Der US-Politiker Dennis Kucinich warnt, dass mit einer Präsidentin Hillary Clinton die Kriege der USA fortgesetzt und ausgeweitet werden
„Die US-amerikanische Bevölkerung hat längst genug vom Krieg. Aber es gibt derzeit eine konzertierte Bemühung, um unser Land mittels Angstmacherei, Propaganda und Lügen auf eine gefährliche Konfrontation vorzubereiten: auf einen Krieg in Syrien als Gegner Russlands.“ Diese Warnung veröffentlichte der ehemalige Abgeordnete der Demokratischen Partei, Dennis Kucinich in einem Beitrag für das US-Magazin The Nation, online veröffentlicht am 25. Oktober 2016. Die Dämonisierung Russlands folge einem kalkulierten, zielgerichteten Plan, die Daseinsberechtigung „eiskalter Krieger“ wiederzubeleben, die mit Hilfe des „Gespenstes der russischen Weltherrschaft“ versuchten, „aus dem Mülleimer der Geschichte zu klettern“. Kucinich warnt davor, dass eine US-Präsidentin Clinton diesem Kurs folgen könnte.
Der frühere Bürgermeister von Cleveland/Ohio und ehemalige Kongressabgeordnete macht auf die Rolle des Politikestablishments Washingtons und insbesondere der „Thinktanks“ dabei aufmerksam. Die „liberalen Falken“ würden Clinton empfehlen, weniger Zurückhaltung beim Einsatz des Militärs walten zu lassen, als sie US-Präsident Barack Obama an den Tag legte. Diesen hätten sie noch zu offenen NATO-Angriff auf Libyen 2011 überreden können, was ihnen bei Syrien aber nicht mehr gelungen sei. Obama habe „möglicherweise“ aus dem Libyen-Debakel gelernt, „nicht aber das Politikestablishment Washingtons, das sich offensichtlich nach noch mehr Krieg sehnt.“ Kucinich erinnerte in seinem Text daran, wie die damalige US-Außenministerin Clinton die Ermordung von Muammar al-Gaddafi 2011 kommentierte: „Wir kamen, wir sahen, er starb.“
Der Autor verwies auf die Rolle der „Thinktanks“ bei diesem gefährlichen Kurs wie des angeblich liberalen Center for American Progress (CAP). Dieses habe unter anderem kürzlich empfohlen, Syrien zu bombardieren. Das Center for a New American Security (CNAS), das dem Clinton-Flügel in der Demokratischen Partei nahesteht, hat einen Bericht unter dem Titel „Erweiterung amerikanischer Macht“ veröffentlicht. Darin wird „eine klare Politik des militärischen Interventionismus“ vertreten. Das Papier „entspricht damit der Linie, die Clinton in ihrer früheren Karriere vertrat … und die sie nun im Wahlkampf propagiert“, wie die Schweizer Wochenzeitung WOZ feststellte. Das Blatt hatte den Beitrag von Kucinich in seiner Ausgabe vom 3. November 2016 auf Deutsch veröffentlicht. (Inzwischen ist er online frei zugänglich, was zum Zeitpunkt des Offline-Schreibens meines Beitrages noch nicht der Fall war.)
Der US-Politiker beschreibt darin auch, wer die „Thinktanks“ und deren „sogenannte ExpertInnen“ mitfinanziert, die „Berichte verfassen, die den Bedürfnissen der US-amerikanischen Bevölkerung komplett zuwiderlaufen“. So habe das bombenfreudige CAP Gelder von den Rüstungskonzernen Lockheed Martin und Boeing erhalten, die die bombenwerfenden Flugzeuge bauen. Die angeblich unabhängige Brookings Institution habe nicht nur „zig Millionen Dollar von ausländischen Regierungen erhalten, insbesondere von Katar, einem wichtigen Akteur im Syrienkrieg.“ Für Brookings arbeite unter anderem der frühere und in Afghanistan eingesetzte Vier-Sterne-General der US-Marine John Allen. Dieser habe unlängst gemeinsam mit Charles Lister vom Middle East Institute, das auch Gelder aus Saudi-Arabien bekomme, in der Washington Post einen Angriff auf Syrien gefordert. Das ist nicht verwunderlich, hat doch die Brookings Institution laut Kucinich auch 250.000 Dollar vom US-Zentralkommando erhalten. „Geld aus dem Pentagon für Thinktanks, die Kriege befürworten?“, fragt der Autor und antwortet selbst: „Das ist akademische Integrität, Washington-Style.“ Ausländisches und militärisches Geld treibe die US-Außenpolitik an.
