Bitte beachten:

Mit deutsch- und volkstümelndem sowie rechtsextremem und faschistischem Gedankengut habe ich nichts am Hut und nichts zu tun!

Mittwoch, 27. März 2013

US-General: Afghanistan-Krieg auch nach 2014

Es gebe "für lange Zeit" keinen Totalabzug vom Hindukusch, erklärte der ehemalige ISAF-Kommandeur US-General John Allen am 25. März 2013. Anfang dieses Jahres wurde gemeldet, die USA würden einen kompletten Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan ab 2014 erwägen. Danach sagte der stellvertretende Sicherheitsberater von Barack Obama, Ben Rhodes, im Januar 2013, der US- Präsident erwäge auch, dass kein US-Soldat nach dem offiziellen Ende der Kampfmission in Afghanistan stationiert bliebe: "Wir wollen keine Optionen ausschließen."
Es habe nie eine solche "Zero-Option" gegeben, widersprach am 25. März 2013 US-General Allen in Washington bei einer Veranstaltung der Brookings Institution. Der Guardian berichtete u.a. darüber. Allen, der die ISAF-Truppen von Mitte 2011 bis Februar 2013 kommandierte, erklärte, er sei nie nach einem Plan für einen Totalabzug gefragt worden. Er unterstrich, dass die USA und die anderen beteiligten Länder vorhaben, für lange Zeit am Hindukusch zu bleiben. "Manchmal ist es eine Überraschung, wenn ich sage: Am 1. Januar 2015 wird immer noch in Afghanistan gekämpft." US-Präsident Obama beschäftige derzeit die Frage, wieviel US-Soldaten weiterhin notwendig seien, um die afghanischen Sicherheitskräfte zu unterstützen, so Allen. Er widersprach dem afghanischen Präsidenten Hamid Karzai, der kürzlich den USA vorwarf, mit den Taliban zu verhandeln: "Ich würde es wissen - und es ist nicht so."
Angesichts dieser Äußerungen bleibt abzuwarten, ob die Bundeswehr tasächlich "nur ein paar Büromöbel" in Afghanistan zurücklässt. „Wir Deutsche werden nicht länger bleiben als unsere Verbündeten und keinen Tag länger, als die Afghanen es wünschen“, hatte Außenminister Guido Westerwelle vor genau einem Jahr erklärt. Die Afghanen wollen, dass alle ausländischen Truppen gehen, die US-Truppen, der wichtigste Verbündete der Bundeswehr, werden bleiben ... Aber Westerwelle hat dem afghanischen Außenminister Zalmay Rassoul im November 2012 schon versprochen: "Wir werden Afghanistan auch nach dem Abzug unserer Kampftruppen nicht alleine lassen." Das Auswärtige Amt hat das so formuliert: "Auch nach der vollständigen Übergabe der Verantwortung für die Sicherheit Afghanistans an die Afghanen bleiben Deutschland und die internationale Gemeinschaft im Land engagiert: mit Beratung, Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte." Spiegel online übersetzte das so: "Bundeswehr droht Endloseinsatz in Afghanistan". Das dürfte der Realität nahe kommen.

korrigiert (2. Satz) am 28.3.13, 0.22 Uhr

Dienstag, 26. März 2013

Mehr verdeckte Operationen für mehr Krieg

Syrien: Inzwischen wird gemeldet und offiziell bestätigt, dass die USA "Rebellen" ausbilden und sich damit quasi direkt in den Krieg gegen Syrien einmischen.

Nachtrag zu meinem Beitrag "Verdeckte Operationen, Koalitionschaos, Lügen": Die Nachrichtenagentur AP meldet am heutigen 26. März 2013 , dass die USA "säkulare syrische Kämpfer" in Jordanien ausbilden. Ziel sei es, die "Rebellen" bei ihrem Versuch, Syriens Präsident Bashar al-Assad zu stürzen, zu stärken und gleichzeitig den Einfluss der islamistischen Kräfte in der zersplitterten "Opposition" zurückzudrängen. Das haben laut der Agentur US-Offizielle und Vertreter anderer Länder bestätigt.

Das mehrmonatige Training werden an einem geheimgehaltenen Ort in Jodanien durchgeführt. Ausgebildet würden Sunniten und Beduinen, die früher in der syrischen Armee gedient haben. Diese Kräfte seien nicht Mitglieder der "Freien Syrischen Armee" (FSA). Diese könne unter den Einfluss der islamistischen gruppen geraten, befürchten dem Bericht zufolge Washington und andere. Das Training werde vom US-Geheimdienst durchgeführt, zitiert AP die nicht namentlich genannten Offiziellen, denen die Behauptung wichtig war, Washington gebe nur "nichttödliche" Hilfe. Es sei "unklar", ob die beteiligten Länder wie Frankreich und Großbritannien direkte materielle oder andere militärische Unterstützung geben.

Laut AP bleibe die Obama-Administration vage bei dem Thema, um welche Art von militärischer Ausbildunges sich handelt. Zugleich werde aber betont, dass sie alles, was vor Waffenlieferung oder einer eigenen Intervention in Syrien liegt tun werde, um den Sturz Assads zu beschleunigen. Das Training sei wahrscheinlich vor allem für "Rebellen" im Süden Syriens gedacht, während sich der Großteil des bisherigen Krieges auf den Norden des Landes konzentriere, wo die vom Westen und dessen arabischen Verbündeten unterstützten Gruppen einige Erfolge gegen die Armee verzeichnen konnten.

Montag, 25. März 2013

Verdeckte Operationen, Koalitionschaos und Lügen

Im Folgenden eine Zusammenstellung aktueller Meldungen zum Treiben des Westens und seiner Verbündeten im Krieg in und gegen Syrien.

• Die Türkei und die arabischen Unterstützer der "Rebellen" haben mit Hilfe der CIA ihre Waffenlieferungen ausgedehnt, berichtet die New York Times am 24. März 2013. Dazu sei seit Frühjahr 2012 eine Luftbrücke eingerichtet worden, bei der mit saudischen, katarischen und jordanischen Miltärtransportern Waffen in die Türkei und nach Jordanien gebracht werden. Die Mitwirkung der CIA zeigt laut Zeitung, dass die USA zwar offiziell keine Waffen liefern wollen, aber bereit sind zu helfen, die "Rebellen" damit auszurüsten. Die Geheimdienstler würden beim Kauf der Waffen zum Beispiel aus Kroatien ebenso helfen wie bei der Auswahl der Rebellengruppen, die sie bekommen sollen. Die meisten Transporte seien nach der US-Präsidentschaftswahl im November 2012 erfolgt und nachdem die Türkei und die arabischen Staaten frustriert feststellten, dass die syrische Armee zunehmend erfolgreich gegen die "Rebellen" vorgeht.

• Einen Tag zuvor berichtete das Wallstreet Journal, dass die CIA die "Rebellen" in Syrien mit Erkenntnissen zur Lage in dem Bürgerkriegsland versorge. Ziel sei es, ausgewählte Gruppen der Aufständischen im Kampf gegen Staatschef Bashar al-Assad zu stärken, gibt der österreichische Standard aus dem Bericht wieder. Die CIA arbeite vor allem mit säkularen Aufständischen zusammen, in erster Linie mit Kämpfern der Freien Syrischen Armee (FSA).  Der US-Geheimdienst ist dem Bericht zufolge unter anderem in der Türkei aktiv. Dort prüften CIA-Mitarbeiter Rebellen, die von Golfstaaten mit Waffen versorgt würden. Es bestehe die Befürchtung, dass diese Waffen in die Hände islamistischer Rebellen gelangen könnten. Zudem arbeite die CIA mit Antiterror-Eliteeinheiten im Irak zusammen.

• Der Chef der vom Westen zusammengezimmerten "Nationalen Koalition der Syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte", Moaz al-Khatib, hat auf  Facebook seinen Rücktritt angekündigt, meldeten die Nachrichtenagenturen am 24. März 2013. Danach sei die "Koalition" vor dem Zusammenbruch gewesen und die westlichen Bemühungen um eine einheitliche Front gegen Präsident Bashar al-Assad hätten vor dem Scheitern gestanden, so die Washington Post am selben Tag. Der Rücktritt al-Khatib folgte einem internen Streit der sogenannten Opposition u.a. wegen der Wahl einer Übergangsregierung und dem Vorschlag Khatibs, Verhandlungen mit der regulären syrischen Regierung aufzunehmen. Als Auslöser gilt die Auswahl des US-Bürgers Ghassan Hitto als "Ministerpräsident" einer "Übergangsregierung". Der Rücktritt störe die gegenwärtigen westlichen Bemühungen, die vermeintlich "gemäßigten" Kräfte unter den "Rebellen" gegenüber den Islamisten zu stärken. "Die Koalition ist kurz vor dem Auseinanderfallen", zitiert die Zeitung den Exilsyrer Amr al-Azm, Professor für Geschichte an der Shawnee State University in Ohio. "Es ist ein großes Durcheinander."

• Das "große Durcheinander" bei den Freunden des Westens hindert die Arabische Liga am 25. März 2013 nicht, der als "die syrische Opposition" verkauften "Nationalen Koalition" den Liga-Sitz anzubieten, der im November 2011 der regulären syrischen Regierung aberkannt wurde.
Die israelische Armee hat syrische Positionen in Erwiderung eines Beschusses ihrer Soldaten auf den Golanhöhen unter Beschuss genommen, berichtete RIA Novosti am 24. März 2013. Laut der Agentur gab es auf der israelischen Seite keine Verluste. Es gebe keine Informationen, ob es bei der syrischen Seite um Regierungstruppen oder eine bewaffnete Oppositionsgruppe ging, die gegeneinander um die Kontrolle über den syrischen Teil der Golanhöhen kämpfen.

•  Die französische und die britische Regierung behaupten, Präsident Assad plane den Einsatz von Chemiewaffen und begründen damit ihren Wunsch, den "Rebellen" Waffen liefern zu können. Sie seien "in zunehmender Sorge über die Bereitschaft des Regimes, chemische Waffen einzusetzen", schrieben laut Reuters vom 22. März 2013 Außenminister William Hague aus Großbritannien und sein Amtskollege Laurent Fabius aus Frankreich an die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Zuvor hatte US-Präsident Barack Obama laut RIA Novosti vom 21. März 2013 erneut Assad davor gewarnt, Chemiewaffen einzusetzen, ebenfalls ohne einen Beleg für solche vermeintlichen Pläne vorzulegen

Sonntag, 24. März 2013

Syrien: Ein zweiter Blick in die Geschichte

Zu den Motiven der westlichen Staaten im Krieg gegen Syrien gehört auch manches, was als irrational zu bezeichnen ist, wie ein weiterer Blick in die Geschichte zeigt.

