als Zusatz zum Nachrichtenmosaik Ukraine Folge 132
mit Beiträgen zur Kiewer Mobilmachung und deren Folgen
mit Beiträgen zur Kiewer Mobilmachung und deren Folgen
• Provoziert Kiew Aufstand in der Ukraine?
„Vor dem Hintergrund der neuen Mobilmachung in der Ukraine warnt der Kiewer Wirtschafts- und Politikexperte Oleg Soskin vor Aufständen landesweit. Insbesondere die harten Maßnahmen der Regierung wie das Ausreiseverbot für Wehrpflichtige könnten einen Zerfall der Ukraine provozieren.
Der ukrainische Staatschef Pjotr Poroschenko hatte für 2015 drei weitere Teilmobilmachungen für den Kriegseinsatz im Osten des Landes verordnet. Im Rahmen der ersten Mobilmachung, die am 20. Januar begonnen hat, sollen 50.000 Soldaten rekrutiert werden. Um eine Flucht von Reservisten zu verhindern, ordnete Verteidigungsminister Stepan Poltorak an, dass Männer im wehrpflichtigen Alter jetzt nur mit schriftlicher Zustimmung des Wehrkommandos ins Ausland reisen dürften.
„Diese totale Zwangsmobilisierung wird nur eines zur Folge haben: Die Gebiete werden sich abspalten. Die Menschen werden rebellieren“, kommentierte Soskin im Gespräch mit der Zeitung Politnavigator. „Keine Eltern werden ihre Kinder mehr weggeben.“ Er bezeichnete die ukrainische Militärführung als „inkompetente und korrupt“. Als Beispiel verwies der Experte auf die schweren Verluste der ukrainischen Armee im Kessel von Ilowajsk Ende Sommer. Weder der damalige Verteidigungsminister Waleri Getelej noch der Generalstabschef Viktor Muschenko seien dafür zur Verantwortung gezogen worden. Auch heute würden bei Donezk täglich immer weitere Menschen sterben, so der Experte weiter. „Wofür sterben sie? Für die Clans und Oligarchenbanden?“ …“ (Sputnik, 1.2.15)
• Wehrdienstverweigerer flüchten - u.a. nach Russland
„Die angekündigte Mobilmachung in der Ukraine ist zwar im Gange, viele Ukrainer sind aber laut der polnischen Zeitung „Polska Niepodlegla“ bemüht, dem Wehrdienst auf verschiedenen Wegen zu entgehen.
„Viele flüchten ins Ausland, andere verweisen auf ihre religiöse Überzeugung als Grund für die Verweigerung. In einem Dorf haben sich alle jungen Männer in einen Bus gesetzt und sind … nach Russland gefahren“, schreibt das Blatt. „Interessanterweise ist die größte Zahl der Verweigerer nicht im Osten, sondern im Westen der Ukraine zu verzeichnen.“
Im westukrainischen Gebiet Iwano-Frankowsk seien 57 Prozent der Männer nicht zur Musterung erschienen. 37 Prozent seien ins Ausland geflohen. …“ (Sputnik, 31.1.15)
• Präsidentenberater beschimpft Kriegsverweigerer und ignoriert soziale Ursachen
„Der Präsidentenberater und bekannte Volontär Jurij Birjukow hat vor kurzem einen wütenden und teils mit Schimpfworten versehenen Eintrag bei Facebook über die Verweigerung gegenüber der Mobilmachung in der Westukraine geschrieben. Er behauptet, die «Lumpen-Hurra-Patrioten» verweigern sich der Verteidigung der Heimat.
Birjukow führte eine Reihe von statistischen Angaben an. Beispielsweise haben seinen Angaben nach «37 Prozent der einberufenen Wehrpflichtigen der Oblast Iwano-Frankiwsk das Territorium der Ukraine verlassen».
«In der städtischen Siedlung Koltschyno, Kreis Mukatschew, Gebiet Transkarpatien konnten nur drei von 105 der Einberufungsbescheide ausgehändigt werden. Neun wohnen nicht an ihrer Meldeadresse und 93 sind im Laufe des Januars zu Saisonarbeiten abgereist», schrieb der bekannte Volontär.
