• Flüchtlingsstrom in der Ukraine
Die österreichische Zeitung Der Standard hat am 10.2.15 in ihrer Onlineausgabe eine Kurzreportage von Nina Jeglinski aus Kiew veröffentlicht:
"Die Szenen wiederholen sich in diesen Tagen auf dem Kiewer Hauptbahnhof. Um 11.30 Uhr fährt Zug Nummer 334 aus Kostjantiniwka ein - doch seit Tagen bringt dieser Zug ausschließlich Flüchtlinge aus den umkämpften Regionen Donezk und Lugansk. An diesem sonnigen, aber bitterkalten Februartag sind 239 Menschen an Bord. Viele von ihnen sind alte Leute, einige auf Rollstühle und Gehhilfen angewiesen.
Anatoli Kornejew, Psychologe beim Innenministerium, koordiniert mit hunderten Mitarbeitern die Ankunft der Flüchtlinge: "Wir nehmenk die Personalien auf, wer Hilfe braucht, erhält medizinische oder psychologische Unterstützung. Auch für die Wohnungssuche oder einen Teller warmer Suppe sind wir hier verantwortlich."
Allein seit vergangenem Freitag sind hier fast 2000 Menschen angekommen. Doch nicht nur in Kiew, auch in fünf anderen Großstädten der Zentral- und Westukraine kommen täglich Flüchtlinge mit solchen Zügen an. ...
In den vergangenen Tagen bringen die Behörden verstärkt Menschen in die Region Kiew oder in weiter westlich gelegene Gebiete. In Charkiw oder Dnipropetrowsk, Städten, die viel dichter an der Kriegszone liegen, seien die Kapazitäten erschöpft, heißt es aus dem Innenministerium.
Es mag aber noch einen anderen Grund geben. Niemand kann sagen, ob neben Donezk und Lugansk nicht bald weitere ostukrainische Regionen in den Krieg hineingezogen werden. In der Zentral- und Westukraine sind viele Sanatorien und Ferienheime als Auffangsstationen für Flüchtlinge vorbereitet worden."
• Moskau: Westen destabilisiert Ukraine weiter
"Einen Tag vor dem geplanten Ukraine-Krisengipfel hat die Führung in Moskau die vom Westen gegen sie erwogenen Schritte heftig kritisiert. Waffenlieferungen an die ukrainische Armee oder zusätzliche Sanktionen zielten allein darauf ab, die Situation in der Ukraine weiter zu destabilisieren, sagte der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, am Dienstag der Nachrichtenagentur RIA.
"Russland ist ein Land, das ernsthaft daran interessiert ist, die Krise zu lösen", fügte er hinzu. Alle Pläne des Westens würden hingegen nur das Gegenteil bewirken. Der Chef des Nationalen Sicherheitsrats, Nikolai Patruschew, sagte der Nachrichtenagentur Tass, Russland werde auch im Falle von Waffenlieferungen an einer diplomatischen Lösung festhalten. Auf die Frage nach einer russischen Reaktion darauf erklärte er: "Wir werden diplomatisch handeln." ..." (Der Standard online, 10.2.15)
• Raketen auf Armeehauptquartier – Gegenangriff bei Mariupol
"Einen Tag vor dem geplanten Ukraine-Gipfel in Minsk haben die Konfliktparteien im Osten des Landes weiter heftig gekämpft. Die Regierung in Kiew warf den Separatisten vor, am Dienstag bei einem Angriff mit russischen Raketen auf das Armeehauptquartier in Kramatorsk sechs Menschen getötet zu haben. Die Kommandozentrale liegt 70 Kilometer nördlich der Rebellenhochburg Donezk und der Frontlinie und galt eher als sicher.
Mehrere Raketen des russischen Raketenwerfersystems Tornado hätten die Kommandozentrale in Kramatorsk getroffen, sagte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko bei einer Parlamentssitzung in Kiew. Laut der Polizei wurden in angrenzenden Wohngebieten mindestens sechs Menschen getötet und 21 weitere verletzt. Nach Armeeangaben wurden die Raketen aus Gorliwka abgefeuert. Die Rebellen wiesen die Verantwortung zurück und sprachen von einer "Provokation". ...
Auch rund um die strategisch wichtige Stadt Mariupol verschieben sich die Frontlinien. Die Nationalgarde sei in der Nähe der strategisch wichtigen Hafenstadt im Südosten der Ukraine auf dem Vormarsch, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax am Dienstag den nationalen Sicherheitsrat in Kiew. Ukrainische Soldaten hätten nahe Mariupol bereits die Linien der Gegner durchbrochen, erklärte der Sicherheitsrat weiter. Die Hafenstadt liegt zwischen der russischen Grenze und der von Russland im März annektierten Halbinsel Krim. ..." (Die Presse online, 10.2.15)
• Obama und Merkel erhöhen gemeinsam Druck auf Putin
"Irgendwann hört man auf mitzuzählen, wie oft Barack Obama und Angela Merkel Vokabeln wechselseitiger Solidarität verwenden. Worte wie Einheit, feste Allianz, verstärkte Einigkeit. Der amerikanische Präsident und die deutsche Kanzlerin – unter den Kronleuchtern, vor den samtschweren Vorhängen im East Room, dem Prunksaal des Weißen Hauses, zelebrieren sie den Schulterschluss, so demonstrativ wie lange nicht. Vor dem Vierertreffen in Minsk, dem nächsten Anlauf, die Krise in der Ukraine diplomatisch zu entschärfen, wollen sie vor allem eines signalisieren: Falls Wladimir Putin darauf hofft, Amerikaner und Europäer auseinanderdividieren zu können, dann ist das mit diesen beiden, mit Obama und Merkel, nicht zu machen.
Auf die Frage, was wird, wenn Minsk scheitert, falls Putin stur bleibt und Washington beginnen sollte, Waffen an die Ukraine zu liefern, klingen sie fast wie Partner einer Regierungskoalition. Der Präsident und seine Außenministerin, könnte man sagen. Noch habe er nichts entschieden in Sachen Waffen, das wolle er hier betonen, sagt Obama. Aber falls der diplomatische Versuch diese Woche fehlschlage, dann stehe eines für ihn außer Zweifel: "Es wird weiter eine starke, einheitliche Antwort der USA und Europas geben". Wovon man in jedem Fall ausgehen könne, greift Merkel den Satz auf, sei dies: "dass die Allianz zwischen den Vereinigten Staaten und Europa weiter da sein wird".
Der Amerikaner lobt die Deutsche für ihre strategische Geduld, was nebenbei klingt, als wollte er den republikanischen Hitzköpfen um John McCain zurufen, sie sollten sich ein Vorbild an der nervenstarken Lady aus Germany nehmen, statt in jedem Problem einen Nagel zu sehen und zum Hammer zu greifen. ...
"Angela hat Recht", pflichtet Obama bei, es gebe nie Garantien, dass dieser oder jener Ansatz funktioniere. Im Übrigen gelte für ihn, etwa, wenn er über Waffenlieferungen für die Ukraine nachdenke, immer nur ein Kriterium: Ob die jeweilige Maßnahme eher effizient oder eher ineffizient sei. Zwei Feinmechaniker der Weltpolitik, keine Haudegen, keine schnellen Entscheider wie einst George W. Bush, sondern Realpolitiker ohne Flausen im Kopf: So ließe sich zusammenfassen, was der Präsident über sich und die Kanzlerin sagt.
Konkret wird er nicht. Die Frage, ob er der ukrainischen Armee Defensivwaffen liefert, wie es nicht nur etliche Republikaner empfehlen, sondern auch sein designierter Verteidigungsminister, lässt er unbeantwortet. Klar ist, dass Obama abwartet, bis in Minsk die Würfel fallen. Und dass er im Stillen wohl damit rechnet, dass auch dieser Versuch des Dialogs mit Putin nicht mit einem Durchbruch und womöglich sogar mit einem Fiasko endet. Sicher gebe es taktische Differenzen zwischen Amerikanern und Europäern, räumt er in einem Nebensatz ein. ..." (Der Standard online, 10.2.15)
• CNN macht aus Kiewer Truppen "Pro-US-Truppen"
"Der Fernsehsender CNN hat die ukrainischen Truppen als „proamerikanisch“ (pro-U.S. troops) bezeichnet. Dies geschah während einer Nachrichtensendung, in der Präsident Barack Obama zitiert wurde, der Waffenlieferungen an Kiew nicht ausschloss.