Beim ersten "Blick in die Geschichte" habe ich an die lange Geschichte des verdeckten Krieges der USA gegen Syrien mit "schmutzigen Tricks" erinnert. Angesichts des Drängens Frankreichs, wider alle Vernunft und Friedensbemühungen die "Rebellen" zu bewaffnen, soll an dieser Stelle daran erinnert werden, wie Frankreich sich im letzten Jahrhundert Syrien gegenüber verhielt.
Eines der Beispiele dafür habe ich in dem Buch "Syrien – Wie man einen säkularen Staat zerstört und eine Gesellschaft islamisiert" gefunden, das ich kürzlich vorgestellt habe. Harri Grünberg schreibt darin über "Aufstieg, Niedergang und Sturz des säkularen Arabischen Nationalismus" und dabei auch über die Geschichte Syriens: "Für ganz kurze Zeit errichtet 1920 Faisal I. ein unabhängiges arabisches Königreich Syrien, zu dem der Libanon, Palästina und Jordanien gehören. Nach wenigen Monaten wird er durch eine französische Militärexpedition gestürzt, deren Truppen besetzen das Land. Auf der Konferenz von San remo hatte der Völekerbund Frankreich das Mandat über Syrien, Libanon und die mehrheitlich von arabisch sprechenden Alawiten und arabisch sprechenden Christen bewohnte Provinz Hatay übertragen. 1936 kam Frankreich türkischen Forderungen entgegen und entließ die Provinz aus seinem syrischen Mandatsgebiet. 1939 wurde sie türkisch.
Einen einigen syrischen Staat will die französische Regierung verhindern. Sie beabsichtigt eine Aufteilung Syriens in sechs Staten entlang religiöser und konfessioneller Linien. Die arabischen Nationalsiten hingegen fordern ein Groß-Syrien, bestehend aus Syrien, Libanon, Palästina. Mitte 1925 erhebt sich die Bevölkerung gegen die französischen teilungspläne. Drusen, Alawiten, Sunniten, Schiiten, si alle kämpfen gemeinsam um den Erhalt des syrischen Staates. Frankreich muss schließlich dem wachsenden inneren und äußeren Druck nachgeben, alle von ihm dominierten Gebiete, mit Ausnahme Libanons, werden zu einem gemeinsamen Staat Syrien.
Im Zweiten Weltkrieg vertreiben Truppen des von Charles de Gaulle geführten Freien Frankreichs mit britischer Hilfe die besatzer des französischen Vichy-Regimes aus Syrien. Sie erklären zwar die syrische Unabhängigkeit, doch sie halten das Land besetzt. Wieder gibt es einen Aufstand. Die Vereinten Nationen und viele Staaten fordern Frankreich zum Rückzug auf. Am 15. April 1946 verlassen die letzten französischen Soldaten das Land, zwei Tage später wird die syrische Republik ausgerufen. ..."

Zu den aus meiner Sicht irrationalen Motiven Frankreichs gegenüber Syrien wie schon bei Libyen gehört auch sowas wie das Bedürfnis nach Revanche für historische Niederlagen wie die oben beschriebene. Wie tief das sitzt, das belegt ein anderes Beispiel, von dem Etel Adnan im Interview mit Lettre international spricht: "Nach dem Ersten Weltkrieg träumten die Franzosen davon, Syrien zu bestrafen, weil die Syrer sie dereinst, während der Kreuzzüge, besiegt hatten. Das lernt man heute noch im französischen Geschichtsunterricht. Als General Henri Gouraud, der Befehlshaber der französischen Streitkräfte in der Levante, 1920 nach Damskus kam, besuchte er das Grab Saladins und sagte: 'Die Kreuzzüge sind nun vorbei! Wach auf, Saladin, wir sind zurückgekehrt! Meine Gegenwart heiligt den Sieg des Kreuzes über den Halbmond!' Das ist bezeugt, das ist Geschichte. Auf dem Hauptplatz von Damaskus trieben sie die Notablen der Stadt zusammen, die namhaften Oberhäupter der großen Familien, banden ihnen die Hände zusammen, ließen sie niederknien und töteten sie; es handelte sich um etwa fünfzig Männer. Eine Französin hat diese Geschichte niedergeschrieben. es gibt Photographien davon. Das war 1920. Es gibt diese Art von Revanchismus. Und 1926 bombardierten sie Syrien, sie bombardierten und zerstörten Damaskus.
Diese antiarabische Haltung gibt es seit den Kreuzzügen, und sie ist sogar noch heute an französischen Schulen verbreitet. ..."

Ich habe dazu nur noch eine Bemerkung: Wer achtet eigentlich auf unsere eigenen, auf die westlichen Fundamentalisten und deren Tun bei all der Panikmache vor dem Islam und der berechtigten Kritik an islamistischen Terroristen wie in Syrien?

Quellen:
1. Harri Grünberg: Aufstieg, Niedergang und Sturz des säkularen Arabischen Nationalismus,
in: Wolfgang Gehrcke / Christiane Reymann (Hg.)
Syrien – Wie man einen säkularen Staat zerstört
und eine Gesellschaft islamisiert
PapyRossa Verlag, Köln, 2013
S. 13f.

2. Etel Adnan im Gespräch: Geboren in Beirut – Zur Geschichte des Nahen Ostens und der Doppelmoral des Westens
in: Lettre international, Heft 99 (2012)
S. 47

Mittwoch, 20. März 2013

Mosaik aus Fakten, Hintergründen und Alternativen

Ein neues Buch gibt einen Überblick über die Entwicklung und Lage in Syrien und versucht, eine Gegenstrategie zu dem von außen geschürten Krieg zu skizzieren. 

Um es vorwegzunehmen: Christiane Reymann und Wolfgang Gehrcke haben ein wichtiges und gutes Buch veröffentlicht. Mit „Syrien – Wie man einen säkularen Staat zerstört und eine Gesellschaft islamisiert“ bieten sie einen aktuellen Überblick über die Entwicklung und Lage in dem inzwischen kriegsgeschundenen Land. Der Papyrossa-Verlag hat die Journalistin und den Linkspartei-Bundestagsabgeordneten unterstützt und es möglich gemacht, dass aus der Idee der beiden Herausgeber von Dezember 2012 innerhalb von etwa drei Monaten ein interessantes Buch wurde.
Reymann und Gehrcke haben es geschafft, syrische, arabische und deutsche Autoren zu gewinnen, die wissen, wovon und worüber sie schreiben. Ob es Michel Kilo, der bekannte syrische Oppositionelle, oder der syrische Schriftsteller Louay Hussein ist, die Journalistin Karin Leukefeld, einer der wenigen, die von Anfang an aus Syrien berichtet, oder der Völkerrechtler und ehemalige Bundestagsabgeordnete Norman Paech, die Nahostwissenschaftlerin Karin Kulow oder der frühere DDR-Diplomat und spätere OSZE-Mitarbeiter Arne C. Seifert, die syrische Ärztin Mouna Ghanem oder Haytham Manna, Auslandssprecher des Nationalen Koordinationsbüros für Demokratischen Wandel in Syrien (NCB). Sie und noch andere tragen mit ihren Texten zu einem Mosaik bei, das gerade durch die unterschiedlichen Perspektiven so interessant ist, und das die Situation ebenso wie Hintergründe und Zusammenhänge der syrischen Entwicklung verstehen hilft. Zugleich werden so Alternativen zu dem aktuellen Geschehen und der westlichen Politik deutlich gemacht. Etwas haben die Autoren gemeinsam: Das Ja zu demokratischen Veränderungen in Syrien, aber auf friedlichem Wege, und das Nein zur anhaltenden Gewalt und zu dem von außen geschürten Krieg.

Mit dem Buch sollte auch jenen syrischen Oppositionellen ein Podium gegeben werden, die von den westlichen Mainstream-Medien ignoriert werden, so Christiane Reymann bei der Buchvorstellung am 19. März 2013 in Berlin. Die vom Westen mit größtem Druck zusammengestellte „Nationale Koalition“ umfasse nur einen Teil der „sehr vielfältigen syrischen Opposition“, werde aber von den meisten Medien immer als „die Opposition“ und als „die legitime Vertretung des syrischen Volkes“ dargestellt. Politisch Aktive wie Manna, Kilo und Hussein, die gemeinsam mit anderen für eine friedliche Lösung des syrischen Konfliktes eintreten, würden dagegen nicht oder kaum beachtet, zum Teil vom Westen auch aktiv behindert. Wie weit das geht, schilderte die Mitherausgeberin am Beispiel der Konferenz der gewaltfreien, demokratischen syrischen Opposition am 28. und 29. Januar 2013 in Genf, bei der sie dabei gewesen war. 62 der Oppositionellen konnten daran nicht teilnehmen, berichtete Reymann. Aber nicht die Ausreise aus Syrien sei das Hindernis gewesen, sondern die verweigerte Einreise durch die Schweiz.

„Wir haben uns mit dem Buch redlich Mühe gegeben, uns mit allen anzulegen“, meinte Mitherausgeber Gehrcke: Mit der etablierten Politik ebenso wie mit den Pseudo-Linken von „Adopt a Revolution“, aber ebenso mit jenen, die den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad als „fortschrittlich“ einschätzten. Zugleich sei es aber auch um eine faire Wertung der Entwicklung in Syrien gegangen. Was Gehrcke über das Land sagte, das klang fast wie eine Beschreibung dessen, was durch den bisher zweijährigen Krieg zerstört wurde. Das reichte von der im Vergleich zu anderen Ländern im Nahen Osten größeren sozialen Gerechtigkeit und das sich entwickelnde Bildungssystem bis zu dem säkularen Staat mit religiöser Freiheit. Dazu gehöre aber auch eine seit Jahrzehnten aktive politische Opposition, die Verfolgung, Haft, Folter und Mord aushalten musste und der unter Assad junior deutlich neoliberale Kurswechsel mit den sich verschlechternden Lebensverhältnissen auf dem Land. Gehrcke rechnete es dem syrischen Staat aber auch hoch an, dass er trotz aller eigenen Probleme rund 400.000 Palästinenser und fast zwei Millionen Iraker nach dem vor zehn Jahren begonnenen Krieg der USA als Flüchtlinge aufnahm.