In den sozialen Netzwerken begann der zu erwartende Skandal wegen der Äußerungen Birjukows in Bezug auf die «Wessis». Der Präsidentenberater löschte den Eintrag, doch ein Rückstand blieb verteilt über das ganze Internet.
Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass ein bedeutender Prozentsatz der Wehrpflichtigen der Westukraine alles tut, um die Mobilmachung zu umgehen. Warum? Das ist sehr einfach. …
In den Oblasten, über die sich Birjukow entrüstete, liegt die Geburtenrate über der Durchschnittlichen der Ukraine. Zumal es in den Transkarpaten und Wolhynien (zusammen mit dem Gebiet Riwne) einen Bevölkerungsanstieg gab. Was in den übrigen Regionen (mit Ausnahme von Kiew) nicht beobachtet wurde.
Übersetzt aus der statistischen in allgemeinverständliche Sprache bedeutet das, dass in den westlichen Regionen die Menschen mehr Kinder gebären. Nicht nur ein Kind pro Familie. In den westlichen Regionen werden zwei, drei, vier Kinder in der Familie als absolute Norm angesehen. Wie man in den Transkarpaten sagt: «eine große Sippe». Zudem gibt es ältere Leute, die faktisch von ihren Kindern im wehrpflichtigen Alter versorgt werden.
Obacht, Frage: welches sind die Einkommensquellen in ländlichen und auch städtischen Familien in der Westukraine? Antwort: Arbeit im Ausland. Eine andere Arbeit gibt es einfach nicht und das ist bekanntlich keine qualifizierte Arbeit, sondern im besten Falle auf der Baustelle. Davon zu reden, dass die Einberufenen sich Autobusse bestellten und nach Russland fuhren, ist das Eingeständnis der völligen Unkenntnis der Realität. Sie bestellen jedes Jahr diese Autobusse und fahren zu den Arbeitsstellen.
Eben von diesem Geld, das bei Tschechen, Slowaken, Ungarn und Polen verdient wurde, leben westukrainische Familien, bauen Häuser, kaufen in der EU gebrauchte Autos usw. Das halbe Jahr zu Hause und ein halbes Jahr im Ausland arbeiten. Nur so geht es.
In einigen Fällen werden die Kinder komplett den Großeltern zur Erziehung übergeben und zum Geldverdienen fahren nicht nur der Vater, sondern auch die Mutter ins Ausland. So ist das Leben. Und das ist keine Erscheinung des heutigen Tages. So war es bereits «beim erlauchtesten Herrscher» Österreich-Ungarns.
Der Krieg begann, die Menschen gingen kämpfen und zurück kamen Särge. Oder es begannen Versehrte ohne Arme oder Beine einzutreffen. Für Bauarbeiten bei den Tschechen im Allgemeinen unbrauchbar. Und falls Gott ihn verschont, wer wird die Familie ernähren, solange Vater in einer Stellung bei der Staniza Luganskaja steht?
Leben Patrioten in der Westukraine? Ja, Patrioten, doch Patrioten mit zwei Kindern.
Denen, offen gesagt, nicht sehr klar ist, warum sie sterben oder sich verstümmeln lassen sollen «für die Russen im Donbass, die mit ihren Kohlelöchern doch in ihr Russland gehen sollen». Außerdem haben sie deutlich die Worte über die Beendigung der «Antiterroroperation in ein paar Stunden» (Wahlkampfäußerung von Präsident Petro Poroschenko, A.d.Ü.) vernommen. …“ (Ukraine Nachrichten, 31.1.15)
• Widerstand gegen Mobilmachung
„Das Handy-Video stammt aus einem Dorf im Gebiet Odessa. Ein Mann im Tarnanzug steht zu Füßen des dort noch nicht gestürzten Lenin-Denkmals, einen Zettel in der Hand. Um ihn herum eine schreiende und gestikulierende Menge aus Anwohnern. Frauen in Kopftüchern, Männer in Wollmützen. Der Uniformierte will den Inhalt des Zettels – den Mobilisierungsbefehl – verlesen, bittet um »zwei Minuten«. Er versteht sich sogar dazu, Russisch zu reden. Aber die Leute wollen ihn nicht hören. Immer lauter wird die Parole »Nein zum Krieg«, gerufen vor allem von Frauen. Gäbe es nicht das Internet, hätte wahrscheinlich niemand außerhalb des Dorfes von der spontanen Aktion erfahren.