Fotos und Screenshots, auf denen die Laufschrift mit den Worten „Krise in der Ukraine: Obama erwägt Waffenlieferungen auf proamerikanische Truppen“ zu sehen ist, verbreitete sich schnell über soziale Netzwerke. Auf der Webseite des Senders war allerdings diese Formulierung nicht zu finden. Etwaige Kommentare zu dem Vorfall blieben aus.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die ukrainische Armee kürzlich als eine „Nato-Legion“ bezeichnet. „Dort kämpfen in der Tat zum Teil offizielle Einheiten der Streitkräfte, zu einem bedeutenden Anteil sind es aber die sogenannten freiwilligen nationalistischen Bataillone“, so der russische Staatschef. ..." (Sputnik, 10.2.15)
Screenshots von dem "freudschen" CNN-Fehltritt sind u.a. bei der Propagandaschau zu sehen oder auch hier:
• Kiewer Truppen unter Druck"Kämpfer der ostukrainischen Volkswehren sind am Montag offenbar in die seit Wochen umkämpfte Stadt Debalzewo eingedrungen. Am Vormittag eroberten sie zunächst den östlich der Stadt liegenden wichtigen Rangierbahnhof und setzten ihren Vormarsch dann in die anliegenden Stadtbezirke fort. Die ukrainische Seite bestätigte die Meldungen bisher nicht, berichtete aber über pausenlosen Beschuss der aus dem Frontbogen von Debalzewo herausführenden Straße in Richtung Artjomowsk. Die Straße soll nach Angaben der Aufständischen inzwischen unter ihrer Kontrolle sein. Sie war die einzige Versorgungsader für die 8.000 bis 10.000 ukrainischen Soldaten in Debalzewo. Allerdings hatten die Volkswehren schon mehrfach gemeldet, diese Straße »praktisch« zu kontrollieren.
Die Eroberung von Debalzewo und die Schließung des Kessels wäre für die Aufständischen ein wichtiger militärischer Erfolg, denn die Stadt liegt auf der direkten Straßen- und Bahnverbindung zwischen Donezk und Lugansk. Für die Ukraine wäre ihr Verlust aus demselben Grund nicht nur ein strategischer Rückschlag, sondern vor allem eine propagandistische Niederlage. Kiew hatte die weitgehend zerstörte Stadt zuletzt zu »unserem Stalingrad« überhöht.
Dass die Aufständischen vor den für Mittwoch geplanten Verhandlungen in Minsk den Druck auf Kiew erhöhen und noch maximale Geländegewinne machen wollen, liegt daran, dass Russland als Vorbereitung für einen Frieden darauf besteht, die Veränderungen der Frontlinie aufgrund der jüngsten Kämpfe als Grundlage weiterer Verhandlungen zu nehmen. ...
Die ukrainische Seite setzte den Beschuss von Donezk und Umgebung über das Wochenende fort. Nach Angaben der Stadtverwaltung starben fünf Menschen, und über 50 wurden bei verschiedenen Einschlägen verletzt. Opfer habe es auch in Dokutschajiwsk und Gorliwka gegeben. Fünf Eisenbahner kamen unter Beschuss, als sie im ukrainischen Hinterland eine Stromleitung reparieren wollten." (junge Welt, 10.2.15)
• Milliardenschäden für EU durch Sanktionen
"Die EU wird durch ihre Sanktionen gegen Russland im Ukraine-Konflikt nach spanischen Angaben wirtschaftlich hart getroffen. »Die EU hat bisher 21 Milliarden Euro verloren«, sagte der spanische Außenminister José Manuel García Margallo am Montag beim Treffen mit seinen Kollegen in Brüssel. Die EU-Wirtschafts- und Finanzsanktionen betreffen insbesondere den Banken-, Energie- und Rüstungsbereich. Im Gegenzug hat Russland einen Einfuhrstopp für EU-Agrarprodukte verhängt." (Neues Deutschland, 10.2.15)
• Kiew zieht Grenze zur Ostukraine
"Als seien Entscheidungen über eine Abtrennung ostukrainischer Regionen bereits gefallen, kündigte Kiew für diesen Dienstag die Einführung eines Grenzregimes an. Dies soll in jenen Städten und Gebieten wirksam werden, die an der Zone der »Anti-Terror-Operation« sowie der von Russland übernommenen Halbinsel Krim liegen. Als Grund wurde die »nationale Sicherheit« angeführt. ..." (Neues Deutschland, 10.2.15, S. 1)
• Russische Skepsis zu Gipfel-Aussichten
"Noch ist der Vierer-Gipfel im Normandie-Format, den Russland, die Ukraine, Deutschland und Frankreich für Mittwoch im weißrussischen Minsk anpeilen, mit vielen Unsicherheitsfaktoren behaftet. Russische Leitartikler haben Zweifel, ob es der heutigen Dienstagsrunde mit Vertretern der OSZE, Russlands, der Ukraine und der Separatisten gelingt, strittige Probleme zu lösen.
Problematisch, so die Wirtschaftszeitung »Wedomosti«, seien vor allem die entmilitarisierte Zone mit einer Tiefe von 50 bis 70 Kilometern und der Verlauf der so genannten Kontroll-Linie, die Kiew bisher nicht akzeptiert. Sie würde die jüngsten Gebietsgewinne der Separatisten fixieren.
Moskau fürchtet zudem, Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich bislang strikt gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen hat, könnte beim Besuch in Washington »umfallen«. Die USA, so Russlands Präsident Wladimir Putin am Wochenende in seiner Schwarzmeer-Residenz Sotschi, würden ihren Verbündeten nur gestatten, was sie selbst für richtig halten.
Dazu kommt aus Sicht von Experten Druck osteuropäischer NATO-Mitglieder, die auf Härte gegenüber Russland pochen. ...
Bewegung in Putins Haltung nach dem Treffen mit Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande am Freitag sieht »Wedomosti«. Er sei bereit, wieder auf Basis des Minsker Abkommens zu verhandeln und habe auch seine Strategie geändert. Vor dem Treffen, so das Blatt unter Berufung auf einen ukrainischen Verhandlungsteilnehmer mit heißem Draht zum ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, sei Moskaus Verhandlungsziel ein Einfrieren des Konflikts wie in Transnistrien - Moldawiens vorwiegend von Russen bewohnter Region - gewesen. Inzwischen favorisiere der Kreml für die Ostukraine eine Lösung wie bei der Befriedung Tschetscheniens. Danach erkauft sich Kiew die Loyalität der »Volksrepubliken« mit größtmöglicher Autonomie und milliardenschweren - vornehmlich über westliche Kredite finanzierte - Aufbauhilfen. Die Regionen werden eine Pufferzone zu Russland. Das bringe minimale Gesichtsverluste für alle Beteiligten. ..." (Neues Deutschland, 10.2.15, S. 6)
• Hilft Merkel Obama?
"... Vor allem aber wollte die Bundeskanzlerin Barack Obama natürlich die deutsch-französische Friedensinitiative für die Ukraine erläutern. Als sie mit Präsident François Hollande in Moskau verhandelte, hatte der Nachrichtensender CNN die Schlagzeile gewählt: »USA bei direktem Treffen mit Putin ausgeschlossen.«
Dass Merkel jetzt im Blair House in der Pennsylvania Avenue Northwest gleich neben dem Weißen Haus übernachten durfte, werteten manche Beobachter schon als Wertschätzung und Anerkennung des US-Präsidenten. Ob diese jedoch soweit reicht, um ihren Kurs in der Ukraine-Krise uneingeschränkt zu unterstützen, blieb in Washington umstritten. Merkel hatte vor ihrer Reise noch einmal Berlins striktes Nein zu Waffenlieferungen an Kiew bekräftigt. Das »Wall Street Journal« wusste aber auch zu berichten, dass sie Putin mit neuen Sanktionen gedroht habe, sollte er nicht bis Mittwoch dem jüngsten Vorschlag für eine Friedenslösung zustimmen. »Niemand hat je mit dem Präsidenten im Ton eines Ultimatums geredet oder kann mit ihm so reden«, konterte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag im russischen Radio. ...
Dafür befleißigten sich US-Senatoren wie John McCain, Chef im Streitkräfteausschuss, eines geradezu unverschämten Tons gegenüber einer angeblich doch befreundeten Regierungschefin, um deren Ukraine-Politik im Heimatland öffentlich zu kritisieren - selbst wenn sie dabei vor allem den eigenen Präsidenten in seiner vermeintlich schwächelnden Selbstbeschränkung gegenüber dem alten und neuen Erzfeind Russland treffen wollten. ...