„Die Lage heute ist katastrophal“, so der Bundestagsabgeordnete. Es sei „kein Krieg der Bürger“, der Syrien zerstöre, sondern ein von außen geschürter Krieg unterschiedlicher Gruppen gegen den Staat. Dieser zerfalle, einzelne Gebiete würden von verschiedenen Gruppen beherrscht und auch ausgebeutet. Das einzig zusammenhängende Territorium sei noch das der Kurden in Nordsyrien. Es müsse alles getan werden, um den Krieg zu beenden, forderte Gehrcke bei der Buchvorstellung. Das müsse mit einem Dialog für einen Waffenstillstand beginnen. Doch der Westen wolle nur den Sturz Assads, tue nichts für das Ende des Blutvergießens und habe mit der Bereitschaft, den „Rebellen“ Waffen zu liefern, das „Signal zur Verlängerung des Krieges“ gegeben. „Der Sturz Assads steht in keinem UN-Dokument als Ziel“, erinnerte der aktive Außen- und Friedenspolitiker der Linkspartei. Damit widersprach er auch jenen, die er nach eigenem Bekunden im Bundestag als stärkste Befürworter einer westlichen Intervention in Syrien erlebt: Den Bündnisgrünen, gegen die selbst Außenminister Guido Westerwelle fast wie ein Pazifist wirke. Gehrcke befürchtet, dass mit dem sogenannten Exil-Ministerpräsidenten Ghassan Hitto und der von ihm zu bildenden Exil-Regierung eine Situation geschaffen wird, in der diese als angeblich legitime Vertreter den Westen bitten, in Syrien militärisch einzugreifen, um den völkerrechtlichen Schein zu wahren.

„Sollte Gewalt die Oberhand behalten, wird noch mehr zerstört werden“, warnt der Schriftsteller und Vorsitzende der 2011 gegründeten Allianz zur Bildung des Syrischen Staates Louay Hussein in dem Buch. „Syrien ist ethnisch, religiös und kulturell sehr verflochten. Jeder bewaffnete Konflikt führt dieses Land in einen vielschichtigen Bürgerkrieg.“ Die Gewalt führe nicht nur zum „schrecklichen Verlust von Menschenleben und zur Zerstörung der Infrastruktur“. Sie stelle auch eine Gefahr für die nationale Integrität des Landes dar. Hussein erwähnt in seinem Beitrag auch das „offene Geheimnis“, dass die nichtsyrischen Kämpfer von vielen Staaten rekrutiert, finanziert, ausgebildet, bewaffnet und gesteuert werden. „Das Ziel dieser Staaten ist die Zerstörung Syriens um jeden Preis. Syrien soll nachhaltig geschwächt werden, indem es in kleine Einheiten aufgeteilt oder in einen extrem schwachen Zentralstaat umgewandelt wird.“ Die Allianz bleibe bei ihrem Ziel, das Regime zu stürzen, was aber kein Selbstzweck sei, „sondern Mittel, um die Demokratisierung Wirklichkeit werden zu lassen“. „Wir gingen und gehen davon aus, dass Demokratie nur durch gewaltlosen Kampf erreicht werden kann“, betonte der politisch aktive Schriftsteller. „Die Internationalisierung der Syrien-Frage gefährdet aus unserer Sicht die innersyrischen Optionen. Sie wird zum Gegenstand internationaler Verhandlungen ohne die Syrer selbst.“

Die Herausgeber des Buches wollen gemeinsam mit den Autoren einen Gegenentwurf skizzieren zur Strategie der selbsternannten „Freunde des syrischen Volkes“, der NATO und der Bundesregierung, welche auf einen Regimechange notfalls auch mit einer Militärintervention ziele. „Vermissen werden Sie in diesem Buch Aufrufe zur Gewalt, zur Fortsetzung des Bürgerkrieges, zum Waffenhandel, zur ‚humanitären Intervention‘, zur ‚Bündnistreue‘“, schreiben Christiane Reymann und Wolfgang Gehrcke in ihrem Vorwort. Genau das macht das Buch so wichtig und wertvoll, wie ich finde, wozu aber auch das „Who is Who in der syrischen Politik“ über die Parteien und Gruppen des Landes ebenso wie die Dokumente im Anhang beitragen.

Wolfgang Gehrcke / Christiane Reymann (Hg.)
Syrien – Wie man einen säkularen Staat zerstört
und eine Gesellschaft islamisiert

PapyRossa Verlag, Köln, 2013
Neue Kleine Bibliothek 191, 187 Seiten
EUR 9,90 [D] / 10,20 [A]
ISBN 978-3-89438-521-7
wird ab 21.03. ausgeliefert

Inhaltsverzeichnis (pdf-Datei)
weitere Informationen hier online

Waffen, Drohnen und ein Syrer aus Texas

Im Folgenden eine Reihe von Nachrichten der letzten Zeit über westliche Aktivitäten in und gegen Syrien:

• Nach einem Bericht des Daily Star vom 17. März 2013 bereiten sich britische Spezialeinheiten vom "Special Air Service" (SAS) und "Special Boat Service" (SBS) darauf vor, den "Rebellen" in Syrien die versprochenen Waffenlieferungen zu übergeben. Dazu würden die Elitesoldaten, die bisher in Afghanistan agierten, von dort abgezogen und vom britischen MI 6 und dessen Kollegen vom französischen "Directorate-General for External Security" auf ihren neuen Einsatz vorbereitet.

• Die vom Westen zusammengezimmerte "Nationale Koalition" hat in Istanbul einen "Ministerpräsidenten" für ihre selbst ernannte "Übergangsregierung" gewählt: Ghassan Hitto, ein US-Staatsbürger syrischer Herkunft. "Syriens Interimsregierungschef kommt aus Texas", lautet die passende Überschrift der entsprechenden Meldung vom 19. März 2013 auf t-online.de. Beim österreichischen Standard heißt es nicht weniger treffend: "US-Staatsbürger leitet syrische Übergangsregierung". Hitto macht den Berichten zufolge auch gleich klar, dass es mit ihm keine Verhandlungen und keinen Frieden geben wird. "In seiner ersten Rede sagte er in Istanbul, im Kampf gegen das Regime sei jedes Mittel angemessen," meldet dpa. Er lehne jeden Dialog mit der syrischen Führung ab, berichtet RIA Novosti.

• Die ehemalige FBI-Mitarbeiterin Sibel Edmonds erinnert am 10. März 2013 auf ihrer Website boilingfrogspost.com angesichts der aktuellen Meldungen über westliche Ausbildung und Waffenlieferungen für die "Rebellen" in Syrien daran, dass sie schon am 11. Dezember 2011 in einem Bericht darauf aufmerksam machte. Demzufolge begannen sich Hunderte NATO-Militärs in Jordanien nahe der Grenze zu Syrien einzurichten. Am 21. November 2011 hatte Edmonds schon berichtetdass auf der US Air Force Base in Incirlik, Türkei, schon seit April 2011 "Rebellen" ausgebildet und auf den Einsatz in Syrien vorbereitet wurden. Seit Mai 2011 seien von dort aus Waffenlieferungen organisiert worden, "mit voller US-NATO-Beteiligung".
Am 16. Mai 2012 berichtete die Washington Post von Waffenlieferungen an die "Rebellen" durch arabische Golf-Staaten, koordiniert durch die USA. Der britische Politologe Michael Weiss schrieb am 22. Mai 2012 in der Online-Ausgabe des Telegraph, dass ihm "Rebellen" in Syrien bestätigt hätten, dass die Türkei sie bewaffne und ausbilde. 


• Die USA entwickeln inzwischen einen Plan, um islamistische Aufständische in Syrien mit Drohnen zu bekämpfen, berichtete ZEIT online am 16. März 2013 und beruft sich auf die Los Angeles Times. Der US-Geheimdienst CIA habe bereits damit begonnen, dafür notwendige Informationen über Dschihadisten in dem Bürgerkriegsland zu sammeln. Damit könne aber auch der gemäßigten syrischen Opposition geholfen werden, die Oberhand über die Extremisten zu gewinnen, heißt es.

• Um welche "Opposition" es sich dabei handeln soll, ist selbst dem Chef des Bundesnachrichtendienst (BND), Gerhard Schindler, nicht klar. Er sehe "bei der Opposition keine Einigung, keine übergreifende Strategie, sondern sehr viel Heterogenität", sagte er im Deutschlandfunk am 17. März 2013. Schindler befürchtet "eine Art 'Irakisierung'", eine "Zersplitterung in verschiedene Gruppierungen". "Und das wäre sicherlich keine gute Entwicklung für Syrien." Dennoch ist sich der BND-Chef sicher: "Das System Assad ist im Rückwärtsgang, dafür sprechen viele Anzeichen." Es sei aber "nicht seriös, jetzt ein Datum zu nennen oder einen Zeitraum wie beispielsweise drei Monate, sechs Monate oder ein Jahr". Im August 2012 war sich Schindler im Interview mit der Welt schon sicher: "Es gibt viele Anhaltspunkte dafür, dass die Endphase des Regimes begonnen hat."

• Notfalls wird da auch nachgeholfen: "Die Nato-Truppen sind laut dem Obersten Nato-Befehlshaber für Europa, Admiral James Stavridis, bereit,  eine Militäroperation in Syrien nach dem libyschen Muster durchzuführen, sollte dies erforderlich sein." Das meldet die Nachrichtenagentur RIA Novosti am 20. März 2013.

