Bitte beachten:

Mit deutsch- und volkstümelndem sowie rechtsextremem und faschistischem Gedankengut habe ich nichts am Hut und nichts zu tun!

Freitag, 27. April 2012

Bereiten die USA Angriff auf Syrien vor?

Syrien droht immer noch eine militärische Intervention der westlichen Staaten und ihrer türkischen und arabischen Partner, so wie in Libyen vor einem Jahr. Erst vor zwei Tagen hat Frankreich wieder damit gedroht.
Es gibt Anzeichen, dass ein Angriff aus der Luft vorbereitet wird. Ende März hieß es, dass die USA die syrischen "Rebellen" mit Geld und Ausrüstung unterstützen wollen. Mitte April hieß es, für 12 Millionen Dollar sollen Kommunikationsgeräte und medizinische Güter an diejenigen geliefert werden, die gegen Präsident Bashar al-Assad kämpfen. Aha, dachte ich, als ich das Ende März las: Bei dieser "Kommunikationstechnik" könnten doch auch Laserzielgeräte für lasergelenkte Luft-Boden-Raketen bzw. Bomben dabei sein. Solche wurden in Afghanistan, im Irak, in Libyen, in Jemen und auch in Pakistan eingesetzt.
Ich habe diesen Gedanken nicht weiter verfolgt. Gestern dachte ich kurz wieder daran, als ich fragte, ob US-Präsident Barack Obama eventuell die Drohnen vom Jemen gleich nach Syrien weiterschickt. Heute nun stieß ich durch Zufall auf einen Online-Bericht des iranischen Sender Press TV vom 14. April 2012, in dem der US-amerikanische Autor Webster Tarpley darauf hinweist, dass zu der Kommunikationstechnik auch Laserzielgeräte und GPS-Handys gehören, mit denen Ziele für Bomben markiert werden können. Die würden seines Wissens nach Syrien gebracht, um die "Rebellen" gegebenenfalls auch als Zielmarkierer für Bombenabwürfe einzusetzen. Diejeinigen, die sie einsetzen sollen, könnten als Journalisten oder Zivilisten getarnt sein. Westliche und arabische Spezialeinheiten sind zudem ja schon im Einsatz in Syrien.
Ein kurzer Exkurs zu dieser Technik: "Schon seit dem Vietnamkrieg ist die Technik der lasergelenkten Bomben bekannt. ... Diese Technik ist heute nahezu perfektioniert und gewährleistet in der Regel die präzisesten Treffer wobei das Ziel bis zum Aufschlag der Bombe durch einen Laserstrahl "markiert" werden muss." (Quelle hier)
"Spezialeinheiten müssten den Bomben den Weg weisen. Dazu müssen Soldaten im Feindesgebiet Objekte per Laser markieren, damit die Bomben das Ziel erkennen." (eine Meldung aus dem Afghanistan-Krieg 2001)
Weitere Informationen dazu gibt es unter anderem hier und hier.

Da ist Obamas Ankündigung, dass Assads Tage gezählt seien. Wird der Präsidentenpalast in Damaskus schon als Ziel markiert? Wird nur noch auf einen Anlass gewartet, um der Weltöffentlichkeit erklären zu können, dass die "internationale Staatengemeinschaft" in Gestalt der "Freunde des syrischen Volkes" gar nicht anders konnte, als Assad wegzubomben?

Nachtrag vom 2. Mai 2012: "NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hält ein NATO-Eingreifen in Syrien für nicht durchführbar. Im Gegensatz zu der vorjährigen Situation in Libyen, wo die NATO auf Basis eines klaren Mandats der Vereinten Nationen zum Schutz der dortigen Zivilbevölkerung operieren konnte, liege ein solcher Beschluss für Syrien nicht vor, sagte er laut Vorausmeldung vom Donnerstag dem deutschen Magazin "Cicero".
"In Libyen hatten wir die aktive Unterstützung der Länder aus der Region. Das ist in Syrien nicht der Fall", so Rasmussen. Das NATO-Mitglied Türkei hatte allerdings erklärt, es sehe die NATO in der Pflicht, ihm bei der Absicherung seiner Grenze zu Syrien zu helfen. Der im Artikel 5 des NATO-Vertrags vorgesehene Bündnisfall wurde erst einmal ausgerufen - nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001.
Die Opposition in Syrien bilde keine Einheit, und es gebe keine einzige Region, die bereits von der Opposition kontrolliert werde, sagte Rasmussen." (Quelle)

Donnerstag, 26. April 2012

Was Obama darf, darf kein anderer

US-Präsident Barack Obama hat schon Anfang März gesagt, des syrischen Präsidenten Baschar al-Assads "Tage sind gezählt". "Das ist keine Frage des Ob, sondern des Wann." Weil Assad ja die Demonstranten beschießt und umbringt, welche gegen ihn protestieren.
Assad sagt, das geht nicht anders, weil das ja "bewaffnete terroristische Gruppen" sind. Die wollen das Land in ein Chaos stürzten und destabilisieren, sagt der syrische Präsident. Mit denen könne er keinen Frieden machen.
Vielleicht sollten die beiden Präsidenten sich mal zusammensetzen. Nicht um gemeinsam rauszufinden, wie das mit Demokratie und Menschenrechten geht. Nein, Obama könnte seinem syrischen Amtskollegen Tipps geben, wie gegen jene vorgegangen werden kann, die als "Terroristen" gelten oder verdächtig sind, solche zu sein: Er hat aktuellen Meldungen zufolge "dem Geheimdienst CIA ... grünes Licht für den verstärkten Einsatz von Kampfdrohnen im Jemen gegeben. Künftig könnten unbemannte Flugzeuge der Amerikaner in dem Land ihre Raketen schon bei blossem Verdacht auf terroristische Aktivitäten abfeuern ... ."
Zweifel werden anscheinend gleich beiseite geschoben: "Es müsse nicht mehr eindeutig feststehen, wer bei den Attacken getötet werden könnte. Bis jetzt durften sich die Schläge nur gegen Terroristen richten, die auf Geheimdienst- und Militärlisten geführt werden."
Beide Präsidenten geben als Grund an, dass sie nur so für Sicherheit sorgen können und ihr Land schützen müssen. Der Unterschied: Der Friedensnobelpreisträger Obama macht das in einem souveränen Staat, in dem er eigentlich nichts zu sagen und nichts zu suchen hat. Der syrische Präsident macht das in seinem eigenen Land. Das ist schon was anderes. Das geht so nicht. Vielleicht überlegt ja Obama schon, die Drohnen einfach weiter fliegen zu lassen, Syrien ist ja nicht so weit vom Jemen entfernt ... Denn Assads "Tage sind gezählt".


