• Streit zwischen USA und EU?
"Herbe Kritik der USA an Deutschland, Merkel zeigt sich nicht restlos optimistisch, was den Erfolg der Verhandlungen betrifft
Es war ein politischer Marathon, und das war Angela Merkel auch anzusehen. Die deutsche Bundeskanzlerin hatte 48 Stunden in Flugzeugen und Verhandlungssälen verbracht. Am Samstagvormittag erstattete eine sichtlich müde Kanzlerin auf der Sicherheitskonferenz in München schließlich Bericht über ihre Verhandlungsmission in Sachen Ukraine, die sie mit dem französischen Präsidenten Francois Holland nach Kiew und anschließend nach Moskau zu Wladimir Putin geführt hatte.
"Russland gefährdet die Grundlagen des Zusammenlebens in Europa und verletzt Völkerrecht", machte Merkel gleich zu Beginn ihrer Rede klar. Wer langfristig als Staat erfolgreich und prosperierend sein wolle, muss die Regeln der Partner akzeptieren. Die Grenzen Europas müssten unverrückbar bleiben, die Völker Europas hätten ihr Selbstbestimmungsrecht. Daran sei nicht zu rütteln. Deutschland wolle das auch mit militärischem Engagement deutlich machen: Es unterstütze die schnelle Eingreiftruppe der Nato stark und gewährleiste damit die Sicherheit der Bündnispartner im Osten.
Allerdings: "Militärisch ist diese Krise nicht zu lösen", so Merkel. Das Minsker Abkommen vom Herbst – mit einem Waffenstillstand, einer Pufferzone und einer Kontrollfunktion für die OSZE – müsse mit Leben erfüllt werden. Das sei das Ziel der Gespräche mit Moskau. Es sei ungewiss, ob diese Erfolg haben. "Aber es ist wichtig, den Versuch zu wagen. Das schulden wir den Menschen in der Ukraine."
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erklärte am Samstag ebenfalls in München, dass die Vorschläge Merkels und Hollandes gelingen könnten. Anders sahen es Teile der amerikanischen Delegation: Senator John McCain, der Vorsitzende des Streitkräfte-Ausschusses im US-Senat, verglich die Mission mit der Appeasementpolitik gegenüber den Nazis in den 1930er Jahren. Insbesondere Berlin sei viel zu zurückhaltend: "Wenn man sich die Haltung der deutschen Regierung anschaut, könnte man meinen, sie hat keine Ahnung oder es ist ihr egal, dass Menschen in der Ukraine abgeschlachtet werden."
Auch der Oberkommandeur der Nato in Europa, US-General Phillip Breedlove, sprach sich dafür aus, in der Krise alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen. Auch militärische. Die Vorschläge Putins zur Lösung der Krise, seien "absolut unannehmbar". ..." (Der Standard online, 7.2.15)
• Merkel belehrt in München erneut Moskau
"Mit Hochspannung war sie erwartet worden, die Rede von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Kam Merkel doch gerade von ihrer gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Francois Hollande unternommenen Friedensmission nach Moskau und Kiew zurück.
Doch darüber schwieg sich Merkel wortreich aus. Nur zwischen den Zeilen konnte man lesen, dass es da wohl wenig Fortschritte gab: "Militärisch ist diese Krise nicht zu lösen. Wir müssen jetzt substanzielle Schritte unternehmen, um das Minsker Abkommen mit Leben zu erfüllen. Es ist auf jeden Fall Wert, diesen Versuch zu wagen, wir schulden das schon den Menschen in der Ukraine." Optimismus klingt anders.
Obwohl das Minsker Abkommen bisher namentlich von Russland nicht eingehalten wurde, will sich Merkel nicht entmutigen lassen: "Man kann nicht in der Enttäuschung verharren." Garantien, dass ein neues Abkommen besser eingehalten werde, gebe es natürlich keine: "Also mit dem Wort Garantien wäre ich jetzt vorsichtig, da haben wir bis jetzt keine ausreichend positiven Erfahrungen gemacht. Aber das kann nicht heißen, dass wir keine neuen Vereinbarungen mehr versuchen."