• Angesichts solcher klarer Positionen müssen die Bemühungen des UN-Sonderbeauftragen Lakhdar Brahimi, Vertreter der syrischen Regierung und der Opposition zu baldigen Friedensgesprächen zu bewegen, über die Mitte Februar berichtet wurde, nicht weiter interessieren. Ebensowenig, dass der syrische Präsident Bashar al-Assad die sogenannten BRICS-Staaten aufgerufen hat, zur Beendigung des Konflikts beizutragen.. Da interessieren auch nicht solche Sichten wie die von General James Mattis, Kommandeur des U.S. Central Command (CENTCOM) und verantwortlich für die US-Kriegseinsätze im Nahen Osten. Der meinte am 5. März 2013 vor dem US-Senat, dass Assads Sturz zwar der größte strategische Rückschlag für den Iran wäre, aber nicht den sektiererischen Konflikt in Syrien benden würde, diesen eher fortsetze und in die Region ausweite. Mattis' Warnungens seien "eiskaltes Wasser auf der Idee der Bewaffnung der Opposition", meinte Geoffrey Aronson im Online-Magazin Al Monitor am 10. März 2013.

aktualisiert um 14.17 Uhr

Dienstag, 19. März 2013

Syrien: Die "rote Linie" überschritten?

Meldungen zufolge sind in Syrien erstmals Chemiewaffen eingesetzt worden. Die Regierung sagt, die "Rebellen" waren es. Diese behaupten erwartungsgemäß das Gegenteil.

"Im syrischen Bürgerkrieg ist offenbar eine neue Eskalationsstufe erreicht: Regierung und Aufständische warfen sich am Dienstag gegenseitig vor, bei einem Raketenangriff nahe Aleppo Chemiewaffen eingesetzt zu haben." Das meldet Reuters am heutigen 19. März 2013. Ist damit die "rote Linie" überschritten wurde, was der Westen und Israel mehrfach als Anlass für eine mögliche Intervention beschrieben? Bekommen die "Rebellen" nun endlich das, was sie seit langem wollen, die direkte militärische Unterstützung durch den Westen?

Bisher gibt es nur gegenseitige Vorwürfe, die schwer nachzuprüfen sind. Sicher scheint, dass es Tote gab. Neben der entscheidenden Frage "Cui Bono? - Wem nutzt es?" deutet manches daraufhin, dass die "Rebellen" chemische Waffen eingesetzt haben. Laut Reuters gab es Berichte über Chlorgeruch in der Stadt Chan al-Assal, nachdem dort eine Rakete einschlug. Seit islamistische "Rebellen" im Dezember 2012 eine Chlorgas produzierende Chemiefabrik nahe Aleppo eroberten, wurde befürchtet, dass sie nicht vor dem Einsatz des Gases zurückschrecken, auch als Provokation. Dass sie hinter dem Angriff stecken können, darauf deutet hin, dass laut dem syrischen Informationsminister Omran al-Soabi die Rakete vom Bezirk Nairab in Aleppo aus abgefeuert wurde. Der Bezirk Nairab befinde sich zum Teil unter Kontrolle der "Rebellen".

Dass die syrische Regierung bzw. Armee den Einsatzbefehl gab, halte ich eher für unwahrscheinlich, nicht nur angesichts der westlichen Interventionsdrohung im Fall des Chemiewaffeneinsatzes. Diese wiederholte laut Reuters prompt die britische Regierung: Der "Einsatz oder die Verbreitung von Chemiewaffen würde eine entschlossene Reaktion der Staatengemeinschaft erfordern". Die Nachrichtenagentur zitierte al-Soabi, dem zufolge die syrischen Streitkräfte niemals international verbotene Waffen einsetzen würden, selbst wenn sie über solche verfügten.

"Würde Präsident Assad eine Cruise Missile in seinen Palast einladen?" Diese rhetorische Frage stellte Robert Fisk schon 2003, als die USA Syrien drohten, es anzugreifen. Nachdem dem Land erst der Besitz von Massenvernichtungswaffen vorgewurfen wurde, dann behauptet wurde, dass Damaskus das "Zentrum" des Weltterrorismus sei, mussten angeblich versteckte Mitglieder der ehemaligen irakischen Führung unter Saddam Hussein als Drohanlass herhalten. Fisks eigene Antwort: "Falls Präsident Bashar Assad es Saddam erlaubt hätte, sein Gast zu sein, wäre es das Gleiche, als wenn er eine Cruise Missile in seinen Palast eingeladen hätte." Noch selbstmörderischer wäre heute der Einsatz von Chemiewaffen durch die syrische Armee.

Der ehemalige UN-Biowaffeninspekteur und heute Linkspartei-MdB Jan van Aken erklärte am 6. Dezember 2012: "...  niemand - auch das Weiße Haus nicht - wird ernsthaft annehmen, dass Assad eine Scud-Rakete mit Giftgas auf Rebellen abschießen würde. Die militärische Waffe der Wahl wären dann Granaten oder Bomben, die mit Giftgasen bestückt sind. ...
Wir sollten uns hüten, jetzt auf das Chemiewaffen-Getöse einzusteigen und damit einen Bundeswehreinsatz samt »Patriot«-Stationierung in der Türkei zu rechtfertigen. Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun - genauso wenig, wie es vor zehn Jahren Biowaffen in Irak gab. Und wir sollten nie vergessen, dass der Irak-Krieg, der mit einer Biowaffenlüge begann, mit über 500 000 Toten endete und ein Land hinterlassen hat, das sich absehbar nicht von den Folgen erholen wird." Das ist drei Monate später nicht weniger zutreffend.

Die israelische Website DEBKAfile berichtete am 8. März 2013, dass eine US-geführte Operationszentrale, gemeinsam betrieben von den USA, Israel, Jordanien und der Türkei, geben wird, die Militäreinsätze in Syrien führen soll, "wenn einige oder alle diese Verbündeten" mit chemischen oder biologischen Waffen agegriffen werden. Darauf hätten sich am 5. März US-Kriegsminister Chuck Hagel und sein israelischer Amtskollege Ehud Barak bei dessen Besuch im Pentagon geeinigt. Danach rechnet Hagel mit dem Einsatz chemischer Waffen, auch durch die islamistischen "Rebellen"-Milizen. Der Flugzeugträger USS "Harry Truman" stehe für Militäreinsätze bereit.  Vielleicht bzw. wahrscheinlich hoffen die "Rebellen" genau auf solch einen Einsatz.

Nachtrag vom 21.3.2013: Der Möglichkeit, dass syrische Regierungskräfte chemische Kampfstoffe einsetzten, dürfte schon widersprechen, dass selbst die in London ansässige „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ (OSDH) meldete, es habe 26 Tote, darunter 16 Militärs, gegeben. Die syrische Armee wird eher nicht ihre eigenen Truppen angreifen, vor allem, wenn die auch noch den Großteil der Opfer stellen. Einen Fall von "friendly fire" halte ich dabei für unwahrscheinlich.

Nachtrag vom 22.3.2013: "Das US-Militär verfügt über Angaben, dass die syrischen Regierungskräfte entgegen der Behauptung der bewaffneten Opposition keine Chemiewaffen eingesetzt haben, meldet der TV-Sender CNN unter Berufung auf eine anonyme Quelle." (RIA Novosti, 22. März 2013) Ich weiß bloß noch nicht genau, ehrlich gesagt, wie ich damit umgehe, dass nun schon mehrmals meine Zweifel an den ersten Mainstreammedienmeldungen über das jeweilige neue Gräuelereignis in Syrien wie auch in diesem Fall sogar vom US-Geheimdienst bestätigt wurden ... Manchmal ist erstaunlich, wer für einen Moment den Propagandanebel lichtet.

Sonntag, 17. März 2013

Waffen für Diener statt Frieden für das Land

Einem Zeitungsbericht zufolge ist die Bundesregierung nun nicht mehr grundsätzlich gegen Waffenlieferungen an die "Rebellen" in Syrien.

Kaum hatte ich sie geschrieben, holt die Wirklichkeit meine Worte vom 15. März 2013, dass die Bundesregierung "garantiert bald dem Drängen der anderen Kriegstreiber nachgeben" wird, ein: "Die Bundesregierung gibt ihren grundsätzlichen Widerstand gegen Waffenlieferungen aus der EU an die syrische Opposition auf." Das meldet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (F.A.S.) in ihrer gedruckten Ausgabe vom heutigen 17. März 2013. Wahrscheinlich, um sich nicht ganz offen in die Reihe der Kriegstreiber zu stellen, wurde noch nachgeschoben: "Allerdings bewertet Berlin eine entsprechende Initiative aus Paris und London weiter zurückhaltend. Aus Sicht von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bleibe es 'eine schwierige Abwägungsentscheidung', teilte das Auswärtige Amt der F.A.S. mit." Westerwelle hat der Zeitung zufolge doch tatsächlich noch behauptet: "Es müsse eine Balance gefunden werden, wie die syrische Opposition verantwortbar gestärkt werden könne, ohne den Konflikt noch mehr anzuheizen." Das Feuer soll also mit Benzin gelöscht werden, es darf aber nicht so heiß werden ... Interessant ist auch, wie die "neue" Haltung der Bundesregierung begründet wird: "Berlin will vermeiden, isoliert dazustehen, wie es bei der Libyen-Intervention gegen den Diktator Gaddafi der Fall war." Solche Sorgen sind natürlich wichtiger als die Suche nach Möglichkeiten, den Krieg gegen und Syrien endlich zu beenden.

Entsprechend ist kein Wort in der F.A.S. darüber zu finden, wie die Bundesregierung zu den neuen Vorschlägen für Friedensverhandlungen steht. Über diese berichtete die junge Welt am Vortag und beruft sich dabei auf die libanesische Tageszeitung As Safir, der zu Folge zwei Pläne für Verhandlungen auf dem Tisch liegen. Darüber würden auch die USA und Russland miteinander verhandeln. Diese seien sich aber uneinig über die Rolle von Präsident Bashar al-Assad. "Während Rußland der Ansicht ist, daß Assad während des Übergangsprozesses im Amt bleiben soll, scheint das oberste Ziel Washingtons weiterhin dessen Sturz zu sein." Dieses Ziel des Westens ist auch der Grund, warum die Bundesregierung dabei sein will, wenn Frankreich und Großbritannien wie schon ihre arabischen Verbündeten wie Saudi-Arabien und Katar das berüchtigte Öl ins Feuer gießen und den "Rebellen" in Syrien Waffen liefern, statt nach einer friedlichen Lösung zu suchen.

