Bitte beachten:

Mit deutsch- und volkstümelndem sowie rechtsextremem und faschistischem Gedankengut habe ich nichts am Hut und nichts zu tun!

Sonntag, 31. Januar 2016

Ist der Westen pervers?

Menschen zu Flüchtenden machen, sie locken und dann die Grenzen dicht machen. Und die eigenen betrogenen Bürger zu Handlangern machen. Wenn das nicht pervers ist ... Eine Polemik

Erst zerstört er direkt und indirekt durch offene und verdeckte Kriege funktionierende Staaten und Gemeinwesen, wie zum Beispiel Irak, Libyen und Syrien, zuvor in Jugoslawien. Das geschieht auch mit nichtmilitärischen Mitteln. So beispielsweise in Somalia, wo erst die Lebensgrundlage der Fischer zerstört wird und sie dann als Piraten bekämpft werden. Die genannten Länder sind nur einige Beispiele für eine größere Zahl. Die zerstörten Staaten werden dann von uns fälschlicherweise „zerfallende Staaten“ genannt. Wenn dann sich deren Bewohner zu uns auf den Weg machen, dann schließt der Westen seine Grenzen. Kurzzeitig werden sie auch mal zur Flucht aufgerufen und in den Westen eingeladen. Aber das ist nur eine politisch bedingte Ausnahme und Teil der bewussten Zerstörung von Staaten. Das geschieht auch, weil es in der Geschichte schon mehrmals erfolgreich funktionierte.

Doch irgendwann behaupten die selben westlichen Politikdarsteller, die Menschen auf Boote locken, dass nun aber das eigene Boot voll sei. Die Leistungsfähigkeit des Westens komme an ihre Grenzen, weshalb die wieder geschlossen werden müssten. Die westlichen Staaten wollen angeblich zu allen freundlich sein, aber das können sie ja nicht, heißt es. Flugs werden nicht mehr jede und jeder reingelassen und zurückgeschickt, wer das Pech hatte, zu lange mit der Flucht zu warten. Und wer es geschafft hat, dem wird der Aufenthalt so schwer und schlecht wie möglich gemacht.

Und zahlreiche Menschen, die von ihnen regiert werden, folgen ihnen, Das tun sie selbst wenn sie fordern, dass die Kanzlerin zurücktritt. Sie erledigen das dreckige Geschäft der für die Lage Verantwortlichen. Selbst wenn sie auf die Regierenden schimpfen und bei rechten und rechtsextremen Rattenfängern ihr Heil suchen. Sie merken nicht, wie sie missbraucht und manipuliert werden. Es zumindest verständlich oder besser gesagt verstehbar, dass es schwer verständlich ist: Erst wird ihnen über Jahre politisch erklärt wird, dass gespart und verzichtet werden müsse. Als Ziel wird ausgegeben, dass nur so es Deutschland wieder besser gehen könne. Und wir alle sollen ja Deutschland sein. Der Sparkurs war immer begleitet von einem „neuen Nationalgefühl“ und Patriotismus. Während deutsche Fußballer bejubelt wurden, wurde gleichzeitig gespart, damit es Deutschland besser gehen soll. Dann erleben sie nach und während der Sparpropaganda, dass nun anscheinend für andere, für Fremde, Geld da sein soll.

Die aktuelle Debatte gegen Flüchtlinge ist voll Wut und Hass und Dummheit. Sie beruht auf tatsächlichem Sozialneid, der zwar verstehbar, aber deshalb nicht richtig oder berechtigt ist. Zugleich lenkt diese Debatte voller Fremdenhass ab. Davon, dass all das viele Geld, das bei den Bürgern gespart wurde und wird, gar nicht bei den Flüchtlingen landete und landet. Das ist längst u.a. bei den Banken, die in Folge der Finanzkrise 2008 „gerettet“ wurden und werden. Dabei handelt es sich zum Teil auch um weit mehr, als im Sozialbereich bisher gespart wurde. Zugleich kommen jährlich die Berichte, dass die Reichen auch hierzulande immer reicher werden.

Doch fragt noch einer danach? Die herrschende Politik und ihre Darsteller werden es natürlich tunlichst unterlassen. Sie werden ihre medialen Lakaien nicht dazu anstiften, ausführlich dazu zu recherchieren. Die vermeintlich „besorgten Bürger“, die rechten und rechtsextremen Demagogen und Brandstiftern hinterher laufen, fragen auch nicht danach. Statt von der politisch gewollten und verursachten Finanzkrise reden alle nur noch von der „Flüchtlingskrise“. Sie fragen auch nicht, wem die rechten und rechtsextremen Parolen denn eigentlich nutzen? Auch nicht danach, wie jene im Hintergrund von AfD, NPD und anderen rechtsextremen Gruppierungen zu ihren Geldern gekommen sind? Nein, der dumpfe Sozialneid der von den Politikdarstellern hierzulande und anderswo Betrogenen richtet sich gegen jene, die um ihre Heimat, ihren Wohlstand und ihre Zukunft betrogen wurden. Die nun zu uns kommen, dahin, wo ihr Unglück begann, in der irrigen Hoffnung, hier neues Glück zu finden. Und das soll auch so bleiben, denn Wut und Hass auf alle Fremden und Flüchtenden, die ihnen angeblich was wegnehmen, der macht blind.