Die Website pakistanbodycount.org zählte bisher 3.903 Tote und Verletzte infolge von Drohnenschlägen seit 2004 in Pakistan. (pakistanbodycount.org/)

Mittwoch, 25. April 2012

Brüchige Waffenruhe in Syrien

Das wird am heutigen 25. April aus Syrien gemeldet:
"Der anhaltende Bruch der von den Vereinten Nationen vermittelten Waffenruhe in Syrien wird nach UNO-Angaben von Satellitenbildern und weiteren glaubwürdigen Quellen belegt. Trotz der Zusage aus Damaskus sei der vom Sondergesandten Kofi Annan ausgehandelte Abzug aller schwerer Waffen aus Wohngebieten nicht erfolgt, sagte sein Sprecher Ahmad Fawzi am Dienstag in Genf. Das sei inakzeptabel, erklärte er.
 
Annan habe den UNO-Sicherheitsrat über die derzeitige Lage informiert und die syrische Regierung aufgerufen, dem Waffenstillstandsabkommen voll und ganz nachzukommen. Auch wisse Annan, dass es mit dem Eintreffen von UNO-Beobachtern in den Konfliktgebieten zu kurzen Gefechtspausen komme. «Wenn sie da sind, schweigen die Waffen. Wir haben glaubwürdige Berichte, wonach der Beschuss wieder beginnt, wenn sie weg sind», erklärte Fawzi." (TagesAnzeiger, Schweiz) siehe auch UN-TV

"Die syrische Regierung verweigert laut Herve Ladsous, dem UN-Vizegeneralsekretär für Friedensoperationen, den UN-Beobachtern aus den Ländern, die sich an der Tätigkeit der Gruppe der „Freunde Syriens“ beteiligen, die Einreise ins Land, meldet die AFP unter Hinweis auf die UN-Botschafterin der USA,  Susan Rice.
Ladsous teilte mit, dass Damaskus bereits eines der Mitglieder der ersten Beobachtergruppe nicht ins Land gelassen hat. Rice zufolge bezeichnete er solche Handlungen als vom Standpunkt der Uno aus absolut unzulässig." (RIA Novosti)

Das klingt nicht gut. Und natürlich erscheint die syrische Regierung als die böse Seite, als diejenige, die den Waffenstillstand und eine friedliche Lösung nicht will. Gegen diesen einseitigen Anschein sei an Folgendes erinnert: "Die ölreichen Monarchien am Persischen Golf haben der syrischen Opposition in Istanbul 100 Millionen Dollar versprochen. Damit könnten Assads Gegner Waffen kaufen und eine Söldnertruppe anwerben. Nicht allein deshalb gab es heftige Kritik Russlands an der Konferenz in der Türkei.
Abdullah ibn Abd al-Aziz und Hamad ibn Chalifa Al-Thani haben keine Lust mehr, so zu tun als ob. Der König von Saudi-Arabien und der Emir von Katar beendeten in der Nacht zum Montag bei der Konferenz der »Freunde Syriens« nun auch öffentlich ihr vermeintliches Bemühen um eine friedliche Lösung der Konflikte in Syrien. 100 Millionen Dollar sollen die bewaffneten Gruppen der Regierungsgegner in diesem Quartal erhalten. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate wollen sich an der Finanzierung beteiligen.
Die Monarchen äußerten sich nicht selbst, sondern überließen es Molham al-Drobi, einem der Begünstigten, den Coup gegenüber der »New York Times« öffentlich zu machen. Drobi, der in Istanbul für den Syrischen Nationalrat (SNR) sprach, nahm kein Blatt vor den Mund. Man wolle mit dem Geld vor allem im Ausland Waffen kaufen, eine Guerilla-Truppe bezahlen und weiteren Angehörigen der syrischen Armee einen »Anreiz zur Desertion« geben. Das 47-jährige Führungsmitglied der Muslimbruderschaft wurde einst in der syrischen Provinz Homs geboren, lebt aber seit Langem im Exil in Toronto (Kanada). Nach der politischen Offenherzigkeit seiner Sponsoren muss Drobi nun auch keine Rücksicht mehr auf die Annan-Mission nehmen. Ohnehin hatten die im SNR organisierten Exilpolitiker nicht vor, auf Einladungen zum Dialog bzw. Trialog mit Vertretern der syrischen Regierung und UN-Vermittler Kofi Annan einzugehen." (Neues Deutschland, 3. April 2012)

"Die »Freunde Syriens« haben ihre Perspektive für den »Regime change« in Damaskus bekräftigt. Auf einem Treffen am Sonntag in Istanbul erkannte das selbsternannte Gremium den oppositionellen Syrischen Nationalrat (SNR) als »legitimen Vertreter des syrischen Volkes« an und stimmte zu, diesen finanziell, politisch und logistisch zu unterstützen. Eine Arbeitsgruppe soll prüfen, welche weiteren Sanktionen gegen Syrien verhängt werden können. Kofi Annan, der als Syrien-Beauftragter der Arabischen Liga und der Vereinten Nationen für einen Plan wirbt, mit dem die Gewalt in Syrien beendet und ein nationaler Dialog aufgenommen werden soll, erhielt zwar nominell die Unterstützung des Treffens. Gleichzeitig hieß es aber, Damaskus müsse eine Frist gesetzt werden, den Plan umzusetzen. US-Außenministerin Hillary Clinton schließlich dekretierte: »Die Welt wird nicht zögern, Assad muß gehen.«" (junge Welt, 3. April 2012)

Ich hatte schon geschrieben, dass es verwunderlich wäre angesichts der vielen Gruppen und Kräfte, die im syrischen Konflikt mitmischen, wenn der Waffenstillstand und eine friedliche Lösung tatsächlich zustande kommen. Dass die immer noch souveräne Regierung des immer noch souveränen Staates Syrien ein Problem mit den Beobachtern aus den Ländern der "Freunde des syrischen Volkes", wie sie sich ja vollständig nennen, und an der Aufrichtigkeit des UN-Planes hat, ist doch nur zu verständlich angesichts der Handlungen dieser Länder. Wenn dann noch die UN-Botschafterin der USA böse guckt dazu ...

Lutz Herden hat es auch im Freitag beschrieben: "Assad müsste die politische Identität Syriens aufgeben. Allein das würde seine Gegner überzeugen. Eine neue Verfassung, die der Baath-Partei das Machtmonopol entzieht, hat sie nicht überzeugt. Sie gilt als Täuschungsmanöver. Es bleibt also nur die ganz große Kapitulation. Weil Assad die verweigert und seine Armee nicht auseinanderläuft, sondern kämpft, wird die Schlacht um den einzigen säkularen Staat im Nahen Osten so bald kein Ende finden. Ein Waffenstillstand ändert daran wenig, ob er nun zwei Stunden dauert oder zwei Wochen oder gar nicht erst zustandekommt – es ist egal. Assads innere Gegner haben zu viele Opfer gebracht und seine äußeren wollen zu viel, als dass sie mit weniger als dem Regimewechsel zufrieden wären." (Freitag, 11. April 2012)

Und was die Bundesrepublik angeht, sei MdB Wolgang Gehrcke zitiert: "Offenkundig lautet die wichtigste Lehre für die Bundesregierung aus dem Libyen-Krieg, dass sie zumindest unter der Hand beim gewaltsamen regime change nicht abseits stehen darf, wenn sie der deutschen Wirtschaft Einfluss und Geschäftschancen in Syrien sichern will. Deshalb beteiligt sie sich an der Arbeitsgruppe "syrische Wirtschaftspolitik in der Nach-Assad-Zeit" der selbst ernannten "Freunde des syrischen Volkes". Der syrischen Wirtschaft soll von außen ein neoliberales Konzept verordnet werden, um den wirtschaftlichen Einfluss in Syrien, den Umbau von Staatsindustrie, wetteifern die Türkei, die Golfstaaten, aber auch die alten Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien. Wo so viel zu holen ist, will Deutschland nicht zurückstehen." (Pressemitteilung vom 2. April 2012)
Die Bestätigung für diese Arbeitsgruppe ist in der Rede von Bundesaussenminister Guido Westerwelle vom 1. April 2012 zu finden: "In Tunis, the Friends' Group endorsed the idea of a Working Group on Economic Recovery and Development. Together with the United Arab Emirates, Germany has taken this idea forward. We are pleased that today the mandate for the group has been endorsed.
The UAE and Germany are willing to continue their engagement as co-chairs."

Nein, das sind alles keine guten Voraussetzungen für einen tatsächlichen und ernstgemeinten Waffenstillstand und für eine wirkliche friedliche Lösung. Es bleibt der Anschein, dass das auch gar nicht gewollt ist, vor allem nicht von jenen, die ununterbrochen den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad an den Pranger stellen. Sie wollen das Land gar nicht zur Ruhe kommen lassen, damit sie endlich in Syrien aufräumen können ... Auch wenn ich mich wiederhole: Alles andere wäre auch verwunderlich.

Die syrische Nachrichtenagentur SANA berichtet übrigens Folgendes über die Annans Lageeinschätzung: "UN Envoy to Syria, Kofi Annan, called for deploying 300 observers in Syria swiftly as their presence has 'positive effect'.
Annan told UN Security Council by video on Tuesday that on April 21st he received a letter from the Syrian authorities saying that they pulled back all their forces and heavy weapons from inside cities, adding that the Syrian government also informed him about the continued attacks committted by the armed groups against the soldiers and the state's properties.<br>Annan said "If this withdrawal is confirmed, this would be encouraging," adding however that “the only promises that matter are those that are respected.”
Diplomats quoted Annan as saying "The swift deployment of the UN observers' mission in Syria is crucial, although no solution is without risks."<br>He continued as saying "We need eyes and ears on the ground, able to move freely and quickly..Violence has dropped significantly after the arrival of a very small number of observers to Homs," adding that "the situation in Syria continues to be unacceptable."
Annan said "The observers mission will be deployed for three months, not for an indefinite time."