Deshalb ignorieren die westlichen Kriegstreiber auch weitesgehend die "Nationalen Koordinationsbüros für demokratischen Wandel in Syrien" (NCB), ein Zusammenschluß innersyrischer Oppositioneller. Deren Auslandssprecher Haytham Manna, hatte zur Eröffnung der Konferenz syrischer Oppositionsvertreter im Januar 2013 in Genf u.a. festgestellt, dass das Ziel, Assad zu beseitigen, nicht jedes Mittel rechtfertigt. Solche Positionen interessieren die führenden westlichen Staaten nicht, denn: "Der Westen braucht syrische Diener." Das sagt Manna im Interview mit der jungen Welt, nachlesbar in der Ausgabe vom 16. März 2013. "Der Westen will keine Partner, ich würde sogar sagen, daß die Idee der politischen Partnerschaft dem kolonialen Denken vieler Europäer noch immer fremd ist." Manna verweist auf die "sehr wichtige geostrategische Lage" Syriens. "Die ist von großer Bedeutung für die US-amerikanischen und europäischen Interessen in der Region. Jede Veränderung in Syrien hat Auswirkungen auf die Region und auf die internationale Politik. Darum ist jeder davon überzeugt, daß er ein Wort in Syrien mitzureden hat."

Der Oppositionelle warnt im Interview: "Der bewaffnete Kampf bedeutet die Zerstörung des modernen Syriens." Er könne "nicht akzeptieren, daß Syrien heute ein gescheiterter Staat sein soll und morgen ein Bettelstaat". Das dürfe "nach 70 Jahren Unabhängigkeit" nicht passieren. Doch wen interessiert das in Berlin, Washington, Paris, London und wo die westlichen Kriegstreiber und ihre arabischen Verbündeten sonst sitzen? Sie wollen keine friedliche Lösung, denn "dass ein solches Land wahre Unabhängigkeit gewinnt, ist unerwünscht. Andernfalls hätten sie keinen Zugriff mehr auf dessen Ressourcen, sie würden keine Waffen mehr an es verkaufen." Das stellt die Schriftstellerin und Malerin Etel Adnan, 1925 in Beirut geboren, im Interview mit der Kulturzeitung Lettre international (Heft 99) fest. Seit dem Ende des Osmanischen Reiches mischten sich die westlichen Staaten in den arabischen Staaten ein, "sie wollten einfach nicht, daß diese Länder funktionieren." Adnan verweist auf "etwas, was von den Medien nicht klar gesagt wird: Der Westen gibt vor, Demokratie zu schaffen – aber gerade das tut er nicht. Er fürchtet, die Kontrolle zu verlieren, und er handelt mit Waffen."

Damit das so weitergeht wie seit fast 100 Jahren, lässt der Westen Krieg gegen und in Syrien führen. Das Land war für einige Zeit aus seiner Kontrolle geraten. So lange das aus westlicher Sicht nicht korrigiert ist, wird es keinen Frieden für Syrien geben, ist zu befürchten. Die Bundesregierung macht da ganz aktiv mit. Eine andere, friedensorientierte Politik wäre notwendig, ist aber leider nicht zu erwarten.

Freitag, 15. März 2013

Syrien: Kein Aufstand, sondern geschürter Krieg

Vor zwei Jahren begannen in Syrien die Unruhen, die zum inneren und äußeren Krieg gegen das Land führten. Die Legende von der "friedlichen Revolution" ist nur Propaganda.

Um was es dem Westen bei seiner Einmischung in Syrien geht, hat der EU-Gipfel am 14. und 15. März 2013 gezeigt: Das bisherige Blutvergießen und die Zerstörung des Landes sollen mit noch mehr Waffen fortgesetzt werden. Da Syriens Präsident Bashar al-Assad nach zwei Jahren des von außen geschürten und angeheizten Krieges immer noch im Amt ist, sollen die "Rebellen" nach dem Willen einiger EU-Staaten wie Großbritannien und Frankreich nun doch Waffen geliefert bekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel ziert sich noch, wird aber garantiert bald dem Drängen der anderen Kriegstreiber nachgeben. Die Bundesrepublik will ja auch nicht den Anschluss verlieren, wenn es um die Aufteilung der potenziellen syrischen Beute geht. Dafür hat die Bundesregierung schon zu viel dafür investiert.

Die Meldungen über die neuen westlichen Kriegstreibereien kamen bezeichnenderweise am zweiten Jahrestag der ersten Unruhen in Syrien in Folge des "arabischen Frühlings". In Beiträgen dazu wird die Legende von der "friedlichen Revolution" wiederholt. Aus diesem Grund sei noch einmal auf den Text "Syrien – Der gefährliche Mythos einer 'friedlichen Revolution'" von Jochim Guillard vom 1. Juni 2012 hingewiesen. Dort ist unter anderem zu lesen: "Ähnlich wie in Libyen begann die Protestbewegung nicht in der Hauptstadt, sondern im März, also relativ spät, an der Peripherie, in der kleinen Stadt Daraa an der Grenze zu Jordanien, in einer religiös-konservativen, stammesbezogenen Region. Es hatte zwar bis dahin schon viele Aufrufe an die Syrer gegeben, sich den Protesten in den anderen arabischen Ländern anzuschließen, sie fanden jedoch kaum Resonanz.
Das änderte sich erst, nachdem in Daraa Anfang März eine Gruppe Jugendlicher, die regierungsfeindliche Parolen geschrieben hatten, festgenommen und misshandelt worden waren und der Gouverneur und die Polizei auch gegen die Eltern und örtliche Stammesführer vorgingen, die ihre Freilassung forderten. Nach einer kleineren Demonstration am 15.3. protestierten am Freitag 18.3. schon mehrere Tausend und forderten die Freilassung der Jugendlichen, sowie die Rückritte von Gouverneur und Polizeichef. Es kam zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei die mehrere Tage anhielten. Unabhängige Untersuchungen darüber gibt es nicht, die Medienberichte, die sich überwiegend auf oppositionelle Augenzeugen beziehen, weichen teilweise erheblich voneinander ab. Während die New York Times z.B. am 18.3. von sechs getöteten Demonstranten sprach, hatte die BBC bis Mitternacht erst drei registriert.
Den Berichten westlicher Medien zufolge setzten die Sicherheitskräfte ihre Schusswaffen gegen friedliche Demonstranten ein, laut syrischen Medien gegen bewaffnete Angreifer. Die staatliche Nachrichtenagentur SANA machte Provokateure für die Eskalation verantwortlich, die die große Ansammlung von Demonstranten vor der Al-Omari-Moschee ausgenützt hätten, um öffentliche und private Einrichtungen anzugreifen. Autos und Läden seien in Brand gesetzt worden und als die Sicherheitskräfte eingriffen hätten, seien auch sie attackiert worden.
Westliche Medien taten dies zwar als Propaganda ab. Eine Reihe von Berichten ausländischer Medien belegen jedoch, dass es in der Tat bewaffnete Angriffe auf Regierungskräfte und öffentliche Einrichtungen gab. Nach einem Bericht des israelischen, jeglicher Sympathie für die Assad-Regierung unverdächtigen Mediennetzwerkes Arutz Sheva („Kanal 7“) „eröffnete die Polizei am Freitag [18.3.] das Feuer auf bewaffnete Demonstranten, tötete vier und verwundete bis zu 100 weitere“. Am Sonntag brannten Demonstranten die örtliche Parteizentrale der Baath-Partei und das Gerichtsgebäude nieder und griffen auch das Krankenhaus der Stadt sowie Büro und Wohnhaus des Gouverneurs an. Neben zwei weiteren Demonstranten wurden dabei, wie Arutz Sheva und die chinesische Agentur Xinhua übereinstimmend berichteten, auch sieben Polizisten getötet. ..."

Auf die Widersprüche bei der westlichen Berichterstattung zu den ersten Unruhen habe ich in einem Text vom Juni 2012 hingewiesen, in dem ich u.a. auf einen Streit zwischen dem ehemaligen französischen Botschafter in Syrien Eric Chevallier und Ex-Ausseminister Alain Juppé aufmerksam machte. "Dabei ging ... um nichts weniger als die Frage, ob das syrische Regime die ersten Proteste in Deraa im März 2011 blutig unterdrückt habe. Die Unruhen in der syrischen Stadt gelten allgemein als Auslöser für den gegenwärtigen Bürgerkrieg. Chevallier habe der offiziellen Version widersprochen und darauf hingewiesen, dass es in Deraa keine blutige Unterdrückung gebe und die Lage sich wieder entspannt habe. Syrien werde dagegen durch von aus dem Ausland geschickte bewaffneten Gruppen destabilisiert. Der Botschafter habe Juppé beschuldigt, seine Berichte und Zusammenfassungen ignoriert bzw. verfälscht zu haben, um einen Krieg gegen Syrien zu provozieren. Das Außenministerium habe aber stattdessen auch Druck auf die Nachrichtenagentur AFP ausgeübt, damit sie die gefälschten Nachrichten von der blutigen Unterdrückung der Proteste, die die Version des Ministers stärkten, veröffentlicht. Zudem habe Chevallier Ärger mit Juppé bekommen. Später wurde Chevallier unter anderem nachgesagt, er hätte enge Kontakte zum Umfeld von Syriens Präsident Bashar al-Assad. ..."

Was bleibt ist, dass die führenden westlichen Staaten und ihre arabischen Verbündeten versuchten und versuchen, die in Folge des "arabischen Frühlings" und wegen ähnlicher sozialer Probleme wie in den anderen Ländern auch in Syrien beginnenden Proteste zu nutzen, um wie bei einem Dominospiel den syrischen Stein umzuwerfen, nachdem das schon in Libyen funktionierte. Der ehemalige CIA-Mitarbeiter Philip Giraldi hat das kürzlich bestätigt und das, was in Syrien geschah und geschieht, so beschrieben: Der seit März 2011 währende "Aufstand" wurde von Saudi-Arabien und Katar finanziert und bewaffnet und von der Türkei aus geführt, mit manchmal aktivem, aber meist stillschweigendem Einverständnis einer Reihe westlicher Staaten, darunter Großbritannien, Frankreich, Deutschland und den USA. Die Absicht sei gewesen, Bashar al-Assad schnell zu stürzen und ihn durch eine "repräsentative" Regierung vor allem aus in Europa und den USA lebenden Exil-Syrern zu ersetzen. Es ist nicht verwunderlich, dass Assad versucht hat und weiter versucht, das zu verhindern.