Die offenen und versteckten Kriege und der ökonomische Raubbau für unseren Wohlstand auf Kosten anderer – das geschieht im Namen der vermeintlich hehren westlichen Werte Freiheit, Demokratie, Wohlstand und Rechtsstaat. Wobei diese gewissermaßen nur die Tarnkleidung für die simplen ökonomischen Interessen des Nordens abgeben. Das macht das alles auch pervers. Diese Werte, samt der angeblichen „Zivilisation“, die gelten dann aber natürlich nicht für jene, die mit ihrem Leben direkt und indirekt bezahlen. Die sich dann auf dem Weg in den Westen machen, in der irrigen Hoffnung, dort sei noch etwas übrig für sie. Das ist alles nichts Neues seit den Hochzeiten des Kolonialismus. Und doch ist es erschreckend, dass es immer noch so ist und funktioniert. Und es war und es bleibt pervers und ist durch nichts schön zu reden.

Erschreckend finde ich auch, wie jene, die als Bürger dieses Landes erleben, dass auch für sie selbst diese gepriesenen westlichen Werte samt der im Grundgesetz als „unantastbar“ behaupteten Menschenwürde nicht mehr gelten, darauf reagieren. Indem sie auf die eine oder andere Weise kundtun: Dann soll Recht auf Menschenwürde auch für andere, ob Flüchtling oder überhaupt Fremder, auch nicht gelten! Das lässt sich alles erklären und verstehen, was es aber leider nicht besser macht. Können sich die Mächtigen und die für sie Herrschenden immer noch so auf die Dummheit ebenso wie auf die Unwissenheit der von ihnen Beherrschten verlassen? Auch diese Frage gilt nicht nur hierzulande.

Dass das immer noch so ist wie vor 100 Jahren und früher – das gehört zu den Erfolgen der Herrschenden und der in ihrem Auftrag Regierenden. Anderswo zerstören sie ganze Staaten samt der dazu gehörigen Gesellschaften. Hierzulande zerstören sie seit Beginn der 1990er Jahre den historisch erstrittenen Sozialstaat und damit die eigene Gesellschaft. Für den Fall, dass die eigenen Betrogenen doch zu den Palästen und Anwesen der Herrschenden marschieren, wird schon geübt. Darauf werden sie vorbereitet sein. Das Schicksal der Flüchtenden hat sie nicht interessiert, als sie deren Heimat zerstören ließen, und interessiert sie auch heute nicht weiter. Notfalls lassen sie die AfD mitregieren, wenn es darum geht, die Grenzen tatsächlich wieder zu schließen. In dem Fall wird auf „Volkes Wille“ gehört. Das war schon einmal so und diente auch nur zur Absicherung der eigenen Herrschaft und Interessen.

Und wie hierzulande so anderswo im Westen, in den Ländern, die dazu gezählt werden. Und die Kriege, die anderen angeblich Freiheit, Demokratie, Wohlstand und vor allem die Zivilisation des Westens bringen sollen, die gehen weiter. Die Menschen, deren Lebensgrundlagen dadurch zerstört werden, wenn sie denn überleben, werden sich weiter auf den Weg machen, wenn sie können. Sie werden weiter versuchen, sich ihren Anteil an dem Wohlstand zu holen, den wir auf ihre Kosten erreicht haben und sichern, in dem sie zu uns kommen. Es fehlen auf beiden Seiten die Kräfte, die diesen Prozess stoppen, die einen Stock in dieses Rad der Geschichte werfen, damit es sich nicht weiterdrehen kann.

Ach ja: Natürlich ist nicht einfach der „perverse Westen“ und dessen Tun. Es ist das Handeln der Herrschenden und der regierenden Politikdarsteller der führenden westlichen Staaten. Es handelt sich um nicht mehr und nicht weniger als um Kapitalismus in seinen Formen und Erscheinungen, modernisiert und doch noch genauso brutal und menschenfeindlich wie in seiner gesamten Geschichte. Wer über ihn nicht reden will, der sollte auch über Flüchtlinge schweigen und ihnen höchstens helfen. Der sollte aber auch über AfD und Pegida nicht weiter lamentieren.

aktualisiert: 1.2.16, 3:09 Uhr

Samstag, 23. Januar 2016

Die alte Angst der USA vor Europa

Fundstück Nr. 36: Die USA fürchten die ökonomische Stärke Europas. Das wurde schon Anfang der 90er Jahre, kurz nach Ende des Kalten Krieges festgestellt.