Wie schon Tags zuvor Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg versuchte Merkel eine Gratwanderung: Klare Prinzipien vertreten, gleichzeitig die Hand gegenüber Russland ausstrecken: "Russlands Vorgehen, erst auf Krim dann in Ostukraine, hat Grundlagen des Zusammenlebens in Europa verletzt. Das Völkerrecht wird gebrochen", sagte Merkel, und forderte: "Eine Politik der gewaltsamen Veränderung von Grenzen darf im 21. Jahrhundert keinen Platz haben." Und Russlands Vorgehen stehe nun einmal im Widerspruch zum Budapester Abkommen, mit dem auch Russland der Ukraine deren territoriale Integrität garantiert hat.
Merkels Botschaft an Moskau: "Wir wollen Sicherheit in Europa gemeinsam mit Russland gestalten, nicht gegen Russland. Aber wer Teil der internationalen Gemeinschaft sein will, muss die Regeln beachten. Die Grenzen Europas bleiben unverrückbar". ..." (Die Presse online, 7.2.15)
• NATO-General: Nichts von vornherein ausschließen
"Der Nato-Oberbefehlshaber in Europa, General Philip Breedlove, hat sich dafür ausgesprochen, der Ukraine im Kampf gegen die prorussischen Separatisten im Osten des Landes mit Waffen und militärischer Ausrüstung zu helfen. "Ich glaube, wir sollten die Möglichkeit einer militärischen Option nicht von vornherein ausschließen", sagte Breedlove am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.
Der General der US-Luftwaffe war gefragt worden, ob er Waffenlieferungen an die ukrainische Armee unterstützen würde. Breedlove sagte allerdings, er spreche ausschließlich von Waffen oder anderen militärischen Ressourcen, nicht von Soldaten: "Es gibt keine Gespräche über Bodentruppen."
Die Vorschläge des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Beendigung des Konflikts in der Ostukraine nannte Breedlove "vollkommen inakzeptabel"." (Spiegel online, 7.2.15)
• Gespräche über Friedensabkommen als konstruktiv gewertet
"Im Bemühen um eine Deeskalation im Ostukraine-Konflikt soll das vor fünf Monaten vereinbarte und bisher weitgehend ignorierte Friedensabkommen überarbeitet werden. Darauf haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatsoberhaupt Francois Hollande und der russische Präsident Wladimir Putin am Freitagabend bei gut fünfstündigen Krisenberatungen in Moskau verständigt.
Kremlsprecher Dmitri Peskow, Merkels Sprecher Steffen Seibert und Regierungskreise in Paris bezeichneten das Treffen in der russischen Hauptstadt übereinstimmend als "konstruktiv".
Laut Seibert wird nun auf Grundlage eines Vorschlags von Merkel und Hollande an einem möglichen gemeinsamen Dokument gearbeitet, das den im September in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbarten Friedensplan umsetzen soll. Dabei fließen demnach Vorschläge Putins und des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko ein. Details wurden nicht bekannt. Dem Kremlsprecher zufolge sollen die Friedensbemühungen am Sonntag fortgesetzt werden. Dann soll es ein Telefonat von Merkel, Hollande, Putin und Poroschenko geben.
Poroschenko sagte am Samstag, er sei optimistisch über die Erfolgsaussichten eines neuen Friedenskonzepts. Auf die Frage, ob der Vorstoß erfolgreich sein könnte, sagte Poroschenko am Samstag in München "Ja". Er hoffe, dass dies zu mehr Sicherheit in Europa führen werde.
Die prorussischen Separatisten im Donbass haben in einer Stellungnahme am Samstag die Friedensinitiative begrüßt. "Wir sind immer für Verhandlungen", sagte Separatistenführer Denis Puschilin der Agentur Interfax. Die Aufständischen hätten die Hoffnung, dass eine mögliche neue Feuerpause halten könne.
Nötig sei dazu ein echter Kontrollmechanismus, sagte Puschilin. Für eine Waffenstillstandslinie müssen aus Sicht der Separatisten auch ihre jüngsten Landgewinne im Kriegsgebiet berücksichtigt werden. ..." (Der Standard online, 7.2.15)
• Muss Kiew doch blockfrei bleiben?
"Nach einem Bericht der französischen Zeitung Le Figaro sollen Präsident François Hollande und Bundeskanzlerin Angela Merkel Russland politische Zugeständnisse im Tausch für ein Ende des Krieges im Donbass angeboten haben. Wie die konservative Zeitung am Donnerstag berichtete, wollten Hollande und Merkel dem russischen Präsidenten Wladimir Putin anbieten, dass die Ukraine blockfrei und neutral bleibt und im Innern föderalisiert wird. Damit wären wesentliche politische Forderungen Moskaus erfüllt.
