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Mit deutsch- und volkstümelndem sowie rechtsextremem und faschistischem Gedankengut habe ich nichts am Hut und nichts zu tun!

Mittwoch, 16. November 2016

USA: Über den „Krieg gegen den Terror“ in den Faschismus?

Zwei ehemalige hochrangige US-amerikanische Geheimdienstmitarbeiter warnten in Berlin vor den Folgen antidemokratischer Entwicklungen und der Kriegspolitik in den USA

Seit Anfang November läuft in einigen bundesdeutschen Kinos der Dokumentarfilm „A Good American“. Die meist kleinen Studio- oder Alternativkinos zeigen einen Film über eine große Geschichte. Es ist so etwas wie ein dokumentarischer Thriller über Überwachung, Macht und auch Widerstand. Und über einen Menschen, der an alldem aktiv beteiligt war und ist: William Binney. Der US-Amerikaner war Technischer Direktor der National Security Agency (NSA), bevor er seinen Dienst 2001 quittierte. Er wollte nicht mehr Teil dessen sein, was er mit entwickelt und ins Laufen gebracht hatte. Nach den Anschlägen von 11. September 2001 wurde ihm klar, dass es nicht mehr darum ging, Freiheit zu sichern und zu schützen. Binney weigerte sich, daran mitzuwirken, Freiheiten einzuschränken und Überwachung einzusetzen, um Macht zu sichern. Seit 2011 macht er wie andere Whistleblower öffentlich auf die NSA-Datensammelwut aufmerksam. Edward Snowden soll gesagt haben, dass er ohne Binney nicht getan hätte, was er tat. Der Film zeigt Binneys Weg vom Crypto-Mathematiker, der hilft, Daten über alles und jeden zu sammeln und effektiv zu analysieren zum Warner vor den Folgen. Aber auch, was jenen geschieht, die aussteigen und warnen.

Am 7. November 2016 berichtete Bill Binney in dem kleinen Coop Antikriegs-Café in Berlins Mitte selbst darüber. Er tauchte überraschend bei der Veranstaltung eines anderen US-Amerikaners und ehemaligen Geheimdienstmannes auf. Ray McGovern, früherer hochrangiger CIA-Analytiker mit Spezialgebiet Sowjetunion/Russland, war ein weiteres Mal in die Stadt gekommen. „Welche Rolle spielt Deutschland in Syrien, in der Ukraine und in den Drohnenkriegen?“, war das Thema des Abends mit ihm. Moderatorin und Dolmetscherin Elsa Rassbach machte dabei auch auf die US-Initiative "Hands Off Syria" ("Hände weg von Syrien") aufmerksam. Und als sich McGovern nach fast zwei Stunden verabschieden wollte, entdeckte er im Publikum Binney und bat ihn zu sich. Was der ehemalige NSA-Mann beisteuerte, das machte den Abend kurz vor der Wahl in den USA noch interessanter.

Binney berichtete, dass sich bis vor kurzem kein US-Verleih für den Film des Österreichers Friedrich Moser über seine Geschichte gefunden habe. Diese zu erzählen, dazu habe niemand in den US-Medien den notwendigen Mut gehabt. Themen im Zusammenhang mit der „nationalen Sicherheit“ schreckten ab. Immerhin werde „A Good American“ nun doch ab 2017 auch in seiner Heimat gezeigt. Gemeinsam mit McGovern wies er daraufhin, dass und wie die Herrschenden in den USA die Verfassung des Landes und deren Grundsätze ignorieren. Das habe aber schon vor dem 11. September 2001, im Februar des Jahres, begonnen, in dem unter anderem die NSA den Auftrag bekam, auch US-Bürger zu überwachen und Telekomfirmen zustimmten. Nach den Anschlägen damals wurde das dann endgültig ausgeweitet.

Hoffnung auf Kooperation statt Konfrontation mit Russland


Ray McGovern zitiert in Berlin aus der US-Verfassung, links William Binney
Binney und McGovern warnten beide vor einer US-Präsidentin Hillary Clinton, die zu dem Zeitpunkt noch möglich schien. Sie sei eine „Anwältin für den Regimechange in vielen Ländern“, sagte der ehemalige NSA-Mitarbeiter und erinnerte an den Irak, Libyen, Syrien und auch die Ukraine. „Clinton hat nie einen Krieg gesehen, liebt aber die Kriege“, hatte zuvor Ex-CIA-Mann McGovern festgestellt. Er selbst habe für Jill Stein gestimmt, berichtete er und freute sich, dass im Raum einige saßen, die von der Präsidentschaftskandidatin der US-Grünen wussten. Steins Engagement für die Umwelt habe ihn dazu bewogen, ein Thema, das in den Debatten zwischen Hillary Clinton und Donald Trump nur einmal erwähnt worden sei. Auch für McGovern war die Wahl eine zwischen Pest und Cholera: „Wir wissen, was Frau Clinton tun will. Aber wir wissen nichts über Trump.“ Dieser sei ein Desaster in der Innenpolitik, „aber vielleicht ist er weniger geneigt, Kriege zu machen“, meinte der Ex-CIA-Analytiker, der fast den ganzen Abend deutsch sprach.