Bei der kanadischen CBC ist unter folgende Information zu lesen: " ... Rebels attack government forces
Meanwhile, rebels seeking to topple President Bashar al-Assad's regime launched three separate attacks on his security forces around Damascus on Tuesday, killing two ranking officers and rocking the capital with a booby-trapped car, activists and state media said.
The attacks took place as a UN team observing Syria's violence-ridden truce was visiting another area near the capital, the restive suburb of Douma. Activists and amateur videos reported shelling and gunfire in that area Tuesday, just a day after 55 people were killed across Syria - most of them in a city the observers had recently visited.
The Britain-based Syrian Observatory for Human Rights said one intelligence officer was killed in the capital's Barzeh neighbourhood but gave no information on how he died.
Anti-regime forces appear to be resorting to targetted assassinations of loyalist military officers. At least 10 senior officers, including several generals, have been gunned down in the past three months, many of them as they left their homes in the morning to head to their posts.
Separately, an army truck blew up as it was driving through downtown Damascus. The blast in Marjah Square near the Iranian Cultural Center left blood and shattered glass on the road. The truck's driver and two passengers in a nearby car were injured and taken to a hospital. ..." 
So viel dazu, wie s um die Waffenruhe steht.

Die Position der Bundesregierung wurde in der Regierungspressekonferenz am 13. Februar 2012 durch den Pressesprecher des Auswärtigen Amtes, Andreas Peschke, deutlich erklärt: "Die deutsche Position in dieser Frage ist klar. Die Bundesregierung unterstützt die Kräfte der syrischen Opposition dabei, eine gemeinsame schlagkräftige Opposition gegen das Assad-Regime aufzubauen. Sie wissen, dass es bisher innerhalb der Opposition verschiedene Strömungen und organisatorische Defizite gegeben hat. Wir glauben, dass es höchste Zeit ist, diese Defizite und diese Fragen schnellstmöglich zu klären, um dem Assad-Regime in einer breiten geeinten Front begegnen zu können.
In diese Richtung gab es immer wieder wichtige Schritte, so Treffen der syrischen Opposition im Ausland an verschiedenen Stellen, zum Beispiel in Kairo und in Istanbul. Die Bundesregierung hat das immer wieder nach Kräften unterstützt und steht mit dem Syrischen Nationalrat – das ist die prägnanteste Vertretung der syrischen Opposition – in einem engen Kontakt. Außenminister Westerwelle ist selbst einmal mit dem Vorsitzenden des Syrischen Nationalrats zusammengetroffen und hat mehrere Male mit ihm telefoniert. Wir versuchen, diese Tätigkeit der syrischen Opposition zu stärken und zu unterstützen und wissen uns darin mit unseren Partnern in der Europäischen Union und auch mit den Vereinigten Staaten von Amerika einig." 

Sie heucheln, wenn sie behaupten, sie würden Annans Friedensplan unterstützen.

Montag, 23. April 2012

Fragen zu Hama

Es gibt zahlreiche vorschnelle Antworten zu einem angeblichen Massaker.
Ist es so einfach wie es in der heutigen Meldung von RIA Novosti heißt: "Syrische Armee schießt wahllos auf Zivilisten - 20 Tote in Hama"? "Beim Artilleriebeschuss durch die Regierungskräfte in der syrischen Stadt Hama sind am Montag mindestens 20 Menschen gestorben. Rund 60 Menschen wurden verletzt, meldet Reuters unter Berufung auf Augenzeugen.
Wie ein Ortsansässiger der Agentur telefonisch mitteilte, waren am Morgen Panzer und Artillerie in die Stadt eingerückt und hatten auf Menschen auf den Straßen geschossen. Einige Häuser seien in Brand geraten."

In einer anderen Meldung heißt es dazu: "Die Soldaten hätten mit schweren Maschinengewehren das Feuer eröffnet und 33 Menschen getötet, teilte das in Großbritannien ansässige Syrische Observatorium für Menschenrechte mit. Der Aktivist Musab Alhamadee berichtete via Internet aus Hama von rund 50 Todesopfern."
Ist das nun das Ereignis, das ich befürchtet habe, mit dem der Waffenstillstand aufgehoben und ein Grund für eine westliche Intervention, in welcher Form auch immer, gegeben ist? Ist es das Ereignis, das beweist, dass die UN-Beobachtermission zum Scheitern verurteilt und sinnlos ist?
Das habe ich am 18. April geschrieben: "Wer will bzw. kann dieses brisante Gemisch unter Kontrolle halten? Ist angesichts dessen der Waffenstillstand und die UN-Beobachtermission dazu nicht von vorneherein zum Scheitern verurteilt?"
Zuvor hatte ich am 13. April in einem Kommentar befürchtet, was jetzt passiert sein könnte: "Ich bin gespannt, ob es demnächst in Syrien ein Ereignis gibt, eine militärische Aktion oder eine Gräueltat einer Einheit der syrischen Armee, das den bewaffneten "Rebellen", die uns als "die Opposition" medial verkauft werden, den Anlass bietet, aus dem Waffenstillstand auszusteigen. Solch ein Anlass kann provoziert werden, oder im wahrsten Sinne des Wortes auch "getürkt", oder einfach auch durch einen Armeeoffizier, der von der Zentralmacht nicht unter Kontrolle gehalten werden kann ...
Ich hoffe, dass so etwas nicht passiert, aber ich würde mich nicht wundern, wenn es geschieht ..."