Im Gegenzug erwarteten die beiden führenden EU-Politiker, dass Russland die Aufständischen im Donbass nicht länger unterstütze und einer Waffenruhe zustimme. Der Konflikt solle zunächst eingefroren werden, bevor man an eine endgültige Lösung gehen könne. Hollande und Merkel waren am Donnerstag in Kiew und berieten fünf Stunden lang mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Es fällt auf, dass nach dem Treffen keine Erklärung über seine Ergebnisse herausgegeben wurde.
Ziel der Moskau-Reise Hollandes und Merkels ist nach Darstellung von Le Figaro unter anderem, die politische Initiative bei der Vermittlung im Ukraine-Konflikt zurückzuerlangen, bevor die USA und ihre osteuropäischen Vasallenstaaten durch eine mögliche Entscheidung über Waffenlieferungen an Kiew ein neues Kapitel der Auseinandersetzung aufschlagen und die EU erneut zur Bedeutungslosigkeit degradieren würden. Entsprechend säuerlich kommentierte ein ungenannter US-Experte in der New York Times den französisch-deutschen Vorschlag als »zynisches Spiel«.
Gleichzeitig beschrieb die Zeitung Hollandes und Merkels Besuch im Kreml aber als Teil einer »mit den USA abgesprochenen« Initiative. ..." (junge Welt, 7.2.15)
Dem Beitrag in der Online-Ausgabe von Le Figaro vom 5.2.15 zu Folge kam die Initiative zum Gespräch von Merkel, Hollande und Putin in Moskau vom russischen Präsidenten. Ein noch geheimes russisches Angebot habe Anfang der Woche den Weg für die Gespräche in Moskau frei gemacht und Kanzlerin Merkel dazu gebracht, direkt mit Putin zu sprechen, so die Zeitung. Der geplante Gipfel in der kasachischen Hauptstadt Astana Mitte Januar sei auf deutsche Initiative abgesagt worden, heißt es weiter.
Laut New York Times vom 6.2.15 hatte Putin Briefe an Merkel und Hollande geschickt mit Vorschlägen für eine Konfliktlösung.
• Deutsche Dämonologen und ihre Angst vor Frieden aus Moskau
"... allein der Anschein, dass mit dem russischen Präsidenten im deutsch-französischen Alleingang über Frieden in der Ukraine gesprochen werden soll, sorgt in der transatlantischen Fraktion deutscher Journalisten für Alarmstimmung. Dort gilt die Parole: Der Russe muss auf die Knie. Das genügt allerdings einem wie FAZ-Herausgeber Berthold Kohler noch nicht. Für ihn ist Putin seit langem das unheilvollste Gespenst, das in Europa umgeht. Der Dämonologe weihte sein publizistisches Leben dem deutschen Bammel vorm östlichen Spuk, den er ein für allemal beenden will. So auch am Freitag: »Putins unbeirrbare und bisher unaufhaltsame militärische Aggression« richte sich nicht nur gegen die Ukraine, beginnt er einen Leitartikel, sie sei auch »ein Angriff auf die europäische Friedensordnung, der alle anderen Bedrohungen für die Sicherheit des Kontinents in den Schatten stellt.« Das verlangt anderes als Friedensflüge. Denn Kohler weiß: »die Wertehierarchie des real existierenden Putinismus« sehe anders aus »als die der westlichen Demokratien«. Im NATO-Klartext heißt das: Der Russe ist irre. Kohler gesteht dem wertehierarchisch andersrum orientierten Putin immerhin Bauernschläue zu: Absicherung der eigenen Herrschaft dürfe man »getrost« beim Kremlchef ganz oben vermuten. Das ist in westlichen Demokratien nämlich anders. Daher, so Kohler, sei Putins »größte Sorge«, dass »Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bis an die Grenzen seines Imperiums vordringen«. ...