Trump habe sich aber für mehr Kooperation mit Russland ausgesprochen. Das Verhältnis zu Russland, das Land, das er jahrzehntelang als Geheimdienstanalytiker beobachtete, beschäftigt McGovern bis heute. Und so ging er bei seinem jüngsten Auftritt in Berlin immer wieder auf die Beziehungen zwischen Moskau und Washington ein. Nach seiner Einschätzung wird der russische Präsident Wladimir Putin zwischen der Wahl und der Vereidigung des neuen US-Präsidenten Trump alles tun, um die russische Position zu stärken und zu sichern. McGovern nannte es „sehr traurig“, dass das von Putin in einem Beitrag für die New York Times im September 2013 beschriebene neue Vertrauen zwischen ihm und US-Präsident Barack Obama wieder zerstört wurde. Das sei eine Folge der Politik der sogenannten Neocons, die Syrien schon damals angreifen wollten, was aber die russische Initiative zur Zerstörung der syrischen Chemiewaffen verhinderte. Putin sei für sie daran schuld gewesen, „und einige Monate später kam der Putsch in Kiew, in der russischen Nachbarschaft“, verwies McGovern auf die Zusammenhänge. Dem seien später die Sanktionen gegen Russland gefolgt, welche anfangs von den Europäern, auch den Deutschen nicht gewollt waren. „Dann wurde ganz plötzlich ein Zivilflugzeug abgeschossen und 298 Menschen getötet über der Ukraine.“ US-Außenminister John Kerry habe ganz schnell behauptet, Putin sei daran schuld. Dafür seien bis heute keinerlei Beweise vorgelegt worden, auch nicht durch die vom ukrainischen Geheimdienst unterstützten Untersuchungen. Doch neun Tage nach dem Abschuss von MH 17 hatten die USA die Europäer überzeugt, den antirussischen Sanktionen zuzustimmen, erinnerte der Ex-CIA-Mann.

Er schätzte die aktuelle Lage als gefährlich ein: „Ich habe Angst, dass es noch schlimmer wird.“ McGovern wunderte sich auch über Kerry, der in einer Veranstaltung auf die Frage nach der Lage in Syrien gesagt habe, er habe nie eine so komplizierte Lage gesehen. Es gebe in dem Land nicht nur einen Krieg, sondern mehrere Kriege gleichzeitig. Kerry habe es als sehr schwer für die Großmacht USA bezeichnet, alles unter Kontrolle zu halten. Der erfahrene ehemalige Geheimdienstanalytiker empfand es als peinlich, dass der US-Außenminister sich so unwissend darstellte. „Wenn er gewusst hätte, dass es kompliziert ist, dann hätte er nicht diese Politik betrieben?“ Putin hoffe auf Vernunft nach der Rhetorik des US-Wahlkampfes, erinnerte McGovern in Berlin und schloss sich dem an. „Aber es gibt keine Garantie“, ergänzte er. Zu den Problemen zähle, dass in den USA kaum etwas bekannt sei über die Ursachen und Zusammenhänge solcher Konflikte wie dem in der Ukraine. Das erlebe er immer wieder selbst bei Veranstaltungen auch in der US-Friedensbewegung, in denen unter anderem wider die Fakten von der russischen Aggression in der Ukraine geredet werde.

Machtvoller Komplex aus Militär, Industrie und Geheimdiensten


„Die Propaganda ist so stark“, stellte McGovern fest. Er habe seit 50 Jahren in Washington viele Veränderungen gesehen, „aber es gibt eine Veränderung, die ist viel wichtiger als all die anderen, und das ist die Realität, dass wir heutzutage keine freien Medien mehr haben“. Der dritte US-Präsident Thomas Jefferson habe einst gewarnt, dass ohne freie Presse eine Diktatur herrsche. Ex-NSA-Mitarbeiter Binney stimmte McGovern uneingeschränkt zu und warnte wie dieser vor einem möglichen Faschismus in den USA. Der drohe aber weniger durch Trump, als durch die Allmacht des Sicherheitsapparates in Folge des „Krieges gegen den Terror“, die er schon am eigenen Leib gespürt habe. US-Präsident George W. Bush und sein Vize Richard „Dick“ Cheney hätten den Weg begonnen, die Demokratie in den USA zu untergraben. Binney gehört zu den vier bekannten NSA-Whistleblowern und ist nach anfänglichen Versuchen, intern auf die Probleme aufmerksam zu machen, an die Öffentlichkeit gegangen. Mehrfach wurde versucht, ihn zum Schweigen zu bringen. Er erinnerte daran, wie Bush und Cheney 2001 den US-Kongress auf ihre Seite brachten, der dann als Mittäter selbst bei demokratischer Mehrheit ihre Politik unterstützte. Das hatte unter anderem zur Folge, dass in den USA fast keine Gewaltenteilung mehr existiert, wie Ex-CIA-Mann McGovern zu Beginn des Abends feststellte. „Noch schlimmer ist in dieser Lage, dass die Militärs ab und zu dem Weißen Haus den Gehorsam verweigern.“ Ein Beispiel dafür sei der Angriff der US-Luftwaffe auf die syrische Armee wenige Tage nach der von Russland und den USA ausgehandelten Waffenruhe in Syrien. „Es war kein Fehler, sondern absichtlich getan und hat den Waffenstillstand annulliert.“ Der russische Außenminister Sergej Lawrow habe eingestanden, dass sein US-Kollege und „guter Freund“ Kerry versuchte, Frieden zu machen. Aber die Militärs würden machen, was sie wollen.

McGovern im Berliner Anti-Kriegs Café (Fotos: HS)
Es handele sich um ein „Modell auch für andere Länder, die Demokratie zu untergraben“, warnte der ehemalige NSA-Mitarbeiter Binney in Berlin. „Auch hier in Deutschland,“ ergänzte McGovern, „besonders hier in Deutschland“. Binney verwies auf die Länder, die die US-Politik der Totalüberwachung unterstützen, darunter nicht nur die „Five Eyes“. Er finde an Trump gut, dass dieser die US-Verfassung und den Rechtsstaat restaurieren wolle, und wünsche sich von ihm, dass er Hillary Clinton einsperre, gestand er. Das müsse dann aber auch mit Bush und Cheney und der Obama-Administration geschehen. Binney befürchtet, dass die Geheimdienste, aber auch die Washingtoner Administration Trump als nun neuen US-Präsidenten mit Falschinformationen täuschen werden. Seiner Meinung nach stammten die Informationen über die E-Mails von Clinton vor dem Nominierungsparteitag der Demokraten aus dem US-Sicherheitsapparat, von FBI-Insidern aus der mittleren Ebene. Das FBI habe freien Zugriff auf die Daten, die die NSA sammle und habe, darunter alle E-Mails von Clinton. Dass es sich nicht um russische Hacker gehandelt habe, sei ihm von Anfang an klar gewesen und nachvollziehbar. Clintons Behauptung, dass Putin dahinter stecke, sei ohne Sinn, ergänzte McGovern. Aber die US-Medien hätten das aufgegriffen, mit der Folge: „Nun hassen wir die Russen noch mehr.“ Kaum jemand frage noch nach dem Inhalt der Clinton-E-Mails, weil alle nur noch auf die vermeintlichen russischen Bösewichte starrten.

NSA-Whistleblower Binney verwies in Berlin auf die Macht des Komplexes aus Militär, Industrie und Geheimdiensten nicht nur in den USA (siehe auch hier). Und er stellte klar: Es geht immer um Geld und Profit. Er bejahte auch die Frage nach der Korruption der Entscheidungsträger in den Nachrichten- und Sicherheitsbehörden wie dem FBI. Binney wie auch McGovern kennen die Bücher des kanadischen Politikwissenschaftlers und Diplomaten Peter Dale Scott über den „Tiefen Staat“ in den USA, wie sie auf meine Frage bestätigten. Der Ex-NSA-Mann verwies dabei auf das Netzwerk aus Washington, Wall Street und Silicon Valley. Zum Ende des Abends zitierte McGovern den Whistleblower Snowden: „Ohne Bill Binney gäbe es keinen Ed Snowden.“ Er erinnerte an einen weiteren ehemaligen NSA-Mitarbeiter, der die geheimen Machenschaften mit öffentlich machte: Thomas Drake. Der gegen diesen in Gang gesetzte jahrelange Gerichtsprozess sei vom Geheimdienst mit gefälschten Dokumenten gefüttert worden. Das habe aber nachgewiesen werden können, was zum Freispruch für Drake geführt habe, der das aber nicht nur mit all seinem Geld bis hin zu seiner Rente, sondern auch mit seiner Gesundheit bezahlt habe. McGovern hofft nicht nur darauf, dass die Bundesrepublik die US-Kriegstreiber bremst. Er wünschte sich in Berlin auch: „Lehrt uns, was Faschismus bedeutet!“ Das sei notwendig, um zu verhindern, dass in den USA der „Krieg gegen den Terror“ zum Faschismus führt.

Freitag, 11. November 2016

Wer Trump wählte, wählte Krieg?

Ein Blick auf Vorstellungen von Donald Trump und seinen Beratern über die künftige Militär- und Kriegspolitik der USA

Ich habe kürzlich auf eine Warnung des US-Politikers Dennis Kucinich vor einer US-Kriegs-Präsidentin Hillary Clinton aufmerksam gemacht. Nun wird Donald Trump US-Präsident und selbstverständlich ist die Frage, was das für die künftige US-Außen- und Kriegspolitik bedeutet. Eine mögliche Antwort ist derzeit nur auf Grundlage des bisher Wenigen zu geben, was von Trump oder aus seinem Umfeld dazu erfahren war.

Da ist zum einen sein im Mai 2016 veröffentlichtes Buch „Great Again! Wie ich Amerika retten werde“ (auf deutsch im Plassen Verlag erschienen). In diesem bezeichnet er die Position der Macht als „starkes Fundament“ für die Außenpolitik (ale Zitate aus der Ebook-Ausgabe, deshalb ohne Angabe der Seitenzahl). „Und das bedeutet, wir müssen das stärkste Militär der Welt unterhalten, und zwar das mit Abstand stärkste.“ Trump will vor allem die wirtschaftliche Stärke der USA nutzen, um willige Staaten für Zusammenarbeit zu „belohnen“ und die anderen zu „bestrafen“. Und: „Wenn wir auch weiterhin den Weltpolizisten geben, dann sollten wir dafür auch bezahlt werden.“ Er will die militärische Fähigkeit der US stärken, „jemandem … tatsächlich auf die Fresse hauen zu können.“ Das Militär müsse „anständig“ finanziert werden, denn: „Die beste Methode, unsere militärische Macht nicht nutzen zu müssen, besteht darin, diese Macht sichtbar zu machen.“ Trump will mit steigenden Rüstungsausgaben Frieden erkaufen und nationale Sicherheit gewährleisten. Er argumentiert auch mit den Arbeitsplätzen, die so in den USA geschaffen und gesichert werden können. Mehr Geld fürs US-Militär sollen aber auch andere zahlen: „Wenn andere Länder davon abhängig sind, dass wir sie beschützen, sollten sie dann nicht auch bereit sein, dafür zu zahlen, dass wir dazu imstande sind?“ Trump denkt dabei an Saudi-Arabien, Südkorea, Deutschland, Japan und manch anderes Land mit US-Stützpunkten. Die Frage, ob diese Staaten wirklich darum gebeten haben, US-Soldaten ins Land zu bekommen, stellt er in seinem Buch nicht.