Doch ist das Lager jener im Washingtoner Kongress, Außenministerium und im Pentagon zuletzt immer größer geworden, die Kiew zumindest mit sogenannten Defensivwaffen versorgen wollen. Darunter keineswegs nur Republikaner. Und NATO-Oberbefehlshaber Philipp Breedlove sinnierte sogar über Raketen und Drohnen, die die ukrainische Armee gar nicht bedienen kann - weshalb logischerweise auch US-Berater und -Training notwendig seien. Je erfolgreicher Merkels diplomatische Bemühungen, um so länger kann Obama solchem innenpolitischen Druck widerstehen." (Neues Deutschland, 10.2.15)
• Steinmeier hält europäische Waffenlieferungen für möglich, wenn Gespräche scheitern
"Im Falle des Scheiterns der neuen Friedensinitiative für die Ukraine erwartet der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier eine weitere Verschärfung des Konflikts und der Diskussion über Waffenlieferungen. „Allen ist natürlich klar: Wenn die aktuellen Bemühungen keinen Erfolg haben, dann wird der Konflikt militärisch in eine nächste Stufe eskalieren“, sagte Steinmeier am Montag am Rande von Gesprächen mit den Außenministern der EU-Staaten in Brüssel. „Dann wird sicherlich auch hier in Europa die Frage von Waffenlieferungen diskutiert werden.“
Steinmeier betonte, dass mit Hochdruck daran gearbeitet werde, dass am Mittwoch das geplante Gipfeltreffen zwischen Deutschland, Frankreich, der Ukraine und Russland im weißrussischen Minsk zustandekomme. „Ich hoffe, dass die offenen Punkte nach und nach gelöst werden können“, sagte er. „Ich kann nur versprechen, dass wir alles dafür tun, dass das von vielen erhoffte Gespräch, das Spitzengespräch in Minsk, tatsächlich stattfindet und uns voranbringt bei der Entschärfung des Konflikts.“ ..." (FAZ online, 9.2.15)
• Putin fordert direkte Gespräche Kiews mit den Aufständischen
"... In einem Gespräch mit der ägyptischen Zeitung „Al Ahram“ legte Putin dar, dass Russland bereit sei, aktiv an einem Friedensprozess mitzuwirken. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Konfliktparteien direkt miteinander redeten. ...
Putin forderte außerdem, es müsse eine sofortige Waffenruhe geben und Kiew solle sofort alle militärischen Aktionen gegen Luhansk und Donezk, die in Wirklichkeit Strafaktionen seien, einstellen. Außerdem dürfe es keinen wirtschaftlichen Druck mehr auf den Donbass geben.
Außerdem machte Putin in dem Interview, das anlässlich seines Besuchs in Ägypten geführt wurde, nochmals klar, wer seiner Meinung nach für den Krieg in der Ukraine die Verantwortung trägt: der Westen. Dieser habe Zusagen nicht eingehalten, sich nach dem Kalten Krieg nicht auf ehemaliges Gebiet der Sowjetunion auszudehnen. Russische Interessen seien wiederholt ignoriert worden. Der eigentliche Anlass für den Krieg sei dann die Unterstützung des Westens für den „Staatsstreich in Kiew“ im vergangenen Februar gewesen. ..." (FAZ online, 9.2.15)
• Albright: Die Russen provozieren
Spiegel online hat am 8.2.15 ein Interview mit der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright veröffentlicht:
"SPIEGEL ONLINE: Madam Secretary, wie nahe befinden wir uns an einem neuen Krieg inmitten Europas?
Albright: Ich hoffe, dass es nicht dazu kommt. Europa hat im 20. Jahrhundert unter der blutigsten Phase der Geschichte gelitten. Es muss einen Weg geben, dass es zwischen Staaten dabei bleibt, dass internationale Vereinbarungen wie das Helsinki-Abkommen eingehalten werden und dass das, was die Russen getan haben, inakzeptabel ist.
SPIEGEL ONLINE: Sollte die US-Regierung schwere, tödliche Waffen an die ukrainische Regierung liefern?
Albright: Ja, dafür trete ich öffentlich ein. Die Ukrainer werden angegriffen und haben ein Recht, sich zu verteidigen. Die Nato hat öffentlich nachgewiesen, dass russische Waffen eingesetzt werden, die Russen sind erkennbar stark engagiert. Die Ukraine hat eine leidvolle Geschichte hinter sich, ich war erst im vergangenen Jahr zu den Wahlen dort und bin auch auf dem Maidan gewesen. Dort sind Menschen für ihr freies und unabhängiges Land gestorben. Niemand wünscht sich einen Krieg, aber wenn jemand von außen angegriffen wird, hat er das Recht, sich zu verteidigen.
SPIEGEL ONLINE: An welche Waffen denken Sie?
Albright: Panzerbrechende Waffen zum Beispiel. Waffen, die gegen diejenigen Waffen wirken, die aus Russland kommen.
SPIEGEL ONLINE: Aber würde das nicht einen neuen Zyklus der Eskalation auslösen? Wie würden die Russen reagieren?
Albright: Das weiß ich nicht, sie handeln jedenfalls nicht sehr verantwortungsvoll. Aber ich teile die Fragestellung nicht. Wenn jemand sagt, dass man die Russen nicht provozieren soll, entgegne ich: Es sind doch die Russen, die provozieren! Sie sind diejenigen, die das alles begonnen haben. ..."
• "Putin hat die Krise nicht geschaffen"
Einen interessanten Überblick über zwei Vorträge des Politikerwissenschaftlers John Mearsheimer und des Friedensaktivisten Rick Rozoff zur Lage in der Ukraine sowie die Diskussion zwischen beiden am 10.1.15 in Evanston, Illinois, gibt ein Beitrag vom Kim Scipes im Onlinemagazin Common Dreams vom 6.2.15.
Mearsheimer analysierte danach die „grundlegend falsche“ Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Russland und den USA. Die russisch-amerikanischen Beziehungen seien bis zum Staatsstreich am 22.2.14 in Kiew in Ordnung gewesen. Bis dahin hätte z.B. der damalige US-Botschafter in Moskau Richard Faul „keinen Grund, Russland einzudämmen“, gesehen und betont, dass die USA Wladimir Putin nicht als „Aggressor“ sehen. Doch dem Putsch seien die Abspaltung der Krim und der Krieg in der Ostukraine gefolgt. Laut Mearsheimer geben die USA Putin alle Schuld dafür und würden „wie Kinder handeln, die nie verstehen, was sie falsch gemacht haben". Russland habe klar gemacht, dass die Ukraine „ein strategischer Kernbereich“ sei. „Mit anderen Worten, sie werden es mit allen Mitteln verteidigen: ihre Antwort auf Krise in der Ukraine ist ähnlich dem, was die USA tun würde, wenn ein nuklear bewaffneter ‚Gegner‘ versuchen würde, Kanada oder Mexiko zu übernehmen.“ Der Politikwissenschaftler habe darauf hingewiesen, dass die NATO versuchte, sich auszudehnen, die EU ebenfalls, und dass die USA versuchen, in der Ukraine und Georgien „die Demokratie zu fördern“. Das bedeute im Grunde, dass die Westmächte direkt an die Grenze zu Russland heranrücken, indem die Ukraine und Georgien in die NATO und die EU einbezogen werden.
Mearsheimer hat dem Beitrag zu Folge die russische Reaktion als „sehr verständlich“ beschrieben. Russland habe deutlich gemacht, dass es die Situation „kategorisch nicht akzeptabel“ sei. Putin und die Russen würden der Ukraine nicht erlauben, der NATO beizutreten, da sie diese als existenzielle Bedrohung ansehen. Deshalb hätten sie die Krim „genommen“ und die Unruhen in der Ostukraine befördert. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass Russland in der Ukraine einmarschieren wolle, habe Mearsheimer betont. Dazu sei es auch gar nicht in der Lage. Er habe eine „einfache Lösung der Krise“ beschrieben: Die Ukraine tritt nicht der EU und der NATO bei und bleibt ein neutrales Land. Putin habe keinen Kampf gewollt und bis Ende 2013 kein Problem mit der Ukraine gehabt. Mearsheimers Fazit: „Putin did not create the crisis.“ Putin hat die Krise nicht geschaffen. Die US-Regierung handele „extrem törricht“, indem sie die Ukrainer im Konflikt mit Russland unterstütze. Das erhöhe die Kriegsgefahr.
Der Friedensaktivist Rick Rozoff hat dem Beitrag nach klar gemacht, dass die NATO-Erweiterung nach dem Ende des Kalten Krieges 1990 sehr aggressiv in Richtung Russland erfolgt sei, bis zum Angebot 2008 an die Ukraine und Georgien, beizutreten. Rozoff wies auch daraufhin, dass die NATO zugleich seit 1990 in mehreren Kriegen aktiv war: In den jugoslawischen Kriegen 1994-1995 und dann gegen Jugoslawien 1999, seit 2001 in Afghanistan, als Unterstützung im Irak seit 2004, vor der Küste Somalias und 2011 in Libyen. Außerdem habe es mehrere große Übungen nahe der russischen Grenzen gegeben. Für Rozoff sei dieses aggressive Verhalten gegenüber Russland, bis hin zur Entwicklung in der Ukraine, der Grund, warum Russland die NATO trotz deren gegenteiligen Worte als Bedrohung ansehe. Die NATO als „größte Bedrohung für den Weltfrieden“ müsse aufgelöst werden.
In der Diskussion hat dem Bericht zu Folge u.a. Mearsheimer die wirtschaftlichen Interessen der USA an der Ukraine bestätigt, aber es sei nicht notwendig, die Ukraine von Russland weg zu ziehen.