Thomas Pany stellte am 14. März 2013 bei Telepolis angesichts der Tatsache, dass "trotz beunruhigender Aussichten auf Milizenkriege" Frankreich und Großbritannien an der Forderung festhalten, "Waffen um jeden Preis" an die "Rebellen" in Syrien zu liefern, fest: "Anscheinend hat man aus dem Irak-Krieg nicht viel gelernt." Dieser Krieg hat passenderweise sein trauriges Jubiläum ebenfalls dieser Tage. Was vor zehn Jahren mit Lügen begann, hat mindestens 134.000 irakische Zivilisten das Leben gekostet, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am 14. März 2013. Die Zahl der Toten in Folge des Krieges liegt wahrscheinlich sogar viermal höher, stellt das "Costs of War Project" des "Watson Institute for International Studies" an der Brown University, Providence (USA), fest. Wenn Sicherheitskräfte, Aufständische, Journalisten und Mitarbeiter humanitärer Organisationen mitgezählt werden, steige die Zahl der Todesopfer auf geschätzte 176.000 bis 189.000. Was aus dem Irak geworden ist, zeigt auch eine Reportage von Martin Gebauer für Spiegel online am 15. März 2013: "Bagdad ist eine der gefährlichsten Städte der Welt. Bombenanschläge und Gewalt sind Alltag, auch zehn Jahre nach der US-Invasion im Irak. Die Metropole ist durchzogen von Schutzmauern, Sicherheit ist eine Frage des Geldes." Eine interessante Beschreibung des "Irak - zehn Jahre später" findet sich auch in der März-Ausgabe der Le Monde diplomatique.

Der Blick nach Afghanistan und nach Libyen würde weitere Beispiele ergeben, die deutlich machen, was es den Ländern und den Menschen dort bringt, wenn die führenden westlichen Staten für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte Krieg führen oder Krieg führen lassen. Nach all den bisherigen Zerstörungen und dem Leid bis heute in Folge des Krieges gegen und in Syrien droht dem Land Ähnliches, wenn die westlichen Kriegstreiber sich durchsetzen. Deren Handeln kann nur als Schande bezeichnet werden, die durch nichts zu entschuldigen oder gar zu rechtfertigen ist.

ergänzt: 17.3.13, 19.59 Uhr

Von wegen "Papst der Armen"

Papst/Vatikan: "Mit Gott im Himmel und den Faschisten auf der Erde" – dieses alte Prinzip hat der neue Papst fortgesetzt, bevor er Papst wurde. Es wäre ein Wunder, wäre es jetzt anders.

Die Papstwahl – was für ein Mummenschanz, der allen religiösen Fundamentalisten auf der Erde zur Ehre gereicht. Und was für ein medialer Mummenschanz, all das Gerede von Papst Franziskus als "Papst der Armen". Sich auf Franz von Assisi zu berufen, wenn denn die Legende von diesem "Heiligen" stimmt, das müsste eigentlich als Blasphemie gelten bei dem Chef einer der mächtigsten und einflussreichsten irdischen Sekten.

Mich überrascht das nicht, was da geschrieben wird über die Vergangenheit des neuen Papstes. Wäre Jose Mario Bergoglio nicht machtorientiert wäre er nicht da, wo er jetzt ist. Erzbischof Arnulfo Romero hat wirklich etwas für die Armen und die Opfer einer brutalen Diktatur getan und ist nicht so weit gekommen. Ein Faschist stoppte das irdische Wirken Romeros. Der war dabei nicht einmal ein "Linker" und eher kein "Befreiungstheologe". Die Rolle der katholischen Kirche bei dem ganzen Fall ist auch nicht ganz so eindeutig, wenn ich mich recht an eine TV-Doku zum Mord an Romero erinnere.

Das passt zu dem, was u.a. Karl-Heinz Deschner über die katholische Kirche schrieb: "Mit Gott und den Faschisten". Im Kampf gegen die Kommunisten, diese Teufelsbrut, war und ist der katholischen Kirche noch jeder Mitsreiter recht. Dass der Pole Karol Woytila 1978 Papst wurde, war ähnlich wie jetzt die Wahl Bergoglios auch weniger zufällig bzw. überraschend, als es vielen damals erschien. Wem das zu sehr nach Verschwörungstheorie klingt, wer aber dennoch an Belegen dazu interessiert ist, dem empfehle ich u.a. das Buch von "Watergate"-Enthüller Carl Bernstein und Marco Politi "Seine Heiligkeit - Johannes Paul II und die Geheimdiplomatie des Vatikans" über die nach Aussage der Autoren "historische Allianz zwischen dem polnischen Papst und dem amerikanischen Präsidenten zur Niederschlagung des Kommunismus in Osteuropa". Auf Seite 320 ist u.a. zu lesen: "Die vom Antimarxismus geprägte historische Beziehung, die sich zwischen einer weltlichen und einer geistigen Supermacht entwickelte, führte zu einer engen Zusammenarbeit, die beiden Seiten großen Nutzen brachte, besonders im Hinblick auf Polen und Mittelamerika."

Es wundert mich angesichts dessen nicht, dass entgegen des Geredes vom "Papst der Armen" lateinamerikanische Linke eher besorgt ob der Wahl Bergoglios zum Papst sind. 2011 war über den "Diktatorenfreund" im österreichen Standard zu lesen: "Der Jesuit Bergoglio unterscheidet sich theologisch kaum von Benedikt. Politisch jedoch ist er fragwürdig: Er tolerierte die argentinische Militärdiktatur und fand nie auch nur ein Wort der Kritik an der Ermordung tausender Regimegegner. Dass so ein Mann unter den Kardinälen auf 40 Stimmen kam, ist eigentlich ein Alarmzeichen. 115 Kardinäle waren damals wahlberechtigt - 40 keine klaren Verteidiger der Menschenrechte." Blase Bonpane, der u.a. Priester in Guatemala war, kommentierte die Wahl Bergoglios zum Papst so: "“We have a situation here like Pius XII and the Third Reich."

Zeit online schreibt am 14. März 2013 im Zusammenhang mit der Papstwahl: "Lateinamerikas linke politische Bewegung ist auch deshalb so stark und erfolgreich, weil sie die öffentliche Armutsdebatte nahezu konkurrenzlos besetzte." Papst Franziskus könnte ein Versuch der weltlich und kirchlich Mächtigen sein, dem etwas entgegenzusetzen. Da dürfte das Gerede vom "Papst der Armen" der passende Mummenschanz sein. Dass es Bergoglio in seiner neuen Rolle nicht um irdische Gerechtigkeit geht, dürfte mit seiner ersten Messe deutlich geworden sein, in der er den Meldungen zu Folge die Kirche zur "Abkehr von weltlichen Versuchungen" aufrief, sonst verkümmere sie zu einer „mitfühlenden Nicht-Regierungsorganisation“. Schon sein Vorgänger, Papst Benedikt XVI., forderte:Kirche muss sich entweltlichen“. Alles andere wäre auch tatsächlich überraschend gewesen.

Papst für die Armen – so wäre es richtig, damit die Armen weiter stillhalten und sich angesichts ihres irdischen Elends weiter auf das Jenseits, auf den Himmel vertrösten. Dort kommen sie ja hin, wenn sie gottesfürchtig leben, untertänig bleiben und sich nicht auch noch um Homoehe, Verhütung und ähnliches Teufelszeug kümmern. Dafür haben sie in ihrem täglichen Existenzkampf sowieso keine Zeit.

Sonntag, 10. März 2013

Vom Frieden reden und den Krieg fördern


Syrien: Wie sehr der Westen die "Rebellen" unterstützt, das zeigen aktuelle Meldungen. Sie belegen, wie westliche Politiker heucheln, wenn sie von einer friedlichen Lösung reden. Als gelte eine abgewandelte Redewendung: Sie predigen Frieden und vergießen Blut.

Die Vertreter der innersyrischen Opposition, die sich am 28. und 29. Januar 2013 in Genf getroffen hatten, waren sich in mehreren Punkten einig. Dazu gehörte, „dass die Dynamik des Konfliktes nicht mehr von Syrern bestimmt werde, sondern von zahlreichen externen Akteuren mit gesteuert werde“, wie die Konferenzbeobachterin und -teilnehmerin Claudia Haydt berichtete. Sie schrieb auch: „Während der zweitägigen Konferenz äußerte keiner der Anwesenden die Ansicht, dass mehr Waffen für die Opposition eine Lösung wären. Im Gegenteil befürchteten die Meisten, dass noch mehr Waffen zu weiterer Eskalation führen würden. Alle sprachen sich gegen eine militärische Intervention aus und machten zudem klar, dass die internationalen Sanktionen vor allem die Bevölkerung treffen.“ Dem Bericht zufolge hatte Haytham Manna, Leiter der Genfer Konferenz und Auslandssprecher „Koordinationskomitee für demokratischen Wandel in Syrien (NCB)“, zur Eröffnung u.a. festgestellt, dass das Ziel, Assad zu beseitigen, nicht jedes Mittel rechtfertigt. Die Wahl der Mittel forme die Zukunft:  “Es gibt keinen einzigen Fall eines militärischen Sieges in einer vergleichbaren Situation, der nicht die Saat des Extremismus, der Vernichtung und der Rache in sich trug. Wir haben vor den Folgewirkungen der Gewalt auf den sozialen Zusammenhalt, den sozialen Frieden und die Einheit Syriens gewarnt und werden dies auch weiterhin tun.”