Sie ist aber offenbar kein Einzelfall. Gerade auf dem Land scheint die Einberufungswelle äußerst unbeliebt zu sein. Kolchosvorsitzende fürchten um die Arbeitskräfte für die Frühjahrsbestellung, Frauen um das Leben ihrer Männer und Söhne. Und viele Bürgermeister scheinen die Stimmung ihrer Nachbarn zu teilen. Sie warnen die Bevölkerung und ihre Kollegen in der Umgebung, wenn sich irgendwo eine Einberufungskommission zeigt. Jurij Birjukow, Berater des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, zog vor einigen Tagen auf seiner Facebook-Seite über die »Feiglinge aus der Westukraine« her. …
Der wichtigste Grund für die Unlust der Landbevölkerung, ihre Männer für den Krieg herzugeben, liegt sicher in den gerade in kleinen Gemeinschaften nicht zu verbergenden hohen Verlusten der ukrainischen Streitkräfte. Wenn die Ukraine, wie neulich geschehen, für einen Tag mit Kämpfen 16 Tote auf eigener Seite einräumt und die Aufständischen von 600 Gefallenen auf der Seite des Gegners sprechen, dann ist zwar wahrscheinlich keine dieser Zahlen exakt, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass die Wahrheit deutlich höher liegt als die Angaben aus Kiew. Ein weiterer Punkt, warum die Begeisterung für die Beteiligung am Krieg im Donbass sich in Grenzen hält, ist die bei den vorherigen Einberufungswellen zu Tage getretene Korruption. Wer genug Geld hatte, konnte sich eine Untauglichkeitsbescheinigung kaufen. …“ (junge Welt, 31.1.15)
• Berichte über desaströsen Zustand der Kiewer Truppen
„Die ukrainische Regierung hat offenkundige Probleme mit der Disziplin ihrer im Osten des Landes eingesetzten Truppen. Das geht aus verschiedenen Dokumenten hervor, die teils für die Öffentlichkeit bestimmt, teils gegen den Willen ihrer Autoren an diese gelangt sind. So haben drei Abgeordnete der Volksfront von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk im Parlament einen Gesetzentwurf zur Ergänzung der Dienstvorschriften der Armee eingebracht. Er sieht vor, dass im Kriegszustand Kommandeure ihre Soldaten sogar mit der Waffe davon abhalten dürfen, eigenwillig ihre Positionen zu verlassen. Das Gleiche gilt auch bei Befehlsverweigerung. In der Begründung, die die Initiatoren Jurij Bereza, Andryj Teteruk, beide Kommandeure von faschistischen Freiwilligenbataillonen, und Serhij Paschinski geben, ist von mindestens 10.000 Fällen von Desertion aus den Streitkräften und 2.000 Fällen von Befehlsverweigerung seit Beginn der »Antiterroroperation« gegen den Donbass die Rede. Die Truppe – deren Stärke auf 50.000 Mann geschätzt wird – ergebe im übrigen massenhaft dem Alkohol, was »der Verteidigungsbereitschaft und dem Ansehen der Streitkräfte der Ukraine abträglich« sei.
Die interne Bestätigung zu diesem Befund bietet eine geheime Anordnung des Geheimdienstchefs der »Antiterroroperation«, eines Generalleutnants Popko vom 25. Januar, die von der Hackergruppe »Cyberberkut« ins Netz gestellt wurde. Darin ordnet er die Aufstellung von Sperreinheiten aus Angehörigen der Freiwilligenbataillone an, um die Desertion von Wehrpflichtigen zu verhindern. Die »Fahnenflucht« erstreckt sich dabei nach anderen Dokumenten auch auf vermeintliche Elitetruppen wie die Nationalgarde. …“ (junge Welt, 31.1.15)
„Vor dem Hintergrund der neuen Mobilmachung in der Ukraine warnt der Kiewer Wirtschafts- und Politikexperte Oleg Soskin vor Aufständen landesweit. Insbesondere die harten Maßnahmen der Regierung wie das Ausreiseverbot für Wehrpflichtige könnten einen Zerfall der Ukraine provozieren.