→ hier geht's zu Folge 140
→ alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen
→ die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine
Die österreichische Zeitung Der Standard hat am 10.2.15 in ihrer Onlineausgabe eine Kurzreportage von Nina Jeglinski aus Kiew veröffentlicht:
"Die Szenen wiederholen sich in diesen Tagen auf dem Kiewer Hauptbahnhof. Um 11.30 Uhr fährt Zug Nummer 334 aus Kostjantiniwka ein - doch seit Tagen bringt dieser Zug ausschließlich Flüchtlinge aus den umkämpften Regionen Donezk und Lugansk. An diesem sonnigen, aber bitterkalten Februartag sind 239 Menschen an Bord. Viele von ihnen sind alte Leute, einige auf Rollstühle und Gehhilfen angewiesen.
Anatoli Kornejew, Psychologe beim Innenministerium, koordiniert mit hunderten Mitarbeitern die Ankunft der Flüchtlinge: "Wir nehmenk die Personalien auf, wer Hilfe braucht, erhält medizinische oder psychologische Unterstützung. Auch für die Wohnungssuche oder einen Teller warmer Suppe sind wir hier verantwortlich."
Allein seit vergangenem Freitag sind hier fast 2000 Menschen angekommen. Doch nicht nur in Kiew, auch in fünf anderen Großstädten der Zentral- und Westukraine kommen täglich Flüchtlinge mit solchen Zügen an. ...
In den vergangenen Tagen bringen die Behörden verstärkt Menschen in die Region Kiew oder in weiter westlich gelegene Gebiete. In Charkiw oder Dnipropetrowsk, Städten, die viel dichter an der Kriegszone liegen, seien die Kapazitäten erschöpft, heißt es aus dem Innenministerium.
Es mag aber noch einen anderen Grund geben. Niemand kann sagen, ob neben Donezk und Lugansk nicht bald weitere ostukrainische Regionen in den Krieg hineingezogen werden. In der Zentral- und Westukraine sind viele Sanatorien und Ferienheime als Auffangsstationen für Flüchtlinge vorbereitet worden."
• Moskau: Westen destabilisiert Ukraine weiter
"Einen Tag vor dem geplanten Ukraine-Krisengipfel hat die Führung in Moskau die vom Westen gegen sie erwogenen Schritte heftig kritisiert. Waffenlieferungen an die ukrainische Armee oder zusätzliche Sanktionen zielten allein darauf ab, die Situation in der Ukraine weiter zu destabilisieren, sagte der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, am Dienstag der Nachrichtenagentur RIA.
"Russland ist ein Land, das ernsthaft daran interessiert ist, die Krise zu lösen", fügte er hinzu. Alle Pläne des Westens würden hingegen nur das Gegenteil bewirken. Der Chef des Nationalen Sicherheitsrats, Nikolai Patruschew, sagte der Nachrichtenagentur Tass, Russland werde auch im Falle von Waffenlieferungen an einer diplomatischen Lösung festhalten. Auf die Frage nach einer russischen Reaktion darauf erklärte er: "Wir werden diplomatisch handeln." ..." (Der Standard online, 10.2.15)
• Raketen auf Armeehauptquartier – Gegenangriff bei Mariupol
"Einen Tag vor dem geplanten Ukraine-Gipfel in Minsk haben die Konfliktparteien im Osten des Landes weiter heftig gekämpft. Die Regierung in Kiew warf den Separatisten vor, am Dienstag bei einem Angriff mit russischen Raketen auf das Armeehauptquartier in Kramatorsk sechs Menschen getötet zu haben. Die Kommandozentrale liegt 70 Kilometer nördlich der Rebellenhochburg Donezk und der Frontlinie und galt eher als sicher.
Mehrere Raketen des russischen Raketenwerfersystems Tornado hätten die Kommandozentrale in Kramatorsk getroffen, sagte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko bei einer Parlamentssitzung in Kiew. Laut der Polizei wurden in angrenzenden Wohngebieten mindestens sechs Menschen getötet und 21 weitere verletzt. Nach Armeeangaben wurden die Raketen aus Gorliwka abgefeuert. Die Rebellen wiesen die Verantwortung zurück und sprachen von einer "Provokation". ...
Auch rund um die strategisch wichtige Stadt Mariupol verschieben sich die Frontlinien. Die Nationalgarde sei in der Nähe der strategisch wichtigen Hafenstadt im Südosten der Ukraine auf dem Vormarsch, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax am Dienstag den nationalen Sicherheitsrat in Kiew. Ukrainische Soldaten hätten nahe Mariupol bereits die Linien der Gegner durchbrochen, erklärte der Sicherheitsrat weiter. Die Hafenstadt liegt zwischen der russischen Grenze und der von Russland im März annektierten Halbinsel Krim. ..." (Die Presse online, 10.2.15)
• Obama und Merkel erhöhen gemeinsam Druck auf Putin
"Irgendwann hört man auf mitzuzählen, wie oft Barack Obama und Angela Merkel Vokabeln wechselseitiger Solidarität verwenden. Worte wie Einheit, feste Allianz, verstärkte Einigkeit. Der amerikanische Präsident und die deutsche Kanzlerin – unter den Kronleuchtern, vor den samtschweren Vorhängen im East Room, dem Prunksaal des Weißen Hauses, zelebrieren sie den Schulterschluss, so demonstrativ wie lange nicht. Vor dem Vierertreffen in Minsk, dem nächsten Anlauf, die Krise in der Ukraine diplomatisch zu entschärfen, wollen sie vor allem eines signalisieren: Falls Wladimir Putin darauf hofft, Amerikaner und Europäer auseinanderdividieren zu können, dann ist das mit diesen beiden, mit Obama und Merkel, nicht zu machen.
Auf die Frage, was wird, wenn Minsk scheitert, falls Putin stur bleibt und Washington beginnen sollte, Waffen an die Ukraine zu liefern, klingen sie fast wie Partner einer Regierungskoalition. Der Präsident und seine Außenministerin, könnte man sagen. Noch habe er nichts entschieden in Sachen Waffen, das wolle er hier betonen, sagt Obama. Aber falls der diplomatische Versuch diese Woche fehlschlage, dann stehe eines für ihn außer Zweifel: "Es wird weiter eine starke, einheitliche Antwort der USA und Europas geben". Wovon man in jedem Fall ausgehen könne, greift Merkel den Satz auf, sei dies: "dass die Allianz zwischen den Vereinigten Staaten und Europa weiter da sein wird".
Der Amerikaner lobt die Deutsche für ihre strategische Geduld, was nebenbei klingt, als wollte er den republikanischen Hitzköpfen um John McCain zurufen, sie sollten sich ein Vorbild an der nervenstarken Lady aus Germany nehmen, statt in jedem Problem einen Nagel zu sehen und zum Hammer zu greifen. ...
"Angela hat Recht", pflichtet Obama bei, es gebe nie Garantien, dass dieser oder jener Ansatz funktioniere. Im Übrigen gelte für ihn, etwa, wenn er über Waffenlieferungen für die Ukraine nachdenke, immer nur ein Kriterium: Ob die jeweilige Maßnahme eher effizient oder eher ineffizient sei. Zwei Feinmechaniker der Weltpolitik, keine Haudegen, keine schnellen Entscheider wie einst George W. Bush, sondern Realpolitiker ohne Flausen im Kopf: So ließe sich zusammenfassen, was der Präsident über sich und die Kanzlerin sagt.
Konkret wird er nicht. Die Frage, ob er der ukrainischen Armee Defensivwaffen liefert, wie es nicht nur etliche Republikaner empfehlen, sondern auch sein designierter Verteidigungsminister, lässt er unbeantwortet. Klar ist, dass Obama abwartet, bis in Minsk die Würfel fallen. Und dass er im Stillen wohl damit rechnet, dass auch dieser Versuch des Dialogs mit Putin nicht mit einem Durchbruch und womöglich sogar mit einem Fiasko endet. Sicher gebe es taktische Differenzen zwischen Amerikanern und Europäern, räumt er in einem Nebensatz ein. ..." (Der Standard online, 10.2.15)
• CNN macht aus Kiewer Truppen "Pro-US-Truppen"
"Der Fernsehsender CNN hat die ukrainischen Truppen als „proamerikanisch“ (pro-U.S. troops) bezeichnet. Dies geschah während einer Nachrichtensendung, in der Präsident Barack Obama zitiert wurde, der Waffenlieferungen an Kiew nicht ausschloss.