„In Washington ist der Krieg in erster Linie ein gewinnbringender Schwindel“, erinnert sich Kucinich. Nur so sei zu erklären, dass „die sogenannte überparteiliche Aussenpolitikelite in den vergangenen 15 Jahren Krieg im Irak und in Libyen sowie Interventionen in Syrien und im Jemen förderte“. Während so die letzte Vertrauenswürdigkeit der USA verspielt wurde, sei gleichzeitig ein Geldregen auf die militärischen Auftragnehmer niedergeprasselt. Aus eigener Erfahrung im Vorfeld des Krieges gegen den Irak 2003 weiß Kucinich, dass es für die Schlußfolgerung, dass ein Krieg unangebracht ist, kein Geld gibt. „Die einzigen Gewinner waren Waffenhändler, Ölfirmen und Dschihadisten.“ Er habe diese außenpolitische Elite satt, „deren Angehörige sich mit Krieg eine goldene Nase verdienen und sich gleichzeitig als ExpertInnen aufspielen“. Es sei Zeit für eine neue Friedensbewegung in Amerika, so Kucinich, „um als wirksames Gegengewicht zur ‚demorepublikanischen Kriegspartei‘, zu ihren Thinktanks und den medialen Cheerleadern aufzutreten“. „Die Arbeit beginnt jetzt, nicht nach dem Amtsantritt der neuen Präsidentin. Wir dürfen den Krieg nicht als etwas Unvermeidliches akzeptieren. Und die PolitikerInnen, die uns in diese Richtung führen wollen, seien sie im Kongress oder im Weissen Haus, müssen dringend eine starke Opposition sehen.“
Wie berechtigt Kucinichs Sorgen und Warnungen sind, zeigte unter anderem eine Rede, die Clinton am 31. August 2016 in Cincinnati vor Kriegsveteranen gehalten hat. Dabei habe sich die Möchtegern-Präsidentin als Kriegsbegeisterte geoutet, stellte Christian Müller in einem Beitrag im Schweizer Onlinemagazin Infosperber fest. Es sei kein Zufall, dass keine der größeren Zeitungen im deutschsprachigen Raum auf die Rede zu sprechen kam, so der Autor. „Denn in dieser Rede betonte die Kandidatin der Demokraten deutlicher als je zuvor,
– dass die Vereinigten Staaten von Amerika das grossartigste Land der Welt sind (the greatest country on earth),
– dass die US-Amerikaner eine aussergewöhnliche Nation sind (an exceptional nation),
– dass die Vereinigten Staaten von Amerika nicht nur eine unentbehrliche Nation sind, sondern DIE unentbehrliche Nation,
– dass die Vereinigten Staaten von Amerika DIE Weltmacht sind,
– dass die Vereinigten Staaten von Amerika die Welt führen müssen,
– dass es das oberste Ziel sein muss, die militärische Vorherrschaft der USA weltweit zu erhalten und zu stärken,
– dass es überhaupt nicht in Frage kommt, das Militär-Budget zu kürzen und
– dass auch die nukleare Bewaffnung dringend erneuert werden muss.“
Leider ist die Kriegsgefahr, die von einer möglichen US-Präsidentin Hillary Clinton und den Kräften hinter ihr ausgeht, nichts Besonderes, wie ein Blick in die US-amerikanische Geschichte zeigt, den der WDR in der Nacht vom 2. zum 3. November 2016 mit seiner Dokumentation „Die US-Präsidenten und der Krieg“ warf. Darin sagte der Historiker und Ex-Diplomat William Polk, dass in den USA schon immer eine „grobschlächtige Art, Politik zu machen,“ üblich gewesen sei. Krieg sei ein dauerhaftes Thema im US-amerikanischen Leben, so der Nachkomme des elften US-Präsidenten James K. Polk. Gleichzeitig seien nur die US-Präsidenten seit dem 19. Jahrhundert im öffentlichen Gedächtnis geblieben, die einen Krieg führten. Die Frage bleibt, ob das so weitergehen muss und Clinton diese Tradition fortsetzt. Und nicht nur die USA haben eine neue Friedensbewegung dringend notwendig.
Buchtipps zum Thema:
• "Die USA am Ende der Präsidentschaft Barack Obamas - Eine erste Bilanz"
Herausgeber: Gellner Winand, Horst Patrick
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"Die USA am Ende der Präsidentschaft Barack Obamas - Eine erste Bilanz"
Herausgeber: Gellner Winand, Horst Patrick
"Das
Buch zieht eine erste Bilanz der Präsidentschaft Barack Obamas. Es
dokumentiert die Ergebnisse der Wahlen zum Kongress und in den
Einzelstaaten, die an Bedeutung zunehmen. Analysiert werden die
Einflüsse der Tea Party, der Wahlkampffinanzierung und der Super PACs
auf den politischen Wettbewerb, der polarisiert ist wie selten zuvor in
der amerikanischen Geschichte. Welche Spuren diese neuen politischen
Entwicklungen im Kongress und in den Strategien der Kongressmitglieder
hinterlassen, wird ebenso untersucht, wie die Folgen für das politische
Erbe Obamas. Die Gründe, warum der erste afro-amerikanische Präsident
der Vereinigten Staaten die hohen Erwartungen an seine „transformative
Präsidentschaft“ nur begrenzt erfüllen konnte, werden anhand der
wichtigsten Handlungsfelder des Präsidenten erörtert: Obama als
„executive leader“, als „legislative leader“ und in seinem Verhältnis
zur Judikative. Auf die Gesundheitsreform als dem zentralen
innenpolitischen Vermächtnis des Präsidenten legt das Buch ein
besonderes Augenmerk – wie auch auf die Außenpolitik, die das Bild
Obamas in der Welt bestimmen wird." (Verlagsinformation)
"Die USA am Ende der Präsidentschaft Barack Obamas - Eine erste Bilanz"
Herausgeber: Gellner Winand, Horst Patrick
Springer Verlag, 2016
Softcover, 404 Seiten
44,99 €
ISBN 978-3-658-11063-5
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"Der
schier unaufhaltsame Aufstieg des Donald Trump, seine triumphalen
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hat die Führung einer Partei so massiv, so offen und so wirkungslos
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"TRUMPLAND - Donald Trump und die USA"
Von Walter Niederberger
Orell Füssli Verlag, 2016
Broschur, 224 Seiten
17,95 €
ISBN 978-3-280-05638-7
Link zur Verlagsinformation
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