Der ukrainische Staatschef Pjotr Poroschenko hatte für 2015 drei weitere Teilmobilmachungen für den Kriegseinsatz im Osten des Landes verordnet. Im Rahmen der ersten Mobilmachung, die am 20. Januar begonnen hat, sollen 50.000 Soldaten rekrutiert werden. Um eine Flucht von Reservisten zu verhindern, ordnete Verteidigungsminister Stepan Poltorak an, dass Männer im wehrpflichtigen Alter jetzt nur mit schriftlicher Zustimmung des Wehrkommandos ins Ausland reisen dürften.
„Diese totale Zwangsmobilisierung wird nur eines zur Folge haben: Die Gebiete werden sich abspalten. Die Menschen werden rebellieren“, kommentierte Soskin im Gespräch mit der Zeitung Politnavigator. „Keine Eltern werden ihre Kinder mehr weggeben.“ Er bezeichnete die ukrainische Militärführung als „inkompetente und korrupt“. Als Beispiel verwies der Experte auf die schweren Verluste der ukrainischen Armee im Kessel von Ilowajsk Ende Sommer. Weder der damalige Verteidigungsminister Waleri Getelej noch der Generalstabschef Viktor Muschenko seien dafür zur Verantwortung gezogen worden. Auch heute würden bei Donezk täglich immer weitere Menschen sterben, so der Experte weiter. „Wofür sterben sie? Für die Clans und Oligarchenbanden?“ …“ (Sputnik, 1.2.15)
• Wehrdienstverweigerer flüchten - u.a. nach Russland
„Die angekündigte Mobilmachung in der Ukraine ist zwar im Gange, viele Ukrainer sind aber laut der polnischen Zeitung „Polska Niepodlegla“ bemüht, dem Wehrdienst auf verschiedenen Wegen zu entgehen.
„Viele flüchten ins Ausland, andere verweisen auf ihre religiöse Überzeugung als Grund für die Verweigerung. In einem Dorf haben sich alle jungen Männer in einen Bus gesetzt und sind … nach Russland gefahren“, schreibt das Blatt. „Interessanterweise ist die größte Zahl der Verweigerer nicht im Osten, sondern im Westen der Ukraine zu verzeichnen.“
Im westukrainischen Gebiet Iwano-Frankowsk seien 57 Prozent der Männer nicht zur Musterung erschienen. 37 Prozent seien ins Ausland geflohen. …“ (Sputnik, 31.1.15)
• Präsidentenberater beschimpft Kriegsverweigerer und ignoriert soziale Ursachen
„Der Präsidentenberater und bekannte Volontär Jurij Birjukow hat vor kurzem einen wütenden und teils mit Schimpfworten versehenen Eintrag bei Facebook über die Verweigerung gegenüber der Mobilmachung in der Westukraine geschrieben. Er behauptet, die «Lumpen-Hurra-Patrioten» verweigern sich der Verteidigung der Heimat.
Birjukow führte eine Reihe von statistischen Angaben an. Beispielsweise haben seinen Angaben nach «37 Prozent der einberufenen Wehrpflichtigen der Oblast Iwano-Frankiwsk das Territorium der Ukraine verlassen».
«In der städtischen Siedlung Koltschyno, Kreis Mukatschew, Gebiet Transkarpatien konnten nur drei von 105 der Einberufungsbescheide ausgehändigt werden. Neun wohnen nicht an ihrer Meldeadresse und 93 sind im Laufe des Januars zu Saisonarbeiten abgereist», schrieb der bekannte Volontär.