Fotos und Screenshots, auf denen die Laufschrift mit den Worten „Krise in der Ukraine: Obama erwägt Waffenlieferungen auf proamerikanische Truppen“ zu sehen ist, verbreitete sich schnell über soziale Netzwerke. Auf der Webseite des Senders war allerdings diese Formulierung nicht zu finden. Etwaige Kommentare zu dem Vorfall blieben aus.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die ukrainische Armee kürzlich als eine „Nato-Legion“ bezeichnet. „Dort kämpfen in der Tat zum Teil offizielle Einheiten der Streitkräfte, zu einem bedeutenden Anteil sind es aber die sogenannten freiwilligen nationalistischen Bataillone“, so der russische Staatschef. ..." (Sputnik, 10.2.15)
Screenshots von dem "freudschen" CNN-Fehltritt sind u.a. bei der Propagandaschau zu sehen oder auch hier:
• Kiewer Truppen unter Druck"Kämpfer der ostukrainischen Volkswehren sind am Montag offenbar in die seit Wochen umkämpfte Stadt Debalzewo eingedrungen. Am Vormittag eroberten sie zunächst den östlich der Stadt liegenden wichtigen Rangierbahnhof und setzten ihren Vormarsch dann in die anliegenden Stadtbezirke fort. Die ukrainische Seite bestätigte die Meldungen bisher nicht, berichtete aber über pausenlosen Beschuss der aus dem Frontbogen von Debalzewo herausführenden Straße in Richtung Artjomowsk. Die Straße soll nach Angaben der Aufständischen inzwischen unter ihrer Kontrolle sein. Sie war die einzige Versorgungsader für die 8.000 bis 10.000 ukrainischen Soldaten in Debalzewo. Allerdings hatten die Volkswehren schon mehrfach gemeldet, diese Straße »praktisch« zu kontrollieren.
Die Eroberung von Debalzewo und die Schließung des Kessels wäre für die Aufständischen ein wichtiger militärischer Erfolg, denn die Stadt liegt auf der direkten Straßen- und Bahnverbindung zwischen Donezk und Lugansk. Für die Ukraine wäre ihr Verlust aus demselben Grund nicht nur ein strategischer Rückschlag, sondern vor allem eine propagandistische Niederlage. Kiew hatte die weitgehend zerstörte Stadt zuletzt zu »unserem Stalingrad« überhöht.
Dass die Aufständischen vor den für Mittwoch geplanten Verhandlungen in Minsk den Druck auf Kiew erhöhen und noch maximale Geländegewinne machen wollen, liegt daran, dass Russland als Vorbereitung für einen Frieden darauf besteht, die Veränderungen der Frontlinie aufgrund der jüngsten Kämpfe als Grundlage weiterer Verhandlungen zu nehmen. ...
Die ukrainische Seite setzte den Beschuss von Donezk und Umgebung über das Wochenende fort. Nach Angaben der Stadtverwaltung starben fünf Menschen, und über 50 wurden bei verschiedenen Einschlägen verletzt. Opfer habe es auch in Dokutschajiwsk und Gorliwka gegeben. Fünf Eisenbahner kamen unter Beschuss, als sie im ukrainischen Hinterland eine Stromleitung reparieren wollten." (junge Welt, 10.2.15)
• Milliardenschäden für EU durch Sanktionen
"Die EU wird durch ihre Sanktionen gegen Russland im Ukraine-Konflikt nach spanischen Angaben wirtschaftlich hart getroffen. »Die EU hat bisher 21 Milliarden Euro verloren«, sagte der spanische Außenminister José Manuel García Margallo am Montag beim Treffen mit seinen Kollegen in Brüssel. Die EU-Wirtschafts- und Finanzsanktionen betreffen insbesondere den Banken-, Energie- und Rüstungsbereich. Im Gegenzug hat Russland einen Einfuhrstopp für EU-Agrarprodukte verhängt." (Neues Deutschland, 10.2.15)
• Kiew zieht Grenze zur Ostukraine
"Als seien Entscheidungen über eine Abtrennung ostukrainischer Regionen bereits gefallen, kündigte Kiew für diesen Dienstag die Einführung eines Grenzregimes an. Dies soll in jenen Städten und Gebieten wirksam werden, die an der Zone der »Anti-Terror-Operation« sowie der von Russland übernommenen Halbinsel Krim liegen. Als Grund wurde die »nationale Sicherheit« angeführt. ..." (Neues Deutschland, 10.2.15, S. 1)
• Russische Skepsis zu Gipfel-Aussichten
"Noch ist der Vierer-Gipfel im Normandie-Format, den Russland, die Ukraine, Deutschland und Frankreich für Mittwoch im weißrussischen Minsk anpeilen, mit vielen Unsicherheitsfaktoren behaftet. Russische Leitartikler haben Zweifel, ob es der heutigen Dienstagsrunde mit Vertretern der OSZE, Russlands, der Ukraine und der Separatisten gelingt, strittige Probleme zu lösen.
Problematisch, so die Wirtschaftszeitung »Wedomosti«, seien vor allem die entmilitarisierte Zone mit einer Tiefe von 50 bis 70 Kilometern und der Verlauf der so genannten Kontroll-Linie, die Kiew bisher nicht akzeptiert. Sie würde die jüngsten Gebietsgewinne der Separatisten fixieren.
Moskau fürchtet zudem, Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich bislang strikt gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen hat, könnte beim Besuch in Washington »umfallen«. Die USA, so Russlands Präsident Wladimir Putin am Wochenende in seiner Schwarzmeer-Residenz Sotschi, würden ihren Verbündeten nur gestatten, was sie selbst für richtig halten.
Dazu kommt aus Sicht von Experten Druck osteuropäischer NATO-Mitglieder, die auf Härte gegenüber Russland pochen. ...
Bewegung in Putins Haltung nach dem Treffen mit Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande am Freitag sieht »Wedomosti«. Er sei bereit, wieder auf Basis des Minsker Abkommens zu verhandeln und habe auch seine Strategie geändert. Vor dem Treffen, so das Blatt unter Berufung auf einen ukrainischen Verhandlungsteilnehmer mit heißem Draht zum ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, sei Moskaus Verhandlungsziel ein Einfrieren des Konflikts wie in Transnistrien - Moldawiens vorwiegend von Russen bewohnter Region - gewesen. Inzwischen favorisiere der Kreml für die Ostukraine eine Lösung wie bei der Befriedung Tschetscheniens. Danach erkauft sich Kiew die Loyalität der »Volksrepubliken« mit größtmöglicher Autonomie und milliardenschweren - vornehmlich über westliche Kredite finanzierte - Aufbauhilfen. Die Regionen werden eine Pufferzone zu Russland. Das bringe minimale Gesichtsverluste für alle Beteiligten. ..." (Neues Deutschland, 10.2.15, S. 6)
• Hilft Merkel Obama?
"... Vor allem aber wollte die Bundeskanzlerin Barack Obama natürlich die deutsch-französische Friedensinitiative für die Ukraine erläutern. Als sie mit Präsident François Hollande in Moskau verhandelte, hatte der Nachrichtensender CNN die Schlagzeile gewählt: »USA bei direktem Treffen mit Putin ausgeschlossen.«
Dass Merkel jetzt im Blair House in der Pennsylvania Avenue Northwest gleich neben dem Weißen Haus übernachten durfte, werteten manche Beobachter schon als Wertschätzung und Anerkennung des US-Präsidenten. Ob diese jedoch soweit reicht, um ihren Kurs in der Ukraine-Krise uneingeschränkt zu unterstützen, blieb in Washington umstritten. Merkel hatte vor ihrer Reise noch einmal Berlins striktes Nein zu Waffenlieferungen an Kiew bekräftigt. Das »Wall Street Journal« wusste aber auch zu berichten, dass sie Putin mit neuen Sanktionen gedroht habe, sollte er nicht bis Mittwoch dem jüngsten Vorschlag für eine Friedenslösung zustimmen. »Niemand hat je mit dem Präsidenten im Ton eines Ultimatums geredet oder kann mit ihm so reden«, konterte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag im russischen Radio. ...
Dafür befleißigten sich US-Senatoren wie John McCain, Chef im Streitkräfteausschuss, eines geradezu unverschämten Tons gegenüber einer angeblich doch befreundeten Regierungschefin, um deren Ukraine-Politik im Heimatland öffentlich zu kritisieren - selbst wenn sie dabei vor allem den eigenen Präsidenten in seiner vermeintlich schwächelnden Selbstbeschränkung gegenüber dem alten und neuen Erzfeind Russland treffen wollten. ...
Doch ist das Lager jener im Washingtoner Kongress, Außenministerium und im Pentagon zuletzt immer größer geworden, die Kiew zumindest mit sogenannten Defensivwaffen versorgen wollen. Darunter keineswegs nur Republikaner. Und NATO-Oberbefehlshaber Philipp Breedlove sinnierte sogar über Raketen und Drohnen, die die ukrainische Armee gar nicht bedienen kann - weshalb logischerweise auch US-Berater und -Training notwendig seien. Je erfolgreicher Merkels diplomatische Bemühungen, um so länger kann Obama solchem innenpolitischen Druck widerstehen." (Neues Deutschland, 10.2.15)
• Starker Druck aus den USA in Richtung Eskalation
"...