Sei's drum, der Frankfurter will den Russen auch nicht mit seinen, Kohlers Werten beglücken. Denn die Russen reagieren nur auf das Mittel, das schon Kaiser und Führer für sie bereithielten: Entschlossenheit und Waffen. Kohlers Dekret für Merkel und Hollande vorm Moskau-Besuch lautet daher: »Der vielstimmige Aufschrei ›Bloß keine Waffen liefern!‹ wird dabei, um ein Wort der Kanzlerin zu benutzen, nicht hilfreich sein. Halbherzigkeit überzeugt Putin nicht.« Denn gegen Frieden hilft nur Freiheit von jeder Hemmung. Wie ehemals." (Arnold Schölzel in junge Welt, 7.2.15)
• "Biden verordnet Europa Einigkeit in der Ukraine-Krise"
So die passende Überschrift eines Beitrages von Spiegel online am 6.2.15: "US-Vizepräsident Joe Biden hat am Freitag in Brüssel entschieden vor Uneinigkeit der Europäer in der Ukraine-Krise gewarnt. Beim Besuch einer Sondersitzung der Fraktionsvorsitzenden des Europaparlaments sagte Biden laut Teilnehmern, die Klagen mancher EU-Mitgliedstaaten über teure Sanktionen gegen Russland seien unangebracht und ärgerlich.
"Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem die USA und Europa fest zusammenstehen müssen. Russland darf keine neuen Grenzen in Europa ziehen. Doch genau das passiert gerade", so der US-Politiker weiter. Europa und die USA dürften sich ebenso wenig auseinander dividieren lassen wie die Nato. ...
Wenn die Einigkeit der Europäer bröckele, würden die Amerikaner über eigene Optionen nachdenken, so der Demokrat. Dabei verwies er auf die Sanktionen, die nicht nur fortgesetzt, sondern im Falle eines Scheiterns der jüngsten diplomatischen Initiative von Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande noch verschärft werden müssten. Ob damit auch umstrittene Waffenlieferungen an die Ukraine gemeint seien, präzisierte Biden nicht.
Jedoch ließ er keinen Zweifel daran, dass diese diplomatische Initiative den Segen der Amerikaner hat - vermutlich auch, weil diese eine Möglichkeit bietet, mit der Kreml-Spitze wieder ins Gespräch zu kommen. Dies strebt die US-Regierung seit Längerem an. ..."
→ hier geht's zu Folge 137
→ alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen
→ die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine
"Herbe Kritik der USA an Deutschland, Merkel zeigt sich nicht restlos optimistisch, was den Erfolg der Verhandlungen betrifft
Es war ein politischer Marathon, und das war Angela Merkel auch anzusehen. Die deutsche Bundeskanzlerin hatte 48 Stunden in Flugzeugen und Verhandlungssälen verbracht. Am Samstagvormittag erstattete eine sichtlich müde Kanzlerin auf der Sicherheitskonferenz in München schließlich Bericht über ihre Verhandlungsmission in Sachen Ukraine, die sie mit dem französischen Präsidenten Francois Holland nach Kiew und anschließend nach Moskau zu Wladimir Putin geführt hatte.
"Russland gefährdet die Grundlagen des Zusammenlebens in Europa und verletzt Völkerrecht", machte Merkel gleich zu Beginn ihrer Rede klar. Wer langfristig als Staat erfolgreich und prosperierend sein wolle, muss die Regeln der Partner akzeptieren. Die Grenzen Europas müssten unverrückbar bleiben, die Völker Europas hätten ihr Selbstbestimmungsrecht. Daran sei nicht zu rütteln. Deutschland wolle das auch mit militärischem Engagement deutlich machen: Es unterstütze die schnelle Eingreiftruppe der Nato stark und gewährleiste damit die Sicherheit der Bündnispartner im Osten.
Allerdings: "Militärisch ist diese Krise nicht zu lösen", so Merkel. Das Minsker Abkommen vom Herbst – mit einem Waffenstillstand, einer Pufferzone und einer Kontrollfunktion für die OSZE – müsse mit Leben erfüllt werden. Das sei das Ziel der Gespräche mit Moskau. Es sei ungewiss, ob diese Erfolg haben. "Aber es ist wichtig, den Versuch zu wagen. Das schulden wir den Menschen in der Ukraine."