In den sozialen Netzwerken begann der zu erwartende Skandal wegen der Äußerungen Birjukows in Bezug auf die «Wessis». Der Präsidentenberater löschte den Eintrag, doch ein Rückstand blieb verteilt über das ganze Internet.
Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass ein bedeutender Prozentsatz der Wehrpflichtigen der Westukraine alles tut, um die Mobilmachung zu umgehen. Warum? Das ist sehr einfach. …
In den Oblasten, über die sich Birjukow entrüstete, liegt die Geburtenrate über der Durchschnittlichen der Ukraine. Zumal es in den Transkarpaten und Wolhynien (zusammen mit dem Gebiet Riwne) einen Bevölkerungsanstieg gab. Was in den übrigen Regionen (mit Ausnahme von Kiew) nicht beobachtet wurde.
Übersetzt aus der statistischen in allgemeinverständliche Sprache bedeutet das, dass in den westlichen Regionen die Menschen mehr Kinder gebären. Nicht nur ein Kind pro Familie. In den westlichen Regionen werden zwei, drei, vier Kinder in der Familie als absolute Norm angesehen. Wie man in den Transkarpaten sagt: «eine große Sippe». Zudem gibt es ältere Leute, die faktisch von ihren Kindern im wehrpflichtigen Alter versorgt werden.
Obacht, Frage: welches sind die Einkommensquellen in ländlichen und auch städtischen Familien in der Westukraine? Antwort: Arbeit im Ausland. Eine andere Arbeit gibt es einfach nicht und das ist bekanntlich keine qualifizierte Arbeit, sondern im besten Falle auf der Baustelle. Davon zu reden, dass die Einberufenen sich Autobusse bestellten und nach Russland fuhren, ist das Eingeständnis der völligen Unkenntnis der Realität. Sie bestellen jedes Jahr diese Autobusse und fahren zu den Arbeitsstellen.
Eben von diesem Geld, das bei Tschechen, Slowaken, Ungarn und Polen verdient wurde, leben westukrainische Familien, bauen Häuser, kaufen in der EU gebrauchte Autos usw. Das halbe Jahr zu Hause und ein halbes Jahr im Ausland arbeiten. Nur so geht es.
In einigen Fällen werden die Kinder komplett den Großeltern zur Erziehung übergeben und zum Geldverdienen fahren nicht nur der Vater, sondern auch die Mutter ins Ausland. So ist das Leben. Und das ist keine Erscheinung des heutigen Tages. So war es bereits «beim erlauchtesten Herrscher» Österreich-Ungarns.
Der Krieg begann, die Menschen gingen kämpfen und zurück kamen Särge. Oder es begannen Versehrte ohne Arme oder Beine einzutreffen. Für Bauarbeiten bei den Tschechen im Allgemeinen unbrauchbar. Und falls Gott ihn verschont, wer wird die Familie ernähren, solange Vater in einer Stellung bei der Staniza Luganskaja steht?
Leben Patrioten in der Westukraine? Ja, Patrioten, doch Patrioten mit zwei Kindern.
Denen, offen gesagt, nicht sehr klar ist, warum sie sterben oder sich verstümmeln lassen sollen «für die Russen im Donbass, die mit ihren Kohlelöchern doch in ihr Russland gehen sollen». Außerdem haben sie deutlich die Worte über die Beendigung der «Antiterroroperation in ein paar Stunden» (Wahlkampfäußerung von Präsident Petro Poroschenko, A.d.Ü.) vernommen. …“ (Ukraine Nachrichten, 31.1.15)
• Widerstand gegen Mobilmachung
„Das Handy-Video stammt aus einem Dorf im Gebiet Odessa. Ein Mann im Tarnanzug steht zu Füßen des dort noch nicht gestürzten Lenin-Denkmals, einen Zettel in der Hand. Um ihn herum eine schreiende und gestikulierende Menge aus Anwohnern. Frauen in Kopftüchern, Männer in Wollmützen. Der Uniformierte will den Inhalt des Zettels – den Mobilisierungsbefehl – verlesen, bittet um »zwei Minuten«. Er versteht sich sogar dazu, Russisch zu reden. Aber die Leute wollen ihn nicht hören. Immer lauter wird die Parole »Nein zum Krieg«, gerufen vor allem von Frauen. Gäbe es nicht das Internet, hätte wahrscheinlich niemand außerhalb des Dorfes von der spontanen Aktion erfahren.