Den Politikern in den USA gefällt das deutsch-französische
diplomatische Vorgehen nicht; als "Moscow Bullshit" bezeichnete es
Victoria Nuland, zuständig für Europa und Eurasien im
US-Außenministerium und berühmt wegen ihres "Fuck EU" zur
US-Ukrainepolitik. Der Präsident der Vereinigten Staaten äußert sich da
weniger rüde im Ton; er wird vermuten, dass in Minsk sowieso kein
haltbares Abkommen zustande kommt, und außerdem weiß er selbst noch
nicht genau, wie eine "robuste" Unterstützung der Regierung in Kiew denn
in der Praxis ausgestaltet werden soll, in Zeiten "hybrider
Kriegsführung". Er selbst steht stark unter Druck im eigenen Lande; mehr
"Härte" gegenüber Russland wird von ihm verlangt.
Ganz deutlich hervorgetreten sind nun, trotz mancher beschwichtigenden Sprüche, die Interessenkonflikte zwischen den herrschenden Interessen in den USA und denen in führenden Staaten der EU, insbesondere der Bundesrepublik. Um den Gegensatz in geopolitischen Prinzipien geht es dabei nicht; pazifistische Neigungen lassen sich der deutschen und französischen Regierungspolitik nicht nachsagen (übrigens der russischen auch nicht). Aber, wie es die Geografie gefügt hat: Berlin und Paris liegen näher dran als Washington bei kriegerischen Ereignissen in der Ukraine und einem möglichen direkten militärischen Konflikt mit Russland. ...
Was immer in Minsk herauskommen mag, und wie nachhaltig ein Papier wirkt, das dort eventuell verfertigt wird - die Differenzen innerhalb des westlichen Bündnisses in Sachen Osteuropapolitik bleiben. Und die deutsche Bundeskanzlerin weiß jetzt, auch wenn sie es nicht ausspricht: Ganz selbstverständlich gehen die USA davon aus, dass sie es sind, die auf der "Atlantikbrücke" den politischen Verkehr regeln.
Apropos, damit Angela Merkel da keine Zweifel mehr hat, bekam sie jetzt in Washington noch einen kleinen Wink mit dem Zaunpfahl: Energischer müsse sie dafür wirken, dass die Bedenken gegen das TTIP-Projekt in der EU dahinschwinden." (Arno Klönne auf Telepolis, 9.2.15)
Auf Letzteres hat Merkel bereits reagiert: "Merkel: TTIP in unserem Interesse" teilte das Bundespresseamt am 7.2.15 mit. Die Kanzlerin erklärt es da via Podcast.
Ganz deutlich hervorgetreten sind nun, trotz mancher beschwichtigenden Sprüche, die Interessenkonflikte zwischen den herrschenden Interessen in den USA und denen in führenden Staaten der EU, insbesondere der Bundesrepublik. Um den Gegensatz in geopolitischen Prinzipien geht es dabei nicht; pazifistische Neigungen lassen sich der deutschen und französischen Regierungspolitik nicht nachsagen (übrigens der russischen auch nicht). Aber, wie es die Geografie gefügt hat: Berlin und Paris liegen näher dran als Washington bei kriegerischen Ereignissen in der Ukraine und einem möglichen direkten militärischen Konflikt mit Russland. ...
Was immer in Minsk herauskommen mag, und wie nachhaltig ein Papier wirkt, das dort eventuell verfertigt wird - die Differenzen innerhalb des westlichen Bündnisses in Sachen Osteuropapolitik bleiben. Und die deutsche Bundeskanzlerin weiß jetzt, auch wenn sie es nicht ausspricht: Ganz selbstverständlich gehen die USA davon aus, dass sie es sind, die auf der "Atlantikbrücke" den politischen Verkehr regeln.
Apropos, damit Angela Merkel da keine Zweifel mehr hat, bekam sie jetzt in Washington noch einen kleinen Wink mit dem Zaunpfahl: Energischer müsse sie dafür wirken, dass die Bedenken gegen das TTIP-Projekt in der EU dahinschwinden." (Arno Klönne auf Telepolis, 9.2.15)
Auf Letzteres hat Merkel bereits reagiert: "Merkel: TTIP in unserem Interesse" teilte das Bundespresseamt am 7.2.15 mit. Die Kanzlerin erklärt es da via Podcast.
• Treffen in Minsk als letzte Chance für friedliche Lösung?
"Bringt die "Mission impossible" von Merkel und Hollande (Mission impossible: Merkel und Hollande auf Friedensmission)
doch einen, zumindest zeitweiligen, Erfolg? Der russische Präsident
Putin ließ in seinen gestrigen Äußerungen erkennen, dass er einem
Treffen, wie es im letzten Jahr bereits in der Normandie stattgefunden
hat, zwischen Poroschenko, Hollande, Merkel und ihm - ohne amerikanische
Vertreter, dies ist das Kennzeichnende - eine "gewisse Aussicht" bemisst.
Es könnte zu einem solchen Treffen am kommenden Mittwoch in Minsk
kommen, wenn bis dahin Absprachen zu "intensiv diskutierten wichtigen
Punkten" verabredet werden.
Die Spannungen, die sich am Ukraine-Konflikt hochschrauben, wurden auf der Münchner Sicherheitskonferenz nicht heruntergefahren. Besucher sprachen von einem sehr gereiztem Klima ("Wie im Vorfeld des Irak-Kriegs", François Heisbourg, IISS- Präsident), das wenig Hoffnung für eine Deeskalation des Konflikts verbreitete; die jeweiligen Lager-Positionen sind festgefahren. Der französische Präsident sprach davon, dass die Minsker Gespräche eine letzte Chance wären, um einen Krieg zu verhindern. Sein Außenminister, Laurent Fabius, und sein Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian, bekräftigten in ihren Äußerungen, die von der russischen Nachrichtenagentur Tass wiedergegeben wurden: Eine militärische Lösung sei unmöglich.
Aber wie sehen die Vorschläge zur Deeskalierung aus? Konkret umrissene, spruchreife Vorschläge sind nicht bekannt. Nach bisherigen Informationen soll ein entmilitarisierte Gebiet im Osten eingerichtet werden, deren Demarkationslinie, den neuen Realitäten angepasst, ein größeres Gebiet der Separatisten umfassen als im September, als das Minsker Waffenstillstands-Abkommen ausgehandelt wurde.
Ist der Verlauf einer solchen Linie schon schwer zu verhandeln, so gibt es auch beim anderen neuralgischen Punkt, dem verwaltungstechnischen Status der Region im Osten der Ukraine, große Hindernisse, weil es hier um das bedeutungsschwere Konzept der Integrität der Ukaine geht. Bekanntlich weigert sich Kiew, auch nur mit den Separatisten, die man als Terroristen begreift, in direkte Verhandlungen zu treten. Autonomie ist nicht verhandelbar, so die bisher unverrückbare Position der Regierung.
Selbst wenn sich Poroschenko ... flexibler zeigt, bleibt noch immer die Frage, wie viel Deckung für entgegenkommende Zusagen in Fragen des Verlaufs einer "Demarkationslinie" oder eines besonderen Status der Regionen in der Ostukraine (Laurent Fabius) von Regierungskollegen in Kiew bekommt, zum Beispiel vom politischen Lager um den Ministerpräsidenten Jazenjuk. Zugeständnisse an die Separatisten werden als Schwächung der Zentralregierung interpretiert, gegen diese Vorwürfe wird sich Poroschenko schwer tun. Zumal Putin kaum Garantien geben wird. ...
Sein Einfluss über die Kommandeure der separatistischen Kampfeinheiten ist aber wahrscheinlich begrenzter, als dies in manchen Berichten dargestellt wird. Auch auf der Seite der ukrainischen Armee und ihren Verbündeten, der Nationalgarde und diverser Freikorps ist keine eindeutige Kontrolle gegeben. So stellt sich die Frage, wer den lokalen Kriegsverbänden, die wie ihre Geldgeber ganz eigene politische Agenden verfolgen, Einhalt gebieten kann, vor allem, wenn sich auf dem Kriegsschauplatz eindeutige Machtverhältnisse herstellen lassen. Scheitern die beiden europäischen Regierungschefs, so wird es kaum mehr Widerstand gegen amerikanische Lösungen geben." (Telepolis, 9.2.15)
Die Spannungen, die sich am Ukraine-Konflikt hochschrauben, wurden auf der Münchner Sicherheitskonferenz nicht heruntergefahren. Besucher sprachen von einem sehr gereiztem Klima ("Wie im Vorfeld des Irak-Kriegs", François Heisbourg, IISS- Präsident), das wenig Hoffnung für eine Deeskalation des Konflikts verbreitete; die jeweiligen Lager-Positionen sind festgefahren. Der französische Präsident sprach davon, dass die Minsker Gespräche eine letzte Chance wären, um einen Krieg zu verhindern. Sein Außenminister, Laurent Fabius, und sein Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian, bekräftigten in ihren Äußerungen, die von der russischen Nachrichtenagentur Tass wiedergegeben wurden: Eine militärische Lösung sei unmöglich.
Aber wie sehen die Vorschläge zur Deeskalierung aus? Konkret umrissene, spruchreife Vorschläge sind nicht bekannt. Nach bisherigen Informationen soll ein entmilitarisierte Gebiet im Osten eingerichtet werden, deren Demarkationslinie, den neuen Realitäten angepasst, ein größeres Gebiet der Separatisten umfassen als im September, als das Minsker Waffenstillstands-Abkommen ausgehandelt wurde.
Ist der Verlauf einer solchen Linie schon schwer zu verhandeln, so gibt es auch beim anderen neuralgischen Punkt, dem verwaltungstechnischen Status der Region im Osten der Ukraine, große Hindernisse, weil es hier um das bedeutungsschwere Konzept der Integrität der Ukaine geht. Bekanntlich weigert sich Kiew, auch nur mit den Separatisten, die man als Terroristen begreift, in direkte Verhandlungen zu treten. Autonomie ist nicht verhandelbar, so die bisher unverrückbare Position der Regierung.
Selbst wenn sich Poroschenko ... flexibler zeigt, bleibt noch immer die Frage, wie viel Deckung für entgegenkommende Zusagen in Fragen des Verlaufs einer "Demarkationslinie" oder eines besonderen Status der Regionen in der Ostukraine (Laurent Fabius) von Regierungskollegen in Kiew bekommt, zum Beispiel vom politischen Lager um den Ministerpräsidenten Jazenjuk. Zugeständnisse an die Separatisten werden als Schwächung der Zentralregierung interpretiert, gegen diese Vorwürfe wird sich Poroschenko schwer tun. Zumal Putin kaum Garantien geben wird. ...
Sein Einfluss über die Kommandeure der separatistischen Kampfeinheiten ist aber wahrscheinlich begrenzter, als dies in manchen Berichten dargestellt wird. Auch auf der Seite der ukrainischen Armee und ihren Verbündeten, der Nationalgarde und diverser Freikorps ist keine eindeutige Kontrolle gegeben. So stellt sich die Frage, wer den lokalen Kriegsverbänden, die wie ihre Geldgeber ganz eigene politische Agenden verfolgen, Einhalt gebieten kann, vor allem, wenn sich auf dem Kriegsschauplatz eindeutige Machtverhältnisse herstellen lassen. Scheitern die beiden europäischen Regierungschefs, so wird es kaum mehr Widerstand gegen amerikanische Lösungen geben." (Telepolis, 9.2.15)
• Diplomaten bereiten Minsker Gipfel vor
"Es
ist ein Treffen, das in aller Verschwiegenheit stattfinden wird. Man
werde mit Sicherheit keine "Wasserstandsmeldungen" aus den Gesprächen
der Beamten geben, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. In Berlin
sind hochrangige Diplomaten aus Russland, der Ukraine
und Frankreich eingetroffen. Sie sollen mit dem deutschen Top-Beamten
Markus Ederer die Details eines möglichen Ergebnisses verhandeln und ein
Papier entwerfen, das beide Seiten akzeptieren können. ...
Die Bundesregierung dämpft die Erwartungen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach in Brüssel von einem harten Stück Arbeit. Er hoffe aber, "dass die offenen Punkte wenigstens so weit geklärt werden können", dass das Minsker Treffen "wirklich erfolgversprechend ist". Sein Sprecher ergänzte am Montag in Berlin: "Wir werden alles dafür tun, damit dies gelingt." Ziel bleibe ein Waffenstillstand, der "Raum und Zeit schafft für eine dann längerfristig angelegte politische Lösung". ...
Im Kern dreht sich der Diplomatiepoker um einen Katalog, auf den sich beide Seiten bereits im September 2014 im weißrussischen Minsk geeinigt hatten. ...
Bis heute halten beide Seiten die Minsker Vereinbarung nicht ein. Die neuen Verhandlungen, die sechs Monate nach dem ersten Vertrag beginnen, finden unter neuen Umständen statt: So halten die Separatisten mittlerweile ein viel größeres Gebiet unter ihrer Kontrolle als noch im September, die Frontlinie ist in einigen Gebieten weit nach Westen gerückt. Eine Einigung auf eine möglicherweise neue Demarkationslinie müsste diese Verschiebung also berücksichtigen - eine bittere Pille für Petro Poroschenko. ...
Klar scheint, dass beide Seiten sich grundlegend bewegen müssen. Für eine Einigung muss ein schwieriger Kompromiss her: Putin wird auf Garantien bestehen, dass die von ihm unterstützten Separatisten für ihre Gebiete in der Ostukraine weitgehende Autonomie bekommen und von Kiew als legitim anerkannt werden. Kiew hingegen wird auf die sogenannte Integrität seines Staatsgebiets bestehen, die Separatistengebiete müssen also ein Teil der Ukraine bleiben und dürfen sich nicht komplett abspalten.
Indirekt werden in Minsk die russischen Aufständischen mit am Tisch sitzen - repräsentiert durch die Vertreter Moskaus. Die Separatisten seien für die Bundesregierung "kein Verhandlungspartner", so der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin, ...
Der ukrainische Präsident Poroschenko steht mit dem Rücken an der Wand. Seine schlecht ausgerüstete Armee ist den Separatisten unterlegen. In Debalzewe, einer strategisch wichtigen Stadt in der Ostukraine, sind einige Tausend seiner Soldaten eingekesselt. Fallen die Stadt und der dortige Eisenbahnknotenpunkt an die prorussischen Kämpfer, wäre der Kampf gegen die Separatisten wohl so gut wie verloren." (Spiegel online, 9.2.15)
Interessant: Da kämpfen also "russische Aufständische" in der Ostukraine ... Was ist nur aus dem vermeintlichen Flaggschiff des deutschen Journalismus geworden?
Die Bundesregierung dämpft die Erwartungen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach in Brüssel von einem harten Stück Arbeit. Er hoffe aber, "dass die offenen Punkte wenigstens so weit geklärt werden können", dass das Minsker Treffen "wirklich erfolgversprechend ist". Sein Sprecher ergänzte am Montag in Berlin: "Wir werden alles dafür tun, damit dies gelingt." Ziel bleibe ein Waffenstillstand, der "Raum und Zeit schafft für eine dann längerfristig angelegte politische Lösung". ...
Im Kern dreht sich der Diplomatiepoker um einen Katalog, auf den sich beide Seiten bereits im September 2014 im weißrussischen Minsk geeinigt hatten. ...
Bis heute halten beide Seiten die Minsker Vereinbarung nicht ein. Die neuen Verhandlungen, die sechs Monate nach dem ersten Vertrag beginnen, finden unter neuen Umständen statt: So halten die Separatisten mittlerweile ein viel größeres Gebiet unter ihrer Kontrolle als noch im September, die Frontlinie ist in einigen Gebieten weit nach Westen gerückt. Eine Einigung auf eine möglicherweise neue Demarkationslinie müsste diese Verschiebung also berücksichtigen - eine bittere Pille für Petro Poroschenko. ...
Klar scheint, dass beide Seiten sich grundlegend bewegen müssen. Für eine Einigung muss ein schwieriger Kompromiss her: Putin wird auf Garantien bestehen, dass die von ihm unterstützten Separatisten für ihre Gebiete in der Ostukraine weitgehende Autonomie bekommen und von Kiew als legitim anerkannt werden. Kiew hingegen wird auf die sogenannte Integrität seines Staatsgebiets bestehen, die Separatistengebiete müssen also ein Teil der Ukraine bleiben und dürfen sich nicht komplett abspalten.
Indirekt werden in Minsk die russischen Aufständischen mit am Tisch sitzen - repräsentiert durch die Vertreter Moskaus. Die Separatisten seien für die Bundesregierung "kein Verhandlungspartner", so der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin, ...
Der ukrainische Präsident Poroschenko steht mit dem Rücken an der Wand. Seine schlecht ausgerüstete Armee ist den Separatisten unterlegen. In Debalzewe, einer strategisch wichtigen Stadt in der Ostukraine, sind einige Tausend seiner Soldaten eingekesselt. Fallen die Stadt und der dortige Eisenbahnknotenpunkt an die prorussischen Kämpfer, wäre der Kampf gegen die Separatisten wohl so gut wie verloren." (Spiegel online, 9.2.15)
Interessant: Da kämpfen also "russische Aufständische" in der Ostukraine ... Was ist nur aus dem vermeintlichen Flaggschiff des deutschen Journalismus geworden?