Mit Blick auf die Kriege der USA gegen den Irak stellt er fest: „Wie auch immer man das nennen will, was wir im Irak getan haben, es hat uns 2.000 Milliarden Dollar gekostet. Mir ist noch immer nicht klar, warum wir es getan haben, aber wir haben es nun einmal getan.“ Sein Fazit: „Wir geben Milliarden und Abermilliarden dafür aus, andere Länder zu schützen. Wir bezahlen für das Vorrecht, ihre Kämpfe für sie auszutragen. Für mich ergibt das keinen Sinn.“ Dafür sollen nun die anderen Länder wie zum Beispiel Kuwait bezahlen. Trump ist nicht gegen weitere US-Interventionen in der Welt, bezeichnet den Einmarsch von US-Truppen aber als „allerletzten Ausweg“. Er begründet das mit den Opfern unter den eigenen Soldaten in Folge der Kriege. Seine Einsatzregel sei „ziemlich simpel: Damit wir in einen Konflikt eingreifen, müssen unsere nationalen Interessen direkt bedroht sein“. „Anders gesagt: Meine Strategie wäre das genaue Gegenteil der Strategie gewesen, mit der wir in den Krieg gegen den Irak zogen. Der Irak war keine Bedrohung für uns. Das amerikanische Volk hatte keine Ahnung, warum die Regierung Bush beschloss, dieses Land anzugreifen.“ Er kritisiert dabei auch die damals als Kriegsgrund frisierten Geheimdienstberichte über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen. Zugleich betont Trump: „An einigen Orten der Welt ist massive Gewaltanwendung erforderlich.“ Diese sei gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) notwendig, meint der nunmehrige nächste US-Präsident in seinem Wahlkampfbuch. Er will den IS notfalls mit Bodentruppen bekämpfen, aber auch mehr Bomben werfen lassen, „um es dem IS unmöglich zu machen, irgendwo in der Region eine sichere Zuflucht zu finden“. Die von den Islamisten eroberten Felder mit „all dem Öl im Irak und in Syrien, das wir uns hätten holen sollen“, will Trump „in Schutt und Asche“ legen lassen, um den IS von seinen Geldquellen abzuschneiden.

Der Iran sei weiter ein Feind „und eine Gefahr für die Existenz Israels“, solange das Land eine islamische Republik sei. Zugleich verspricht Trump Israel, „unsere traditionell enge Verbindung“ wiederherzustellen, „denn es ist die einzige stabile Demokratie in der Region“. Dem Iran wirft er nicht nur vor, Israel beseitigen zu wollen, sondern auch die USA mit Raketen angreifen zu wollen und Terroristen auszubilden. „Wir müssen den Iran stoppen, er darf diese Mörder nicht länger unterstützen.“ Der Atomdeal seines Vorgängers Barack Obama mit Teheran ist für ihn der schlechteste Vertrag, den er je gesehen habe, und „eine Schande“. Trump behauptet, dass es weiter eine „reale Möglichkeit“ sei, dass der Iran Atomwaffen entwickelt. Seine Drohung ist deutlich: „Beschließen die Iraner, uns (oder die Internationale Atomenergiebehörde) an Inspektionen ihrer Anlagen zu hindern, dann können wir nicht allzu viel dagegen tun, außer zu militärischen Mitteln zu greifen.“ Und: „Egal, was es kostet und was wir dafür tun müssen – wir dürfen nicht zulassen, dass der Iran eine Atomwaffe baut.“ Immerhin zeigt er sich bereit, weiter mit Teheran zu verhandeln.

China bezeichnet Trump in seinem Buch als „größte Herausforderung“ für die USA neben Russland. „Momentan beschränkt sich unser Wettbewerb mit China auf die Wirtschaft und es ist ein Duell, bei dem wir seit Langem verlieren.“ Er verweist darauf, wie abhängig die US-Wirtschaft inzwischen von der chinesischen ist, aber auch umgekehrt. Aber die USA hätten sich „kampflos ergeben“ in diesem Wettbewerb und die gegenseitige Abhängigkeit nicht zum eigenen Vorteil ausgenutzt, um die Chinesen zu besiegen. China sei ein Feind, betont Trump und begründet das u.a. so: „Die Chinesen haben mithilfe von Niedriglöhnen ganze Industriezweige vernichtet, sie haben uns Zehntausende Arbeitsplätze gekostet, sie haben unsere Unternehmen ausspioniert, unsere Technologie gestohlen und sie haben ihre Währung manipuliert und abgewertet, was es für uns schwerer und manchmal auch unmöglich macht, unsere Produkte dort loszubekommen.“ Trump will das Verhältnis so verändern, dass mehr für die USA rauskommt, und dafür „hart gegenüber den Chinesen aufzutreten“.

Am Ende des Buchkapitels zur Außenpolitik wiederholt er, dass er es für falsch hält, die eigene militärische Strategie öffentlich zu machen. „Ich will nicht, dass die Menschen ganz genau wissen, was ich tue – oder denke. Ich bin gerne unberechenbar. So fühlen sich die anderen nicht zu sicher.“ Jede Außenpolitik fange „mit einem starken Militär“ an. Und so verspricht Trump für seine Wahl zum US-Präsidenten: „Wir werden über das stärkste Militär in unserer Geschichte verfügen und unsere Leute werden die besten Waffen und den besten Schutz haben, den es gibt.“ Die Kosten dafür will er „zum Teil auf die Saudi-Araber umlegen, auf die Südkoreaner, die Deutschen, die Japaner und die Briten“. Erst dann, „als Nächstes“ will er aus einer Position der Stärke heraus agieren. Militärisch und wirtschaftlich will er „die Bündnisse mit unseren natürlichen Verbündeten“ stärken, fordert von diesen aber mehr Einsatz. So wundert er sich auch, „warum Deutschland und andere Länder tatenlos zusahen, während Putin in der Ukraine einmarschierte“.

Soweit der nun 45. US-Präsident in seinem im Mai herausgegebenen Wahlkampf-Buch. Über die „Rüstungs- und Militärpolitik von Donald Trump“ veröffentlichte Professor Albert Stahel von der Universität Zürich am 6. November 2016 einen Beitrag auf der Website des Schweizer „Institut für Strategische Studien“. Er bezog sich dabei auf Aussagen von Trumps sicherheitspolitischen Beratern, Senator Jeff Sessions von Alabama und Repräsentant Randy Forbes aus Virginia in einem Interview mit der Zeitschrift Defense. „Die Hauptaussage der beiden Berater ist die, dass Trump sich um die Aufhebung der durch den Kongress festgelegten Obergrenze (the Sequester) für die Verteidigungsausausgaben einsetzen würde“, so Stahel. Das diene dem Ziel, die US-Streitkräfte wieder aufzustocken und mit neuem Kriegsgerät auszurüsten sowie vorhandenes zu modernisieren. Dazu werden von Trumps Beratern laut Stahel auch die Nuklearwaffen gezählt: „Dieses Arsenal müsste dringend modernisiert und durch ein wirkungsvolles Raketenabwehrsystem ergänzt werden, so insbesondere für den Schutz von Japan und Südkorea gegenüber den Machtansprüchen Chinas.“ Während Trump sich im Buch nur wenig zu Russland äußerte, erklären seine Berater in dem zitierten Interview, dass ein Ausgleich und ein Einvernehmen mit Russland angestrebt werde. „Es liege nicht im Interesse der USA, mit Russland eine andauernde Konfrontation, wie es offenbar Hillary Clinton vorschwebt, aufrecht zu erhalten“, gibt Stahel die Berater-Aussagen wieder. Mit Blick auf die NATO heißt es unter anderem: „Die USA würden in Zukunft die NATO-Alliierten nicht mehr darum bitten ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen.“

Trumps sicherheitspolitische Berater wiederholen das Ziel, dass der IS vernichtet werden müsse. „Dazu gehöre auch, dass unerwünschte Immigranten, die die Sicherheit der USA bedrohen würden, an einer Einreise gehindert würden“, fasst Stahel die Aussagen zusammen. Und: „Sobald einmal das Ziel der Vernichtung des IS erreicht sei, müssten die USA die bisher betriebene Einmischungspolitik in Nordafrika und im Mittleren Osten, die zu fatalen Folgen, wie die Zerstörung von Libyen und Syrien, geführt hätte, beenden und ihre Militärmacht mit Priorität auf den Pazifik ausrichten.“ Denn im pazifischen Raum liege die Zukunft der wirtschaftlichen Interessen der USA. „Die Aussagen der beiden Politiker zur Rüstungs- und Militärpolitik von Donald Trump geben ein besseres Bild über dessen sicherheitspolitische Absichten als möglicher Präsident wieder, als dies bisher der Fall war“, meint Politikwissenschaftler Stahel. Was davon nun umgesetzt wird, hängt seiner Meinung nach von zwei Faktoren ab: Von den finanziellen Mitteln der USA für die Streitkräfte und der geopolitischen Lage. „Die USA sind bankrott und beim Hauptrivalen China hochverschuldet!“, erinnert Stahel und ergänzt: „Die geopolitische Lage wird heute nicht mehr durch den ehemaligen Weltpolizisten USA allein diktiert. Zu wichtigen Mitspielern sind auch die Russische Föderation und die Volksrepublik China geworden. Die Zeit der amerikanischen Alleinherrschaft in der Welt ist definitiv vorbei.“ Wir werden sehen, wie der US-Präsident Donald Trump damit umgeht und welche Versprechungen und Drohungen aus der Zeit vor der Wahl er wahr machen wird. Mehr als das Beobachten dessen, was tatsächlich geschieht, bleibt uns nicht, außer solidarisch mit der US-Friedensbewegung zu sein und von der Bundesregierung auch im Verhältnis zu den USA einen klaren Kurs weg von mehr Krieg hin zu friedlicher Konfliktlösung einzufordern.

Buchtipps zum Thema:
• "Die USA am Ende der Präsidentschaft Barack Obamas - Eine erste Bilanz"
Herausgeber: Gellner Winand, Horst Patrick
• "TRUMPLAND - Donald Trump und die USA"
Von Walter Niederberger
_______________________________________________
"Die USA am Ende der Präsidentschaft Barack Obamas - Eine erste Bilanz"
Herausgeber: Gellner Winand, Horst Patrick
"Das Buch zieht eine erste Bilanz der Präsidentschaft Barack Obamas. Es dokumentiert die Ergebnisse der Wahlen zum Kongress und in den Einzelstaaten, die an Bedeutung zunehmen. Analysiert werden die Einflüsse der Tea Party, der Wahlkampffinanzierung und der Super PACs auf den politischen Wettbewerb, der polarisiert ist wie selten zuvor in der amerikanischen Geschichte. Welche Spuren diese neuen politischen Entwicklungen im Kongress und in den Strategien der Kongressmitglieder hinterlassen, wird ebenso untersucht, wie die Folgen für das politische Erbe Obamas. Die Gründe, warum der erste afro-amerikanische Präsident der Vereinigten Staaten die hohen Erwartungen an seine „transformative Präsidentschaft“ nur begrenzt erfüllen konnte, werden anhand der wichtigsten Handlungsfelder des Präsidenten erörtert: Obama als „executive leader“, als „legislative leader“ und in seinem Verhältnis zur Judikative. Auf die Gesundheitsreform als dem zentralen innenpolitischen Vermächtnis des Präsidenten legt das Buch ein besonderes Augenmerk – wie auch auf die Außenpolitik, die das Bild Obamas in der Welt bestimmen wird." (Verlagsinformation)
"Die USA am Ende der Präsidentschaft Barack Obamas - Eine erste Bilanz"

Herausgeber: Gellner Winand, Horst Patrick
Springer Verlag, 2016
Softcover, 404 Seiten
44,99 €
ISBN 978-3-658-11063-5
Auch als e-Book erhältlich
Link zur Verlagsinformation 