Sie ist aber offenbar kein Einzelfall. Gerade auf dem Land scheint die Einberufungswelle äußerst unbeliebt zu sein. Kolchosvorsitzende fürchten um die Arbeitskräfte für die Frühjahrsbestellung, Frauen um das Leben ihrer Männer und Söhne. Und viele Bürgermeister scheinen die Stimmung ihrer Nachbarn zu teilen. Sie warnen die Bevölkerung und ihre Kollegen in der Umgebung, wenn sich irgendwo eine Einberufungskommission zeigt. Jurij Birjukow, Berater des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, zog vor einigen Tagen auf seiner Facebook-Seite über die »Feiglinge aus der Westukraine« her. …
Der wichtigste Grund für die Unlust der Landbevölkerung, ihre Männer für den Krieg herzugeben, liegt sicher in den gerade in kleinen Gemeinschaften nicht zu verbergenden hohen Verlusten der ukrainischen Streitkräfte. Wenn die Ukraine, wie neulich geschehen, für einen Tag mit Kämpfen 16 Tote auf eigener Seite einräumt und die Aufständischen von 600 Gefallenen auf der Seite des Gegners sprechen, dann ist zwar wahrscheinlich keine dieser Zahlen exakt, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass die Wahrheit deutlich höher liegt als die Angaben aus Kiew. Ein weiterer Punkt, warum die Begeisterung für die Beteiligung am Krieg im Donbass sich in Grenzen hält, ist die bei den vorherigen Einberufungswellen zu Tage getretene Korruption. Wer genug Geld hatte, konnte sich eine Untauglichkeitsbescheinigung kaufen. …“ (junge Welt, 31.1.15)
• Berichte über desaströsen Zustand der Kiewer Truppen
„Die ukrainische Regierung hat offenkundige Probleme mit der Disziplin ihrer im Osten des Landes eingesetzten Truppen. Das geht aus verschiedenen Dokumenten hervor, die teils für die Öffentlichkeit bestimmt, teils gegen den Willen ihrer Autoren an diese gelangt sind. So haben drei Abgeordnete der Volksfront von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk im Parlament einen Gesetzentwurf zur Ergänzung der Dienstvorschriften der Armee eingebracht. Er sieht vor, dass im Kriegszustand Kommandeure ihre Soldaten sogar mit der Waffe davon abhalten dürfen, eigenwillig ihre Positionen zu verlassen. Das Gleiche gilt auch bei Befehlsverweigerung. In der Begründung, die die Initiatoren Jurij Bereza, Andryj Teteruk, beide Kommandeure von faschistischen Freiwilligenbataillonen, und Serhij Paschinski geben, ist von mindestens 10.000 Fällen von Desertion aus den Streitkräften und 2.000 Fällen von Befehlsverweigerung seit Beginn der »Antiterroroperation« gegen den Donbass die Rede. Die Truppe – deren Stärke auf 50.000 Mann geschätzt wird – ergebe im übrigen massenhaft dem Alkohol, was »der Verteidigungsbereitschaft und dem Ansehen der Streitkräfte der Ukraine abträglich« sei.
Die interne Bestätigung zu diesem Befund bietet eine geheime Anordnung des Geheimdienstchefs der »Antiterroroperation«, eines Generalleutnants Popko vom 25. Januar, die von der Hackergruppe »Cyberberkut« ins Netz gestellt wurde. Darin ordnet er die Aufstellung von Sperreinheiten aus Angehörigen der Freiwilligenbataillone an, um die Desertion von Wehrpflichtigen zu verhindern. Die »Fahnenflucht« erstreckt sich dabei nach anderen Dokumenten auch auf vermeintliche Elitetruppen wie die Nationalgarde. …“ (junge Welt, 31.1.15)
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