)

• Kriegsstimmung wird angeheizt
"„Dass und wie Falken von diesseits und jenseits des Atlantik auf der Münchner Sicherheitskonferenz  im Konflikt in der Ukraine auf Krieg setzen ist ein Alarmsignal. Die Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich einerseits und den USA andererseits in dieser Frage machen deutlich, dass Europa bei der Lösung seiner Probleme und Konflikte nicht auf die Vereinigten Staaten zählen kann und sollte“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Wolfgang Gehrcke, zu den in München deutlich zutage getretenen Widersprüchen. Gehrcke weiter:
„Unklar blieb, ob diese Unterschiedlichkeiten nur zu einem taktischen Geplänkel gehören oder ob in der Tat die immer wieder vorgeführte Einheit in der Ukraine- und Russland-Frage aufgebrochen ist.
Die USA traten auf der Münchner Sicherheitskonferenz als Sachwalter für solche EU-Mitglieder wie die baltischen Staaten und Polen auf und agierten erkennbar gemeinsam mit dem NATO-Generalsekretär Stoltenberg dafür, die immer wieder von Deutschland und Frankreich wiederholte Feststellung, es gäbe keine militärische Lösung des Konfliktes, nicht so ernst zu nehmen.
Ob es in der Tat zu substanziellen Verabredungen zwischen Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine gekommen ist, wird dann zu beurteilen sein, wenn ein Text für eine neue Vereinbarung zur Beilegung des Ukraine-Konflikts vorliegt. Das Glas ist halbvoll, nicht halb leer. Jetzt ist die Zeit gekommen, durch deutsche Hilfslieferungen in den Osten der Ukraine der humanitären Katastrophe entgegen zu wirken.“" (Pressemitteilung MdB Wolfgang Gehrcke, Linksfraktion, 7.2.15)

• Moskau für direkte Verhandlungen zwischen Kiew und Aufständischen
"Moskau setzt sich wie bislang für die Aufnahme direkter Verhandlungen zwischen den Kiewer Behörden und der Volkswehr in Donezk und Lugansk ein. Wie Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz sagte, wird Moskau auch weiter auf die Wiederherstellung des Friedens in der Ukraine hinarbeiten.
„Wir sind für die Einstellung der Kampfhandlungen, für den Abzug schwerer Waffen und für die Aufnahme direkter Verhandlungen zwischen Kiew, Donezk und Lugansk über konkrete Wege zur Wiederherstellung des ökonomischen, sozialen und politischen Raumes bei der Erhaltung der territorialen Integrität der Ukraine“, betonte der russische Chefdiplomat.

Indes rechtfertige der Westen die Strafoperation der Kiewer Behörden im Südosten der Ukraine, darunter den Einsatz von Streumunition. „Russland möchte wissen, warum der Westen die Regierungen von Afghanistan, Jemen oder Mali aufruft, sich mit der Opposition, in einigen Fällen sogar mit den Extremisten zu einigen, während im Fall Ukraine die Gewaltoperation Kiews massiv unterstützt wird.“
Die Ukraine-Krise könne nicht mit Hilfe von Militärgewalt gelöst werden. Das sei im vergangenen Sommer klar geworden, als die Situation auf dem Schlachtfeld Kiew gezwungen habe, Friedensvereinbarungen zu unterschreiben. ..." (Sputnik, 7.2.15)
Die Rede Lawrows in München kann hier in der Phoenix-Übertragung nachgesehen werden und hier in deutscher Übersetzung nachgelesen werden.
Die Reden in München können auf der Website der Münchner Sicherheitskonferenz nachgelesen werden.

• Putins Sicht der Welt und die Brandstifter
"Lebt Putin nun in einer anderen Welt, wie Kanzlerin Merkel meint?" Das fragt Wolfgang Kubiczek in Das Blättchen 3/2015 vom 2.2.15. Seine Antwort: "Nein, er lebt in dieser Welt und betreibt eine Politik im nationalen Interesse Russlands." Kubiczek belegt das mit zahlreichen Zitaten der russischen Präsidenten aus dem letzten und diesem Jahr und stellt fest: "Auslöser für die gefährliche Konfrontation war das Unverständnis des Westens über die tatsächlichen Verhältnisse in der Ukraine und darüber, wie weit man Russlands Interessen missachten kann. Ohne den Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten der Ukraine (mit westlicher Hilfe) würden die Krim heute noch zur Ukraine gehören, die Bevölkerung in der Ostukraine friedlich ihrer Beschäftigung nachgehen, viele Menschen wären noch am Leben, Janukowitsch wäre bei der nächsten Wahl abgewählt und das Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet worden.
Das Leid, dass dieser Krieg über die Zivilbevölkerung gebracht hat, und der Hass, der zwischen den Brudervölkern für lange Zeit gesät wurde, rechtfertigt weder Unterstützung noch Sympathie für eine der beiden außer Kontrolle geratenen Kriegsparteien. Allerdings sollte man auch nicht die Brandstifter vergessen, die diesen Konflikt Anfang 2014 ausgelöst haben."
In dem Zusammenhang sei auf das Buch “Wladimir Putin: Reden an die Deutschen” hingewiesen, das Jürgen Elsässer gemeinsam mit Yasmin Pazio 2014 herausgab. Laut Elsässer enthält das Buch "die wichtigsten Reden von 2001 bis 2014, ausschließlich Originaltexte des russischen Präsidenten ohne weitere Kommentare, so dass sich der Leser einen unverfälschten Eindruck vom derzeit meist dämonisierten Politiker der Welt machen können". Der Inhalt des Buches ist m.E. zu interessant, als dass ich hier irgendeinen Kommentar zu den Herausgebern abgebe.

• Die wichtigsten Fragen zur Ukraine-Krise auf einen Blick
sind in einem Beitrag des Blogs Der Unbequeme vom 6.2.15 zu finden.

hier geht's zu Folge 138

alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen


die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine   

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen