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Mit deutsch- und volkstümelndem sowie rechtsextremem und faschistischem Gedankengut habe ich nichts am Hut und nichts zu tun!

Dienstag, 30. Juni 2015

Nachrichtenmosaik Ukraine Folge 227

Gesammelte Nachrichten und Informationen zum Ukraine- und zum West-Ost-Konflikt und den Hintergründen, ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit, fast ohne Kommentar

• MH17-Ermittler noch ohne Verdächtige
"Die Ermittlung des MH17-Absturzes im Osten der Ukraine hat noch keine bestimmten Tatverdächtigen feststellen können, sagte der niederländische Leiter des Ermittlerteams Fred Westerbeke nach Angaben von Reuters.
"Wir sind noch nicht so weit, dass wir offiziell anerkannte Verdächtige identifiziert hätten oder bereit wären, Verdächtige zu verhaften",  äußerte Westerbeke  am Dienstag.
Nach einer Überprüfung von Unmengen von Daten, Medienberichten, Videobeweisen und Interviews von 100 Zeugen, gebe es eine große Gruppe von Menschen, die als Personen von besonderem Interesse eingestuft worden seien,  erwähnte Westerbeke, weigerte sich jedoch, die Namen dieser Personen zu nennen.
Die Boeing 777 der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH17 war am 17. Juli im umkämpften ostukrainischen Gebiet Donezk abgestürzt. Alle 298 Insassen der Verkehrsmaschine, die von Amsterdam nach Malaysia unterwegs war, kamen ums Leben. In der Region lieferten sich die ukrainische Armee und bewaffnete Regierungsgegner heftige Gefechte. ...
Laut den bisherigen Berichten sollen die Ermittlungsexperten ihren endgültigen Bericht im Oktober bekannt machen. Dem vom Sicherheitsrat der Niederlande geleiteten Ermittlungsteam gehören Vertreter der Ukraine, Malaysias, Australiens, Russlands, der USA und Großbritanniens an." (Sputnik, 30.6.15)
"Die niederländische Staatsanwaltschaft teilte am vergangenen Wochenende mit, dass die vor zwei Wochen begonnene strafrechtliche Untersuchung durch Experten der Polizei und des Verteidigungsministeriums zum Absturz der Passagiermaschine MH17 abgeschlossen wurde. Mit der Hilfe der OSZE habe man erneut einen Zugang zur Absturzstelle erreicht, die weitgehend von den Separatisten der Volksrepublik Donezk kontrolliert wird.
Die wichtigsten Ziele der Untersuchung seien an der Absturzstelle gewesen. Es ging um das Sammeln von Beweisen, um die unterschiedlichen Szenarien über die Ursache des Absturzes be- oder widerlegen zu können. Man habe erneut Proben an verschiedenen Orten genommen und die lokalen Mobilfunksendeanlagen sowie das ostukrainische Telefonnetzwerk ausgeforscht. Die dabei gewonnenen Daten würden nun in den Niederlanden analysiert.
Schwere Vorwürfe richten die Holländer an die "Volksrepublik Luhansk". Deren Vertreter hätten sich in Gesprächen mit der OSZE bislang geweigert, die technische Untersuchung der Mobilfunksendeanlagen und des Telefonnetzes in ihrem Gebiet durchführen zu lassen. Nach was die Experten gesucht haben, wurde nicht mitgeteilt. ...
Malaysia forciert inzwischen angesichts des weiter unaufgeklärten Abschusses die Einrichtung eines internationalen UN-Tribunals zur Verurteilung der Täter. Unterstützt wird die Forderung offenbar auch von den anderen Ländern, die am Gemeinsamen Untersuchungsteam beteiligt sind: Australien, Belgien, die Niederlande und die Ukraine. ...
Als die Diskussion bekannt wurde, hatte sich Moskau allerdings gleich gegen ein solches Tribunal ausgesprochen. Das sei "kontraproduktiv", ließ das Außenministerium verlauten. Erst müsse die Untersuchung abgeschlossen sein. In russischen Medienberichten wird darauf verwiesen, dass das Gemeinsame Untersuchungsteam im April 147 Dokumente als geheim erklärte hatte (Wer hat die MH17 abgeschossen?). ...
Bekanntlich hatte ein unbekannter Auftraggeber über die Firma Wifka, die u.a. Wirtschaftsfahndungen macht, 30 Millionen US-Dollar für Hinweise auf die Täter und weitere 17 Millionen US-Dollar für Hinweise auf Vertuschungen durch Staaten ausgelobt ("Wir trampeln da einigen Mächten gehörig auf den Füßen herum"). Am 15. Juni teilte Ermittler Josef Resch von Wifka mit, dass "stichhaltige Beweismittel und Informationen" eingegangen seien und die Gelder nicht mehr zur Verfügung stünden. Wie die Zeitschrift Capital berichtete wurden von einem Informanten offenbar den Auftraggeber zufriedenstellende Beweise geliefert.

Angeblich kennt man bei Wifka weiterhin nicht die Auftraggeber und auch nicht deren Absichten. Ein Schweizer soll der Mittelsmann gewesen sein. Es sei eine Lawine an Informationen eingegangen, fast alles sei "Schwachsinn" gewesen. Für Resch ist das Schweigen der USA seltsam, er hatte sich auch skeptisch darüber geäußert, dass das Flugzeug mit einer BUK-Rakete der Separatisten abgeschossen wurde. ..." (Telepolis, 30.6.15)

• Moskau: Konflikt in Ukraine friedlich lösen
"Der Ukraine-Konflikt lässt sich nicht militärisch lösen, wie der stellvertretende russische Verteidigungsminister Anatoli Antonow am Dienstag in Sankt Petersburg nach einer Beratung der Verteidigungsminister der SOZ-Mitgliedsstaaten sagte.
„Wir sind überzeugt, dass es im Ukraine-Konflikt keine militärische Lösung geben kann. Es besteht keine Alternative zur friedlichen Beilegung der Krise auf der Grundlage der vollständigen Einhaltung der Minsker Vereinbarungen“, so der Militär.
Antonow verwies darauf, dass die Ereignisse auf dem Maidan in Kiew „katastrophale Folgen“ hatten. „Die sozial-ökonomische Situation in der Ukraine ist jetzt viel schlimmer, als vor eineinhalb Jahren. Ein Bürgerkrieg ist im Gange. Die Behörden versuchen, den Donbass und Lugansk, die Kiew Misstrauen ausgedrückt und seine Politik abgelehnt haben, mit Gewalt niederzudrücken“, so Antonow." (Sputnik, 30.6.15)

• Faschist Ljaschko gegen Sonderstatus für Donbass
"Die ukrainische "Radikale Partei" wird keine Verfassungsänderung unterstützen, die einen Sonderstatus für den Donbass enthält, wie der Parteichef Oleg Ljaschko am Mittwoch mitteilte.
Der Entwurf der Verfassungsreform, der unter anderem eine Dezentralisierung der Macht vorsieht, wurde am Freitag von der zuständigen Kommission abgesegnet und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zur Bestätigung vorgelegt.
Das Staatsoberhaupt kündigte an, die Änderungen in dieser Woche zu prüfen und den Entwurf der Verfassungsreform zur Behandlung im Parlament einzubringen.
Der Entwurf sieht keinen Sonderstatus für einzelne Kreise der ostukrainischen Gebiete Donezk und Lugansk vor, die Reform regelt lediglich, dass der Sonderstatus durch ein spezielles Gesetz  bestimmt werden wird. Es wird vorgeschlagen, die Regelung der Selbstverwaltung in einzelnen Regionen des Donbass in Übergangsbestimmungen der Verfassung zu verankern.

"Unsere Fraktion wird nie und unter keinen Umständen für den Sonderstatus des Donbass stimmen, der in der Verfassung vorgesehenen wurde. Das ist ein Weg zur Spaltung der Ukraine",  sagte Ljaschko am Dienstag im ukrainischen Parlament.
Die Verfassungsreform im Bereich der Dezentralisierung ist im Minsker Abkommen vorgesehen, welches im Februar 2015 von der Kontaktgruppe unterzeichnet wurde. Die Änderungen des Grundgesetzes müssen unter anderem die Besonderheiten "einzelner Gebiete von Donezk und Lugansk, die mit den Vertretern dieser Gebiete vereinbart wurden" berücksichtigen. ..." (Sputnik, 30.6.15)

• Beschuss ziviler Gebiete fortgesetzt
"Wegen des Beschusses der Kläranlage im ostukrainischen Donezk sind in der Nacht auf den 28. Juni knapp eine halbe Million Einwohner der Region ohne Trinkwasser geblieben, wie der Pressedienst des örtlichen Wasserversorgungsunternehmens am Dienstag berichtet.
„Die Station ist die einzige Quelle der Wasserversorgung in den Donezker Stadtbezirken Kuibyschewski, Kirowski, Petrowski und Leninski, in den Ortschaften Awdejewka und  Jassinowataja sowie im gleichnamigen Kreis“, hieß es beim Pressedienst.
Nach Angaben des Unternehmens sind nahezu 20 Geschosse auf das Gelände der Kläranlage abgefeuert worden. Beschädigt seien  unter anderem Starkstromleitungen, zwei Deckplatten, ein Teil des Daches sowie drei Sektionen der Schutzeinrichtung. In dem Gebäude, in dem sich die Filter befinden, seien zwei Deckplatten zerstört worden.
Seit Ausbruch des bewaffneten Konfliktes im Donbass wurde die Kläranlage mehrmals beschossen. „In diesem Zeitraum wurden praktisch alle  Einrichtungen beschädigt“, sagte der Pressedienst. Das technische Personal, das hauptsächlich aus Frauen bestehe, sei wegen des andauernden  Beschusses gezwungen, sich täglich in einem Schutzraum zu verschanzen. ..." (Sputnik, 30.6.15)

• "Eingefrorene Konflikte" gezielt aufgetaut?
"Das Aktuelle ist schnell benannt: der ukrainische Präsident Poroschenko möchte zusammen mit dem rumänischen Präsidenten Johannis den „eingefrorenen Konflikt“ zwischen Moldawien und der von Moldawien abgespaltenen Dnjesterrepublik (Transnistrien) auftauen, „damit ein unabhängiges Moldawien seine territoriale Integrität wiedererlangen und Transnistrien re-integrieren kann.“[1] Er will damit zugleich die von ihm immer wieder beschworene territoriale Einheit der Ukraine wiederherstellen, versteht sich. Von Kai Ehlers[*].
Wenige Tage vor dieser Ankündigung hatte Poroschenko den ehemaligen Präsidenten Georgiens, Michail Saakaschwili, bekannt für seinen provokativen Kriegskurs gegen Russland 2008, als dessen Ergebnis die Enklaven Südossetien und Abchasien zurückblieben, zum Gouverneur des Bezirks Odessa ernannt. „Ich kam nach Odessa, um Krieg zu verhindern“, erklärte Saakaschwili in einem Interview der deutschen Tagesschau vor wenigen Tagen, konnte sich aber nicht bremsen, sofort dazu zu setzen: „Es gibt den klaren Plan Russlands, die Region zu zerstören.“[2] ‚Krieg verhindern‘, heißt für Saakaschwili also unmissverständlich, Russlands ‚klaren Plan‘ zu verhindern.
Hinter diesen Ankündigungen steht die auch NATO, unter anderen in Person des US-Oberkommandierenden Breedlove, der die Welt die Neuigkeit mitteilte, dass Russland in Transnistrien und anderswo „bereits eine breite Informationskampagne“ betreibe.
Tatsache ist, dass Transnistrien, bis heute international nicht anerkannt, seit seiner Abspaltung von Moldau unter dem Schutz einer russischen Friedenstruppe von 1500 Mann steht. Anträge zur Aufnahme in den Bestand der russischen Föderation, wurden von Moskau bisher nicht angenommen.
Die von Poroschenko und Saakaschwili angekündigte Aktion müsste militärisch gegen Russland als Garantiemacht der transnistrischen Unabhängigkeit durchgesetzt werden. ...
Wie aus dem Nichts tauchen zeitgleich zu diesen neuerlichen Zuspitzungen der ukrainischen Krise weitere „eingefrorene Konflikte“ wieder aus dem Kühlschrank der neueren Geschichte auf:
Um die Enklave Berg-Karabach wird wieder gekämpft, nachdem der Krieg, der zwischen Aserbeidschan und Armenien im Zuge der Auflösung der Sowjetunion 1991 ausbrach, 1994 mit einem Waffenstillstand beendet worden war. ...
Aus Armenien werden unterdes seit Mitte Juni Massenproteste gegen wirtschaftliche und soziale Missstände gemeldet. Konkreter Anlass sind Strompreiserhöhungen durch russische Stromanbieter um 16%, die am 1. August 2015 in Kraft treten sollen, die Einführung eines Rentensystems, das aus den Löhnen finanziert werden soll, sowie eine von Oligarchen beherrschte Politik. ...
Auch Südossetien und Abchasien, die von Georgien nach dem Krieg 2008 zwischen Georgien und Russland abgespaltene Enklaven, rücken wieder in den Blick der westlichen Akteure, allerdings in diesem Fall nicht wegen dort stattfindender Proteste oder Kämpfe, sondern umgekehrt wegen deren Ausbleiben: Vom Westen kritisiert wird, dass Wladimir Putin ein Integrations- und Sicherheitsabkommen mit Südossetien für die kommenden 25 Jahre unterzeichnete. ...
Unversehens rückt auch der Balkan wieder auf den Plan: Am 8. Mai kam es in Mazedonien in der Gegend von Kumanowo zu Schießereien mit 22 Toten. In der Woche darauf gingen 20.000 Menschen gegen Korruption und illegale Überwachung durch die Regierung auf die Straße. Zelte wurden aufgeschlagen. Wenige Tage später demonstrierten 30.000 Menschen gegen die Opposition. ..." (Nachdenkseiten, 30.6.15)

• Zehntausende Tote in Folge des Krieges gemeldet
"Mittlerweile nähert sich die Zahl der Toten seit Ausbruch des Konfliktes in der ostukrainischen Bergbauregion Donbass (Donezbecken) der Zahl der aktiven Soldaten der ukrainischen Streitkräfte an, wie Igor Plotnizki, Сhef der selbsterklärten Volksrepublik Lugansk, bei einem Pressegespräch mitteilte.
„Laut Paragraph 27 des Grundgesetzes ist der Staat verpflichtet, die Menschen zu schützen. Wir haben voll und ganz gespürt, wie der Staat unsere Leben schützt, und wissen genau, was die Ukraine gemeint hat, als sie sich auf diesen Paragraphen berief“, betonte Plotnizki.
„Inzwischen zeugen die etwa vor zweieinhalb Monaten von Deutschland  bereitgestellten Angaben davon, dass im Donbass bereits mehr als 50.000 Menschen ums Leben gekommen sind. Ausgehend davon, was Präsident Petro Poroschenko unlängst mit Stolz erklärte, beträgt die zahlenmäßige Stärke der  ukrainischen Armee etwa 60.000 Mann.“
Zuvor hatten deutsche Massenmedien unter Hinweis auf Daten der Geheimdienste Deutschlands von rund 50.000 Toten im Osten der Ukraine berichtet. Diese Kennziffer übersteige um fast das Zehnfache die offiziellen Angaben der ukrainischen Behörden und der Uno über die Zahl der Opfer. ..." (Sputnik, 30.6.15)
Zur Erinnerung daran, wie der Krieg begann: "Kiews Regierung riskiert einen Bürgerkrieg" stellte selbst Spiegel online am 25.3.14 fest und berief sich dabei auch auf offizielle deutsche Einschätzungen.
Ostukrainer gegen KiewsPanzer
In einem Youtube-Video vom 20.4.14 ist zu sehen, wer die ersten Panzer in die Ostukraine schickt.

• Zugespitzte Lage um Donezker Flughafen gemeldet
"OSZE-Beobachter in der Ukraine melden eine Zuspitzung der Lage um den Flughafen von Donezk. „Auf dem Territorium um das Donezker Flughafen hat die Monitoring-Mission eine zunehmende Zahl von Verstößen gegen den Waffenstillstand registriert“, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht.
„Allein innerhalb einer Stunde am Sonntagnachmittag registrierten die Beobachter 139 Explosionen im Norden, Nordosten und Nordwesen.“
Seit Anfang Sommer nimmt die Zahl von Zusammenstößen in der Ostukraine wieder zu. Am 3. Juni kam es im Raum des Ortes Marjinka zu ernsthaften Gefechten, bei denen laut Uno-Angaben 34 Menschen ums Leben kamen.
Vertreter der selbsterklärten Volksrepubliken Donezk und Lugansk berichten, dass die ukrainischen Streitkräfte wieder schwere Artillerie und Mehrfachraketenwerfer an die Trennlinie heranbringen." (Sputnik, 30.6.15)

• NATO-Chef fordert mehr deutsche Kriegsausgaben – Von der Leyen und Steinmeier wollen folgen 
"NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg drängt Deutschland zu höheren Militärausgaben. Vor den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des NATO-Beitritts Deutschlands am heutigen Dienstag erinnerte er die Bundesregierung an das Ziel des Bündnisses, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Deutschland liegt derzeit bei 1,2 Prozent. »Ich spreche alle Verbündeten an, aber als große Volkswirtschaft fällt Deutschland stärker ins Gewicht als andere«, sagte Stoltenberg der Süddeutschen Zeitung vom Montag. »Niemand erwartet, dass Deutschland das innerhalb eines Jahres tut. Wir erwarten, dass Deutschland die Kürzungen stoppt und stufenweise erhöht«, sagte der oberste Kriegsherr der NATO und behauptete, es gehe bei der von ihm geforderten Anhebung der Rüstungskosten um »Solidarität«. Stoltenberg dichtete Washingtons Angriffskriege rund um den Erdball kurzerhand in »Verteidigung« um und erklärte: »Die USA geben vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus, in Europa sind wir näher bei einem Prozent. Das ist keine faire Lastenverteilung.« ..." (junge Welt, 30.6.15)
"Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die Nato davor gewarnt, sich bei den Wehrausgaben allein auf das Zwei-Prozent-Ziel gemessen am Bruttoinlandsprodukt zu fixieren. „Für die Zukunft kann das Zwei-Prozent-Ziel nicht das Maß aller Dinge sein“, sagte sie am Dienstag in Berlin bei einem Festakt zum Nato-Beitritt Deutschlands vor 60 Jahren. Entscheidend sei das Ergebnis des finanziellen Aufwands, also wie es tatsächlich um die Einsatzbereitschaft, Durchhaltefähigkeit und Ausrüstung des Militärs in den Mitgliedstaaten bestellt sei. „Dann sieht die Landkarte ganz anders aus, die wir vor uns haben.“ ...
Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte seine Bereitschaft zu höheren Verteidigungsausgaben. „Von uns Europäern wird mehr erwartet“, sagte er.Deutschland werde am Zwei-Prozent-Ziel der Nato festhalten, versicherte von der Leyen. Sie äußerte sich allerdings nicht dazu, wann diese Marke erreicht werden soll. ..." (Handelsblatt online, 30.6.15)

• Lugansk: 75.000 ukrainische Soldaten im Dobass
"Die Zahl der ukrainischen Soldaten im Donbass beträgt 75.000 Personen, wie Igor Plotnizki, Chef der selbsterklärten Volksrepublik Lugansk, mitgeteilt hat.
„Die Gruppierungsstärke der Kiewer Soldaten in der Konfliktzone im Donbass beträgt 75.000 Menschen“, berichtet das Lugansker Informationszentrum unter Berufung auf Plotnizki.
Nach seinen Worten sollen Militärs ein Abkommen über den Abzug von Waffen mit dem Kaliber unter 100 Millimetern unterzeichnen.
„Das ist eine Angelegenheit der Militärs und eine Angelegenheit für die Militärs, und es sind vor allem die Militärs, die dafür zuständig sind“, so Plotnizki. ..." (Sputnik, 29.6.15)

• Brzezinski: Kalter Krieg läuft bereits
"Der ehemalige Sicherheitsberater von US-Präsident Carter fordert Waffenlieferungen an die Ukraine und droht Putin mit Krieg, falls Russland im Baltikum einmarschiert. Einen Lösungsvorschlag für die Krise hat Zbigniew Brzezinski auch.
Russland will sein Arsenal an Interkontinentalraketen ausbauen. Die USA wollen schweres Kriegsgerät in osteuropäischen Nato-Staaten verlegen, zudem denkt man in Washington über neue atomare Marschflugkörper für Europa nach, weil Russland einen Abrüstungsvertrag verletzt haben soll. Die Ukrainekrise droht auszuufern.
Im Interview mit SPIEGEL ONLINE spricht Zbigniew Brzezinski, von 1977 bis 1981 Nationaler Sicherheitsberater des demokratischen US-Präsidenten Jimmy Carter, über den neuen Kalten Krieg. ...
Brzezinski: Wir sind längst im Kalten Krieg. Zum Glück ist es weiterhin eher unwahrscheinlich, dass daraus ein heißer Konflikt wird.
SPIEGEL ONLINE: Der letzte Kalte Krieg währte über vier Jahrzehnte. Wird es diesmal ähnlich lange dauern?
Brzezinski: Das glaube ich nicht, die Dinge entwickeln sich viel schneller. Außenpolitischer Druck ist heute stärker innenpolitisch spürbar. Wenn also die Ukraine nicht zusammenbricht, dann wird der Druck daheim Russlands Anführer zwingen, nach Alternativen zu suchen. Putin ist hoffentlich so klug, besser früher als zu spät zu handeln. ...
SPIEGEL ONLINE: Finden Sie es richtig, dass die USA schweres Kriegsgerät nach Osteuropa und ins Baltikum entsenden wollen?
Brzezinski: Finden Sie es richtig, Truppen und Waffen in ein souveränes Land zu entsenden und einen begrenzten Krieg in einem Teil dieses Staates vom Zaun zu brechen, nachdem man bereits einen größeren Teil an sich gerissen hat?
SPIEGEL ONLINE: Sie meinen Putins Vorgehen in der Ukraine.
Brzezinski: Sie müssen immer beide Seiten sehen. Es handelt sich hier um Aktion und Reaktion. Ich will keinen Krieg, aber ich bin auch nicht bereit, mich von der Behauptung einschüchtern zu lassen, dass wir mit einer symmetrischen Reaktion einen Krieg provozieren. Ganz im Gegenteil: Reagieren wir nicht, ist das die wahrscheinlichste Art, einen Krieg herbeizuführen. ...
Es wäre sinnvoll, der Ukraine Defensivwaffen zur Verteidigung der großen Städte zu liefern, panzerbrechende Waffen oder Mörser etwa. Denn wir sollten den Preis russischer Gewaltanwendung erhöhen. Eine Stadt einzunehmen, deren Bevölkerung zur Verteidigung entschlossen ist, das ist extrem kostspielig.
SPIEGEL ONLINE: Sehen Sie einen Ausweg für diesen Konflikt jenseits einer weiteren Eskalation?
Brzezinski: Es braucht ein ähnliches Arrangement wie jenes zwischen Russland und Finnland, das seit Jahrzehnten für Stabilität und Frieden sorgt. Die Ukraine sollte das Recht haben, ihre politische Identität frei zu wählen und sich enger an Europa zu binden. Gleichzeitig muss Russland versichert werden, dass die Ukraine nicht in die Nato aufgenommen wird. Das ist die Lösungsformel. ..." (Spiegel online, 29.6.15)

• Kiewer Bankrott rückt näher
"... Die Umschuldungsverhandlungen mit den Gläubigern sind nach wie vor weit von einem Abschluss entfernt. Zuletzt hatten die kommerziellen Gläubiger der Ukraine – im wesentlichen US-amerikanische Investmentfonds, denen das Land etwa neun Milliarden US-Dollar schuldet – gefordert, die ukrainischen Schulden auf die Nationalbank des Landes umzubuchen. Dann würde dieses mit seinen Gold- und Währungsreserven für die Verbindlichkeiten bürgen. Das reichte zwar bei weitem nicht für die Gesamtschulden der Ukraine, die eine Mitte Juni veröffentlichte Statistik der Nationalbank auf 67 Milliarden US-Dollar beziffert, aber immerhin für so viel, wie die Fonds in der Ukraine investiert haben. Damit aber wäre die Kasse der Nationalbank leer.
Diese Forderung wies nicht nur die ukrainische Regierung zurück, sondern auch der Internationale Währungsfonds (IWF). Der hat nämlich die Reserven der Nationalbank schon als Sicherheit für seine eigenen Forderungen an Kiew verplant. Außerdem wäre eine solche offenkundige Verwendung von IWF-Geld zur Befriedigung privater Investoren politisch schlecht zu verkaufen, zumal IWF-Chefin Christine Lagarde in letzter Zeit gerne über die soziale Dimension predigt, die dem Kapitalismus fehle.
Das ukrainische »Gegenangebot« kam Mitte Juni und folgte dem Motto »Wir wollen alles, und wir wollen es jetzt«. Kiew verlangte nichts weniger als sowohl einen Schuldenschnitt – also die Reduktion der geschuldeten Summen um mindestens 40 Prozent – als auch eine Senkung der vereinbarten Zinssätze. ...
Als Antwort auf diese – finanztechnisch gesehen – Dreistigkeit der ukrainischen Seite erschien Anfang vergangener Woche eine weltweit zitierte Analyse der New Yorker Investmentbank Goldman Sachs, die der Ukraine einen Staatsbankrott im bevorstehenden Juli vorhersagt: Gegen Ende des Monats sei nämlich ein Zinscoupon in Höhe von 240 Millionen US-Dollar fällig, im August komme ein weiterer, und im Dezember seien drei Milliarden Dollar an Russland zur Rückzahlung fällig. ...
Während sich das Geplänkel zwischen Kiew und seinen Gläubigern hinzieht, veröffentlichte die ukrainische Presse vergangene Woche alarmierende Analysen: Die Schwer- und Metallindustrie stehe kurz vor dem Zusammenbruch. Nicht nur deshalb, weil der Bürgerkrieg Lieferverbindungen unterbrochen hat; mit ihm zusammenhängende Verbote lassen sich im Wege von wie auch immer erlangten Sondergenehmigungen für den Import von Kohle aus dem Donbass im Einzelfall offenbar immer umgehen. ...
Entscheidend für die Krise der ukrainischen Metallindustrie ist offenbar, dass die Finanzbehörden Unternehmen dadurch finanziell aushungern, dass sie ihnen die Rückerstattung der auf Zulieferungen gezahlten Mehrwertsteuer verweigern. Was zunächst einmal aussieht wie ein Zwangskredit, den sich der in der Klemme steckende Fiskus auf Kosten der Steuerzahler gewährt, ist aber offensichtlich eine gezielte Strategie, in politische Ungnade gefallene Oligarchen aus dem Geschäft zu drängen. ..." (junge Welt, 29.6.15)

• Bundesregierung unschlüssig gegenüber Flüchtlingen
"Die Bundesregierung ist unschlüssig, wie sie mit Flüchtlingen aus der Ukraine und vor allem Kriegsdienstverweigerern umgehen soll, die in Deutschland Asyl beantragen. Das geht aus der Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der FR vorliegt.
Demnach wurden die Ausländerbehörden im August 2014 angewiesen, dass „Entscheidungen über Asylanträge ukrainischer Antragsteller nachrangig bearbeitet werden“. Ein Sprecher des Bundesamtes für Migration bestätigte auf Anfrage, dass damit die Anerkennung oder Ablehnung des Flüchtlingsstatus aktiv auf Eis gelegt ist, weil „die Situation in der Ukraine unübersichtlich und eine Entwicklung nicht absehbar“ sei.
Ukrainische Asylbewerber werden damit weder in Deutschland als verfolgt oder gefährdet anerkannt noch zurück in die Ukraine abgeschoben. Andere EU-Staaten schieben Ukrainer durchaus ab – laut Auswärtigem Amt rund 750 Fälle seit 2014. Insgesamt kamen seit Beginn der Krise im Februar 2014 knapp 4600 Ukrainer als Asylbewerber nach Deutschland. Nach einem ersten Höhepunkt im November mit 598 Anträgen steigt sie derzeit wieder.
Die Linksfraktion hatte sich besonders für ukrainische Kriegsdienstverweigerer und Deserteure interessiert. Die Kiewer Regierung hatte im Mai 2014 die zuvor abgeschaffte Wehrpflicht wieder eingeführt. ... Das Recht auf Verweigerung ist stark beschränkt, laut Bundesregierung auf Parlamentarier, Priester, Richter, Straftäter, Wehrpflichtige mit gesundheitlichen Einschränkungen sowie Väter von mehr als drei Minderjährigen.
Wie viele der Asylbewerber als Kriegsdienstverweigerer in die Bundesrepublik kommen, lässt sich nicht genau beziffern. In einer nicht repräsentativen Umfrage unter den Flüchtlingen zählte „Angst vor einer landesweiten Mobilmachung und der zwangsweisen Einberufung“ aber zu den drei häufigsten Asylgründen. ..." (Frankfurter Rundschau online, 28.6.15)

• Moskau besorgt über weitere NATO-Ostausdehnung
"Die Ergebnisse des Treffens der Nato-Verteidigungsminister am 24. und 25. Juni in Brüssel bestätigen die Unabänderlichkeit des im September 2014 genommenen Kurses auf die militärpolitische Dominanz in Europa, wie das russische Außenministerium am Freitag geäußert hat.
„Mit einer Beharrlichkeit, die einer besseren Verwendung wert ist, stockt die Nato die sogenannten Eingreiftruppen weiter auf und erhöht deren Operativität, unter anderem durch die Stationierung von Kommandostabseinheiten im Baltikum, in Bulgarien, Polen und Rumänien zum Koordinieren von Übungen und eventuellen Operationen der Allianz sowie durch die Übertragung der Befugnisse zur Versetzung der genannten Kräfte in den Alarmzustand noch vor dem Fällen einer politischen Entscheidung durch alle Nato-Mitgliedsstaaten an die Militärstrukturen des Blocks“, heißt es in einem Kommentar der Informations- und Presseabteilung des russischen Außenministeriums.
Die Behörde verweist auf die Absicht der USA, 1.200 Kampffahrzeuge nach Deutschland zu verlegen, von denen 250 (Panzer, gepanzerte Kampffahrzeuge und Panzerhaubitzen) anschließend im Baltikum und in einer Reihe von osteuropäischen Ländern stationiert werden sollen.
„Mit anderen Worten wird der gefährliche Kurs auf die Osterweiterung der Nato-Infrastruktur, auf die Verstärkung der Militärpräsenz der Allianz in der Nähe der Grenzen Russlands unter dem erfundenen Vorwand eines angeblich ‘aggressiven Verhaltens‘ unseres Landes fortgesetzt“, heißt es weiter in dem Kommentar des russischen Außenministeriums. ..." (Sputnik, 27.6.15)

• Aufständische bereiten Kinder und Jugendliche auf Krieg vor 
"Denis ist einer der jungen Reservisten. Er ist erst 14 Jahre alt, weiss aber schon, wie eine Kalaschnikow zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen ist. Wenn er könnte, würde der Junge aus dem Osten der Ukraine sich schon jetzt den bewaffneten Kämpfern gegen die vom Westen unterstützte Regierung in Kiew anschliessen, sagt er. Der magere Junge fügt hinzu: «Ich will Krieg erleben, lernen, wie man schiesst, Panzer sehen.» Zwei erwachsene Rebellen an seiner Seite nicken mit dem Kopf.
Die Szene spielt sich in Charzysk ab, einer Industriestadt im Bezirk Donezk im Osten der Ukraine. Die Sommerferien haben begonnen, und etwa 20 Teenager im Alter zwischen 14 und 19 Jahren nehmen an der militärischen Grundausbildung teil. ...
Die 17-jährige Alina nimmt an einem von den Rebellen organisierten Erste-Hilfe-Kurs teil. «Wir sind noch Kinder und nicht bereit, an die Front zu gehen», sagt sie. «Aber wenn etwas geschieht, werde ich in der Lage sein auszuhelfen», fügt sie hinzu.
Veranstalter der Ausbildung ist die Organisation Patriotischer Donbass. ...
Der Chef von Patriotischer Donbass, Juri Zupka, sieht sich mit den Ausbildungskursen in der Tradition ähnlicher Programme an den Schulen in der Sowjetunion. «Wir werden ihnen auch beibringen, Gräben auszuheben und sich im Terrain zu bewegen», sagt der 53-Jährige, der einen Kampfanzug trägt.
An Schulen in der Region sind nach Zupkas Worten mittlerweile mehrere solcher Militärclubs entstanden. ...
Die Zwillinge Anja und Katja lebten und studierten in Donezk, als im März 2014 die «Anti-Terroroperation» des neuen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko gegen die Aufständischen im Osten begann. «Als wir hörten, dass Kinder getötet wurden, beschlossen wir, von der Fachhochschule abzugehen und uns der Rebellion gegen Kiew anzuschliessen», sagt die 19-jährige Katja. ..." (Tages-Anzeiger online, 25.6.15)

• Kein Interesse in Kiew und den USA an Minsk II
"... In Kiew gibt es Spekulationen darüber, dass der Minsk-Prozess gescheitert ist. "Die Mehrheit auf ukrainischer Seite will ein neues Format", sagt ein langjähriger ukrainischer Außenpolitiker dieser Zeitung.
Nach verschiedenen Angaben soll die deutsche Seite unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) neue Impulse zur Beilegung des Kriegs in der Ostukraine finden. Weder haben die Gespräche der Minsker Kontaktgruppe in den vergangenen Monaten zu mehr Frieden geführt, noch wurden die Vereinbarungen von Minsk, die nach einem Verhandlungsmarathon am 12. Februar 2015 von allen Konfliktbeteiligten unterschrieben worden waren, auch nur ansatzweise erfüllt.

Die Falken in Kiew erhalten zunehmend Schützenhilfe aus den USA. Am Wochenende besuchten die US-Senatoren John McCain, Tom Cotton und John Barraso (alle drei Republikaner) die Ukraine. McCain sagte dieser Zeitung: "Minsk konnte nicht funktionieren, weil viele europäische Staaten viel zu abhängig von russischen Energielieferungen sind. Russland betrachtet die Ukraine fälschlicherweise als einen Teil ihres Landes, aus diesem Grund muss die freie Welt alles tun, damit die Ukraine sich gegen Angriffe verteidigen kann." Eine diplomatische Lösung klingt anders. ..." (Der Tagesspiegel online, 23.6.15)

• Sicherheitsexperte: "Das ist kein Kalter Krieg"
"Der Westen kritisiert scharf Russlands Pläne, sein Atomwaffenarsenal auszubauen. Droht ein neues Wettrüsten? Einschätzungen von ETH-Sicherheitsexperte Oliver Thränert.
... Ein Abzug der verbleibenden etwa 180 amerikanischen Nuklearwaffen vom Territorium von fünf Nato-Mitgliedern – wie noch vor Jahren in der Allianz diskutiert – ist vor dem Hintergrund der russischen Entwicklungen aber auf jeden Fall vom Tisch.
Droht ein neues Wettrüsten zwischen dem Westen und Russland?
Die russischen Modernisierungsmassnahmen im Bereich der Atomwaffen sind von langer Hand geplant und stellen daher keine Reaktion auf westliches Verhalten dar. Unzweifelhaft nimmt jedoch die Bedeutung des Militärischen in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen zu. Die Zeiten vernachlässigter Verteidigungshaushalte in Europa dürften daher vorerst vorbei sein, auch weil Amerika von seinen Verbündeten mehr Anstrengungen erwartet.
... Russland ersetzt bereits seit einigen Jahren seine veralteten, noch aus Sowjetzeiten stammenden strategischen Raketen durch neue Typen. Eine der neuen strategischen Raketen ist die bereits erfolgreich getestete R-26. Sie soll einen neuen Treibstoff nutzen, der die Rakete schneller macht, sodass sie von Abwehrsystemen schwerer verfolgt und zerstört werden kann.
... Russland sieht seine Kernwaffen als ein wichtiges Attribut seines Grossmachtstatus an. Es investiert daher in erforderliche Modernisierungen, um auch künftig auf diesem Feld auf Augenhöhe mit den USA zu bleiben. Dagegen hinkt Moskau mit seinen eigenen Raketenabwehrsystemen hinter Washington her. ...
Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen haben einen Tiefpunkt erreicht. Besteht die Gefahr eines Rückfalls in den Kalten Krieg?
In der Tat kann man davon ausgehen, dass die Intensität der Spannungen zwischen Russland und dem Westen zunehmen wird. Allerdings ist dies kein Kalter Krieg. Es handelt sich nicht um eine globale Konfrontation. Russland ist heute, anders als seinerzeit die Sowjetunion, Teil der Weltwirtschaft. Auch wenn Russland sich bewusst als nicht-westliche Zivilisation positioniert, hat der ideologische Streit heute eine andere Dimension als zu Zeiten des Marxismus-Leninismus mit seinem universalen Anspruch. Schliesslich plant die russische Armee, anders als damals die sowjetische, nicht mit einem Vormarsch bis zum Rhein in wenigen Tagen, sollte ein Krieg stattfinden.
Sehen Sie Chancen für eine Deeskalation des Konflikts? Was könnten zum Beispiel die OSZE oder der Nato-Russland-Rat tun für eine Verbesserung der Beziehungen des Westens mit Russland?
Leider sehe ich derzeit keine Chancen für eine Entspannung. Der Nato-Russland-Rat existiert zwar offiziell noch, ist aber stillgelegt. ..." (Tages-Anzeiger online, 17.6.15)

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alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen


die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine

Montag, 29. Juni 2015

Zwei Mosaiksteine zu Griechenland

Während die Kriegsdiktatur in der Ukraine am Leben gehalten wird, werden die Griechen noch am Abgrund in selbigen gestoßen.  Das hat System.

Überraschend ist es nicht, was da in Sachen Griechenland abgeht.
Dazu nur zwei Mosaiksteine:
Einer aus dem Jahr 2011: "... Faktum ist: Die Eurohüter bekommen die Spekulationswelle nicht und nicht in den Griff. Nach den Umschuldungs- und Euroaustritts-Meldungen rangiert in der Hitparade ein frisches Hilfspaket ganz oben. War am Montag noch von 25 Milliarden an neuen Krediten die Rede, erhöhte die US-Finanzagentur Dow Jones am Dienstag auf 60 Milliarden Euro, die Athen 2012 und 2013 benötige.
Für den Chefökonomen der Bank Austria, Stefan Bruckbauer, ist die Kaskade nicht überraschend. "Es gibt eine Realität, wonach es Griechenland nicht schaffen wird. Und es gibt eine Politik, die beschwichtigt und sagt: Athen wird es schaffen." Die Politik könne aber nicht verhindern, dass Experten die Haushaltslücke berechnen und die Ergebnisse kommunizieren. Deshalb würden die Irritationen "permanent weitergehen", meint Bruckbauer zum Standard. ...
Für eine Streckung der Hilfsmaßnahmen sprach sich der Chef des deutschen Sachverständigenrates, Wolfgang Franz, aus. Dagegen findet er "das Gerede über einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone unverantwortlich", wie er bei einem Vortrag in Wien erklärte. Würde in Deutschland so stark konsolidiert wie in Griechenland, gebe es eine Revolution, befand der Ökonom." (Der Standard online, 10.5.11)

Der andere ist ganz aktuell: "Gesine Schwan spricht im Interview über die gescheiterten Verhandlungen zwischen Griechenland und den Gläubigern. Dabei stellt sich die Ex-Bundespräsidentschaftskandidatin klar auf die Seite von Tsipras, Varoufakis und Co..
Die ehemalige Bundespräsidentschaftskandidatin Gesine Schwan hat sich in der Griechenland-Frage zuletzt sehr engagiert und für die Syriza-Regierung unter Alexis Tsipras Partei ergriffen. Das tut sie auch jetzt.
Frau Schwan, vor drei Wochen war der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis in Berlin Ihr Gast. Konnten Sie sich das heutige Szenario damals vorstellen?
Ich habe es nicht so erwartet. Ich habe erwartet, dass es Kompromisse geben kann - zumal es auch in der Sache eine klare Annäherung gegeben hat. Aber Varoufakis hat immer gesagt, dass sie die Kürzungen im Sozialbereich, die dem Wachstum weiter geschadet hätten, nur akzeptieren können, wenn es die Perspektive einer Umschuldung gibt. Und diese Perspektive haben die Institutionen offenbar nicht gegeben. Sie wollten die griechische Regierung weiterhin eng an die Kandare legen.
Warum? Um Signale an andere Krisenländer wie Spanien oder Portugal zu senden, dass sich linke Politik nicht durchsetzt?
Das kann ein Motiv gewesen sein. Man ist ja Syriza von Anfang an mit kritischer Verve, um nicht zu sagen mit Aversion begegnet. Finanzminister Wolfgang Schäuble hat von Anfang an die Absicht gehabt, Syriza an die Wand fahren zu lassen, damit es keine Ansteckungsgefahr in Spanien oder Portugal gibt. Aber ich glaube bei dem Misstrauen gegenüber der griechischen Regierung haben auch enorme kulturelle Unterschiede eine Rolle gespielt. Allein, wenn ich mir überlege, welche Ressentiments es ausgelöst hat, dass Varoufakis mit dem Motorrad zum Dienst fährt. Es gab tiefe Unterschiede des Stils. Doch im Kern wollten die Institutionen und auch die Sozialdemokraten in ihnen nicht zugestehen, dass die Austeritätspolitik der letzten Jahre gescheitert ist. Dass die griechische Regierung zum Schluss noch mal bei Rentnern und Kranken kürzen sollte, beweist, wie absolut unerbittlich sich die Institutionen gezeigt haben. ..." (Mitteldeutsche Zeitung online, 28.6.15)

Und noch ein Buchtipp aus dem Jahr 2014 dazu:
Sanjay Basu, David Stuckler: "Sparprogramme töten – Die Ökonomisierung der Gesundheit"
Darin wird auch das Beispiel Griechenland angeführt: "... Kollabiertes Gesundheitssystem in Griechenland
"Das Bruttoinlandsprodukt fiel 2010 um weitere 3,4 Prozent. Die Superreichen hatten ihre Schäfchen ins Trockene gebracht, auf Bankkonten in Steuerparadiesen. Die Leidtragenden waren die einfachen Leute. Die Arbeitslosenquote stieg von sieben Prozent im Mai 2008 auf 17 Prozent im Mai 2011. Die griechische Gesellschaft stand jetzt am Rande des Abgrunds."
Dann kam die große Kürzungsorgie. Ziel: Die Gesundheitsausgaben auf sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu begrenzen. Zum Vergleich: In Deutschland liegen diese Ausgaben bei über zehn Prozent. Die Milliardenkürzungen hatten Folgen: Viele Menschen konnten sich private Behandlungen nicht mehr leisten; in den staatlichen Krankenhäusern schnellten die Patientenzahlen um ein Viertel nach oben. Fatal war, dass hier zur gleichen Zeit Tausende Stellen eingespart wurden. Das System kollabierte.
"Insgesamt haben in der Zeit der Rezession und des Sparens nach unseren Schätzungen mindestens 60.000 Griechen über 65 Jahre auf notwendige medizinische Maßnahmen verzichtet." Und die Autoren schlussfolgern: "Griechenland diente unwissentlich als Versuchslabor für die Frage, wie Sparprogramme sich auf die Gesundheit auswirken."
Weil die Staatsgewalt von Anfang an mit schweren Protesten rechnen musste, blieb nicht zufällig ein Bereich bei den Sparmaßnahmen außen vor: "Die Polizei. Zweitausend zusätzliche Polizisten wurden eingestellt und gezielt in der Kontrolle von Aufständen geschult. Polizei und Militär wurden mit Tränengas, Schutzausrüstung und Wasserwerfern ausgestattet."
Was nun die Quintessenz aus all dem ist? Statt die Ausgaben für Gesundheitsprogramme in Krisen und Rezessionen zu kürzen, sollten sie erhöht werden, fordern die Autoren. Denn auch Gesundheitsprogramme können Konjunkturprogramme sein. "Sparprogramme töten" ist also kein Plädoyer gegen das Sparen, sondern eines für das richtige Sparen. Während in Athen der Gesundheitsetat zusammengestrichen wurde, freuen sich die milliardenschweren Reeder des Landes seit vielen Jahren über ihre Steuerprivilegien. Auf eleganten Yachten, irgendwo auf hoher See - weit weg von Krisen. Und weit weg vom IWF." (Deutschlandfunk, 17.3.14)

Nachtrag: Gesine Schwan gab auch dem Deutschlandfunk am 29.6.15 ein Interview:
"Die Situation in Griechenland könne auch ein Zeichen dafür sein, dass die europäische Sparpolitik gescheitert sei, sagte die Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan im DLF. Die europäischen Regierungen sollten jetzt nicht selbstgefällig werden, sondern die griechische Seite nochmal hören.
Gesine Schwan im Gespräch mit Sandra Schulz
Auch in Spanien und Portugal habe die europäische Sparpolitik nicht geholfen, sagte die Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan im DLF. Die Frage sei, ob man eine bestimmte Art von Politik durchziehen wolle oder auch auf die sogenannten Reformländer hören wolle. Die aktuelle Wirtschaftspolitik ziele nicht auf Solidarität.
Wenn man die Zahlungen an Griechenland als Hilfen bezeichne, dann sei das Interpretationssache, sagte  Schwan. Denn mit dem Geld seien in erster Linie die Banken gestützt worden. Sie warnte vor einem griechischen Euro-Austritt: "Das wird sich bitter rächen," kommentierte Schwan. ..."

aktualisiert: 20:28 Uhr

Sonntag, 28. Juni 2015

Nachrichtenmosaik Ukraine Folge 226

Gesammelte Nachrichten und Informationen zum Ukraine- und zum West-Ost-Konflikt und den Hintergründen, ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit, fast ohne Kommentar

US-Historiker warnt vor Krieg mit Russland
"Erstmals in der Geschichte rückt das US-Militär laut Stephen Cohen so nah an die russische Grenze heran. Die Entscheidung der USA und der Nato, schwere Waffen in Osteuropa aufzustellen, könne die Welt - erstmals seit der Kuba-Krise - wieder gefährlich nah an den Abgrund des Krieges bringen, warnt der amerikanische Historiker.
Die Truppenaufstockung in Europa bezeichnete Cohen, Professor an der Princeton University und an New York University, als einen „radikalen und unvernünftigen Schritt in Richtung Eskalation unter einem völlig erdachten Vorwand“.
„Jetzt passiert genau das, was die Nato seit 15 Jahren abgestrebt hat: (US-Verteidigungsminister Ashton – Red.) Carter balanciert am Rande eines Krieges mit Russland“. Noch nie zuvor seien die amerikanischen Truppen und schweres Kriegsgerät so nah an Russlands Verteidigungsgrenzen gewesen. Die russische Regierung sei gezwungen, etwas dagegen zu tun. Aber auf jeden Gegenschritt Moskaus würde ein Gegenschritt Washingtons folgen. Diese militärische Eskalation könnte im Endeffekt zu einer „Konfrontation wie in der Kuba-Krise“ führen.
Der Westen überzeuge mit Propaganda die übrige Welt, dass Russland eine Bedrohung darstelle. „Das wird von den Leuten getan, die seit Jahrzehnten nach einer Offensive gegen Russland lechzten“, sagte Cohen weiter. „Das ist nicht mehr die Ukraine, die sich verteidigt. Das ist die Nato, die expandiert“, so der Historiker. Laut ihm sollten sich die europäischen Staaten darüber Gedanken machen, dass die USA weder den Euro retten noch billige Energieträger an die EU liefern könnten. ...
" (Sputnik, 28.6.15)
Cohen in einem Interview der taz, veröffentlicht am 2.5.14: "... Die Ukraine ist so wichtig für die politische Führung der USA, dass sie einen Krieg mit Russland riskiert. Warum das so ist, lässt sich nur sehr schwer erkennen. Denn hier findet keine öffentliche Debatte über diese Krise statt. Dabei befinden wir uns an einem historischen Wendepunkt. Letzten Sonntag hat die New York Times berichtet, dass Obama im Wesentlichen einen neuen Kalten Krieg gegen Russland deklariert und sich die alte Politik der Eindämmung zu eigen gemacht hat. 
Was ist die offizielle Erklärung? 
Sie lautet, dass die arme Ukraine nur Demokratie und ökonomischen Wohlstand wollte – durch das europäische Partnerschaftsangebot an den damaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch vom November. Und dass Russland das verhindert habe. Manche meinen, dahinter stecke, dass Wladimir Putin die alte Sowjetunion zurückhaben will. Andere, dass er zu Hause Macht verliere und einen Krieg und Nationalismus brauche, um sich ein Schicksal wie Ägpytens Präsident Husni Mubarak oder Janukowitsch zu ersparen. Aber alle meinen, dass Amerika Putin stoppen muss. Weil er anderenfalls auch in die baltischen Staaten und nach Polen gehen würde.
Was ist daran so anders als in Deutschland? 
In Deutschland gibt es eine Debatte und zumindest drei ehemalige Bundeskanzler, die die EU-Politik gegenüber Russland und der Ukraine kritisieren. Da sind Schröder und Schmidt. Und der Interessanteste ist Kohl. Er kennt die Geschichte der deutschen Vereinigung. Er weiß, welche Zusagen es damals an Russland gab. Unter anderem, dass die Nato nicht expandiert. Auch er hat die EU kritisiert. Und damit Merkel. In Amerika äußert kein Expräsident Kritik. Wo ist Bill Clinton? Er hat in den 90er Jahren die Freundschaft mit Russland versprochen. Er schweigt. Wo ist Jimmy Carter? 
Wie erklären Sie das Schweigen der US-amerikanischen Elite? 
Beide Parteien – Demokraten und Republikaner – sind tief verwickelt. Seit den 90er Jahren haben Clinton, Bush und Obama eine Politik gemacht, die Russland umzingelt.
Sie betrachten die Russlandpolitik der USA der letzten 20 Jahre als gescheitert? 
Die Ukrainekrise ist ein kolossales Scheitern der US-Außenpolitik. Sie hat uns an den Rand eines Krieges gebracht. Und alle US-Präsidenten seit Clinton sind Komplizen. ...
Was also ist der Plan hinter Obamas Russlandpolitik? 
Die Ukraine in die Nato bringen. Darum geht es die ganze Zeit. Und Merkel, die 2008 gegen einen Nato-Beitritt der Ukraine war und die Russland versteht und die zumindest mit Putin reden kann – die arme Merkel ist in eine unmögliche Lage geraten. Wir hätten die ukrainische Situation im November an Merkel übergeben sollen. Sie hätte eine Lösung gefunden. Die Amerikaner sind viel zu ideologisch. Und Obama ist eindeutig nicht gut in Außenpolitik. ...
Was stimmt nicht? 
Erstens hat nicht Putin diese Krise begonnen. Es gab keine russische Aggression. Diese Krise begann, als die Europäische Union Janukowitsch im November ein Entweder-oder-Ultimatum gestellt hat. In den Protokollen des Abkommens ist die Nato zwar nicht explizit erwähnt, aber die Sicherheitsbedingungen hätten die Ukraine zu einer Art Ehrenmitglied der Nato gemacht. Zweitens ist falsch, dass Putin hinter allem steckt, was in der Ostukraine passiert. Die USA haben mehr Kontrolle über die Regierung in Kiew als Putin über die Aufständischen im Osten. ...
Sie nennen den neuen Kalten Krieg gefährlicher als den alten. Warum? 
Sein Zentrum liegt nicht in Deutschland – weit weg von Russland –, sondern weiter östlich, direkt an der russischen Grenze. Alles ist da möglich. Während des ersten Kalten Krieges gab es stabilisierende Verhaltensregeln. Manchmal wurde eine Regel gebrochen. Zum Beispiel, als Chruschtschow 1962 die Raketen nach Kuba gebracht hat. Aber im Allgemeinen wurden die Regeln beachtet. Im jetzigen Kalten Krieg gibt es keine Regeln. Es gibt lauter außer Kontrolle geratene Akteure. ..."

• Steinmeier gegen Isolierung Russlands
"Frank-Walter Steinmeier hat sich gegen eine Isolierung Russlands ausgesprochen. Laut dem deutschen Außenminister wird Russland auch weiterhin die Zukunft Europas mitbestimmen.
Es wäre wünschenswert, gute Beziehungen zwischen Russland und EU wiederherzustellen, sagte der deutsche Außenminister in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“.
„Deutschland darf Russland weder aufgeben noch isolieren. Russland bleibt ein großer Nachbar der EU und unseres Landes, und wird – im Guten oder im Schlechten – die Zukunft Europas mitbestimmen“.
Die gegenseitigen Drohungen aus Washington und Moskau, Atomwaffen aufzustellen, verurteilte der deutsche Bundesaußenminister als „alte Reflexe aus der Zeit des Kalten Krieges“. „Aber die Welt hat sich verändert. Sie besteht nicht mehr aus zwei großen Mächten, ist nicht mehr aufgeteilt in Ost und West.“ Steinmeier hatte sich auch früher gegen eine Isolierung Russlands ausgesprochen. ..." (Sputnik, 28.6.15)

• Neue Gefechte in der Ostukraine gemeldet
"Bei neuen Gefechten im Kriegsgebiet Ostukraine sind mindestens elf Soldaten verletzt worden. "Es gab keine Toten unter den Armeeangehörigen", sagte Militärsprecher Andrej Lyssenko am Sonntag in Kiew. Die ukrainischen Stellungen seien in der Region der Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer von Panzern der Aufständischen beschossen worden, sagte er.
Nach Darstellung von Lyssenko kam es in der Region in einzelnen Orten zu "Provokationen" auch mit Artillerie und Granatwerfern vonseiten der prorussischen Separatisten. Die Aufständischen gaben wiederum dem ukrainischen Militär die Schuld an der fortwährenden Gewalt.
Die Streitkräfte hätten schwere Waffen an die Frontlinie verlegt, sagte Separatistenführer Eduard Bassurin der Agentur Interfax zufolge. In der Stadt Horliwka sei bei nächtlichem Beschuss ein Einwohner getötet worden.
Die Kampfhandlungen im Gebiet Donezk laufen nach Darstellung beider Konfliktparteien ununterbrochen weiter. ..." (Der Standard online, 28.6.15)

• Die Oligarchen müssen gehen, die Oligarchen bleiben
"Auf dem Majdan kämpften die Ukrainer auch gegen die Oligarchen. Doch einer von ihnen wurde Präsident. Der fängt jetzt an, den anderen die Geschäfte zu verderben - und schafft damit Platz für neue Clans.
In der Ukraine fallen die Oligarchen wie im Herbst die Blätter: nicht alle auf einmal, nicht in einem einzigen dramatischen Höllensturz, sondern einzeln, gemächlich, gleitend. Während manche noch im Saft stehen, sind andere schon im Sinkflug. Der Milliardär Ihor Kolomojskij musste unter einem dramatischen Schwall russischer Flüche im März von seiner wichtigsten Pfründe Abschied nehmen, vom Gouverneurssitz der Millionenstadt Dnipropetrowsk. Den Gas-Baron Dmytro Firtasch hat es erst jetzt getroffen. Mitte Juni feuerte das Parlament seinen Hauptgewährsmann im Machtapparat, den Geheimdienstchef Valentyn Nalywajtschenko. ...
Trotz allem ist die Macht der Milliardäre noch bei weitem nicht gebrochen. Weil jeder von ihnen bis heute Gefolgsleute im Parlament hat, ist die Gesetzgebung langsam. Achmetow hat sich durch die Organisation humanitärer Hilfskonvois in die Kriegsgebiete unentbehrlich gemacht. Und einer der alten Multimillionäre ist sogar auf dem Höhepunkt seiner Macht: Poroschenko, der neue Präsident. ...

Die Abgeordnete Viktoria Wojzizka von der proeuropäischen Partei „Selbsthilfe“ aus dem westukrainischen Lemberg befürchtet genau das. Sie ist überzeugt, rund um Poroschenko entstehe gerade eine Gruppe neuer Oligarchen, die vor allem im Energiemarkt expandieren. Zu den Schlüsselfiguren im Regierungsapparat gehören der Energieminister Wolodymir Demtschyschin und die Gouverneurin der Zentralbank, Valeria Hontarewa. Beide sind früher dem Unternehmen „Investment Capital Ukraine“ (ICU) verbunden gewesen, das heute neben Rothschild CIS das persönliche Vermögen des Präsidenten für den versprochenen Verkauf vorbereitet. Auch Dmitrij Wowk, der neue Chef der Regulierungsbehörde für Kohle- und Strompreise, stammt aus diesem Unternehmen.
Aber nicht nur die Abgeordnete Wojzizka sieht in diesen Besetzungen den Samen eines künftigen „oligarchischen Imperiums“. Auch Experten aus der Europäischen Union weisen darauf hin, dass unter Poroschenko längst nicht alle alten Untugenden abgestellt wurden. ...
Erst Ende vergangenen Jahres sind bei solchen „Insidergeschäften“ Staatsanteile der regionalen Stromversorger in den Gebieten Transkarpatien, Tschernowitz und Winnyzja durch überstürzte Ausschreibungen geradezu verscherbelt worden. Der Verkauf in Winnyzja fällt besonders ins Auge, weil diese Region Poroschenkos traditionelles Machtgebiet ist. Offenbar sind die privatisierten Anteile zuletzt ausgerechnet bei jener Firma ICU gelandet, die sich um Poroschenkos Privatvermögen kümmert. Ein weiteres solches Geschäft konnte Ende vergangenen Jahres nur dadurch verhindert werden, dass westliche Diplomaten einschritten: der Verkauf des Kraftwerksbetreibers Zentr-Energo. Auch diese Privatisierung wurde Ende 2014 geradezu überfallartig angesetzt. ...
" (FAZ online, 27.6.15)
FAZ-Autor Konrad Schuller fordert ausgerechnet das Einschreiten des Westens gegen die Oligarchenmacht und gegen die damit verbundene Korruption. Wie erfolgreich der Westen dabei ist und auch in der Ukraine sein wird, zeigt das Beispiel Kosovo, über das in der Juni-Ausgabe der Le Monde diplomatique zu erfahren ist: "... „Sieben Jahre nach der Erklärung der Unabhängigkeit und der Unterordnung des Kosovo unter die Vormundschaft der EU stehen wir vor einem Debakel“, sagt Andrea Capussela, ehemaliger Direktor für Wirtschaftsangelegenheiten beim International Civilian Office (ICO) der EU, das im März 2012 aufgelöst wurde. „Die Situation ist schlimmer als vor Beginn der europäischen Mission“, meint Capussela, der gerade eine Streitschrift gegen die Politik der Europäischen Union auf dem Balkan veröffentlicht hat. Darin zieht er nicht nur die Wirksamkeit der EU-Investitionen in Zweifel – von 1999 bis 2013 flossen mehr als 5 Milliarden Euro nach Kosovo –, sondern auch die Glaubwürdigkeit der EU-Außenpolitik insgesamt.
Seit vergangenen Herbst versucht die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini den Brand zu löschen, den Eulex im Kosovo gelegt hat. Die seit Februar 2008 tätige Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union soll die polizeilichen und  rechtsstaatlichen Institutionen im Kosovo stärken. Sie ist mit einem jährlichen Etat von 111 Millionen Euro ausgestattet und beschäftigt 1600 Personen, die insbesondere gegen Korruption und organisierte Kriminalität vorgehen sollen. Doch einige Mitarbeiter werden selbst der Unterschlagung verdächtigt, während der Mission vorgeworfen wird, die Missstände gedeckt zu haben. ...
Der Jacqué-Bericht unterscheidet sich gleichwohl von den offiziellen Verlautbarungen der europäischen Institutionen, die in der Eulex-Mission im Kosovo ein Modell für rechtsstaatlichen Wiederaufbau sehen wollen. Jacqué konstatiert gravierende Unregelmäßigkeiten und beschreibt die „allgegenwärtige“ Korruption im Land, wobei „auch der Justizbereich keine Ausnahme“ darstelle. Sieben Jahre Arbeit mit dem Ziel, einen Rechtsstaat aufzubauen, hätten nicht ausgereicht, um den Amtsmissbrauch zu beseitigen. Dabei müsste es doch möglich gewesen sein, „die Grundlagen für ein System zu schaffen, das in der Lage ist, die Korruption zu bekämpfen“. ...
„Wir beklagen Korruption und organisierte Kriminalität, aber wir sagen nie, dass wir es waren, die ein halb konsolidiertes autoritäres System installiert haben, und dass eine kriminelle Elite, die aus der UÇK hervorgegangen ist, die öffentlichen Kassen plündert und sich an die Macht klammert“, schimpft Capusella, der vier Jahre für die EU im Kosovo gearbeitet hat. ...
Capusellas Buch enthält eine Liste der schlimmsten Fehler von Eulex im wirtschaftlichen und finanziellen Bereich wie auch hinsichtlich der Menschenrechte. Demnach hat die Kosovo-Mission weder zu den Korrup­tions­affären im Zusammenhang mit Privatisierungen (Telekommunikation, Zementindustrie), Landenteignungen oder Straßenbauaufträgen, noch wegen des mutmaßlichen Wahlbetrugs oder der Einschüchterung von Journalisten Ermittlungen aufgenommen. Selbst in Fällen von politisch motiviertem Mord und von Kriegsverbrechen hat sich Eulex nicht gerührt.  ...
"
Aber was soll auch geschehen, wenn Brandstifter zum Feuerlöschen ausrücken ...

• US-Vizepräsident Biden vergleicht Putin mit Hitler
"Es ist erst einen Tag her, dass US-Präsident Barack Obama und Kremlchef Wladimir Putin mal wieder miteinander telefoniert haben. Es war das erste gemeinsame Gespräch seit Februar, und Teilnehmer berichten, dass es um die Ukraine-Krise, die Atomverhandlungen mit Iran und den Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat im Nahen Osten gegangen sein soll. Obama soll Putin klar gemacht haben, dass dieser all seine Soldaten und Waffen aus ukrainischem Gebiet abziehen müsse.
Nur einen Tag später legte sein Stellvertreter, Joe Biden, noch einmal kräftig nach - ob absichtlich oder versehentlich, wird wohl sein Geheimnis bleiben. In einem Interview mit dem Fernsehsender HBO erklärte er nach Angaben der Bild-Zeitung: "Der überwiegende Teil der russischen Bevölkerung hat keine Ahnung, dass Soldaten in der Ukraine sind." Viele glaubten nicht, dass Putin aggressiv in der Ukraine vorgehe: "Sie wollen es nicht wahrhaben."

"Ich glaube nicht, dass man heute auf unbegrenzte Zeit vor Menschen verheimlichen kann, was wirklich geschieht", sagte er laut Bild. Sie würden bald sehen, warum ihre Währung so schwach geworden ist, und erkennen, dass die Sanktionen gegen Russland Auswirkungen hätten. "Wenn Putin sagt: 'Wo auch immer Menschen sind, die russisch sprechen, habe ich als russischer Führer eine Verpflichtung, sie zu beschützen...", sagte Biden.
Hier unterbricht er seine Aussage und fragt den Moderator: "Klingt dies bekannt?" Der Journalist antwortet: "Nazi-Deutschland". Biden selbst will es nicht aussprechen. Doch er blickt in die Kamera und nickt mit dem Kopf.
Das ist nicht die erste Hitler-Anspielung, die Putin zu hören bekommt. Im März 2014 verglich die ehemalige Außenministerin Hillary Clinton Putin mit dem NS-Diktator. ...
Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wies schon einmal auf die Parallelen der Ukraine mit der Tschechoslowakei im Jahr 1938 hin - das geschah ebenfalls im März 2014.
" (Süddeutsche Zeitung online, 27.7.15)
Ist Dummheit eine Voraussetzung für ein politisches Amt in den USA oder täusche ich mich?

• Putin hat mit Obama telefoniert
"In der Ukraine-Krise hat US-Präsident Barack Obama den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einem Abzug russischer Truppen und Kriegstechnik aus dem Kampfgebiet Donbass aufgefordert. Russland müsse die Bedingungen des Minsker Friedensplanes erfüllen, sagte Obama am Donnerstag (Ortszeit) in ihrem ersten Telefonat seit Februar.Das Gespräch fand der Agentur Tass zufolge auf Initiative Putins statt. Russland besteht darauf, dass in der Ostukraine keine eigenen Soldaten für die moskautreuen Separatisten kämpfen.
Putin und Obama hätten weitere bilaterale Schritte zur Lösung des blutigen Konflikts vereinbart, teilte der Kreml in Moskau Freitagfrüh mit. Der russische Vizeaußenminister Grigori Karassin und die Europabeauftragte der US-Regierung, Victoria Nuland, sollen demnach in Kürze Gespräche über die Umsetzung des Mitte Februar im weißrussischen Minsk vereinbarten Friedensplans aufnehmen.
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Das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist wegen des Ukraine-Konflikts so schlecht wie seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr. Mitte Mai hatte US-Außenminister John Kerry erstmals seit Krisenbeginn 2013 Putin in Russland besucht. Vor allem Pläne für eine Verstärkung der NATO in Osteuropa sowie russische Rüstungsvorhaben belasten die Beziehungen der beiden Atommächte. Beobachter warnen vor einem Wettrüsten wie im Kalten Krieg. ..." (Wiener Zeitung online, 26.6.15)

• OSZE: Lage verschlechtert sich täglich
"Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beobachtet in der umkämpften Ostukraine eine stetige Verschlechterung der Lage. "Wir registrieren eine größere Anzahl von Verletzten und Toten unter der Zivilbevölkerung", sagte der stellvertretende Leiter der OSZE-Beobachtermission, Alexander Hug.
Auch die Zahl der getöteten Kämpfer steige auf beiden Seiten. Nach Hugs Angaben nehmen die Spannungen zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten seit Ende April fast täglich zu. Dabei würden wieder verstärkt schwere Waffen benutzt, und auch die Zerstörung der Infrastruktur nehme zu.
Ob Russland wie von der NATO behauptet noch immer Truppen und Ausrüstung in den Osten der Ukraine schickt, kann die OSZE nach Hugs Angaben derzeit nicht beurteilen. Mit der einzigen verfügbaren Aufklärungsdrohne könne nur etwas weniger als die Hälfte des relevanten Grenzgebiets überwacht werden, sagte der Schweizer. Zu dem anderen Teil habe die OSZE derzeit keinen Zugang und keine Informationen. "Daraus eine Schlussfolgerung zu ziehen, ist nicht an mir", sagte Hug. ..." (Wiener Zeitung online, 25.6.15)

• Niederlande und Malaysia wollen UN-Tribunal zu MH17-Absturz
"Die Schuldigen für den mutmaßlichen Abschuss der Boeing 777 der Malaysia Airlines über der Ostukraine sollen auf Wunsch der Niederlande, Malaysias und drei anderer Länder vor ein UN-Tribunal gestellt werden. Wie ein UN-Diplomat am Freitag mitteilte, will Malaysia im kommenden Monat einen Resolutionsentwurf im UN-Sicherheitsrat einbringen, in dem die Gründung eines solchen Tribunals gefordert wird.
Vertreter der fünf Mitgliedsstaaten des Gemeinsamen Untersuchungsteams zu dem Unglück – Australien, Belgien, Malaysia, die Niederlande und die Ukraine – seien vergangene Woche in New York zu einem Vorbereitungstreffen zusammengekommen. ...
Im vergangenen Dezember waren Wrackteile des Flugzeugs auf den Luftwaffenstützpunkt Gilze-Rijen im Norden der Niederlande gebracht worden, um die Absturzursache genauer zu untersuchen. Der abschließende Untersuchungsbericht soll in einigen Monaten vorliegen.
Ein ukrainischer Rebellenführer sagte unterdessen, zwei Fünftel der Überreste des Flugzeugs befänden sich noch immer in dem von den Aufständischen kontrollierten Gebiet. Die Mitglieder der internationalen Untersuchungs- und Bergungsteams hätten den Rebellen versichert, sie benötigten diese Teile nicht, erklärte Andrej Purgin laut der Internetseite der Rebellen. ..." (Der Standard online, 24.6.15)

• US-General: Moskau will Keil zwischen EU und USA treiben
"Ben Hodges, Oberkommandant der US Army in Europa, glaubt, dass der Konflikt mit Moskau einige Jahre anhält
Russlands Präsident Wladimir Putin wolle einen Keil zwischen die europäischen Nato-Staaten und die USA treiben, glaubt der Oberkommandant der US Army in Europa, Ben Hodges. Daher müsse der Westen wachsamer als bisher verfolgen, wie Moskau etwa in Medien in Deutschland und Italien investiere. Die jüngsten, heftigen Beschwerden des Kreml über Nato-Pläne zur Stationierung schweren Geräts in Osteuropa hält er für eine bewusste Überreaktion. Wichtiger als über Waffenlieferungen zu debattieren sei es aber, dass sich die Nato-Partner über eine gemeinsame Strategie und ein Ziel-Szenario für die Ukraine einig seien, sagte er im Interview mit dem STANDARD.
STANDARD: Auf die Pläne zur Entsendung von Nato-Ausrüstung in mehrere Staaten im Osten Europas gab es beträchtliche Reaktionen aus Moskau. Was ist Ihre Einschätzung?
Hodges: Es handelt sich um eine Überreaktion. Halten Sie sich die Zahlen vor Augen: rund 250 Panzer, bewaffnete Fahrzeuge und Panzerhaubitzen, die über sieben verschiedene Staaten verteilt werden. Die passen allesamt auf den Parkplatz bei der Hofburg.
STANDARD: Haben Sie neben den politischen auch militärische Reaktionen aus Russland wahrgenommen?
Hodges: Politisch waren sie sicher lautstark. Aber ich weiß nicht, ob sie deshalb etwas tun werden. Russlands Überreaktion ist unbegründet. Besonders, wenn man an Moskaus eigene unangekündigte Übungen denkt, bei denen 30.000 Soldaten, hunderte Panzer und Dutzende Flugzeuge nahe der Nato-Grenzen auftauchen.
STANDARD: Könnte Russland denn wirklich einen Nato-Staat attackieren?
Hodges: Ich hoffe nicht. Aber ich kenne auch niemanden, der damit gerechnet hat, dass sie die Krim angreifen würden. Meine Verantwortung als Militärkommandant ist, dass die Streitkräfte auf alle denkbaren Fälle vorbereitet sind. Ich bin sicher, Präsident Putin will keinen Kampf mit der Nato. Aber ich bin auch sicher, er will die Nato zerbrochen sehen. Und er will einen Spalt zwischen Europa und die USA treiben.
STANDARD: Was sehen Sie als Anzeichen dafür?
Hodges: Die Menge an Geld, die Russland in Medien in Europa investiert. Russia Today gibt etwa riesige Summen in Deutschland aus, aber auch in Italien. Das ist der Hybridkrieg: Es wird keine lange Kolonne russischer Panzer geben, die ein Land überfallen. Es geht darum, die Temperatur knapp unter 100 Grad zu halten. Das Recht zu verdrehen, Informationen zu verbreiten, Zweifel zu nähren. ..." (Der Standard online , 24.6.15)
"... Ist das die richtige Zeit, um Atomwaffen in Europa zu reduzieren?
Abrüstung angesichts einer solchen Aggression ermutigt jemanden wie Präsident Putin nur.
" (Die Presse online, 24.6.15)

• Ukraine taumelt am Abgrund
"Die innenpolitische Situation der Ukraine ist durch ein von Korruption geschwächtes und destabilisiertes Wirtschafts- und Finanzsystem geprägt. Zwar konnten zuletzt erste Achtungserfolge bei der Bekämpfung der Korruption verbucht werden, aber die Gefahr des wirtschaftlichen Zusammenbruchs scheint trotz internationaler Unterstützung nur vorübergehend gebannt zu sein.
Die spürbaren, der Antiterroroperation im Osten geschuldeten wirtschaftlichen Belastungen sowie die Durchführung einschneidender Reformen zur Erfüllung der IWF-Auflagen tragen zur Erhöhung der sozialen Spannungen in der Ukraine bei. Das stetig wachsende Protestpotenzial entlädt sich bisher in (noch) weitgehend friedlichen, kleineren Bürgerprotesten.
Seit Beginn des Jahres verschärfen sich vor dem Hintergrund der geplanten Privatisierungswelle die Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen oligarchischen Gruppen; es geht um den Zugriff auf die schrumpfende Ressourcenbasis. In diesem Kontext muss auch der Konflikt zwischen Präsident Petro Poroschenko und dem ehemaligem Gouverneur des Gebietes Dnipropetrowsk, Ihor Kolomojskyj, gesehen werden.
Die ukrainische Staatsführung versucht, durch Schwächung einzelner Oligarchen zugunsten anderer eine Politik des divide et impera zu verfolgen. Allerdings läuft sie dabei Gefahr, selbst von rivalisierenden Oligarchengruppen vereinnahmt zu werden. ...
So paradox es klingen mag: Der schwelende Konflikt im Osten des Landes sichert – über die Projektion einer äußeren Bedrohung für die Einheit der Ukraine– das labile innenpolitische Gleichgewicht. Werden die Kämpfe abflauen, der Konflikt eingefroren und die Demarkationslinien respektiert, muss Kiew zur Lösung zahlreicher innerer Probleme übergehen. Im Moment scheint das nahezu unmöglich, weil strukturelle Defizite und damit einhergehende Sachzwänge kaum behoben werden können. Dramatische Auswirkungen auf das fragile politische System scheinen daher programmiert." (Die Presse online, 16.6.15)

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alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen


die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine

Nachrichtenmosaik Ukraine Folge 225

Gesammelte Nachrichten und Informationen zum Ukraine- und zum West-Ost-Konflikt und den Hintergründen, ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit, fast ohne Kommentar

• US-Diplomat: NATO wird nie in Russland eingreifen
"Die Nato hat laut Michael McFaul nicht vor, Russland zu überfallen. Damit kommentierte der frühere US-Botschafter in Moskau die Entscheidung Russlands, seine westlichen Grenzen mit zusätzlichen Flugabwehr-Raketensystemen vom Typ S-400 zu schützen.
„Man sollte kein großes Aufhebens machen um die S-400 an den russischen Grenzen“, schrieb der amerikanische Diplomat auf Twitter.  „Denn die Nato wird nie in Russland eingreifen.“ Laut McFaul sollte sich Russland keine Sorgen um die „Schutzanlagen der Nato an den russischen Grenzen“ machen. „Denn Russland hat uns nie über Pläne informiert, in Nato-Länder zu intervenieren.“
Vor dem Hintergrund der Nato-Verstärkung hatte das russische Militär angekündigt, noch in diesem Jahr 30 Flugabwehr-Raketensysteme diverser Reichweite im Westen des Landes in Stellung zu bringen. Unter anderem sollen Langstrecken-Fla-Systeme S-400 Triumpf stationiert werden, die zum Schutz vor allen existierenden Typen von Flugzeugen, Drohnen und Marschflugkörpern dienen und auch taktische Raketen abfangen können. Jedes System kann gleichzeitig 36 anfliegende Ziele in einer Entfernung von bis zu 400 Kilometern beschießen. ..." (Sputnik, 28.6.15)
Die NATO muss ja auch nicht direkt eingreifen, dazu gibt es ja verdeckte Operationen der verschiedensten Art ...

• Kommunisten werfen Lugansker Behörden fehlende Mordaufklärung vor und wollen weiterkämpfen
"Mordanschlag auf kommunistischen Volkswehrkommandeur: Behörden der Volksrepublik Lugansk haben kein Interesse an Aufklärung. Ein Gespräch mit Alexej Markow
Alexej Markow ist Kommissar des kommunistischen Volkswehreinheit im »Geister-Bataillon« (Brigade Prisrak) im Donbass im Osten der Ukraine
Alexej Mosgowoj, der Kommandeur der kommunistischen Volkswehreinheit im »Geisterbataillon« in der international nicht anerkannten Volksrepublik Lugansk, ist am 23. Mai in der Nähe der Stadt Altschewsk einem Anschlag zum Opfer gefallen. Mit ihm starben sechs Menschen, darunter seine Pressesprecherin. Wem nützt dieser Mordanschlag?
Wir wissen nicht, wer das getan hat, aber der Mord nutzte verschiedenen Kräften. Die ukrainische Seite mochte Mosgowoj nicht, weil er ein wichtiger Anführer war und selbst Leute von der anderen Seite der Frontlinie auf ihn hörten. Er war dabei, eine Funktion als Repräsentant der Volksrepublik Lugansk zu übernehmen. Er wollte sich ausdrücklich in der Politik engagieren. Alexej hatte hier keine politischen Konkurrenten, war sehr beliebt und verbindlich. Die Leute mochten ihn, und im Unterschied zu vielen Politikern der Volksrepublik vertrauten sie ihm. Auch kriminellen Kreisen der Gegend war er im Weg, weil sie es mit ihren Raubzügen auf Altschewsk, eine vergleichsweise wohlhabende Industriestadt, abgesehen hatten. Nach Mosgowojs Tod kamen Leute aus dem Ort mit Tränen in den Augen zu mir und flehten uns an, nicht abzuziehen, sondern sie weiter zu beschützen.
Sind Sie zufrieden mit der offiziellen Untersuchung des Mordanschlags?
Über eine offizielle Untersuchung ist mir nichts bekannt. Mit uns hat niemand Kontakt aufgenommen, und niemand hat nach den Beweismitteln gefragt, die wir gesichert haben. Ich weiß nicht einmal, ob überhaupt eine Untersuchung durchgeführt wird. Sehr wahrscheinlich nicht. Unsere Brigade stellt eigene Ermittlungen an. Wir verfügen leider nicht über ausreichende Ressourcen für umfangreiche Ermittlungen.
Ist die Existenz ihrer militärischen Einheit bedroht?
Im Moment ist unsere Einheit im »Geisterbataillon« nicht gefährdet. Zu Zeit spüren wir keinen ernsthaften Druck von den Behörden. ...
Gibt es in der Volksrepublik Lugansk gegenwärtig für fortschrittliche politische Bewegungen irgendeine Perspektive?
Leider muss ich feststellen, dass der politische Raum in der Volksrepublik Lugansk derzeit von fast niemandem ausgefüllt wird. Mosgowoj hatte das Zeug dazu, ein Hauptakteur zu sein. Er war bekannt, beliebt, er verfügte über eine Hilfsorganisation, und einige einflussreiche Leute unterstützten ihn. Er hätte Veränderungen bewirken können. Er hatte für Ende Mai eine Erklärung geplant, dass er sich künftig auf die politische Arbeit konzentrieren und administrative Aufgaben im Militär an Menschen mit entsprechenden Erfahrungen abgeben wolle. Vielleicht war das Zunichtemachen dieser Pläne genau der Grund für seine niederträchtige und brutale Ermordung. ...
Wenn wir uns vor Augen führen, was mit Alexej Borisowitsch Mosgowoj geschehen ist, kann man sagen, dass oppositionelles bzw. sozialistisches Handeln extrem gefährlich ist?
Ich würde gern sagen können, dass das nicht stimmt, aber ... Es ist sehr gut möglich, dass das zutrifft. Im Moment sind das nur Einzelfälle. Zum Beispiel hat uns eine Kommunistin in Brjanka erzählt, dass lokale Unternehmen von den Behörden ausgeplündert wurden. Danach hat man die Frau ohne gesetzliche Grundlage verhaftet. Mosgowoj befreite sie, und sie konnte dann zwei Monate sicher unter seinem Schutz leben. Jetzt ist sie wieder nach Hause zurückgekehrt.
Im allgemeinen sind die örtlichen Behörden von den russischen abhängig. Und ganz sicher ist es für sie eher akzeptabel, Vereinbarungen mit der Junta in Kiew zu treffen als sich mit Volksmacht und Sozialismus auseinanderzusetzen. ...

Die Sanktionen des Westens treffen die russische Bourgeoisie. Es sieht so aus, als ob die russischen Autoritäten sich deshalb des Ukraine-Konflikts entledigen wollen – er ist jetzt unbequem für sie geworden. Sehen Sie das auch so?
Das ist eine sehr populäre Betrachtungsweise unter den Leuten hier, unter Soldaten und sogar Kommandeuren. Leider fördern jüngste Aussagen und Aktionen sowohl der Behörden der Volksrepublik als auch der russischen Offiziellen nicht gerade Optimismus und Zuversicht. Ehrlich gesagt sprechen die Leute von Verrat.
Wir haben jedoch keinen Einfluss auf das Vorgehen des Kreml. Ich kann nur sagen, dass wir nicht aufgeben oder weglaufen werden. Wir sind angetreten, um für unsere Idee zu kämpfen. Im Moment bringen wir das Thema der Konflikte mit der Volksrepublik Lugansk und ihren Chefs nicht zur Sprache, weil wir am selben Ziel arbeiten – der Befreiung der Gebiete der Republiken. Wir stellen sicher, dass viele unserer Freiwilligen aus den [von der Ukraine, jW] besetzten Gebieten kommen, und werden weiterkämpfen – ob mit unseren gegenwärtigen Verbündeten oder als Partisanen in den Wäldern der Region Charkow. ...
Die kommunistische Einheit des »Geisterbataillons« (Brigade Prisrak) ist gegenwärtig in schwere Kämpfe verwickelt. Die auf der Seite der nicht anerkannten Volksrepublik Lugansk operierende, auch »Einheit 404« genannte Truppe war von Dienstag nacht bis Mittwoch nachmittag heftigen Artillerieangriffen ausgesetzt. In einer ihrer Presseerklärungen ist von 43maligem Beschuss und drei Feuergefechten die Rede. Dabei sollen zwei Kombattanten der aus rund 80 ukrainischen, russischen und internationalen Freiwilligen bestehenden kommunistischen Einheit getötet und 23 verwundet worden sein. Ihre Kämpfer berichten von »aggressiver« werdenden Offensiven der aus Kiew befehligten Streitkräfte der »Antiterroroperation«.
»Die Situation ist extrem angespannt«, so Alexander Krot, Musterungsoffizier der kommunistischen Einheit. Die meisten Angriffe, bei denen das ukrainische Militär mobile Artillerie und Haubitzen eingesetzt habe, seien bei Sokilniki, Shelobok und Solotoje nordwestlich von Lugansk zu verzeichnen gewesen, aber auch Stellungen bei Sisoje und Bolotennoje nordöstlich der Stadt seien betroffen.
»Der Tod meiner Jungs ist eine Tragödie«, erklärte der Militärkommandeur der kommunistischen Kämpfer Pjotr »Arkadjisch« Biriukow. Ebenso bedauerte er die Opfer, die die ukrainische Armee zu beklagen hat – inoffizielle Quellen berichten von vier Toten und 15 Verletzten. »Sie verteidigen nicht ihr Land, sondern nur die geschäftlichen und politischen Interessen der Nazijunta in Kiew und deren Herren«, so Biriukow. »Ich sehne den Moment herbei, in dem ein Bataillonskommandeur von der anderen Seite zu mir kommt und sagt: ›Lass uns aufhören, uns gegenseitig umzubringen, lass uns gemeinsam das Chaos hier aus der Welt schaffen und unsere Heimat von diesen Bastarden säubern.‹« ...
" (junge Welt, 27.6.15)
Sie reden schon miteinander, die Kiewer Truppen und die Aufständischen: "Er arbeitet nicht für die Regierung und trägt keine Uniform. Doch im Konflikt in der Ostukraine ist Ex-General Ruban der Mann, der den Austausch von Gefangenen organisiert. Bernd Großheim hat ihn getroffen und erfahren, wie er über Leben und Tod entscheidet.
... Oft kennt er seine Verhandlungspartner auf der Seite der Volksrepubliken Donezk und Luhansk persönlich. "Als der Krieg begann, kämpften Offiziere unserer Organisation auf beiden Seiten", sagt er. "Wir haben Kontakte hergestellt. Und so führen im Moment viele Kommandeure direkte Verhandlungen miteinander. Voraussetzung ist das Offiziersehrenwort." ...
Er erzählt, die Kommunikation der Kriegsparteien gehe sogar so weit, dass man sich quasi verabredet, wann geschossen wird. "Unsere ukrainischen Einheiten kochten Brei für das ganze Bataillon, als die andere Seite den Beschuss begann", erzählt Ruban- "Der Kommandeur rief seinen Gegenüber bei den Separatisten an und bat darum, das Feuer für 30 Minuten einzustellen. Er sagte nur, dass sein Bataillon Zeit brauche, um Essen zu kochen, weil die Soldaten hungrig waren. Also haben die Ukrainer ihren Brei zu Ende gekocht, ihn verteilt und sich in Deckung begeben. Dann haben die beiden Kommandeure wieder miteinander telefoniert und der Beschuss begann."
Aus eigener Anschauung kommt Ruban zum Schluss, bei den Kämpfenden habe während des vergangenen Kriegsjahres ein Denkprozess eingesetzt. "Am Anfang haben die Menschen Parolen wiederholt, aber im Krieg haben sie keinen Fernseher mehr, hören keine Propaganda, keine Gegenpropaganda, und sie beginnen, sich eigene Gedanken zu machen", sagt Ruban. "Sie fragten mich: 'Wofür kämpfen wir? Kämpfen wir auf der richtigen Seite? Wann endet das alles? Wir müssen unser Kind einschulen, und ich kämpfe hier und verstehe nicht, wozu ich die Menschen auf der anderen Seite töte?' Solche Fragen stellte man uns auf beiden Seiten." ..." (ARD tagesschau.de, 13.6.15)

• Faschisten agieren unbehelligt
"Einer der beiden Verdächtigen für den Mord an dem ukrainischen Journalisten Oles Buzina im April ist wieder auf freiem Fuß. Ein unbekannter Geldgeber hinterlegte beim Gericht eine Kaution von umgerechnet 250.000 Euro, und die Untersuchungshaft gegen Denis Polischtschuk wurde aufgehoben. Sein mutmaßlicher Komplize Andrej Medwedko sitzt dagegen nach wie vor in Haft. Beide sind ehemalige Kämpfer eines faschistischen Freikorps; Medwedko soll darüber hinaus auch eine Zeitlang eine kleine Funktion in der Partei »Swoboda« ausgeübt zu haben. Die Inhaftierung beider war sowohl im nationalistischen Milieu als auch bei Gegnern der Kiewer Regierung als vorgeschoben kritisiert worden. Das linke Portal antifashist.com bezeichnete die beiden als Sündenböcke, die von der direkten Verwicklung des ukrainischen Innenministeriums in die Morde an Buzina und anderen »Prorussen« im Frühjahr ablenken sollten.
Ohne den Ermittlungen der ukrainischen Justiz in den Mordsachen vorgreifen zu wollen, zeigt die Freilassung auf Kaution eines: Den ukrainischen Nationalisten fehlt es offenbar nicht an Sponsoren. Es liegt nahe, den Oligarchen Igor Kolomojskij als Geldgeber zumindest zu vermuten, der sich durch die Finanzierung des »Rechten Sektors« und mehrerer Freiwilligenbataillone als Unterstützer des radikalen Nationalismus positioniert hat. ...
Auf Kolomojskij deutet auch noch ein anderes Indiz hin: Ein vormilitärisches Sommerferienlager, das das von ihm finanzierte Bataillon »Dnipro« in der Region Dnipropetrowsk veranstaltet. Auf dem Programm: nationale Indoktrination, Erste Hilfe für die Mädchen und Paintballschießen für die Jungen. Ukrainische Medienberichte zeigten neben ukrainischen auch israelische Fähnchen in großer Zahl. Kolomojskij ist neben seiner Geschäftstätigkeit und seinem Polit-Sponsoring auch ein Aktivist der jüdischen Gemeinschaft in der Ukraine. Und was könnte optisch besser den Vorwurf des Faschismus entkräften als israelische Fahnen? Das Sommercamp ist nicht das einzige seiner Art. Vor allem der »Rechte Sektor« nutzt seine Strukturen in der Westukraine, um gezielt Kinder und Jugendliche zu indoktrinieren und militärisch zu trainieren. ...
Der »Rechte Sektor« »sorgt« sich aber nicht nur um potentiell traumatisierte, ins soziale Nichts zurückkehrende »Kameraden«. Er organisiert auch Kulturveranstaltungen. ..." (junge Welt, 27.6.15)

• Sozialdemokrat kritisiert westliche Russland-Politik
"Der SPD-Politiker Erhard Eppler kritisiert in Heft 7/2015 der Monatszeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik unter dem Titel »Demütigung als Gefahr. Russland und die Lehren der deutschen Geschichte« die Politik des Westens im Ukraine-Konflikt:
Heute ist es auch in Deutschland so etwas wie ein Denksport, über die finsteren Absichten Putins zu spekulieren. Wollen wir damit vergessen machen, was wir selbst versäumt haben? Warum ist niemand auf die Idee gekommen, mit Putin über das Assoziationsabkommen mit der Ukraine zu reden? Jetzt, nachträglich tun wir es ja, aber nun ist es zu spät. (…)
Es geschah auf der Krim, mit der Krim. Erst die Sezession, also der Beschluss des zuständigen Parlaments, sich von der Ukraine zu trennen und der Russischen Föderation beizutreten. Natürlich haben Russen dabei mitgewirkt. Aber immerhin hat kein einziger Mensch dafür sterben müssen. Die Zustimmung von 97 Prozent war sicher nicht völlig identisch mit den Meinungen im Land. Aber dass die Mehrheit der Krim-Bewohner zu Russland wollte, war und ist kaum zu bezweifeln. Das zeigt sich auch heute. Zwar wird in Kiew einfach die Rückgabe der Krim verlangt, aber ohne die Leute dort überhaupt zu fragen. Wenn Frau Merkel zwar immer wieder – formal korrekt – die Verletzung des Völkerrechts tadelt, aber nie andeutet, wie sie sich reparieren ließe, hat dies wohl einen guten Grund: Kann gerade sie, die Deutsche, verlangen, dass die Krim, was immer ihre Bewohner wollen, wieder ukrainisch wird? Schließlich haben wir Deutschen uns vierzig Jahre lang nicht auf das Völkerrecht, sondern auf das Selbstbestimmungsrecht berufen. Und das soll nun für die Krim-Bewohner nicht mehr gelten? (…) ...
Es wird Zeit für eine nüchterne Analyse der Interessen, die in diesem Konflikt wirksam sind. Am einfachsten lassen sich die der USA definieren. In seiner jüngsten Botschaft zur Lage der Nation hat Präsident Obama den Ukraine-Konflikt nur gestreift. Stolz hat er den amerikanischen Erfolg gefeiert: Die NATO sei dadurch gestärkt, Russland sei isoliert, und die russische Wirtschaft liege am Boden.
In der Tat kann kein anderes Land eine solch positive Bilanz ziehen. Kein Wunder, dass die USA niemals über ein Ende des Konflikts nachdenken und, zumal unter Republikanern, massive Waffenlieferungen an die Ukraine verlangt werden. Obama bremst aus Rücksicht auf die Bundesrepublik und Frankreich. Und er hat immerhin das Minsker Abkommen nicht verhindert. Aber die drei »Erfolge« – gestärkte NATO, isoliertes Russland mit ruinierter Wirtschaft – sind Ergebnisse der Fortsetzung des Konflikts, nicht seiner Beilegung.
Von Beginn des Konflikts an wurde vom State Department in Washington primär Ministerpräsident Jazenjuk und nicht Staatspräsident Poroschenko unterstützt. Jazenjuks – reichlich ehrgeiziges – Interesse ist es, die Gesamtmacht der NATO gegen Russland zu mobilisieren. Das kann nur gelingen, wenn die USA massiven Druck auf die Europäer ausüben. Das tun sie bislang – aus Sicht Jazenjuks – nicht ausreichend.
Während die baltischen Länder und Polen der amerikanischen Position sehr nahe sind, hat sich auf dem Kontinent ein genuin europäisches Interesse herauskristallisiert, vor allem getragen von Frankreich, Deutschland und den südeuropäischen Ländern. Es ist deren vitales Interesse, diesen Konflikt beizulegen und anschließend über eine Friedensordnung in Europa nachzudenken, die Russland einschließt." (junge Welt, 27.6.15)