"TRUMPLAND - Donald Trump und die USA"
Von Walter Niederberger
"Der schier unaufhaltsame Aufstieg des Donald Trump, seine triumphalen Erfolge in den Vorwahlen markieren schon jetzt den wichtigsten innenpolitischen Wandel in den USA der letzten fünfzig Jahre. Noch nie hat die Führung einer Partei so massiv, so offen und so wirkungslos versucht, ihren eigenen Spitzenkandidaten zu demontieren. Und noch nie wurde eine Partei von einem ihrer Kandidaten so vor sich hergetrieben wie die der Republikaner von dem Alleszermalmer Trump." (Verlagsinformation)
"TRUMPLAND - Donald Trump und die USA"

Von Walter Niederberger
Orell Füssli Verlag, 2016
Broschur, 224 Seiten
17,95 €
ISBN 978-3-280-05638-7
Link zur Verlagsinformation

Mittwoch, 9. November 2016

So kann es gehen

US-Wahl 2016: Donald Trump wird nächster US-Präsident

"Clinton gesteht Niederlage ein"
 So kann es gehen. Nach dem Theater des Wahlkampfes, u.a. mit einem Darsteller, den die Elite anscheinend nicht auf dem Plan hatte, nun das Schauspiel der verlierenden Elite samt ihrer Politikdarsteller und der heulenden Transatlantiker auch hierzulande. Ganz ehrlich: Ich gönne es ihnen.

Was bleibt sind meine Sorgen ob dessen, was nun folgt. Egal, wie der neue US-Präsident heißt.

Im Deutschlandradio Kultur durfte ich heute unter anderem von dem russischen Einfluss auf die US-Wahl hören, geäußert u.a. von der Chefredakteurin des transatlantischen Zentralorgans Internationale Politik, Dr. Sylke Tempel. Darauf hatte ich gewartet: Die Russen sind schuld. Ich wusste es doch.

Der ehemalige technische Direktor der NSA William Binney und der ehemalige hochrangige CIA-Analytiker Ray McGovern schüttelten angesichts solcher Meinungen am Montag in Berlin quasi gemeinsam den Kopf. McGovern verwies darauf, dass Trump zu seinen Markenzeichen seine eigene Unberechenbarkeit zähle. Der ehemalige Geheimdienstmann fragte, ob ernsthaft jemand glaube, dass der russische Präsident Wladimir Putin jemanden unterstütze, der von sich behauptet, unberechenbar zu sein. Das scheinen aber viele zu tun, wenn ich jetzt all die Kommentare zum möglichen weiteren Verhältnis zwischen den USA und Russland unter Trump höre und lese.

Was bleibt, ist eine Niederlage des US-Establishments und auch des scheidenden Präsidenten Barack Obama. Was wäre zum Beispiel gewesen, wenn er die Kandidatur von Bernie Sanders unterstützt hätte? Aber ich hielt Obama von Anfang an für überschätzt und seine charismatische Art und Wirkung auf viele für gefährliches Blendwerk, das täuscht. Das Wahlergebnis ist auch ein Ergebnis von acht Jahren Präsidentschaft Obamas. Es bleibt in Folge dessen ein Sieger, den auch ich mir nicht wünschte, egal, wie irrelevant das ist. Und wir werden sehen, was nun folgt. Für die Menschen in den USA hoffe ich, dass nicht zu viele Hoffnungen betrogen werden und manches nicht so schlimm wird, wie es sich u.a. ankündigte.

Am Ende bleibt auch die Erkenntnis, dass eben auch das zu einer Demokratie gehört. Nicht vergessen werde ich, was ich am 8. Novmber von Claus Kleber im heute journal des ZDF hörte, der vor der Kulisse des Weißen Hauses live sagte: "Zum ersten Mal seit Menschen Gedenken hängen Zweifel über dieser Stadt, ob friedlicher Machtwechsel garantiert ist." Als ich es hörte fragte ich mich, warum er das sagt, und ob er das bei vollem Bewußtsein tat. Es bleibt abzuwarten, ob er das nur so dahin sagte oder ob er etwas andeutete, was hinter den Kulissen läuft. Meine ehrliche Freude über die Niederlage von Hillary Clinton macht meine Sorgen über das, was nun folgt und folgen könnte, nicht kleiner.

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Herausgeber: Gellner Winand, Horst Patrick
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"Die USA am Ende der Präsidentschaft Barack Obamas - Eine erste Bilanz"

Herausgeber: Gellner Winand, Horst Patrick
Springer Verlag, 2016
Softcover, 404 Seiten
44,99 €
ISBN 978-3-658-11063-5
Auch als e-Book erhältlich
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"TRUMPLAND - Donald Trump und die USA"
Von Walter Niederberger
"Der schier unaufhaltsame Aufstieg des Donald Trump, seine triumphalen Erfolge in den Vorwahlen markieren schon jetzt den wichtigsten innenpolitischen Wandel in den USA der letzten fünfzig Jahre. Noch nie hat die Führung einer Partei so massiv, so offen und so wirkungslos versucht, ihren eigenen Spitzenkandidaten zu demontieren. Und noch nie wurde eine Partei von einem ihrer Kandidaten so vor sich hergetrieben wie die der Republikaner von dem Alleszermalmer Trump." (Verlagsinformation)
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Von Walter Niederberger
Orell Füssli Verlag, 2016
Broschur, 224 Seiten
17,95 €
ISBN 978-3-280-05638-7
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Dienstag, 8. November 2016

Wer Clinton wählt, wählt den Krieg?