"Es wird eine europäische Herausforderung geben ... Heute sind es die Vereinigten Staaten, die Europas ökonomische Stärke fürchten und sich um ihren eigenen wirtschaftlichen Niedergang Sorgen machen ... 1992 rückt näher ... Wenn es tiefgreifende ökonomische Verschiebungen oder, nicht zu vergessen, eine weltweite Rezession geben sollte, kann niemand voraussagen, wie das neue Europa reagieren wird ... Dieser Aussicht entwächst das zumindest für Amerikaner noch furchterregendere Gespenst einer von großen industriellen Gruppierungen beherrschten Festung Europa, die alle Konkurrenten aus ihrem Markt herausekeln könnte. Sollte dies geschehen, so wären die Risiken für die Vereinigten Staaten enorm ...  Sehr wahrscheinlich werden die Europäer im Endeffekt ihr eigenes europaweites Sicherheitssystem entwickeln, so daß Macht und Einfluß der Vereinigten Staaten noch mehr zurückgehen ..."

Das hatte James Chase, ehemaliger Herausgeber der Zeitschrift des US-amerikanischen Establishments zur Außenpolitik Foreign Affairs, im Juni 1990 im Magazin International Management. Europe's Business Magazine geschrieben. Zitiert hatte es der Politikwissenschaftler Andre Gunder Frank in seinem 1991 veröffentlichten Text "The Gulf War and New World Order", der unter dem Titel "Die politische Ökonomie des Golfkriegs" in Heft 186 der Zeitschrift Das Argument (März/April 1991) auf deutsch erschien.

Mittwoch, 20. Januar 2016

Das geplante Staatsversagen

Weshalb sie es nicht schaffen: Die Politik hat den Staat systematisch seiner Möglichkeiten beraubt, soziale Aufgaben und die aktuelle Fluchtbewegung zu bewältigen