Noch hoffe, ich, dass das Schlimme, was anscheinend in Hama geschehen ist, nicht so völlig grundlos wie gemeldet passiert ist, auch nicht wegen der angeblichen Rache für den Jubel für die UN-Beobachter in Hama. Die Angaben zu dem, was passiert sein soll, sind unterschiedlich, Artilleriebeschuss ist etwas anderes als Maschinengewehrfeuer (auch wenn beides nicht gut ist) ...
Sollte sich der russische Aussenminister Sergej Lawrow so geirrt haben, als er am 19. April sagte: "Man sollte den Zuschauern, Lesern und Hörern keine solchen simplen Konzeptionen anbieten. Wie stellen Sie sich das vor, dass es ein schlechtes syrisches Regime gibt? Dass es etwa jeden Morgen mit Panzern losfährt und auf Wohnviertel oder auf friedliche Demonstranten zu schießen beginnt, die es mit nichts provoziert haben?"
Ist das ein Versuch, den Interventionswettlauf endgültig in Gang zu bringen? Am 21. April war im Neuen Deutschland zu lesen: "Landesweit seien 16 Menschen ums Leben gekommen, erklären Vertreter der Opposition. Dies, so erklären ausnahmsweise einmal beide Seiten, geht auf Gefechte zwischen Armeeverbänden und Deserteuren zurück. Letztere machen in Internet-Botschaften gar keinen Hehl daraus, dass die Initiative dabei von ihnen ausging."
Ich weiß nur, dass auch in Syrien gilt, woran die Zeitung Die Presse aus Österreich am 13. März erinnerte: "Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer". Für die Frage, ob das auch in dem Fall so ist, und für alle anderen Fragen gilt: Ich weiß es nicht.
Nachtrag: Wer lange sucht, findet auch eine von möglichen Antworten, hier von der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP), dem "überwiegend aus Mitteln des Bundeskanzleramtes" bezahlten Thinktank. Für die SWP stellte Heiko Wimmen, der kürzlich in Berlin bekundete, dass er gern die NATO gegen Syrien wie einst gegen Jugoslawien im Einsatz sähe, im August 2011 immerhin fest: "Eine eindeutige Unterscheidung zwischen Fakten und Propaganda ist auch für Beobachter vor Ort kaum möglich. Verschiedene unabhängige Berichte deuten jedoch darauf hin, dass zumindest in einigen Fällen bewaffnete Gruppen mit islamistischer Orientierung inmitten der großen Mehrheit friedlicher Demonstranten operieren und systematisch auf eine Eskalation der Gewalt hinarbeiten."

Eins ist klar: Der Waffenstillstand ist von all jenen innerhalb und außerhalb Syriens nicht gewollt, die nur das eine Ziel kennen: Den Sturz Assads, den Regimewechsel. Ihnen nutzt solch ein Ereignis wie in Hama, wenn die Meldungen dazu stimmen. Dafür nehmen sie jedes Opfer in kauf, gerade jetzt, wo die UN-Beobachter im land sind. Die Antwort auf die Frage "Cui bono?" ist auch in diesem Fall klar.
Nur zur Erinnerung: "Der Syrische Nationalrat lehnt bis heute den Plan Kofi Annans ab und strebt keinen politischen Dialog an. Offiziell begründet er diese Haltung mit seiner Abneigung gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Der von Kofi Annan vorgelegte Friedensplan indessen baut gerade auf dem Prinzip des Dialoges zwischen der syrischen Regierung und dem gesamten Spektrum der syrischen Opposition auf." (russland-heute.de/articles/2012/04/23/syrische_opposition_in_moskau_14434.html)
Dieser Beitrag von "Russland heute" ist mehrfach interessant. Und auch hier ist eine mögliche Antwort zu finden: „Das Schlimmste an allem ist, dass die Anti-Assad-Kampagne mit fast einer Milliarde Dollar unterstützt wird. Dieses Geld wird den Bürgerkrieg noch lange schwelen lassen. Die Mittel werden in die Konfrontation investiert, nicht in eine friedliche Einigung“, wird Jewgenij Satanowskij, Präsident des Instituts für den Nahen Osten in Moskau, zitiert.


Das Szenario in Syrien gleicht anderen Konflikten, Kriegen und westlichen Interventionen zur Durchsetzung eigener Interessen, siehe Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen usw. Was dabei herauskommt ist gut zu beobachten, taucht aber nur wenig in den Mainstream-Medien auf. Ich empfehle dazu mal auf Suche nach aktuellen Meldungen aus Libyen in deutschen Medien zu gehen.
Natürlich lässt sich alles auch aus mindestens einer anderen Perspektive betrachten. Aber das macht eben den Unterschied der russischen Position zu der der führenden westlichen Staaten und ihrer arabischen Partner und Vasallen aus: Russland hat im Gegensatz zu deren Forderung von Anfang an und auch davor, dass Assad gestürzt werden muss, nie gefordert, dass Assad um jeden Preis syrischer Präsident bleiben muss. Wer solches glaubt, erliegt medialen Klischees über die Rolle Russlands in dem syrischen Konflikt. ich empfehle dazu einen Beitrag von RIA Novosti vom 31. Januar: "Ist Syrien noch zu retten?" (de.rian.ru/opinion/20120131/262578062.html) Natürlich lässt sich solches schwer zur Kenntnis nehmen, wenn die Vorurteile zu fest gefügt sind. Wie in dem erwähnten Beitrag von Russland heute ersichtlich, führt die russische Regierung intensive Gespräche mit der innersyrischen Opposition, die eine ganz andere Rolle in dem Konflikt spielt als der vom Westen bezahlte und unterstützte Syrische Nationalrat, der von der innersyrischen Opposition weitgehend abgelehnt wird.
Russland hat immer betont, das es nicht um Assad geht, sondern um eine friedliche Lösung des Konfliktes und dabei unter anderem darum, die syrische Souveränität und das Völkerrecht zu beachten. Ebenso unterstützt es den Annan-Friedensplan und hat gefordert, die UN-Beobachtermission aufzustocken. Wenn solche Ziele totalitär sind, müsste tatsächlich über Definitionen gestritten werden ... Russland hat im Gegensatz zum Westen sicher keine neokolonialen Interessen und Ziele in Nordafrika und Arabien, schon allein, weil die russische Führung sehr realistisch weiß, dass es diese gar nicht durchsetzen könnte.
Ich glaube nichts, was Lawrow sein könnte. Mich interessiert nur, welche politische Position er als russischer Aussenminister vertritt und einbringt in die Versuche, den syrischen Konflikt einzudämmen und aufzulösen. Und das scheint mir bisher nicht unvernünftig. Am Ende wird Russland wahrscheinlich wieder so behandelt wie beim Kosovo-Konflikt und den Verhandlungen in Rambouillet. Dazu habe ich ja schon Sonia Mikich zitiert.
Und was die Provokationen angeht: Selbst der BND weiß um ausländische Waffenlieferungen an syrische und nach Syrien eingedrungene ausländische "Rebellen", wie MdB Wolfgang Gehrcke von der Linksfraktion am 23. März in Berlin berichtete. Wer außerdem die Meldungen über ausländische, westliche und arabische Spezialeinheiten, die wie zuvor in Libyen nun in Syrien operieren, ignoriert, hat sicher seine Gründe dafür.
Ich bin weiter dafür, dem Schwarz-Weiß der Mainstream-Medien bei der Syrienberichterstattung mindestens den Blick in andere Quellen entgegen zu setzen, so weit und so begrenzt das möglich ist. denn ich bin mir sicher: Auch in Syrien gibt es nicht das einfache Gut-Böse-Schema, aber zumindest relativ klare Interessen der verschiedenen Kräfte, die in dem Konflikt mitmischen. Die Interessen der Syrer spielen dabei nicht die Hauptrolle, wie sich allein an der Differenz zwischen der fast einer Milliarde Dollar für die Anti-Assad-Kampagne laut Jewgenij Satanowskij, und der Tatsache, dass bislang lediglich nur etwa 20 Prozent der benötigten 84 Millionen US-Dollar für die syrischen Flüchtlinge aufgebracht wurden. (www.unhcr.de/presse/nachrichten/artikel/285597b90558de4b7b0ce66c47ebe01e/syrien-konflikt-unhcr-wartet-auf-spendengelder.html?L=%25D) Das sind Fakten, die Interessen deutlich machen. Ich bestreite nicht die russischen Interessen im derzeitigen Syrien und dass Russland versucht, seinen Einfluss halten zu können. Auch deshalb finden die Gespräche mit der innersyrischen Opposition statt. Aber "neokolonial" ist etwas anderes. Wichtig ist für mich die Frage, mit welchen Mitteln die jeweiligen Interessen durchgesetzt werden.