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erklärte am Samstag ebenfalls in München, dass die Vorschläge Merkels und Hollandes gelingen könnten. Anders sahen es Teile der amerikanischen Delegation: Senator John McCain, der Vorsitzende des Streitkräfte-Ausschusses im US-Senat, verglich die Mission mit der Appeasementpolitik gegenüber den Nazis in den 1930er Jahren. Insbesondere Berlin sei viel zu zurückhaltend: "Wenn man sich die Haltung der deutschen Regierung anschaut, könnte man meinen, sie hat keine Ahnung oder es ist ihr egal, dass Menschen in der Ukraine abgeschlachtet werden."
Auch der Oberkommandeur der Nato in Europa, US-General Phillip Breedlove, sprach sich dafür aus, in der Krise alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen. Auch militärische. Die Vorschläge Putins zur Lösung der Krise, seien "absolut unannehmbar". ..." (Der Standard online, 7.2.15)
• Merkel belehrt in München erneut Moskau
"Mit Hochspannung war sie erwartet worden, die Rede von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Kam Merkel doch gerade von ihrer gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Francois Hollande unternommenen Friedensmission nach Moskau und Kiew zurück.
Doch darüber schwieg sich Merkel wortreich aus. Nur zwischen den Zeilen konnte man lesen, dass es da wohl wenig Fortschritte gab: "Militärisch ist diese Krise nicht zu lösen. Wir müssen jetzt substanzielle Schritte unternehmen, um das Minsker Abkommen mit Leben zu erfüllen. Es ist auf jeden Fall Wert, diesen Versuch zu wagen, wir schulden das schon den Menschen in der Ukraine." Optimismus klingt anders.
Obwohl das Minsker Abkommen bisher namentlich von Russland nicht eingehalten wurde, will sich Merkel nicht entmutigen lassen: "Man kann nicht in der Enttäuschung verharren." Garantien, dass ein neues Abkommen besser eingehalten werde, gebe es natürlich keine: "Also mit dem Wort Garantien wäre ich jetzt vorsichtig, da haben wir bis jetzt keine ausreichend positiven Erfahrungen gemacht. Aber das kann nicht heißen, dass wir keine neuen Vereinbarungen mehr versuchen."
Wie schon Tags zuvor Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg versuchte Merkel eine Gratwanderung: Klare Prinzipien vertreten, gleichzeitig die Hand gegenüber Russland ausstrecken: "Russlands Vorgehen, erst auf Krim dann in Ostukraine, hat Grundlagen des Zusammenlebens in Europa verletzt. Das Völkerrecht wird gebrochen", sagte Merkel, und forderte: "Eine Politik der gewaltsamen Veränderung von Grenzen darf im 21. Jahrhundert keinen Platz haben." Und Russlands Vorgehen stehe nun einmal im Widerspruch zum Budapester Abkommen, mit dem auch Russland der Ukraine deren territoriale Integrität garantiert hat.
Merkels Botschaft an Moskau: "Wir wollen Sicherheit in Europa gemeinsam mit Russland gestalten, nicht gegen Russland. Aber wer Teil der internationalen Gemeinschaft sein will, muss die Regeln beachten. Die Grenzen Europas bleiben unverrückbar". ..." (Die Presse online, 7.2.15)
• NATO-General: Nichts von vornherein ausschließen
"Der Nato-Oberbefehlshaber in Europa, General Philip Breedlove, hat sich dafür ausgesprochen, der Ukraine im Kampf gegen die prorussischen Separatisten im Osten des Landes mit Waffen und militärischer Ausrüstung zu helfen. "Ich glaube, wir sollten die Möglichkeit einer militärischen Option nicht von vornherein ausschließen", sagte Breedlove am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.
Der General der US-Luftwaffe war gefragt worden, ob er Waffenlieferungen an die ukrainische Armee unterstützen würde. Breedlove sagte allerdings, er spreche ausschließlich von Waffen oder anderen militärischen Ressourcen, nicht von Soldaten: "Es gibt keine Gespräche über Bodentruppen."
Die Vorschläge des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Beendigung des Konflikts in der Ostukraine nannte Breedlove "vollkommen inakzeptabel"." (Spiegel online, 7.2.15)
• Gespräche über Friedensabkommen als konstruktiv gewertet
"Im Bemühen um eine Deeskalation im Ostukraine-Konflikt soll das vor fünf Monaten vereinbarte und bisher weitgehend ignorierte Friedensabkommen überarbeitet werden. Darauf haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatsoberhaupt Francois Hollande und der russische Präsident Wladimir Putin am Freitagabend bei gut fünfstündigen Krisenberatungen in Moskau verständigt.
