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Mit deutsch- und volkstümelndem sowie rechtsextremem und faschistischem Gedankengut habe ich nichts am Hut und nichts zu tun!

Montag, 9. April 2012

Ostergedanken zu Krieg und Frieden in Deutschland

Es ist Ostern. Zahlreich gehen Menschen in diesen Tagen auf die Straßen und demonstrieren für den Frieden. Ich sitze vorm PC, in der Stadt, in der die Friedensnobepreisträgerin Bertha von Suttner beigesetzt ist. Hier in Gotha war nichts zu sehen und zu hören von den Ostermärschen für den Frieden. Deshalb schreibe ich ein paar Gedanken auf, die mich bei dem Thema bewegen, Gedanken über das Verhältnis der Deutschen zu Krieg und Frieden anhand einiger kleiner Episoden aus der Stadt der letzten Ruhe von Bertha von Suttner.
Ich hatte miterlebt, wie 1999 ein Mitglied des Stadtrates von Gotha das Erbe der Friedensnobelpreisträgerin hochhalten wollte. Das sollte durch ein Friedensfest im Orangerie-Garten der Stadt am 1. September geschehen, dem Tag des Überfalls des faschistischen Deutschlands auf Polen und des Beginns des Zweiten Weltkrieges, dem einstigen Weltfriedenstag und heutigen Antikriegstag. Doch eine Mehrheit von CDU und SPD im Stadtrat lehnte diesen Vorschlag ab. Ob das geschah, weil es ein solches Friedensfest zu DDR-Zeiten in Gotha gab oder weil der Vorschlag von einem Mitglied der damaligen kommunalen PDS-Fraktion kam, ist nicht bekannt. Bezeichnend fand ich das Ereignis schon damals dafür, wie viel wert in Deutschland der Frieden ist.
Mitte der 90er Jahre war derselbe Kommunalparlamentarier mit einem anderen Antrag gescheitert. Er hatte vorgeschlagen, dass sich der Oberbürgermeister von Gotha dafür einsetzt, dass die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger des faschistischen Dritten Reiches Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus der Zeit von 1933 bis 1945 rehabilitiert und ihnen bzw. ihren Angehörigen eine Rente zahlt. Dafür sollten unter anderem die Kriegsopfer-Rentenzahlungen an deutsche und ausländische ehemalige Angehörige der Kriegsverbrecherorganisation SS eingestellt werden. Anlass war eine Bitte der in Australien in Armut lebenden Tochter des letzten „Kampfkommandanten“ von Gotha, Josef Ritter von Gadolla, ihr finanziell zu helfen. Der Abgeordnete meinte, diese Aufgabe habe eben grundsätzlich die Bundesrepublik zu erfüllen. Denn Gadolla, übrigens wie von Suttner in Österreich geboren, wurde heute vor fast genau 57 Jahren, am 5. April 1945, von einem Standgericht der faschistischen Wehrmacht hingerichtet. Er hatte versucht, die Stadt kampflos an die heranrückenden US-amerikanischen Truppen zu übergeben. Auf dem Weg zu den US-Amerikanern war er bei Weimar von Wehrmachtssoldaten abgefangen und einen Tag nach der Kapitulation Gothas erschossen worden. Immerhin hatte er erreicht, dass die schon anfliegenden alliierten Bomberverbände kurz vor ihrem Ziel Gotha abdrehten. Dafür wurde Nordhausen zum Großteil zerstört … Gadollas (zu) späte Einsicht, dass der Kampf bis zum Untergang sinnlos ist, bezahlte er mit dem Leben.
Immerhin wurde Gadolla 1998, vom Oberlandesgericht Thüringen rehabilitiert und das Urteil gegen ihn aufgehoben. Bis dahin galt Gadolla als Deserteur. Es war das erste Urteil dieser Art in der Bundesrepublik. Erst 2002 wurden in der Bundesrepublik die Urteile der Militärgerichte gegen Deserteure der Wehrmacht pauschal aufgehoben. Die deutschen und ausländischen Angehörigen der Kriegsverbrecherorganisation SS werden unterdessen weiter mit Renten versorgt, wie die junge Welt erst wieder am 5. April 2012 berichtete.
Interessanterweise sah ich ebenfalls Mitte der 90er Jahre, auf welche Tradition das in Gotha stationierte "Panzeraufklärungsbataillon 13" der Bundeswehr setzte. In dem Traditionszimmer der Kaserne war ein Foto des Eingangs aus den 30er Jahren zu sehen, davor deutlich die Hakenkreuzfahne. In Vitrinen standen Modelle von Wehrmachtsfahrzeugen und -panzern. Inzwischen wurde der Festsaal der Kaserne in Gadolla-Saal umbenannt. Das Bataillon, jetzt "Aufklärungsbataillon 13", ist seit 2004 an den Kriegseinsätzen der Bundeswehr beteiligt und gehört unter anderem seitdem zu SFOR, KFOR und ISAF. Und so tragen Soldaten auch aus der Stadt, in der Bertha von Suttner beigesetzt ist, den Krieg von deutschem Boden in die Welt. Die Friedensnobelpreisträgerin hatte vor dem 1. Weltkrieg gefordert: „Die Waffen nieder!“
So ist das mit Deutschland und seinem Verhältnis zu Krieg und Frieden, in Gotha und anderswo, zu Ostern und anderen Zeiten.

Nachtrag vom 11.4.12: Ich fand noch einen interessanten Beitrag der Thüringischen Landeszeitung von vor zwei Jahren zu den rechtlichen Aspekten des Falles Gadolla.

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