An der Sicht, dass Provokation nur eine Frage der Definiton ist, lassen mich solche Meldungen zweifeln: "Syrian troops heavily shelled a suburb of the capital Tuesday, and satellite imagery showed that Syria has failed to withdraw all of its heavy weapons from populated areas as required by a cease-fire deal, an official said.
The shelling came hours after rebels seeking to topple President Bashar Assad killed three regime officers in separate attacks around Damascus, activists and state media said, the latest violence targeting the security forces used by the government to quash dissent.
A bomb hidden in an army truck also exploded in the capital, wounding several people." (www.globaltvbc.com/world/syrian+troops+shell+damascus+suburb+special+envoys+office+says+heavy+weapons+not+withdrawn/6442627394/story.html)


Den westlichen Staaten geht es nicht um das Ziel, dass der Annan-Plan benennt: Stabilisierung des Landes. Sie wollen das Gegenteil, damit Syrien endlich reif für die Übernahme ist.
Assad hatte es bei aller Anpassung an neoliberale Vorgaben gewagt, sich weitestgehend „jeglicher Botmäßigkeit gegenüber westlichen Staatsinteressen zu widersetzen“, wie die Nahost-Wissenschaftlerin Karin Kulow in einer Analyse schreibt.
Und so gaben die Politiker aus dem Westen von Anfang an ein Ziel aus: den Sturz Assads. Für dieses Ziel, das laut Kulow schon 1997 in dem „Project For The New American Century“ festgelegt wurde, wird nun scheinheilig geheuchelt, das syrische Volk müsse vor dem „Schlächter“ in Damaskus bewahrt werden.

Europas Mauer und der ökonomische Putsch

Eine interessante Analyse zu den Versuchen, die Euro-Krise einzuhegen und in den Griff zu bekommen, brachte der Schweizer Tagesanzeiger am 23. April 2012:
"Mit einer Finanz-Brandmauer versuchen die Europäer, die Finanzmärkte in den Griff zu bekommen. Doch der wahre Feind lauert im Innern."
Ausführlich hier
In dem Zusammenhang sei ebenfalls hier auf einen Beitrag im DeutschlandFunk hingewiesen, der am 20. April 2012 gesendet wurde: "Der ökonomische Putsch oder was hinter den Finanzkrisen steckt - von Roman Herzog
Gezielte Spekulationsattacken auf ganze Volkswirtschaften, unantastbare Finanzagenturen, die Regierungen in die Knie zwingen, und ohnmächtige Politiker, die gebetsmühlenartig wiederholen, es gäbe keine Alternative: Europa befindet sich im Wirtschaftskrieg."

Zum Nachhören und -lesen hier

Samstag, 14. April 2012

1967: Israelischer Angriff auf US-Schiff "Liberty"

Aus gegebenem Anlass, den Kriegsdrohungen aus Israel gegen Iran, hier ein Text, den ich 2004 geschrieben habe. Er erschien am 8. Juni 2004 in der jungen Welt:
Auf den Tag genau heute vor 37 Jahren fehlten nur wenige Minuten bis zum Beginn eines Atomkrieges. Zwei A4-Jagdbomber starteten vom US-Flugzeugträger "America" mit Ziel Kairo, unter ihrem Rumpf Atombomben. Es sollte ein Vergeltungsschlag gegen Ägypten werden. Den Anlaß dafür gab ein Angriff auf das US-Spionageschiff "Liberty" in den internationalen Gewässern vor der Küste der Halbinsel Sinai. Doch das Schiff war nicht von Ägypten, sondern von israelischen Mirage-Jagdbombern und Torpedobooten angegriffen worden. Kurz bevor sie ihr Ziel erreichten, wurden die Atombomber gestoppt.