Kremlsprecher Dmitri Peskow, Merkels Sprecher Steffen Seibert und Regierungskreise in Paris bezeichneten das Treffen in der russischen Hauptstadt übereinstimmend als "konstruktiv".
Laut Seibert wird nun auf Grundlage eines Vorschlags von Merkel und Hollande an einem möglichen gemeinsamen Dokument gearbeitet, das den im September in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbarten Friedensplan umsetzen soll. Dabei fließen demnach Vorschläge Putins und des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko ein. Details wurden nicht bekannt. Dem Kremlsprecher zufolge sollen die Friedensbemühungen am Sonntag fortgesetzt werden. Dann soll es ein Telefonat von Merkel, Hollande, Putin und Poroschenko geben.
Poroschenko sagte am Samstag, er sei optimistisch über die Erfolgsaussichten eines neuen Friedenskonzepts. Auf die Frage, ob der Vorstoß erfolgreich sein könnte, sagte Poroschenko am Samstag in München "Ja". Er hoffe, dass dies zu mehr Sicherheit in Europa führen werde.
Die prorussischen Separatisten im Donbass haben in einer Stellungnahme am Samstag die Friedensinitiative begrüßt. "Wir sind immer für Verhandlungen", sagte Separatistenführer Denis Puschilin der Agentur Interfax. Die Aufständischen hätten die Hoffnung, dass eine mögliche neue Feuerpause halten könne.
Nötig sei dazu ein echter Kontrollmechanismus, sagte Puschilin. Für eine Waffenstillstandslinie müssen aus Sicht der Separatisten auch ihre jüngsten Landgewinne im Kriegsgebiet berücksichtigt werden. ..." (Der Standard online, 7.2.15)
• Muss Kiew doch blockfrei bleiben?
"Nach einem Bericht der französischen Zeitung Le Figaro sollen Präsident François Hollande und Bundeskanzlerin Angela Merkel Russland politische Zugeständnisse im Tausch für ein Ende des Krieges im Donbass angeboten haben. Wie die konservative Zeitung am Donnerstag berichtete, wollten Hollande und Merkel dem russischen Präsidenten Wladimir Putin anbieten, dass die Ukraine blockfrei und neutral bleibt und im Innern föderalisiert wird. Damit wären wesentliche politische Forderungen Moskaus erfüllt.
Im Gegenzug erwarteten die beiden führenden EU-Politiker, dass Russland die Aufständischen im Donbass nicht länger unterstütze und einer Waffenruhe zustimme. Der Konflikt solle zunächst eingefroren werden, bevor man an eine endgültige Lösung gehen könne. Hollande und Merkel waren am Donnerstag in Kiew und berieten fünf Stunden lang mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Es fällt auf, dass nach dem Treffen keine Erklärung über seine Ergebnisse herausgegeben wurde.
Ziel der Moskau-Reise Hollandes und Merkels ist nach Darstellung von Le Figaro unter anderem, die politische Initiative bei der Vermittlung im Ukraine-Konflikt zurückzuerlangen, bevor die USA und ihre osteuropäischen Vasallenstaaten durch eine mögliche Entscheidung über Waffenlieferungen an Kiew ein neues Kapitel der Auseinandersetzung aufschlagen und die EU erneut zur Bedeutungslosigkeit degradieren würden. Entsprechend säuerlich kommentierte ein ungenannter US-Experte in der New York Times den französisch-deutschen Vorschlag als »zynisches Spiel«.
Gleichzeitig beschrieb die Zeitung Hollandes und Merkels Besuch im Kreml aber als Teil einer »mit den USA abgesprochenen« Initiative. ..." (junge Welt, 7.2.15)
Dem Beitrag in der Online-Ausgabe von Le Figaro vom 5.2.15 zu Folge kam die Initiative zum Gespräch von Merkel, Hollande und Putin in Moskau vom russischen Präsidenten. Ein noch geheimes russisches Angebot habe Anfang der Woche den Weg für die Gespräche in Moskau frei gemacht und Kanzlerin Merkel dazu gebracht, direkt mit Putin zu sprechen, so die Zeitung. Der geplante Gipfel in der kasachischen Hauptstadt Astana Mitte Januar sei auf deutsche Initiative abgesagt worden, heißt es weiter.