Die anhaltend hohe Zahl von Flüchtlingen, die in die Bundesrepublik Deutschland kommen, stellt das Land anscheinend nicht nur vor eine Bewährungs-, sondern vor eine Zerreißprobe. Diesen Eindruck erweckt nicht nur die politische Diskussion um Obergrenzen und ähnliches. Dazu trägt nicht minder die tatsächliche Lage der Flüchtlinge und wie sie untergebracht und versorgt werden bei. Auch der zunehmende Frust und Hass vom rechten Rand und aus der Mitte der Gesellschaft, der an ihnen verbal und gewalttätig ausgelassen wird, sorgt dafür. Die herrschende und regierende Politik, allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel, wird für die großen Probleme verantwortlich gemacht. Sogar Regierungsmitglieder und führende Parteifunktionäre widersprechen inzwischen zunehmend der Kanzlerin, die behauptet hatte: Wir schaffen das.
Das alles passiert in einem der reichsten Länder dieser Welt. Das ereignet sich in einem Staat, der gern mit seiner wirtschaftlichen Potenz protzt. Genau diese Potenz bietet eigentlich die Grundlage für Merkels Optimismus. Der ist von der Sache her eben begründet. Doch die deutsche Leistungsfähigkeit und das dazugehörige Organisationstalent können nicht genutzt werden, um anderen wie eben den Flüchtlingen zu helfen. Und genau dafür ist die herrschende und regierende Politik verantwortlich. Sie hat die entsprechenden Möglichkeiten und Ressourcen des Staates seit mehr als 20 Jahren systematisch kaputtgespart. Vor den Folgen wurde immer wieder gewarnt, so unter anderem 2007 von der „Initiative Öffentliche Dienste“ mit der Kampagne „Genug gespart!“.
Der fortgesetzte Abriss des Sozialstaates ebenso wie der Raubbau am öffentlichen Dienst als Dienstleistung für die Bürger haben die Grundlagen für das aktuelle Staatsversagen gelegt. Das gilt sogar für die Polizei und ihre Fähigkeit, die Kriminalität unter Kontrolle zu halten.
Der Staat wurde seiner Fähigkeiten beraubt, einer großen Zahl von Menschen auch kurzfristig und vernünftig helfen zu können. So dass heute ohne die vielen Ehrenamtlichen den Hundertausenden, die in die Bundesrepublik geflüchtet sind und weiter flüchten, gar nicht geholfen werden könnte, nicht mal notdürftig. Zugleich ist das eine der Grundlagen für die nicht nur verbalen Ausfälle vielerorts gegen Flüchtlinge. Da reagieren sich jene ab, denen seit mehr als 20 Jahren von der regierenden Politik hierzulande erklärt wird, dass an allem und besonders an den Leistungen für die Bürger gespart werden muss. Den Frust und die Wut bekommen die ab, die nicht verantwortlich sind für den Abbau der sozialen Infrastruktur, für schlechtbezahlte Jobs, Langzeitarbeitslosigkeit und einen Hartz IV-Regelsatz unter dem Existenzminimum, für gestrichene Sozialleistungen und steigende Kosten für Gesundheit, Bildung, Kultur usw. Für die gewalttätige Dummheit derjenigen, die die Flüchtlinge als Sündenböcke für ihre und andere Probleme sehen, trägt auch das kaputtgesparte Bildungssystem Mitschuld.
Die Flüchtlinge sind genauso wenig dafür verantwortlich, dass zugleich der Reichtum auch hierzulande zunimmt, die Gewinne der Unternehmen steigen und Banken mit Milliarden Euro „gerettet“ werden. Es ist die Politik, die das vorhandene Geld weiter von unten nach oben verteilt, mit allen Mitteln. Das geschieht eben auch durch den Abbau der staatlichen Infrastruktur, die eigentlich den Bürgern zugute kommen soll. Das reicht vom Stellenabbau im öffentlichen Dienst und seinen zahlreichen Bereichen bis hin zum als „Verwaltungsreform“ getarnten Abbau von Verwaltungsstrukturen. Die sollen angeblich so effizienter werden, was aber nur das Gegenteil bewirkt und dafür sorgt, dass die öffentliche Verwaltung für die Bürger immer schlechter erreichbar ist. Und für alles wird die Privatisierung als Allheilmittel gepriesen, auch von jenen Politikern, die den Sozial- und Staatsabbau vorantreiben. So wird seit Jahren das Versagen des Staates organisiert. Es zeigt sich aktuell nur besonders deutlich bei dem Versuch, die hohe Zahl der Flüchtlinge aufzunehmen, zu versorgen und unterzubringen.
Deshalb ist Merkels Optimismus eben doch unberechtigt. Auch weil sie für dieses Staatsversagen mit verantwortlich ist, samt jener aus ihrer und anderen Parteien, die sie nun offen oder verdeckt kritisieren und ins Visier nehmen. Was seit Jahren zerstört wurde, kann nicht innerhalb kurzer Zeit wieder aufgebaut werden. Das gilt auch für das Vertrauen der Bürger.
Notwendig wäre eine andere Politik:
- die Nein sagt zur fortschreitenden Ökonomisierung aller Gesellschaftsbereiche samt Privatisierung,
- die die Kapitulation der Politik vor dem Finanzkapital widerruft,
- die den Staat nicht weiter im Interesse einer kleinen, wenn auch mächtigen gesellschaftlichen Gruppe abbaut,
- die sich wieder um die Interessen aller hier lebenden Menschen kümmert, ob mit oder ohne deutschem Pass und
- die zugleich Ursachen von Kriegen und Flucht weltweit entgegenwirkt anstatt diese zu befördern unter dem verlogenen Motto noch mehr deutsche Verantwortung in der Welt, die real mehr Militär ins Ausland statt aktivere Friedenspolitik bedeutet.
Eine solche andere Politik erscheint kurzfristig unrealistisch. Aber hier gilt tatsächlich: Das wird man doch noch mal sagen dürfen! Es muss gesagt werden. Mehr noch: Eine solche Politik muss eingefordert werden! Sonst sind die selbstverursachten Probleme tatsächlich auf Dauer nicht zu bewältigen. Die Folgen werden dann vor allem die Menschen, die hier leben, ob mit oder ohne deutschen Pass, zu tragen haben. Und wenn die einen Betrogenen in ihrer Blindheit, Dummheit und Wut auf die noch schwächeren Betrogenen losgehen, freuen sich nur jene, von denen sie betrogen wurden.
Neue Grenzschließungen und -ziehungen sind ebenso wie Gewalt gegen Flüchtlinge die falschen Antworten, weil sie keines der grundlegenden Probleme lösen. Ich befürchte allerdings, dass es sich um systembedingtes Staatsversagen und dass es sich um systemimmanentes Fehlverhalten der politischen Klasse handelt. Mir fällt dazu ein, was seit 1968 in Artikel 20, Absatz 4, des Grundgesetzes steht: "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist." Wie das gehen soll, weiß ich nicht. Aber dieses Widerstandsrecht soll ja nur für den "absoluten Ausnahmefall" gelten, wie der Deutsche Bundestag dazu online erklären lässt.