Daran muss erinnert werden angesichts der jüngsten Meldungen. Inzwischen ist es sogar zu Spiegel online durchgedrungen, dass die US-Regierung die Ausbildung der „Rebellen“ unterstützt. Nein, wirklich neu ist das nicht, nur die Details kommen inzwischen mehr und mehr zu Tage. Ende Februar hatte die junge Welt einen Bericht der libanesischen Zeitung As-Safir vom 19. Februar 2013 wiedergegeben, wonach die westlichen Staaten den „Rebellen“ längst aktiv Hilfe gewähren: „Frankreich, Großbritannien und Italien helfen der bewaffneten Opposition in Syrien, um sich Einfluß auf die geostrategisch wichtige Entwicklung in Syrien zu sichern. Neben den genannten Staaten sind auch die USA, Deutschland, Saudi-Arabien, Jordanien und Katar in die Kämpfe in Syrien involviert. Private Sicherheitsfirmen agieren in Absprache mit Geheimdiensten, die sich weder an Regierungserklärungen noch an EU-Sanktionen gebunden fühlen. Regierungen wahren darüber Stillschweigen.“ Dem As-Safir-Bericht zufolge dienen die verdeckten Operationen dazu, im Norden Syriens – an der Grenze zur Türkei – einen „Brückenkopf“ der „Rebellen“ zu festigen. „Über den sollten die Kontrolle der bewaffneten syrischen Opposition erhalten bleiben und ‚qualitative militärische Operationen‘ ausgeführt werden können. Agenten des französischen Auslandsgeheimdienstes arbeiteten ‚ohne Unterbrechung in Syrien‘, ihre Aufmarschgebiete seien die Bekaa-Ebene im Nordlibanon und – gemeinsam mit amerikanischen und britischen Geheimdiensten – die syrisch-türkische Grenzregion. Westliche Staaten würden vermeiden, den Aufständischen Waffen aus ihrem eigenen Arsenal zur Verfügung zu stellen, so die Quelle weiter. Die Franzosen nutzten einen ‚Geheimfonds für Auslandsoperationen‘, um modernste Kommunikationstechnik und russische Waffen zu kaufen.“

Nach den ersten Informationen über Waffen aus Kroatien via Jordanien an die "Rebellen" in Syrien ist Berichten zufolge nun bekannt, wer die "große Luftbrücke von Waffen für die syrischen Rebellen via Zagreb" organisierte: Die USA, unterstützt von Großbritannien und anderen europäischen Staaten, trotz des geltenden Waffenembargos. Das meldete der britische Telegraph am 8. März 2013. Das Blatt berief sich auf einen neuen Bericht der kroatischen Zeitung Jutarnji list vom 7. März 2013, von der auch schon die ersten Informationen stammten. Danach organsierten US-Beamte den Waffendeal, Saudi-Arabien bezahlte und Jordanien und die Türkei halfen mit 75 Flugzeugeinsätzen von Zagreb aus beim Transport der 3.000 Tonnen Waffen, die dann von jordanischem Territorium aus zu den "Rebellen" in Syrien gebracht wurden. Inzwischen wurde auch gemeldet, dass Großbritannien die Hilfen für die „Rebellen“ ausweiten und auch gepanzerte Fahrzeuge an diese liefern will. Zu Recht verlangt die russische Regierung, die sich für eine friedliche Lösung einsetzt, über die Hilfe für die „Rebellen“ und die Waffenlieferungen an diese aufgeklärt zu werden.

Solche Berichte belegen, dass und wie die führenden westlichen Regierungen und ihre arabischen Verbündeten weiterhin jeglichen tatsächlichen Versuch für eine friedliche Lösung und ein Ende des Krieges gegen und in Syrien ignorieren und torpedieren. Es geht ihnen weiter nur um den Sturz des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, wofür ihnen fast jedes Mittel Recht ist, bloß bisher nicht der Einsatz eigener Soldaten. Das bestätigt u.a. US-Außenminister John Kerry, nach dessen Worten zahlreiche Länder an der militärischen Ausbildung von syrischen Aufständischen beteiligt sind, wie die Agenturen am 6. März 2013 berichteten: Assad müsse diese Zeichen richtig deuten, fügte Kerry, der sich in Katar aufhielt, hinzu.“ In diese Reihe gehört, dass der ehemalige US-Botschafter in Syrien, Robert Ford, laut junge Welt vom 6. März 2013 kürzlich deutlich machte, dass Washington die Aufständischen weiterhin anhalte, keine Gespräche mit der syrischen Regierung aufzunehmen, solange sie nicht ihre militärischen Positionen gestärkt hätten. Laut der libanesischen Tageszeitung Al-Akhbar vom 4. März 2013 habe Ford die Einnahme von Damaskus als entscheidend bezeichnet. Die Schlacht um die Hauptstadt sei nicht vorbei. Dazu passt weiterhin, dass die Arabische Liga den syrischen Platz an die vom Westen gesteuerte „Nationale Koalition“ vergab und die syrische Regierung ausgeschlossen hat. Die „Opposition“ dankt passenderweise „insbesondere Saudi-Arabien, Katar, Ägypten und anderen Golfstaaten, für diesen wichtigen politischen Schritt“. Solche Haltungen wie die der libanesischen Regierung sind leider nur Einzelpositionen: „Der Libanon forderte dagegen die Arabische Liga auf, die Aussetzung der Mitgliedschaft Syriens rückgängig zu machen, um zum Dialog zurückzukehren.“

Die westlichen Regierungen und ihre arabischen Verbündeten sind damit die wahren Verantwortlichen für das nicht endende Blutvergießen in dem Land. Sie sind auch verantwortlich für Aktionen der „Rebellen“ wie die Geiselnahme der philippinischen UN-Beobachter auf dem Golan, die zum Glück inzwischen wieder freigelassen wurden. Sie könnten zum Frieden beitragen, wenn sie wollen – sie wollen aber nicht zu einem Frieden beitragen, der nicht ihren Interessen entsrpicht, wie eine kleine Meldung im August 2012 schon zeigte: „Westliche Diplomaten haben laut Syriens Außenminister Walid Muallem Syrien versprochen, die Krise im Lande zu regeln, wenn Damaskus seine Beziehungen mit dem Iran und der schiitischen Gruppierung Hesbollah abbricht.“ Das berichtete RIA Novosti am 28. August 2012 auf Grundlage eines Interviews des britischen Independent mit dem syrischen Außenminister.

Kerrys „Hoffnung“, dass Syriens Präsident Assad  an den Verhandlungstisch zurückkehrt, um eine „friedliche» Lösung“ für den seit zwei Jahren andauernden Konflikt zu finden, ignoriert nicht nur die Tatsache, dass die syrische Regierung sich mehrfach bereit erklärt hatte, zu verhandeln. Sie ignoriert auch, dass es immer die sogenannte, vom Westen unterstützte Opposition war, die Verhandlungen entweder ablehnte und erwartungsgemäß nicht annehmbare Vorbedingungen stellte. Der Westen unterstützt mit seinem tatsächlichen Handeln all jene, die gar nicht an eine friedliche Lösung im Interesse der Menschen in Syrien denken. Dass all jene, die nur an dem Sturz des syrischen Präsidenten interessiert sind, egal, wie viele Menschen dafür sterben müssen, weiter an diesem Ziel festhalten, dazu trägt auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon bei. Er sprach sich in einem Interview mit dem österreichischen Nachrichtenmagazin profil dafür aus, eine Anklage von Syriens Präsident Bashar al-Assad vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) zu debattieren. „‚Meine Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, hat erklärt, dass dieser Fall vom Internationalen Strafgerichtshof behandelt werden sollte. Und auch ich unterstütze eine Diskussion hierüber‘, so Ban Ki-moon laut Vorausmeldung des profil", schrieb der österreichische Standard am 9. März 2013. Ja, warum denn mit einem verhandeln, der auch international als „Verbrecher“ abgestempelt wird. So werden jegliche möglichen Verhandlungen von vornherein verhindert. Da kann die syrische Führung so oft sie will ihre Bereitschaft zum Dialog wiederholen (siehe auch junge Welt vom 9. März 2013).

Der Krieg gegen und in Syrien hat längst „afghanische“ Dimension erreicht: „Militante Tschetschenen aus Russland kämpfen nach Aussage von Experten in größerer Zahl auf der Seite der syrischen Rebellen. Auch syrische Militärs sprechen von Dutzenden, möglicherweise 100 Islamisten aus dem Nordkaukasus, die sich dem Aufstand gegen den von Russland unterstützten Präsidenten Baschar al-Assad angeschlossen haben. Neben Koranschülern seien kampferprobte Islamisten in Syrien, die ihre militärischen Erfahrungen in den den beiden Tschetschenien-Kriegen in den 1990er Jahren gesammelt hätten. In Oppositionskreisen ist davon die Rede, dass die Tschetschenen nach Libyern das zweitgrößte Kontingent an ausländischen Kämpfern stellen.“ Das berichtete der österreichische Standard am 7. März 2013. Inzwischen kämpfen Berichten zufolge auch hunderte junge Europäer in Syrien mit, darunter laut Zeitung La Libre Belgique vom 9. März 2013 mindestens 70 Belgier. Danach sprach Michele Coninsx, Vorsitzende der europäischen Einheit der Ermittlungs-  und Vollzugsbehörden Eurojust, in einem Radiointerview von "Dutzenden junger Flamen" aus Antwerpen, Mechelen und Vilvoorde. Es handele sich aber um ein „breiteres Phänomen“. Eurojust sei „besorgt“ und schätze, dass mehrere hundert Europäer nach Syrien gegangen seien, um mit den „Rebellen“ in Syrien zu kämpfen.


Nachtrag vom 11.3.2013: Inzwischen hat Spiegel online einen Kommentar von Susanne Koelbl veröffentlicht, in dem u.a. zu lesen ist: "Präsident Baschar al-Assad muss gehen, vorher gibt es keine Verhandlungen in Syrien - das ist die Position des Westens. Die Forderung ist fatal, denn sie verlängert das Blutvergießen. So wird das Land in Anarchie versinken, zerstört und zerstückelt in Kriegsfürstentümer und islamistische Enklaven." Keine besondere Erkenntnis und spät kommt sie auch bei einem Mainstream-Medieum wie Spiegel online, aber sie kommt immerhin.