• Zahl der Kiewer Truppen im Donbass angeblich weiter erhöht
"Die Ukraine stockt ihre Truppen im Donezbecken (Donbass) weiter auf. Laut Präsident Petro Poroschenko ist die zahlenmäßige Stärke der Kiew-treuen Verbände auf 60.000 Mann gewachsen. Vor zwei Wochen waren es 55.000 Mann gewesen.
Seit Beginn der Waffenruhe im Februar hat sich das ukrainische Militäraufgebot in der abtrünnigen Industrieregion damit bereits mehr als verdoppelt.
„Wir haben die Stärke unserer Streitkräfte in der Zone der Anti-Terror-Operation auf 60.000 Soldaten erhöht“, sagte Poroschenko am Freitag dem TV-Sender Inter. Neue Kriegstechnik sei in die Region verlegt worden, altes Kriegsgerät sei repariert worden, so Poroschenko weiter. Darüber hinaus habe man die Versorgung der Soldaten verbessert und ihnen bei Militärtrainings ausländische Erfahrungen beigebracht.
Zuvor bereits hatten die selbsterklärten Volksrepubliken Donezk und Lugansk der Regierung in Kiew vorgeworfen, die Mitte Februar in Minsk vereinbarte Waffenruhe für Aufrüstung zu nutzen. Staatschef Poroschenko bestätigte am 11. Juni bei Besuch in Mariupol, dass Truppenstärke in der Region „von 22.000 am 15. Februar auf 55.000 Mann“ gewachsen sei." (Sputnik, 26.6.15)

• Poroschenko: Ja zu Dezentralisierung, Nein zu Föderalisierung
"Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko bleibt bei der Verfassungsreform hart: Die Ukraine wird auch weiterhin ein unitärer Staat und das Ukrainische die einzige Amtssprache bleiben. Dennoch sollen Regionen das Recht bekommen, im Alltagsleben auch andere Sprachen zu benutzen.
Er werde in der nächsten Woche im Parlament einen Entwurf der Verfassungsreform einbringen, kündigte Poroschenko am Freitag an. Der Entwurf, der unter anderem eine Dezentralisierung der Macht vorsieht, wurde am Freitag von der zuständigen Kommission abgesegnet.
„Im Ergebnis der Verfassungsänderungen bleibt die Ukraine unitär“, sagte Poroschenko. „Diesbezüglich kann es keine Kompromisse geben.“ Das Ukrainische werde zwar die einzige Amtssprache bleiben, doch würden die Regionen das Recht bekommen, über den Gebrauch anderer Sprachen im Alltagsleben zu entscheiden. „Das ist nicht die Sache Kiews, zu entscheiden  (…), welche Lieder die jeweilige Gemeinde zu singen und welche Sprache sie zu sprechen hat. Dabei bleibt unsere ukrainische Sprache die einzige Amtssprache.“ ..." (Sputnik, 26.6.15)
Zur Erinnerung: Die Forderung nach Föderalisierung gehört von Anfang zu den Forderungen der Aufständischen in der Ostukraine.

• Wirtschaftsvertreter warnen vor Sanktionsfolgen 
"Der durch die Russland-Sanktionen ausgelöste Einbruch der deutschen Exporte gefährdet nach Einschätzung der Wirtschaft mittlerweile bis zu 150 000 Jobs in Deutschland. Die Ausfuhren würden im laufenden Jahr erneut um mehr als 25 Prozent schrumpfen und sich damit im Vergleich zum Rekordjahr 2012 auf nur noch 20 Milliarden Euro halbieren, warnt der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft.
"Die aktuellen Zahlen übertreffen selbst unsere schlimmsten Befürchtungen", sagte Ausschuss-Chef Eckhard Cordes am Freitag in Berlin. Er forderte eine Lockerung der vor einem Jahr verhängten EU-Strafmaßnahmen gegen Moskau: "Wir brauchen den Einstieg in den Ausstieg aus den Sanktionen."
Russland könnte 2015 in der Liste der wichtigsten deutschen Abnehmerländer hinter Länder wie Tschechien und Schweden auf Rang 15 zurückfallen. Die deutschen Unternehmen zahlten in der EU mit Abstand den höchsten Preis der Sanktionspolitik. Betroffen seien vor allem mittelständische Betriebe aus Ostdeutschland.
Cordes zweifelt zunehmend am Sinn der EU-Strategie, Russland wirtschaftlich treffen zu wollen, um mehr Zugeständnisse im Ukraine-Konflikt von Moskau zu bekommen. Andere Länder seien die lachenden Dritten: "Die Wirtschaftsbeziehungen Russlands mit Deutschland und der EU schrumpfen, während sich Russland Partnern wie China, Indien oder Südkorea zuwendet", sagte Cordes.
Trotz der Sanktionen und einer schrumpfenden Wirtschaft habe Russland weiter einen ausgeglichenen Staatshaushalt, Währungsreserven von über 350 Milliarden Dollar und dazu einen mit 150 Milliarden Dollar gefüllten staatlichen Fonds. ..." (Handelsblatt online, 26.6.15)

• Antirussische Sanktionen bedrohen deutsche Unternehmen
"Die von der EU betriebene Sanktionspolitik bringt Vertreter des Klein- und mittelständischen Unternehmertums Deutschlands ihren Worten zufolge an den Rand der Pleite, wie der russische EU-Botschafter Wladimir Tschischow in einem Interview für die Zeitung „Kommersant“ mitteilte.
„In dieser Woche habe ich eine Delegation von Vertretern der Sektion des Klein- und mittelständischen Unternehmertums Deutschlands empfangen, die im Rahmen der im vorigen Jahr gebildeten ‚Deutsch-russischen Wirtschaftsunion‘ funktioniert“, sagte Tschischow.
„Sie sagen direkt, dass große Unternehmen natürlich auf dem russischen Markt überleben werden, während das Klein- und mittelständische Unternehmertum durch die Sanktionspolitik der EU an den Rand der Pleite gebracht wird“, unterstrich  Tschischow als Antwort auf die Frage, ob sich die Einschränkungsmaßnahmen auf die Beziehungen zwischen Russland und der EU auswirken. ..." (Sputnik, 26.6.15)

• NATO spielt mit nuklearem Feuer
"Gefährdung des Friedens in Europa: NATO diskutiert Atomwaffenstrategie, wirft Moskau aber »nukleares Säbelrasseln« vor
Von Rainer Rupp
Warum sind ein US-amerikanischer und ein russischer General, James E. Cartwright und Wladimir Dworkin, plötzlich sehr besorgt über die zunehmende Gefahr eines Atomkrieges in Europa? Wie kann es sein, dass der Staatssekretär des US-Verteidigungsministeriums Robert Scher immer noch im Amt ist, obwohl er jüngst vor dem Kongress in Washington dafür geworben hat, einen präventiven nuklearen Erstschlag zur Entwaffnung Russland zu führen? Um seinen Arbeitsplatz braucht sich der atomare Kriegstreiber keine Sorgen zu machen, denn er hat die volle Unterstützung seines Ministers Ashton Carter. Der ist in dieser Woche in Deutschland von seiner Amtskollegin Ursula von der Leyen gefeiert worden.
Vor dem Hintergrund des gerade abgeschlossenen Treffens der NATO- Verteidigungsminister in Brüssel sollte man sich der wachsenden Gefährdung des Friedens in Europa durch die von Washington betriebene Expansion des Aggressionsbündnisses bis an die Grenzen Russlands im klaren sein. Insbesondere der gewaltsame, von den USA forcierte und finanzierte Sturz der demokratisch gewählten Regierung der Ukraine im Februar 2014 sowie die Unterstützung offen faschistischer Kräfte in Kiew durch die »westliche Wertegemeinschaft« haben dazu geführt, dass Russland nicht länger bereit ist, auch nur einen Schritt weiter zurückzuweichen. Moskau zeigt sich »uneinsichtig« und wird im Westen als »Alleinschuldiger« ausgemacht, der verantwortlich ist für die Rückkehr zum Kalten Krieg. Denn aufgrund von Russlands »aggressivem Verhalten« sah sich der Westen ja »gezwungen«, mit politischen und ökonomischen Strafmaßnahmen Wladimir Putins »Reich des Bösen« eine Lektion zu erteilen.
Aber Russland ist weder Afghanistan noch Irak noch eines der Dutzend anderen Länder, die von NATO-Staaten in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit Krieg überzogen und ins Verderben gestürzt wurden. Russland hat Zähne, auch nukleare. Der Einsatz taktischer Atomwaffen zur Verteidigung seiner Staatsgrenzen gehört inzwischen fest zur russischen Militärdoktrin und wird entsprechend geübt. ...
Je mehr der Westen Russland gegen die Wand drückt, je mehr schwere Waffen der NATO dicht an der Grenze Russlands stationiert werden, je mehr die westliche Rhetorik sich in aggressiven Slogans überschlägt, desto labiler und unberechenbarer wird die Lage, aus der heraus aufgrund von Fehleinschätzungen oder falschen Informationen kleine, bewaffnete Konflikte über die russische Grenze hinweg entstehen können. Wegen ihrer Nähe zur Hauptstadt Moskau könnten auch kleine Konflikte an der russischen Westgrenze schnell strategische Bedeutung gewinnen, entsprechend rapide eskalieren und unbeherrschbar werden. ...
Völlig unverständlich ist, dass sich auch die »alten« europäischen NATO-Partner wie Deutschland und Frankreich an diesem irrwitzigen »Spiel« mit unabsehbaren Folgen beteiligen. Denn bei einem mit taktischen Atomwaffen zwischen NATO und Russland ausgetragenen Konflikt wäre Europa der Hauptleidtragende. ...
Verbunden mit den wachsenden Spannungen zwischen den USA und Russland und vor dem Hintergrund des wiederauflebenden Geistes des Kalten Krieges mit seiner Nukleardoktrin wird damit ein Atomkrieg in Europa plötzlich wieder zu einer sehr realen Bedrohung. Das zumindest meinen zwei hochrangige, inzwischen aus dem aktiven Dienst geschiedene militärische Befehlshaber: der Amerikaner James E. Cartwright, ehemaliger General des Marine Corps sowie stellvertretender Vorsitzender der Joint Chiefs of Staff (Vereinten Stabschefs) und Kommandeur des für strategische Nukleareinsätze zuständigen United States Strategic Command, sowie der Russe Wladimir Dworkin, ein pensionierter Generalmajor und früherer Leiter des Forschungsinstituts der strategischen Raketentruppen Russlands. Beide sind Mitglieder der Global-Zero-Kommission für die Reduzierung des nuklearen Risikos. Und beide sind sehr besorgt über die Zukunft der Welt, wenn die aktuelle Status quo zwischen den USA und Russland unverändert bleibt. Unter dem Titel »How to Avert a Nuclear War« (Wie man einen Atomkrieg verhindern kann) hatten die beiden hochrangigen Experten am 19. April in einem Meinungsartikel in der New York Times vor den Hintergrund des bewaffneten Konflikts in der Ukraine eindringlich vor den unabwägbaren Gefahren einer Eskalation bis hin zu einem Atomkrieg gewarnt. ...
" (junge Welt, 26.6.15)

• Fällt Armenien als nächster Dominostein?
"Armenien: Prowestliche Kräfte nutzen Strompreiserhöhungen zu Angriffen auf Bündnis mit Russland
In der armenischen Hauptstadt Jerewan halten die Proteste gegen eine geplante Strompreiserhöhung an. Mehrere tausend Demonstranten, die seit Dienstag abend erneut den zentralen Bagramjan-Prospekt besetzt halten, lehnten in der Nacht ein Angebot des Staatspräsidenten Sersch Sargsjan ab, eine Delegation der Protestierenden zu empfangen. Sie verlangten, der Präsident solle im Fernsehen live die Rücknahme der Preiserhöhung verkünden. Statt dessen reiste Sargsjan zu einem Besuch nach Brüssel.
... die Strompreiserhöhung ist für die Organisatoren der Proteste nur der Anlass, eine politische Bewegung gegen Sargsjan und seine Entscheidung, Armenien in die von Russland geführte Eurasische Union zu integrieren, ins Leben zu rufen. Bei der Straßenblockade wurden zahlreiche armenische Nationalfahnen geschwenkt. Parolen wie »Schluss mit der russischen Okkupation«, »Armenier, vereint euch« und »Wir wollen Herren im eigenen Haus sein« deuten an, wohin die Reise nach Absicht der Veranstalter gehen soll. Auch EU-Fahnen waren zeitweise zu sehen. Zu den Organisatoren gehört auch die von dem in den USA lebenden Exilarmenier Rafi Owanisjan geführte Partei »Erbe«. Die wirtschaftliche Lage des Landes spielt dabei den Organisatoren der Proteste in die Hände. Das transkaukasische Binnenland Armenien, etwa so groß und so bevölkerungsstark wie das Land Brandenburg, hat nach dem Ende der Sowjetunion seine Wirtschaftsstruktur vollkommen umstellen müssen. Die arbeitsteilig zur sowjetischen Industrie zuliefernden Betriebe sind praktisch alle zusammengebrochen. Der Anteil der Landwirtschaft am Sozialprodukt ist – entgegen allen weltweiten Trends – von zehn Prozent zu Sowjetzeiten auf 20 Prozent des Sozialprodukts und 40 Prozent der Beschäftigung gestiegen. Im Klartext heißt das, dass eine wenig effiziente Selbstversorgungswirtschaft die Armenier über Wasser hält. Große Teile der materiellen Infrastruktur sind dagegen von russischen Konzernen übernommen worden, so auch die Elektrizitätswirtschaft, die einer Tochtergesellschaft des russischen Netzbetreibers EES Rossii gehört. Eine Preiserhöhung – auch wenn sie wirtschaftlich begründet wird – kann so immer schnell als Angriff gieriger russischer Kapitalisten auf armenische Portemonnaies dargestellt werden. ...
In Moskau wird die Entwicklung in Armenien offenbar mit einiger Sorge und sehr aufmerksam verfolgt. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des russischen Föderationsrates, Konstantin Kosatschow, beschuldigte ausländisch gesteuerte NGOs – von denen es in Armenien tatsächlich Hunderte gibt –, hinter den Unruhen zu stehen. Die russische Presse taufte die Bewegung bereits »Elektromaidan« und befürchtet, die Instabilität werde angesichts der sozialen Probleme anhalten. Allerdings gilt Präsident Sargsjan als »entschlossener als Janukowitsch«, da er seine politische Karriere im umkämpften Bergkarabach begonnen habe. ..." (junge Welt, 26.6.15)
Dazu aus meinem Beitrag "Bis dahin und dann weiter" vom 13.3.14: "... Den möglichen nächsten Zug des Westens gegen Russland nach der Ukraine auf dem geopolitischen Schachbrett deutet im aktuellen Heft des Magazins Zenith (März/April 2014) ein Text des Orientwissenschaftler Prof. Udo Steinbach, ehemaliger Berater der Bundesregierung, an. Er schreibt, die EU sei zu "einem Faktor im Kräftespiel im südlichen Kaukasus geworden". Die Region sei für Europa "um so essentieller, je mehr sein Interesse an den Öl- und Gasreserven Aserbaidschans und des kaspischen Raums wuchs." Und weiter: "Georgien entwickelt sich mit Nachdruck auf Europa hin. ... Das autokratisch regierte Aserbaidshan sucht über sein energiepolitisches Gewicht eine strategische Beziehung mit der EU einzugehen. Russland ist bemüht, diesen Prozess der Abkoppelung der ehemaligen Teile seines Imperiums zu blockieren. ...
Armenien aber ist der Punkt, an dem Moskau besonders nachhaltig angesetzt hat, das Abdriften der Kaukasusrepubliken aus seinem Orbit zu verhindern. Wie die Ukraine hätte Armenien Ende November 2013 auf dem Gipfeltreffen in Vilnius der 'Östlichen Partnerschaft' mit der EU beitreten sollen. Mit der gleichen politischen und wirtschaftlichen Brachialgewalt wie im Falle Kiews wurde Yerevan daran gehindert, diesen Schritt zu tun. Die von Moskau verordnete alternative Marschrichtung heißt Eurasische Zollunion. Das aber ist nicht das letzte Wort. Die EU ist attraktiv im südlichen Kaukasus. Nach den Spielen von Sotschi sollte sie Sorge tragen, dass sich die russische Führung auch den Anliegen der Völker des nördlichen Kaukasus öffnet. Die Anerkennung ihrer Identität im Licht der Geschichte steht hoch auf deren Agenda." ..."