"Im Falle des Scheiterns der neuen Friedensinitiative für die Ukraine erwartet der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier eine weitere Verschärfung des Konflikts und der Diskussion über Waffenlieferungen. „Allen ist natürlich klar: Wenn die aktuellen Bemühungen keinen Erfolg haben, dann wird der Konflikt militärisch in eine nächste Stufe eskalieren“, sagte Steinmeier am Montag am Rande von Gesprächen mit den Außenministern der EU-Staaten in Brüssel. „Dann wird sicherlich auch hier in Europa die Frage von Waffenlieferungen diskutiert werden.“
Steinmeier betonte, dass mit Hochdruck daran gearbeitet werde, dass am Mittwoch das geplante Gipfeltreffen zwischen Deutschland, Frankreich, der Ukraine und Russland im weißrussischen Minsk zustandekomme. „Ich hoffe, dass die offenen Punkte nach und nach gelöst werden können“, sagte er. „Ich kann nur versprechen, dass wir alles dafür tun, dass das von vielen erhoffte Gespräch, das Spitzengespräch in Minsk, tatsächlich stattfindet und uns voranbringt bei der Entschärfung des Konflikts.“ ..." (FAZ online, 9.2.15)
• Putin fordert direkte Gespräche Kiews mit den Aufständischen
"... In einem Gespräch mit der ägyptischen Zeitung „Al Ahram“ legte Putin dar, dass Russland bereit sei, aktiv an einem Friedensprozess mitzuwirken. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Konfliktparteien direkt miteinander redeten. ...
Putin forderte außerdem, es müsse eine sofortige Waffenruhe geben und Kiew solle sofort alle militärischen Aktionen gegen Luhansk und Donezk, die in Wirklichkeit Strafaktionen seien, einstellen. Außerdem dürfe es keinen wirtschaftlichen Druck mehr auf den Donbass geben.
Außerdem machte Putin in dem Interview, das anlässlich seines Besuchs in Ägypten geführt wurde, nochmals klar, wer seiner Meinung nach für den Krieg in der Ukraine die Verantwortung trägt: der Westen. Dieser habe Zusagen nicht eingehalten, sich nach dem Kalten Krieg nicht auf ehemaliges Gebiet der Sowjetunion auszudehnen. Russische Interessen seien wiederholt ignoriert worden. Der eigentliche Anlass für den Krieg sei dann die Unterstützung des Westens für den „Staatsstreich in Kiew“ im vergangenen Februar gewesen. ..." (FAZ online, 9.2.15)
• Albright: Die Russen provozieren
Spiegel online hat am 8.2.15 ein Interview mit der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright veröffentlicht:
"SPIEGEL ONLINE: Madam Secretary, wie nahe befinden wir uns an einem neuen Krieg inmitten Europas?
Albright: Ich hoffe, dass es nicht dazu kommt. Europa hat im 20. Jahrhundert unter der blutigsten Phase der Geschichte gelitten. Es muss einen Weg geben, dass es zwischen Staaten dabei bleibt, dass internationale Vereinbarungen wie das Helsinki-Abkommen eingehalten werden und dass das, was die Russen getan haben, inakzeptabel ist.
SPIEGEL ONLINE: Sollte die US-Regierung schwere, tödliche Waffen an die ukrainische Regierung liefern?
Albright: Ja, dafür trete ich öffentlich ein. Die Ukrainer werden angegriffen und haben ein Recht, sich zu verteidigen. Die Nato hat öffentlich nachgewiesen, dass russische Waffen eingesetzt werden, die Russen sind erkennbar stark engagiert. Die Ukraine hat eine leidvolle Geschichte hinter sich, ich war erst im vergangenen Jahr zu den Wahlen dort und bin auch auf dem Maidan gewesen. Dort sind Menschen für ihr freies und unabhängiges Land gestorben. Niemand wünscht sich einen Krieg, aber wenn jemand von außen angegriffen wird, hat er das Recht, sich zu verteidigen.
SPIEGEL ONLINE: An welche Waffen denken Sie?
Albright: Panzerbrechende Waffen zum Beispiel. Waffen, die gegen diejenigen Waffen wirken, die aus Russland kommen.
SPIEGEL ONLINE: Aber würde das nicht einen neuen Zyklus der Eskalation auslösen? Wie würden die Russen reagieren?
Albright: Das weiß ich nicht, sie handeln jedenfalls nicht sehr verantwortungsvoll. Aber ich teile die Fragestellung nicht. Wenn jemand sagt, dass man die Russen nicht provozieren soll, entgegne ich: Es sind doch die Russen, die provozieren! Sie sind diejenigen, die das alles begonnen haben. ..."
• "Putin hat die Krise nicht geschaffen"
Einen interessanten Überblick über zwei Vorträge des Politikerwissenschaftlers John Mearsheimer und des Friedensaktivisten Rick Rozoff zur Lage in der Ukraine sowie die Diskussion zwischen beiden am 10.1.15 in Evanston, Illinois, gibt ein Beitrag vom Kim Scipes im Onlinemagazin Common Dreams vom 6.2.15.
Mearsheimer analysierte danach die „grundlegend falsche“ Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Russland und den USA. Die russisch-amerikanischen Beziehungen seien bis zum Staatsstreich am 22.2.14 in Kiew in Ordnung gewesen. Bis dahin hätte z.B. der damalige US-Botschafter in Moskau Richard Faul „keinen Grund, Russland einzudämmen“, gesehen und betont, dass die USA Wladimir Putin nicht als „Aggressor“ sehen. Doch dem Putsch seien die Abspaltung der Krim und der Krieg in der Ostukraine gefolgt. Laut Mearsheimer geben die USA Putin alle Schuld dafür und würden „wie Kinder handeln, die nie verstehen, was sie falsch gemacht haben". Russland habe klar gemacht, dass die Ukraine „ein strategischer Kernbereich“ sei. „Mit anderen Worten, sie werden es mit allen Mitteln verteidigen: ihre Antwort auf Krise in der Ukraine ist ähnlich dem, was die USA tun würde, wenn ein nuklear bewaffneter ‚Gegner‘ versuchen würde, Kanada oder Mexiko zu übernehmen.“ Der Politikwissenschaftler habe darauf hingewiesen, dass die NATO versuchte, sich auszudehnen, die EU ebenfalls, und dass die USA versuchen, in der Ukraine und Georgien „die Demokratie zu fördern“. Das bedeute im Grunde, dass die Westmächte direkt an die Grenze zu Russland heranrücken, indem die Ukraine und Georgien in die NATO und die EU einbezogen werden.
Mearsheimer hat dem Beitrag zu Folge die russische Reaktion als „sehr verständlich“ beschrieben. Russland habe deutlich gemacht, dass es die Situation „kategorisch nicht akzeptabel“ sei. Putin und die Russen würden der Ukraine nicht erlauben, der NATO beizutreten, da sie diese als existenzielle Bedrohung ansehen. Deshalb hätten sie die Krim „genommen“ und die Unruhen in der Ostukraine befördert. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass Russland in der Ukraine einmarschieren wolle, habe Mearsheimer betont. Dazu sei es auch gar nicht in der Lage. Er habe eine „einfache Lösung der Krise“ beschrieben: Die Ukraine tritt nicht der EU und der NATO bei und bleibt ein neutrales Land. Putin habe keinen Kampf gewollt und bis Ende 2013 kein Problem mit der Ukraine gehabt. Mearsheimers Fazit: „Putin did not create the crisis.“ Putin hat die Krise nicht geschaffen. Die US-Regierung handele „extrem törricht“, indem sie die Ukrainer im Konflikt mit Russland unterstütze. Das erhöhe die Kriegsgefahr.
Der Friedensaktivist Rick Rozoff hat dem Beitrag nach klar gemacht, dass die NATO-Erweiterung nach dem Ende des Kalten Krieges 1990 sehr aggressiv in Richtung Russland erfolgt sei, bis zum Angebot 2008 an die Ukraine und Georgien, beizutreten. Rozoff wies auch daraufhin, dass die NATO zugleich seit 1990 in mehreren Kriegen aktiv war: In den jugoslawischen Kriegen 1994-1995 und dann gegen Jugoslawien 1999, seit 2001 in Afghanistan, als Unterstützung im Irak seit 2004, vor der Küste Somalias und 2011 in Libyen. Außerdem habe es mehrere große Übungen nahe der russischen Grenzen gegeben. Für Rozoff sei dieses aggressive Verhalten gegenüber Russland, bis hin zur Entwicklung in der Ukraine, der Grund, warum Russland die NATO trotz deren gegenteiligen Worte als Bedrohung ansehe. Die NATO als „größte Bedrohung für den Weltfrieden“ müsse aufgelöst werden.
In der Diskussion hat dem Bericht zu Folge u.a. Mearsheimer die wirtschaftlichen Interessen der USA an der Ukraine bestätigt, aber es sei nicht notwendig, die Ukraine von Russland weg zu ziehen.
→ hier geht's zu Folge 140
→ alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen
→ die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine
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