Für Israel handelt es sich bei dem Angriff auf die "Liberty" bis heute um eine "tragische Verwechslung". Der damalige Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, Schlomo Gazit, spricht in dem zu Wochenbeginn wiederholten BBC-Dokumentarfilm "Death in the Water" (2003) von Christopher Mitchell von einem "dummen Fehler". Das wird unter anderem mit der angeblichen Verwechslung mit einem deutlich kleineren ägyptischen Frachter begründet. Für die Überlebenden der "Liberty", wie Lloyd Painter, war es "kaltblütiger Mord" und der "bestgeplante Unfall" in der Marinegeschichte.

34 Seeleute des US-Schiffes kamen am 8. Juni 1967 ums Leben, 171 wurden verwundet. Die "Liberty" ging trotz der mehr als eine Stunde dauernden Angriffe nicht unter. Das unbewaffnete Schiff konnte später schwer beschädigt nach Malta gebracht werden. Notdürftig geflickt kam es im Juli des Jahres zurück in die USA, wo die Überlebenden in alle Himmelsrichtungen verteilt wurden. Ihnen wurde mit dem Kriegsgericht gedroht, falls sie irgend jemandem etwas davon erzählten, was sie erlebt hatten. Auf israelischer Seite Verantwortliche wie der damalige Mossad-Chef Rafi Eitan verweigern mit dem Hinweis auf ihre Loyalität gegenüber ihrem Land Auskünfte über die Hintergründe. In den USA sprechen zumindest Jahrzehnte später einige, wie der damalige US-Vizeaußenminister Lucius Battle, davon, daß das Schiff absichtlich angegriffen wurde. Das bezeichnet der ehemalige CIA-Chef Richard Helms in dem BBC-Film als "Fakt" und "unentschuldbar". Selbst der damalige US-Präsident Lyndon B. Johnson soll das laut Battle so gesehen haben.

Anfang dieses Jahres beschäftigte sich eine Konferenz in Washington mit inzwischen freigegebenen Dokumenten zu dem Vorfall. Dabei wurden zumindest die offiziellen Vertuschungen deutlich. Der Journalist James Bamford zitierte die eidesstattliche Erklärung von Ward Boston, der Mitglied des militärischen Untersuchungsausschusses zu "Liberty" gewesen war. In der Erklärung vom Oktober 2003 heißt es, daß der damalige US-Präsident Lyndon B. Johnson und sein Verteidigungsminister Robert McNamara den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses "die Schlußfolgerung" befohlen hätten, daß es sich bei dem Angriff "um einen Fall ›falscher Identität‹" gehandelt habe, "trotz überwältigender Beweise des Gegenteils". Bamford vermutet in seinem Buch über die National Security Agency (NSA), dem "mächtigsten Geheimdienst der Welt", die "Liberty" sollte versenkt werden, weil sie abhörte, was in Al Arish geschah. Dort massakrierten im Juni 1967 israelische Truppen unter Befehl des heutigen Regierungschefs Israels, Ariel Scharon, mehr als tausend ägyptische Kriegsgefangene.

Doch der BBC-Dokumentarfilm und das Buch "Operation Cyanide" des britischen Journalisten Peter Hounam sowie die Überlebenden verweisen auf Belege für einen ganz anderen Hintergrund: eine mögliche Verschwörung zwischen den USA und Israel gegenüber Kairo. Deren Ziel könnte es gewesen sein, durch das angeblich von Ägypten versenkte Schiff die USA auf seiten Israels in den Sechstage-Krieg von 1967 hineinzuziehen. Es habe einen Plan "Operation Cyanide" gegeben, heißt es in Film und Buch, mit dem Ziel, Ägypten zu überfallen und dessen Präsident Abdel Nasser zu stürzen. James Ennes, einer der "Liberty"-Überlebenden, weiß von einem Dokument vom April 1967, in dem dieser Plan erwähnt wird. Es stammt von einer Sitzung des "Committee 303", eines Gremiums der US-Regierung, das verdeckte Aktionen der USA plante und im Namen des US-Präsidenten entschied. Das geschah, damit der Präsident bei einem Scheitern nicht belastet werden könne, erklärte Ex-CIA-Chef Richard Helms in dem BBC-Film.

In die Vorgänge seien auch US-U-Boote verwickelt gewesen, die sich im Juni 1967 im Mittelmeer befanden, berichten Film und Buch. "Liberty"-Mann Ennes berichtet von einem U-Boot, das direkt bei dem Schiff war, als es angegriffen wurde. In dem Geheimdokument wird ein "Submarine" in den ägyptischen Gewässern erwähnt. Ein anderer Überlebender, David Lewis, berichtet im Dokumentarfilm von Geheimbefehlen im "Liberty"-Safe für U-Boot-Operationen, die aber infolge des Angriffs nie geöffnet wurden.

Der Film berichtet auch von US-Aufklärungsflugzeugen, die vor dem Krieg nach Israel verlegt und samt Piloten im Sechstagekrieg zum Einsatz kamen. Was Exgeheimdienstler Gazit als "Hirngespinst" bezeichnet, wird von einem der Piloten, Greg Reight, vor laufender Kamera bestätigt.


Der Beitrag ist bei der jungen Welt nachlesbar, aber leider nicht frei zugänglich. Mehr über den Überfall auf die USS "Liberty" kann auf der Website der "Liberty"-Veteranen nachgelesen werden.