Ich stimme der Autorin nicht bei ihrer "halben Wahrheit", in Syrien kämpfe "ein Volk verzweifelt um die Freiheit, gegen eine Diktatur", zu. Es ist nicht das syrische "Volk", das zu den Waffen gegriffen hat und es wird auch nicht von der syrischen Armee bekämpft. Immerhin schreibt sie nicht, dass Russland auf der anderen Seite das tut, was der Westen tut, um Assad zu stürzen, bis auf "Russland wird seinen Einfluss in der Region ebenfalls nicht kampflos aufgeben", aber Belege dafür bleibt sie schuldig. Das wird auch von anderen immer wieder behauptet, so nach dem Motto "sind ja alle gleich", aber es fehlen Beweise dafür, während die für das Kriegstreiben der westlichen Staaten und ihrer arabischen Verbündeten immer mehr werden, was auch bei der Autorin anscheinend zum Nachdenken führte. Der Satz "Durch die einseitige Dämonisierung der Assad-Regierung und mit der von den USA aufgestellten Vorgabe, nichts sei denkbar, bevor der Despot nicht zurücktrete, hat der Westen eine Lösung durch Verhandlungen blockiert ..." hätte auch von mir sein können, sinngemäß ist er längst in meinen zahlreichen Texten zum Thema zu finden. Darum, wer zuerst welche Erkenntnis hatte, geht es aber nicht. Es geht darum, dass die Hoffnung, dass sich endlich die Vernunft auf allen am Krieg gegen und in Syrien beteiligten Seiten doch noch durchsetzt, damit dieses Blutvergießen und die Zerstörung dieses Landes endlich endet, dass diese Hoffnung nicht auch sterben muss ...

aktualisiert am 11.3.2013, 21.06 Uhr

Dienstag, 5. März 2013

Ein Film gegen den Krieg

Israel/Palästina: Arte zeigte am heutigen 5. März den beeindruckenden Film "Töte zuerst!". Er ist noch sieben Tage lang online nachzusehen. Die ARD zeigt ihn am 6. März.

Der Film von Dror Moreh ist beeindruckend bzw. er hat mich sehr beeindruckt. Er hat meine Frage, wann dieser Wahnsinn des Krieges Israels gegen die Palästinenser endlich aufhört, nicht beantworten können. Aber es hat mich beeindruckt wie der Ex-Geheimdienstchef Avraham Shalom gegen Ende des Filmes sagt, dass er für den Frieden mit jedem reden würde, auch mit der Hamas und mit Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad, dass es anders gar nicht geht. Es hat mich beeindruckt, wie einer seiner Nachfolger, Yaakov Peri, sagt, dass er nach all den Jahren im Schin Bet und dem dabei Erlebten und selbst Getanem, "ein bisschen nach links" gerückt ist. Und es hat mich beeindruckt, wie ein anderer der sechs Geheimdienstchefs, Ami Ayalon, heute festestellt: "Wir gewinnen alle Schlachten. Aber wir gewinnen nicht den Krieg."

Was muss noch passieren, dass die heute Verantwortlichen in Israel schneller zu solchen Erkenntnissen kommen und danach handeln und ihren Teil dazu beitragen, um endlich all das Leid auf beiden Seiten zu beenden und den Menschen, egal ob Israelis oder Palästinenser, das zu geben, was eigentlich alle nur wollen: Frieden?

Ich kann nur jedem und jeder, die ihn verpassten, empfehlen, den Film zu gucken.

Hier gibt es mehr Informationen zum Film und kann der Film in der arte-Mediathek noch sieben Tage lang nachgesehen werden.

Am 6. März ist er 22.45 Uhr nochmal bei der ARD zu sehen. 

Sonntag, 3. März 2013

Syrien: Der Krieg wird verlängert

Alle westlichen Reden von einer friedlichen Lösung scheinen nur Propaganda. Der Westen sorgt weiter dafür, dass der Krieg in und gegen Syrien verlängert wird, die EU vorneweg.

Die EU hat nun auch die Schwelle vom verdeckten zum offenen Krieg überschritten, wenn stimmt, was Spiegel online am heutigen 3. März 2013 meldet: "Offiziell verlautete in der vergangenen Woche in Brüssel lediglich, neben 'nicht-tödlicher Ausrüstung' könnten die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft den Rebellen zudem 'technische Unterstützung' anbieten. Nach SPIEGEL-Informationen haben die EU-Staaten aber intern klargestellt, dass damit auch die Ausbildung von Kämpfern an Waffen gemeint ist.
In Brüssel geht man davon aus, dass Großbritannien und möglicherweise auch Frankreich Militärberater entsenden werden. Deutschland werde keine Experten schicken, heißt es aus Kreisen der Bundesregierung."

Dem Bericht zufolge spricht sich aber Wolfgang Ischinger, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, dafür aus, den "Rebellen" Waffen zu liefern. Der begründet das u.a. mit dem Krieg in Bosnien in den 90er Jahren. Ischinger meint, es habe damals nichts geholfen, sich lange Zeit aus dem Konflikt herauszuhalten. Ganz unabhängig von dem Wahrheitsgehalt der behauptung, der Westen habe sich aus den Koflikten im zerstörten Jugoslawien herausgehalten, verschweigt er die Rolle der EU und der Bundesrepublik beim Ausbrechen der damaligen Kriege. Jegliche Warnung wie z.B. die des damaligen UN-Generalsekretärs Perez de Cuellar im Dezember 1991 vor den Folgen einer einseitigen Parteinahme zugunsten derer, die Jugoslawien zerstören wollten, wurde ignoriert. Das ist eine der Parallelen zum Krieg gegen und in Syrien und der Rolle des Westens dabei. Ischinger spricht erwartungsgemäß von der "Schutzverantwortung" für die syrische Bevölkerung. Würde der Westen eine solche Verantwortung tatsächlich haben und ernst nehmen, müsste er stattdessen alles für ein Ende des Krieges in Syrien tun. Aber das Gegenteil geschieht, denn es geht ja um die strategischen Interessen der Bundesregierung und des Westens, von denen Ischinger immerhin spricht.

Einem Bericht der New York Times vom 28. Februar 2013 zufolge trainiert die CIA schon seit 2012 "Rebellen" in Jordanien. Das machen die US-Amerikaner bereits gemeinsam mit ihren europäischen Verbündeten, wie die Times am 1. März 2013 meldete (siehe auch die Meldung von Al-Manar vom 1. März 2013), was auch die Spiegel online-Meldung bestätigt. Sie sind sich ja auch einig in ihren Zielen, wie ein Bericht der FAZ vom 27. Februar 2013 zeigte: "Frankreich und die Vereinigten Staaten wollen die syrische Opposition im Kampf gegen Baschar al Assad stärker unterstützen. Das bekundeten die Außenminister Laurent Fabius und John Kerry am Donnerstag in Paris."

Dass der Westen längst "in Syrien heimlich Krieg führt", war schon im letzten Jahr selbst bei Spiegel online am 26. Juli 2012 zu lesen. Der Westen sehe nicht tatenlos zu, hieß es in dem Bericht, der Markus Kaim von der regierungsfinanzierten Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) zitierte: "Man kann inzwischen von einem militärischen Engagement sprechen."

aktualisiert um 13.05 Uhr

Freitag, 1. März 2013

Syrien: Zwischen Frieden und Regimewechsel

Widersprüchliche Nachrichten treffen ein: Die USA sind angeblich bereit zu einer friedlichen Lösung. Gleichzeitig trainieren sie die "Rebellen".
Es scheint, als wäre ein Ende des Krieges gegen und in Syrien in Sicht und eine friedliche Lösung des Konfliktes möglich. Darauf deutet folgende Meldung von RIA Novosti am heutigen 1. März 2013 hin: "Russlands Präsident Wladimir Putin und sein US-Kollege Barack Obama haben sich bei einem Telefonat am Freitag auf eine engere Zusammenarbeit in Sachen Syrien verständigt. Die Außenminister beider Staaten, Sergej Lawrow und John Kerry, sollen neue Anregungen konzipieren, damit der seit fast zwei Jahren andauernde Konflikt friedlich beigelegt werden kann, wie der Kreml mitteilte." Putin habe betont, dass es notwendig sei, dass die Kampfhandlungen in Syrien schnellstmöglich beendet werden.

So weit so gut, das klingt nach Hoffnungszeichen. Aber es könnte ein trügerisches Zeichen sein. Denn ungeachtet der angeblichen Bereitschaft zu einer friedlichen Lösung meldete die New York Times zwei Tage zuvor, dass die US-Regierung die "Rebellen" in Syrien verstärkt unterstützen wollen. Sie sollen in einer US-Basis in der Region trainiert werden und "nichttödliche" Ausrüstung erhalten, die ihnen bei ihrem Krieg gegen Präsident Bashar al-Assad und die syrische Armee hilft. Das Training der "Rebellen" sei bereits im Gang und istt laut der Zeitung die bisher direkteste Einmischung der USA in den Krieg in und gegen Syrien. Eines der Ziele der verstärkten Unterstützung sei, Verhandlungen für einen Regimewechsel in Syrien zu erzwingen, in dem Assad klar werden soll, dass die "Rebellen" die Lage beherrschen. “He needs to know that he can’t shoot his way out of this", soll Außenminister Kerry gesagt haben.

Die USA rücken nicht von ihrem seit fast zwei Jahren verkündeten Ziel, Assad zu stürzen, ab, das sie mit den "Rebellen" teilen. Das bestätigte Kerry laut New York Times vom 28. Februar 2013 nach einem Treffen mit dem Führer der vom Westen zusammengezimmerten Nationalen Koalition Moaz al-Khatib. Dem Bericht zufolge trainiert die CIA seit letztem Jahr syrische "Rebellen" in Jordanien.

Angesichts solcher Nachrichten bleibt abzuwarten, ob wirklich alle Beteiligten an einer friedlichen Lösung und einem Endes des Krieges interessiert sind. Es sieht leider weiter danach aus, dass mindestens zwei der Beteiligten, die "Rebellen" samt ihrer westlichen Förderer und Unterstützer, erst und endlich Assad stürzen wollen, bevor wieder Frieden in das kriegsgeschundene Land einziehen kann. Dabei wäre und ist Frieden die Voraussetzung für Veränderungen, über welche die syrische Bevölkerung insgesamt selbst entscheiden soll, nicht einzelne Gruppen mit ihren begrenzten Interessen. Eins ist auch klar: Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) warten schon auf die Bitten aus Syrien um Hilfe und Kredite, von welcher Regierung auch immer, wenn es darum geht, all das Zerstörte wieder aufzubauen. Dann wird die neoliberale Zurichtung des Landes, die unter Assad begann, um Einiges deutlicher fortgesetzt. Dieses Ergebnis des Krieges gegen und in Syrien dürfte sicher sein, egal, ob sich die USA und Russland einigen.