Laut New York Times vom 6.2.15 hatte Putin Briefe an Merkel und Hollande geschickt mit Vorschlägen für eine Konfliktlösung.
• Deutsche Dämonologen und ihre Angst vor Frieden aus Moskau
"... allein der Anschein, dass mit dem russischen Präsidenten im deutsch-französischen Alleingang über Frieden in der Ukraine gesprochen werden soll, sorgt in der transatlantischen Fraktion deutscher Journalisten für Alarmstimmung. Dort gilt die Parole: Der Russe muss auf die Knie. Das genügt allerdings einem wie FAZ-Herausgeber Berthold Kohler noch nicht. Für ihn ist Putin seit langem das unheilvollste Gespenst, das in Europa umgeht. Der Dämonologe weihte sein publizistisches Leben dem deutschen Bammel vorm östlichen Spuk, den er ein für allemal beenden will. So auch am Freitag: »Putins unbeirrbare und bisher unaufhaltsame militärische Aggression« richte sich nicht nur gegen die Ukraine, beginnt er einen Leitartikel, sie sei auch »ein Angriff auf die europäische Friedensordnung, der alle anderen Bedrohungen für die Sicherheit des Kontinents in den Schatten stellt.« Das verlangt anderes als Friedensflüge. Denn Kohler weiß: »die Wertehierarchie des real existierenden Putinismus« sehe anders aus »als die der westlichen Demokratien«. Im NATO-Klartext heißt das: Der Russe ist irre. Kohler gesteht dem wertehierarchisch andersrum orientierten Putin immerhin Bauernschläue zu: Absicherung der eigenen Herrschaft dürfe man »getrost« beim Kremlchef ganz oben vermuten. Das ist in westlichen Demokratien nämlich anders. Daher, so Kohler, sei Putins »größte Sorge«, dass »Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bis an die Grenzen seines Imperiums vordringen«. ...
Sei's drum, der Frankfurter will den Russen auch nicht mit seinen, Kohlers Werten beglücken. Denn die Russen reagieren nur auf das Mittel, das schon Kaiser und Führer für sie bereithielten: Entschlossenheit und Waffen. Kohlers Dekret für Merkel und Hollande vorm Moskau-Besuch lautet daher: »Der vielstimmige Aufschrei ›Bloß keine Waffen liefern!‹ wird dabei, um ein Wort der Kanzlerin zu benutzen, nicht hilfreich sein. Halbherzigkeit überzeugt Putin nicht.« Denn gegen Frieden hilft nur Freiheit von jeder Hemmung. Wie ehemals." (Arnold Schölzel in junge Welt, 7.2.15)
• "Biden verordnet Europa Einigkeit in der Ukraine-Krise"
So die passende Überschrift eines Beitrages von Spiegel online am 6.2.15: "US-Vizepräsident Joe Biden hat am Freitag in Brüssel entschieden vor Uneinigkeit der Europäer in der Ukraine-Krise gewarnt. Beim Besuch einer Sondersitzung der Fraktionsvorsitzenden des Europaparlaments sagte Biden laut Teilnehmern, die Klagen mancher EU-Mitgliedstaaten über teure Sanktionen gegen Russland seien unangebracht und ärgerlich.
"Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem die USA und Europa fest zusammenstehen müssen. Russland darf keine neuen Grenzen in Europa ziehen. Doch genau das passiert gerade", so der US-Politiker weiter. Europa und die USA dürften sich ebenso wenig auseinander dividieren lassen wie die Nato. ...
Wenn die Einigkeit der Europäer bröckele, würden die Amerikaner über eigene Optionen nachdenken, so der Demokrat. Dabei verwies er auf die Sanktionen, die nicht nur fortgesetzt, sondern im Falle eines Scheiterns der jüngsten diplomatischen Initiative von Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande noch verschärft werden müssten. Ob damit auch umstrittene Waffenlieferungen an die Ukraine gemeint seien, präzisierte Biden nicht.
Jedoch ließ er keinen Zweifel daran, dass diese diplomatische Initiative den Segen der Amerikaner hat - vermutlich auch, weil diese eine Möglichkeit bietet, mit der Kreml-Spitze wieder ins Gespräch zu kommen. Dies strebt die US-Regierung seit Längerem an. ..."
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