An die Geschichte der USS "Liberty" musste ich die ganze zeit denken bei der Debatte um Grass, Israel usw. Deshalb habe ich den Text gewissermaßen "wiederveröffentlicht". Auch wenn sogar ein Bericht der "Liberty"-Veteranen ("A Report of War Crimes Committed Against the USS Liberty, June 8, 1967") online zu finden ist (siehe usslibertyveterans.org/), scheint die Geschichte doch relativ unbekannt, zumindest in unseren Breiten.

Montag, 9. April 2012

Ostergedanken zu Krieg und Frieden in Deutschland

Es ist Ostern. Zahlreich gehen Menschen in diesen Tagen auf die Straßen und demonstrieren für den Frieden. Ich sitze vorm PC, in der Stadt, in der die Friedensnobepreisträgerin Bertha von Suttner beigesetzt ist. Hier in Gotha war nichts zu sehen und zu hören von den Ostermärschen für den Frieden. Deshalb schreibe ich ein paar Gedanken auf, die mich bei dem Thema bewegen, Gedanken über das Verhältnis der Deutschen zu Krieg und Frieden anhand einiger kleiner Episoden aus der Stadt der letzten Ruhe von Bertha von Suttner.
Ich hatte miterlebt, wie 1999 ein Mitglied des Stadtrates von Gotha das Erbe der Friedensnobelpreisträgerin hochhalten wollte. Das sollte durch ein Friedensfest im Orangerie-Garten der Stadt am 1. September geschehen, dem Tag des Überfalls des faschistischen Deutschlands auf Polen und des Beginns des Zweiten Weltkrieges, dem einstigen Weltfriedenstag und heutigen Antikriegstag. Doch eine Mehrheit von CDU und SPD im Stadtrat lehnte diesen Vorschlag ab. Ob das geschah, weil es ein solches Friedensfest zu DDR-Zeiten in Gotha gab oder weil der Vorschlag von einem Mitglied der damaligen kommunalen PDS-Fraktion kam, ist nicht bekannt. Bezeichnend fand ich das Ereignis schon damals dafür, wie viel wert in Deutschland der Frieden ist.
Mitte der 90er Jahre war derselbe Kommunalparlamentarier mit einem anderen Antrag gescheitert. Er hatte vorgeschlagen, dass sich der Oberbürgermeister von Gotha dafür einsetzt, dass die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger des faschistischen Dritten Reiches Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus der Zeit von 1933 bis 1945 rehabilitiert und ihnen bzw. ihren Angehörigen eine Rente zahlt. Dafür sollten unter anderem die Kriegsopfer-Rentenzahlungen an deutsche und ausländische ehemalige Angehörige der Kriegsverbrecherorganisation SS eingestellt werden. Anlass war eine Bitte der in Australien in Armut lebenden Tochter des letzten „Kampfkommandanten“ von Gotha, Josef Ritter von Gadolla, ihr finanziell zu helfen. Der Abgeordnete meinte, diese Aufgabe habe eben grundsätzlich die Bundesrepublik zu erfüllen. Denn Gadolla, übrigens wie von Suttner in Österreich geboren, wurde heute vor fast genau 57 Jahren, am 5. April 1945, von einem Standgericht der faschistischen Wehrmacht hingerichtet. Er hatte versucht, die Stadt kampflos an die heranrückenden US-amerikanischen Truppen zu übergeben. Auf dem Weg zu den US-Amerikanern war er bei Weimar von Wehrmachtssoldaten abgefangen und einen Tag nach der Kapitulation Gothas erschossen worden. Immerhin hatte er erreicht, dass die schon anfliegenden alliierten Bomberverbände kurz vor ihrem Ziel Gotha abdrehten. Dafür wurde Nordhausen zum Großteil zerstört … Gadollas (zu) späte Einsicht, dass der Kampf bis zum Untergang sinnlos ist, bezahlte er mit dem Leben.
Immerhin wurde Gadolla 1998, vom Oberlandesgericht Thüringen rehabilitiert und das Urteil gegen ihn aufgehoben. Bis dahin galt Gadolla als Deserteur. Es war das erste Urteil dieser Art in der Bundesrepublik. Erst 2002 wurden in der Bundesrepublik die Urteile der Militärgerichte gegen Deserteure der Wehrmacht pauschal aufgehoben. Die deutschen und ausländischen Angehörigen der Kriegsverbrecherorganisation SS werden unterdessen weiter mit Renten versorgt, wie die junge Welt erst wieder am 5. April 2012 berichtete.
Interessanterweise sah ich ebenfalls Mitte der 90er Jahre, auf welche Tradition das in Gotha stationierte "Panzeraufklärungsbataillon 13" der Bundeswehr setzte. In dem Traditionszimmer der Kaserne war ein Foto des Eingangs aus den 30er Jahren zu sehen, davor deutlich die Hakenkreuzfahne. In Vitrinen standen Modelle von Wehrmachtsfahrzeugen und -panzern. Inzwischen wurde der Festsaal der Kaserne in Gadolla-Saal umbenannt. Das Bataillon, jetzt "Aufklärungsbataillon 13", ist seit 2004 an den Kriegseinsätzen der Bundeswehr beteiligt und gehört unter anderem seitdem zu SFOR, KFOR und ISAF. Und so tragen Soldaten auch aus der Stadt, in der Bertha von Suttner beigesetzt ist, den Krieg von deutschem Boden in die Welt. Die Friedensnobelpreisträgerin hatte vor dem 1. Weltkrieg gefordert: „Die Waffen nieder!“
So ist das mit Deutschland und seinem Verhältnis zu Krieg und Frieden, in Gotha und anderswo, zu Ostern und anderen Zeiten.

Nachtrag vom 11.4.12: Ich fand noch einen interessanten Beitrag der Thüringischen Landeszeitung von vor zwei Jahren zu den rechtlichen Aspekten des Falles Gadolla.