Der US-Politiker Dennis Kucinich warnt, dass mit einer Präsidentin Hillary Clinton die Kriege der USA fortgesetzt und ausgeweitet werden

„Die US-amerikanische Bevölkerung hat längst genug vom Krieg. Aber es gibt derzeit eine konzertierte Bemühung, um unser Land mittels Angstmacherei, Propaganda und Lügen auf eine gefährliche Konfrontation vorzubereiten: auf einen Krieg in Syrien als Gegner Russlands.“ Diese Warnung veröffentlichte der ehemalige Abgeordnete der Demokratischen Partei, Dennis Kucinich in einem Beitrag für das US-Magazin The Nation, online veröffentlicht am 25. Oktober 2016. Die Dämonisierung Russlands folge einem kalkulierten, zielgerichteten Plan, die Daseinsberechtigung „eiskalter Krieger“ wiederzubeleben, die mit Hilfe des „Gespenstes der russischen Weltherrschaft“ versuchten, „aus dem Mülleimer der Geschichte zu klettern“. Kucinich warnt davor, dass eine US-Präsidentin Clinton diesem Kurs folgen könnte.

Der frühere Bürgermeister von Cleveland/Ohio und ehemalige Kongressabgeordnete macht auf die Rolle des Politikestablishments Washingtons und insbesondere der „Thinktanks“ dabei aufmerksam. Die „liberalen Falken“ würden Clinton empfehlen, weniger Zurückhaltung beim Einsatz des Militärs walten zu lassen, als sie US-Präsident Barack Obama an den Tag legte. Diesen hätten sie noch zu offenen NATO-Angriff auf Libyen 2011 überreden können, was ihnen bei Syrien aber nicht mehr gelungen sei. Obama habe „möglicherweise“ aus dem Libyen-Debakel gelernt, „nicht aber das Politikestablishment Washingtons, das sich offensichtlich nach noch mehr Krieg sehnt.“ Kucinich erinnerte in seinem Text daran, wie die damalige US-Außenministerin Clinton die Ermordung von Muammar al-Gaddafi 2011 kommentierte: „Wir kamen, wir sahen, er starb.“

Der Autor verwies auf die Rolle der „Thinktanks“ bei diesem gefährlichen Kurs wie des angeblich liberalen Center for American Progress (CAP). Dieses habe unter anderem kürzlich empfohlen, Syrien zu bombardieren. Das Center for a New American Security (CNAS), das dem Clinton-Flügel in der Demokratischen Partei nahesteht, hat einen Bericht unter dem Titel „Erweiterung amerikanischer Macht“ veröffentlicht. Darin wird „eine klare Politik des militärischen Interventionismus“ vertreten. Das Papier „entspricht damit der Linie, die Clinton in ihrer früheren Karriere vertrat … und die sie nun im Wahlkampf propagiert“, wie die Schweizer Wochenzeitung WOZ feststellte. Das Blatt hatte den Beitrag von Kucinich in seiner Ausgabe vom 3. November 2016 auf Deutsch veröffentlicht. (Inzwischen ist er online frei zugänglich, was zum Zeitpunkt des Offline-Schreibens meines Beitrages noch nicht der Fall war.)

Der US-Politiker beschreibt darin auch, wer die „Thinktanks“ und deren „sogenannte ExpertInnen“ mitfinanziert, die „Berichte verfassen, die den Bedürfnissen der US-amerikanischen Bevölkerung komplett zuwiderlaufen“. So habe das bombenfreudige CAP Gelder von den Rüstungskonzernen Lockheed Martin und Boeing erhalten, die die bombenwerfenden Flugzeuge bauen. Die angeblich unabhängige Brookings Institution habe nicht nur „zig Millionen Dollar von ausländischen Regierungen erhalten, insbesondere von Katar, einem wichtigen Akteur im Syrienkrieg.“ Für Brookings arbeite unter anderem der frühere und in Afghanistan eingesetzte Vier-Sterne-General der US-Marine John Allen. Dieser habe unlängst gemeinsam mit Charles Lister vom Middle East Institute, das auch Gelder aus Saudi-Arabien bekomme, in der Washington Post einen Angriff auf Syrien gefordert. Das ist nicht verwunderlich, hat doch die Brookings Institution laut Kucinich auch 250.000 Dollar vom US-Zentralkommando erhalten. „Geld aus dem Pentagon für Thinktanks, die Kriege befürworten?“, fragt der Autor und antwortet selbst: „Das ist akademische Integrität, Washington-Style.“ Ausländisches und militärisches Geld treibe die US-Außenpolitik an.

„In Washington ist der Krieg in erster Linie ein gewinnbringender Schwindel“, erinnert sich Kucinich. Nur so sei zu erklären, dass „die sogenannte überparteiliche Aussenpolitikelite in den vergangenen 15 Jahren Krieg im Irak und in Libyen sowie Interventionen in Syrien und im Jemen förderte“. Während so die letzte Vertrauenswürdigkeit der USA verspielt wurde, sei gleichzeitig ein Geldregen auf die militärischen Auftragnehmer niedergeprasselt. Aus eigener Erfahrung im Vorfeld des Krieges gegen den Irak 2003 weiß Kucinich, dass es für die Schlußfolgerung, dass ein Krieg unangebracht ist, kein Geld gibt. „Die einzigen Gewinner waren Waffenhändler, Ölfirmen und Dschihadisten.“ Er habe diese außenpolitische Elite satt, „deren Angehörige sich mit Krieg eine goldene Nase verdienen und sich gleichzeitig als ExpertInnen aufspielen“. Es sei Zeit für eine neue Friedensbewegung in Amerika, so Kucinich, „um als wirksames Gegengewicht zur ‚demorepublikanischen Kriegspartei‘, zu ihren Thinktanks und den medialen Cheerleadern aufzutreten“. „Die Arbeit beginnt jetzt, nicht nach dem Amtsantritt der neuen Präsidentin. Wir dürfen den Krieg nicht als etwas Unvermeidliches akzeptieren. Und die PolitikerInnen, die uns in diese Richtung führen wollen, seien sie im Kongress oder im Weissen Haus, müssen dringend eine starke Opposition sehen.“

Wie berechtigt Kucinichs Sorgen und Warnungen sind, zeigte unter anderem eine Rede, die Clinton am 31. August 2016 in Cincinnati vor Kriegsveteranen gehalten hat. Dabei habe sich die Möchtegern-Präsidentin als Kriegsbegeisterte geoutet, stellte Christian Müller in einem Beitrag im Schweizer Onlinemagazin Infosperber fest. Es sei kein Zufall, dass keine der größeren Zeitungen im deutschsprachigen Raum auf die Rede zu sprechen kam, so der Autor. „Denn in dieser Rede betonte die Kandidatin der Demokraten deutlicher als je zuvor,
– dass die Vereinigten Staaten von Amerika das grossartigste Land der Welt sind (the greatest country on earth),
– dass die US-Amerikaner eine aussergewöhnliche Nation sind (an exceptional nation),
– dass die Vereinigten Staaten von Amerika nicht nur eine unentbehrliche Nation sind, sondern DIE unentbehrliche Nation,
– dass die Vereinigten Staaten von Amerika DIE Weltmacht sind,
– dass die Vereinigten Staaten von Amerika die Welt führen müssen,
– dass es das oberste Ziel sein muss, die militärische Vorherrschaft der USA weltweit zu erhalten und zu stärken,
– dass es überhaupt nicht in Frage kommt, das Militär-Budget zu kürzen und
– dass auch die nukleare Bewaffnung dringend erneuert werden muss.“

Leider ist die Kriegsgefahr, die von einer möglichen US-Präsidentin Hillary Clinton und den Kräften hinter ihr ausgeht, nichts Besonderes, wie ein Blick in die US-amerikanische Geschichte zeigt, den der WDR in der Nacht vom 2. zum 3. November 2016 mit seiner Dokumentation „Die US-Präsidenten und der Krieg“ warf. Darin sagte der Historiker und Ex-Diplomat William Polk, dass in den USA schon immer eine „grobschlächtige Art, Politik zu machen,“ üblich gewesen sei. Krieg sei ein dauerhaftes Thema im US-amerikanischen Leben, so der Nachkomme des elften US-Präsidenten James K. Polk. Gleichzeitig seien nur die US-Präsidenten seit dem 19. Jahrhundert im öffentlichen Gedächtnis geblieben, die einen Krieg führten. Die Frage bleibt, ob das so weitergehen muss und Clinton diese Tradition fortsetzt. Und nicht nur die USA haben eine neue Friedensbewegung dringend notwendig.

Buchtipps zum Thema: 

• "Die USA am Ende der Präsidentschaft Barack Obamas - Eine erste Bilanz"
Herausgeber: Gellner Winand, Horst Patrick
• "TRUMPLAND - Donald Trump und die USA"
Von Walter Niederberger
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"Die USA am Ende der Präsidentschaft Barack Obamas - Eine erste Bilanz"
Herausgeber: Gellner Winand, Horst Patrick
"Das Buch zieht eine erste Bilanz der Präsidentschaft Barack Obamas. Es dokumentiert die Ergebnisse der Wahlen zum Kongress und in den Einzelstaaten, die an Bedeutung zunehmen. Analysiert werden die Einflüsse der Tea Party, der Wahlkampffinanzierung und der Super PACs auf den politischen Wettbewerb, der polarisiert ist wie selten zuvor in der amerikanischen Geschichte. Welche Spuren diese neuen politischen Entwicklungen im Kongress und in den Strategien der Kongressmitglieder hinterlassen, wird ebenso untersucht, wie die Folgen für das politische Erbe Obamas. Die Gründe, warum der erste afro-amerikanische Präsident der Vereinigten Staaten die hohen Erwartungen an seine „transformative Präsidentschaft“ nur begrenzt erfüllen konnte, werden anhand der wichtigsten Handlungsfelder des Präsidenten erörtert: Obama als „executive leader“, als „legislative leader“ und in seinem Verhältnis zur Judikative. Auf die Gesundheitsreform als dem zentralen innenpolitischen Vermächtnis des Präsidenten legt das Buch ein besonderes Augenmerk – wie auch auf die Außenpolitik, die das Bild Obamas in der Welt bestimmen wird." (Verlagsinformation)
"Die USA am Ende der Präsidentschaft Barack Obamas - Eine erste Bilanz"

Herausgeber: Gellner Winand, Horst Patrick
Springer Verlag, 2016
Softcover, 404 Seiten
44,99 €
ISBN 978-3-658-11063-5
Auch als e-Book erhältlich
Link zur Verlagsinformation 

"TRUMPLAND - Donald Trump und die USA"
Von Walter Niederberger
"Der schier unaufhaltsame Aufstieg des Donald Trump, seine triumphalen Erfolge in den Vorwahlen markieren schon jetzt den wichtigsten innenpolitischen Wandel in den USA der letzten fünfzig Jahre. Noch nie hat die Führung einer Partei so massiv, so offen und so wirkungslos versucht, ihren eigenen Spitzenkandidaten zu demontieren. Und noch nie wurde eine Partei von einem ihrer Kandidaten so vor sich hergetrieben wie die der Republikaner von dem Alleszermalmer Trump." (Verlagsinformation)
"TRUMPLAND - Donald Trump und die USA"

Von Walter Niederberger
Orell Füssli Verlag, 2016
Broschur, 224 Seiten
17,95 €
ISBN 978-3-280-05638-7
Link zur Verlagsinformation