• OSZE: Kiewer Truppen bauen Stellungen vor Donezk aus
"Die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa berichten von erhöhten Aktivitäten des ukrainischen Militärs in der Grenznähe zu der von Kiew abtrünnigen Kohleindustrie-Region Donbass.
Nach Angaben der Special Monitoring Mission (SMM), die die Waffenruhe in der Region überwacht, hebt die Regierungsarmee Schützengräben aus und verlegt schwere Kriegstechnik.
„In den von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten nördlich und nordwestlich von Donezk hat die SMM ein bedeutendes Aufgebot der ukrainischen Streitkräfte und die Errichtung von Schutzgräben registriert“, so die OSZE-Mission in ihrem Donnerstagsbericht.
Darüber hinaus berichteten die Beobachter von Verlegungen von Panzern, Haubitzen und Militärlastern der ukrainischen Armee unweit der Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer.  Die schwere Kriegstechnik sei im Raum Nowosselowka Wtoraja (36 km nördlich-nordöstlich von Mariupol) – entgegen den Minsker Abkommen – Richtung Norden gefahren. Auch auf der Seite der Milizen gebe es Verstöße, hieß es weiter. So seien im Raum Nowoasowsk Panzer, Schützenpanzer, Artilleriesysteme und Laster gesichtet worden. ..." (Sputnik, 25.6.15)

• Ausländischer Truppeneinsatz für Friedensmission zugelassen
"Präsident Petro Poroschenko hat ein Gesetz unterschrieben, das einen internationalen Friedenseinsatz unter Beteiligung fremder Truppen in der Ukraine erlaubt.
Das vom Staatschef abgesegnete Gesetz ändert das „Gesetz über Zugang und Aufenthaltsbedingungen von Streitkräften anderer Staaten in der Ukraine“, wie Poroschenkos Presseamt am Donnerstag mitteilte. Das neue Gesetz erleichtere ausländischen Truppen den Zugang auf das ukrainische Territorium für eine internationale Friedens- und Sicherheitsoperation.
Die Regierung in Kiew hatte im März die Uno und die EU um die Entsendung einer Friedensmission für das Donezbecken (Donbass) gebeten. Präsident Poroschenko drängt auf eine EU-Polizeimission mit UN-Mandat unter Ausschluss Russlands. Die Milizen der abtrünnigen Regionen Donezk und Lugansk, die seit April 2014 der ukrainischen Regierungsarmee widerstehen, halten eine Friedensmission nur unter Beteiligung Russlands für möglich. ..." (Sputnik, 25.6.15)

• Bauernprotest gegen Sanktionen
"Wie groß die Wut unter Deutschlands Landwirten ist? Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) erfuhr das am Donnerstagmorgen schon vor dem alljährlichen Bauerntag. Seine Personenschützer hatten dem Redner Ramelow geraten, den Hintereingang zu nehmen - wegen der Proteste vor der Messehalle. Ramelow kam trotzdem zum Haupteingang und sah Hunderte Bauern bei einer Demo für höhere Preise und mehr Anerkennung. "Landwirtschaft ist kein Streichelzoo", stand auf einem Banner der Protestler. Und: "Schützt die Bauern vor den Grünen". ...
Die Landwirte selbst sehen ihr Geschäft aus ganz anderem Grund in Gefahr. Bauernpräsident Rukwied beklagte am Donnerstag "brutale" Folgen der Russland-Sanktionen. Das Embargo Russlands sei Hauptursache dafür, dass die Preise für Schweine eingebrochen und die Milchpreise kräftig unter Druck geraten seien. "Am Ende sind die Bauernfamilien die Leidtragenden." Russland hatte als Reaktion auf Sanktionen des Westens wegen der Ukraine-Krise vorigen Sommer einen Importstopp für Lebensmittel verhängt. ..." (Süddeutsche Zeitung online, 25.6.15)
"Die Sanktionen gegen Russland sind den deutschen Landwirten mehr als nur ein Dorn im Auge. „Das Embargo hat uns deutschen Bauern massiv geschadet“, sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, gestern in Erfurt. Wenn die Bundesregierung die heimischen Landwirte von einem Exportmarkt abtrenne, dann müsse sie an anderer Stelle Alternativen anbieten, forderte Rukwied: „Für die Automobilbranche macht sie das ja auch“, sagte der Verbandspräsident in seiner Grundsatzrede zur Eröffnung des 41. Deutschen Bauerntages in Erfurt. Die Preise für Milch- und für Schweinefleisch seien durch den fehlenden Absatzmarkt massiv gefallen, die Äpfel seien praktisch nichts mehr wert. Das treffe die Unternehmen in einem bisher nicht gekannten Ausmaß. „Darüber müssen wir mit der Politik reden“, kündigte der Verbandschef an. ..." (Thüringer Allgemeine online, 25.6.15)

• Russische Presse: Ukraine-Gespräche ohne Fortschritte 
"Der Ukraine-Konflikt hat gestern im Mittelpunkt von zwei wichtigen Treffen gestanden: In Paris trafen sich die Außenminister des so genannten "Normandie-Quartetts" und in Minsk fand eine Sitzung der Kontaktgruppe zur Konfliktlösung statt, schreibt die "Nesawissimaja Gaseta" am Mittwoch.
Die Gespräche haben keine Durchbrüche gebracht, mit denen aber auch niemand gerechnet hatte.
Am Montag hatte der ukrainische Präsident Pjotr Poroschenko die Bildung einer fünften Arbeitsuntergruppe im Rahmen der Kontaktgruppe vorgeschlagen. Dieses Gremium sollte sich ihm zufolge mit dem Thema einer Grenze zwischen der Ukraine und den beiden abtrünnigen Volksrepubliken Lugansk und Donezk befassen.
Der russische Vizeaußenminister Grigori Karassin sagte daraufhin: „Poroschenko lässt sich so gut wie jeden Tag etwas Neues einfallen, aber seine Ideen haben nichts mit den Minsker Vereinbarungen zu tun. Unsere ukrainischen Partner sollten zur Disziplin und zur Umsetzung dessen gezwungen werden, was im Februar in Minsk abgesprochen wurde. Das ist am wichtigsten.“
Neue Initiativen bezeichnete der Diplomat als „sehr gefährlich für die Umsetzung der Minsker Abkommen“. Zugleich stellte Karassin aber fest, dass Russlands Partner im "Normandie-Quartett" bereit seien, mit den schon getroffenen Vereinbarungen „methodisch und vernünftig“ umzugehen und diese zu erfüllen.
Beim Treffen in Minsk gab der neue OSZE-Beauftragten für die Ukraine, Martin Sajdik, sein Debüt. Er ist der Nachfolger der zurückgetretenen Heidi Tagliavini.
Im Vorfeld der Gespräche hatte der russische Präsident Wladimir Putin die Situation in der Ukraine mit seinem französischen Amtskollegen Francois Hollande und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel telefonisch besprochen.
Auf der offiziellen Website des russischen Präsidenten heißt es in einer Mitteilung, dass „die Artillerieangriffe der ukrainischen Strukturen auf Städte und Dörfer im Donezbecken” eingestellt und die politische Regelung, die Umsetzung der ukrainischen Verfassungsreform und der sozialwirtschaftliche Wiederaufbau der südöstlichen Regionen der Ukraine intensiviert werden müssen.
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sagte gestern, dass trotz der Minsker Vereinbarungen „die Rechte von Millionen Menschen im ukrainischen Konfliktraum verletzt werden“. Er forderte die Konfliktseiten auf, ihr Bestes für die Umsetzung der Friedensvereinbarungen und für eine politische Lösung der Krise zu geben.
Der Experte des Russischen Rats für internationale Angelegenheiten, Alexander Guschtschin, äußerte die Hoffnung auf eine „positive, aber sehr langsame Dynamik“ des Friedensprozesses. Nach seiner Auffassung stehen der Status der beiden Volksrepubliken sowie das Thema Staatsgrenze zwischen Russland und der Ukraine im Mittelpunkt der Verhandlungen, weil Moskau darauf besteht, dass die Volksrepubliken weiterhin Teil der Ukraine bleiben.
„Egal was die Führung dieser Republiken und einige Anhänger des ‚Neurussland‘-Projektes in Russland denken, es gibt keine Alternative dazu: Jede Eskalation würde (…) zur Verschärfung der Sanktionen führen, zu denen das russische Establishment nicht bereit ist“, so der Experte. Zugleich vermutete er angesichts der Verlautbarungen westlicher Politiker, dass die USA ihre militärische Präsenz in Mittel- und Osteuropa ausbauen und versuchen würden, Russland weiterhin „geostrategisch und wirtschaftlich“ unter Druck zu setzen. ..." (Sputnik, 24.6.15)

• Französischer Ex-Präsident unterstützt russische Position
"Der frühere französische Präsident Valery Giscard d’Estaing hat sich entgegen der Position der europäischen politischen Klasse auf die Seite Russlands und Wladimir Putins in der Ukraine-Frage gestellt, wie der französische Diplomat Roland Hureaux in einem Beitrag für die Zeitschrift „Atlantico“ schreibt.
Der Autor verweist darauf, dass Giscard d’Estaing, der immer als proamerikanischer Liberaler gegolten hatte, nach einem Treffen mit Putin im Mai dieses Jahres damit begonnen hat, in der Presse die Position Moskaus in Bezug auf die Krim und die Ukraine zu unterstützen. Er habe außerdem die Meinung geäußert, dass die Russland-feindlichen Sanktionen nicht nur den Interessen Europas, sondern auch dem Völkerrecht widersprächen, so Hureaux.
„Damit hat Valery Giscard d’Estaing die französische und europäische politische Klasse im Hinterland angegriffen. Diese Klasse ist derart gelähmt, dass keine ihrer Führungspersonen es bis jetzt gewagt hat, die unbesonnene Orientierung Westeuropas auf den US-Kurs gegenüber Russland zu kritisieren“, so Hureaux. Die Unterwürfigkeit der europäischen Spitzenpolitiker beim jüngsten G7-Gipfel sei sehr bezeichnend gewesen, so der Autor.
Giscard D’Estaing nehme eine kühne Position ein und stimme dabei mit der aufgeklärten französischen Öffentlichkeit überein, die sich von Angriffen von Massenmedien auf Wladimir Putin nicht beeinflussen lasse, so der Diplomat. Ihm zufolge findet dieser Standpunkt eine immer größere Verbreitung vor dem Hintergrund der offiziellen Haltung von Präsident Hollande.
„Noch vor ein bis zwei Jahren waren prorussisch gesinnte Menschen in eine Isolation geraten. (…) Heute gibt es das Gegenteil davon: Fast niemand, außer einzelnen Intellektuellen, ergreift Partei für die USA in der Ukraine-Frage“, unterstreicht der französische Diplomat." (Sputnik, 22.6.15)

• Poroschenko beklagt sich bei US-Kriegstreiber McCain
"Russland beliefert den Donbass mit modernen Waffen, behauptet der ukrainische Präsident Petro Poroschenko. Die Ukraine werde dabei als Testgelände genutzt.
Bei seinem Treffen mit einer Delegation des US-Senats, angeführt von John McCain, dem Vorsitzenden des Streitkräfteausschusses, am Samstag in Kiew hat Poroschenko über eine neue Zuspitzung der Lage in der Donbass-Region berichtet.
Laut einer Mitteilung seines Pressedienstes warf er Russland und der Volkswehr in der Ostukraine die Schuld an der Eskalation und Nichteinhaltung der Minsker Vereinbarungen vor.
Nach seinen Worten konnte die Ukraine zwar eine starke Armee aufstellen. „Mit der Waffe aus dem 20. Jahrhundert kämpfen wir aber gegen die Waffe des 21. Jahrhunderts, denn Russland liefert in den Donbass moderne Rüstungsgüter und nutzt die Ukraine als Testgelände für die modernsten Waffen“, beteuerte er.
Poroschenko bedankte sich für die Unterstützung der USA für die Ukraine in dieser schwierigen Zeit und betonte die Wichtigkeit gemeinsamer ukrainisch-amerikanischer Armeeübungen, heißt es ferner in der Mitteilung.
Er begrüßte zudem den vom US-Senat gebilligten Gesetzentwurf über den Verteidigungsetat des Landes. „Das ist nicht nur eine Finanz- und Wirtschaftshilfe, sondern auch eine Unterstützung unserer Sicherheit“, betonte er.
McCain sagte seinerseits, er komme in die Ukraine, um seine Unterstützung für ihre Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität zu bekräftigen.
Am Donnerstag hatte der US-Senat eine Militärhilfe von 300 Millionen Dollar an die Ukraine gebilligt. Nun muss das Gesetz von US-Präsident Barack Obama genehmigt werden. ..." (Sputnik, 20.6.15)

• Putin: Russland kann Minsk II nicht allein durchsetzen
"Moskau wird die vollständige Erfüllung der Minsker Vereinbarungen durchsetzen, es kann dies aber nicht allein tun, wie Russlands Präsident Wladimir Putin am Freitag erklärt hat.
„Was muss man heute tun? Heute muss man die in der weißrussischen Hauptstadt Minsk erzielten Vereinbarungen unbedingt in vollem Maße erfüllen. Ich will noch einmal betonen, dass wir dieses Dokument nie unterschrieben hätten, wenn uns irgendetwas nicht recht gewesen wäre. Da es (das Dokument – Red.) vorhanden ist und wir unsere Unterschrift gesetzt haben, werden wir dessen vollständige Erfüllung durchsetzen“, sagte Putin in einer Plenarsitzung des Petersburger internationalen Wirtschaftsforums.
„Gleichzeitig will ich Sie und all unsere Partner darauf aufmerksam machen, dass wir das nicht einseitig erledigen können. Wir hören es ständig, jeden Tag – man wiederholt das wie ein Mantra – dass Russland den Südosten der Ukraine beeinflussen soll. Wir üben doch einen Einfluss aus, aber es ist unmöglich, dieses Problem nur mithilfe unseres Einflusses auf den Südosten der Ukraine zu lösen. Man muss auch die jetzige offizielle Regierung in Kiew beeinflussen, und wir können das nicht tun – das ist der Weg, den unsere westlichen Partner, Europäer und Amerikaner, gehen müssen“, betonte Putin." (Sputnik, 19.6.15)

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alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen


die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine