• Was die EU den Ukrainern so zu bieten hat: Blick nach Portugal
"Hochqualifizierte Jungakademiker und Facharbeiter kehren dem Krisenstaat den Rücken
... Allein 2013 waren nach offiziellen Angaben über 128 108 Portugiesen emigriert, davon 30 000 nach Großbritannien, 20 000 in die Schweiz, 18 000 nach Frankreich und 11 000 nach Deutschland. Im selben Jahr zählte die amtliche Statistik 2,3 Millionen Auslandsportugiesen in aller Welt. Damit gilt Portugal neben Malta als das EU-Land mit der höchsten Auswanderungsrate. ...
Nicht erst seit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise und der von der Troika verordneten Austeritätspolitik gehört Emigration zum portugiesischen Alltag. Sie diente stets auch als Ventil, um die Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Lage zu dämpfen und den Druck im Kessel zu senken. ...
Im Gegensatz zur klassischen »Gastarbeiter«-Generation sind viele der heutigen Auswanderer jedoch hoch qualifizierte jüngere Menschen aus Städten, die trotz akademischer Abschlüsse im eigenen Land keine Beschäftigung und kein berufliches Fortkommen mit adäquaten Einkommen finden können. Der Aderlass an jüngeren Fachkräften, die dem Land den Rücken gekehrt haben, dürfte inzwischen nach Schätzungen auf bis zu 400 000 angeschwollen sein. Längst gleicht die Einwanderung nach Portugal etwa aus ehemaligen afrikanischen Überseekolonien oder früheren Sowjetrepubliken nicht mehr die Abwanderung vor allem jüngerer Fachkräfte aus. ..." (Neues Deutschland, 1.4.15, S. 17)
• Griechenland will besseres Verhältnis zu Russland – Deutscher Politiker verwarnt Athen
"... In einem Interview mit Itar-Tass sucht Tsipras, sich der möglichen Hilfe Russlands zu versichern, um die drohende Pleite abzuwenden und sich den "Institutionen" und ihren Forderungen nicht unterwerfen zu müssen. Tsipras wird am 8. April, einen Tag vor der anstehenden Schuldenzahlung an den IWF, Moskau besuchen und kündigte schon einmal an, dass er auf bessere Handelsbeziehungen setzt. Er hofft, vor allem wieder mehr Agrarprodukte nach Russland exportieren zu können und damit darauf, dass Moskau das nach den Sanktionen verhängte Importverbot für Lebensmittel aus der EU für Griechenland aufhebt. Tsipras kündigte mehr oder weniger in dem Interview an, dass er die Sanktionspolitik der EU nicht mittragen will, was natürlich auch als provokativer Versuch gelten kann, doch noch einen Schuldenschnitt herauszuhandeln.
Wie weit Tsipras mit dem Versuch kommt, derart zweigleisig zu fahren und Moskau und Brüssel gegeneinander auszuspielen, ist fraglich. Schon vor dem Interview hat das "Flirten" mit Russland durch den vorgezogenen Besuchstermin von Tsipras und die Reise des griechischen Energieministers Panagiotis Lafazanis und des Syriza-Abgeordneten Tanasis Petrakos am 30./31. März nach Moskau für empörte Reaktionen gesorgt. So drohte Manfred Weber (CSU), der Vorsitzende der EVP-Fraktion im EU-Parlament: "Tsipras sollte sich gut überlegen, ob für ihn ein aggressives autokratisches System in Moskau der richtige Partner ist oder die freien und demokratisch regierten Völker Europas. Wer weiter Hilfe von der EU haben will, dessen Kompass sollte nach Brüssel und nicht nach Moskau zeigen."
Zu Moskau - und Brüssel - gewandt sagte er jedenfalls: "Wir befürworten die Sanktionen nicht. Ich glaube, das führt nirgendwohin. Ich unterstütze die Ansicht, dass Dialog und Diplomatie notwendig sind. Wir sollten am Verhandlungstisch zusammensitzen und die Lösungen für die großen Probleme finden." Die Beziehungen zu Russland hätten sich verschlechtert, weil die vorhergehenden Regierungen nicht alles getan hätten, um "diese sinnlose Sanktionspolitik zu vermeiden". ..." (Telepolis, 31.3.15)
Florian Rötzer von Telepolis mag sich sogar nicht festlegen und verbreitet schon mal grafisch Unsinn, indem er die griechische Flagge mit dem russischen Wappen versieht:
(Grafik: Telepolis)
• Verkaufsoffene Nationalgarde
"Die Staatsanwaltschaft in Kiew ermittelt gegen ukrainische Nationalgardisten. Ihnen wird vorgeworfen, zwei Kampfhubschrauber illegal ins Ausland verkauft zu haben.
Die Staatsanwaltschaft spricht von einem Schaden in Höhe von 200.000 Euro: Mitglieder der Nationalgarde der Ukraine sollen zwei Kampfhubschrauber illegal ins Ausland verkauft haben. Die Behörde hat die Ermittlungen aufgenommen.
Der Abnehmer der beiden Helikopter ist noch nicht bekannt. Der Verkauf war möglich, weil die Täter die Papiere der Hubschrauber fälschten: Die Maschinen des sowjetischen Typs Mi-24R seien im Verkaufsvertrag als zivile Hubschrauber ausgewiesen worden, hieß es. ..." (Spiegel online, 31.3.15)
Na lieber die eigenen Hubschrauber verkaufen als andere abschießen. Für Letztere, die es aber bei den Aufständischen nicht zu geben scheint, gäbe es auch viel weniger Abschussprämie.
• Bundesregierung zu MH17: Eingesetzte Munition unklar - Informationen zum Abschussort geheim
"Die Bundesregierung kann auf Basis der derzeit vorliegenden Informationen keinen „eindeutigen Rückschluss auf einen möglichen Munitionstyp“ ziehen, der beim Absturz von Flug MH17 in der Ostukraine im Juli vergangenen Jahres eine Rolle gespielt haben könnte. „Auf Grundlage des vorliegenden offenen Bildmaterials von Trümmerteilen der betroffenen Boeing 777 (Authentizität vorausgesetzt) kann davon ausgegangen werden, dass die dargestellten Fragmentierungen in den Blechen von Splittern nach Umsetzung einer explosiven Wirkladung entstanden sind“, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/4299) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3818). Die erkennbaren Beschädigungen des Wrackteils würden darauf hindeuten, dass dort eine hohe Anzahl von Splittern in relativ großer Dichte eingeschlagen sei. „Allerdings lassen Aufnahmewinkel und Qualität des vorliegenden Bildmaterials keine genauere Analyse zu, so dass eine Bestimmung des genauen Wirkladungsabstandes, der Wirkladungsgröße oder der Art der Munition nicht möglich ist. Form der Penetrationen und Splitterbild stützen jedoch die Annahme, dass die Wirkladung in einem gewissen Abstand zu den gezeigten Blechen zur Umsetzung gekommen sein muss.“ Einen Teil der Antworten auf die Fragen der Linksfraktion, die sich unter anderem nach Erkenntnissen zu einem mutmaßlichen Abschussort einer womöglich für den Absturz ursächlichen BUK-Rakete sowie nach Belegen für die Verantwortung für einen möglichen Abschuss erkundigt hatte, stuft die Bundesregierung mit den Geheimhaltungsgrad „VS -Vertraulich“ beziehungsweise „VS-Geheim“ ein ..." (Heute im Bundestag, 31.3.15)
• Westliche Politiker bleiben Siegesfeier am 9. Mai in Moskau fern
"Wenn Russlands Präsident und Oberkommandierender am 9. Mai die Militärparade zum 70. Jahrestag des Sieges abnimmt, werden nach derzeitigem Stand die höchsten Repräsentanten von 26 Ländern neben Wladimir Putin auf der Ehrentribüne auf dem Roten Platz in Moskau stehen. Die Präsidenten von China, Indien, Südafrika, Vietnam und der Mongolei haben Mitte März fest zugesagt, inzwischen auch ihre Amtskollegen aus Tschechien und Zypern. Ebenso die Staatschefs von Kuba und Nordkorea sowie die Ministerpräsidenten der Slowakei und Griechenlands. Als sicher gilt auch die Teilnahme von Spitzenpolitikern aus Island, Mazedonien, Montenegro, Norwegen und Serbien.
Anders als beim 65. Jahrestag fehlen US-Präsident Barack Obama und Europas Führungspersonal. Zwar ist derzeit nach Worten von Kremlsprecher Dmitri Peskow offen, ob Frankreichs Präsident François Hollande und der britische Premierminister David Cameron kommen. Definitiv abgesagt haben indes die Präsidenten Estlands, Lettlands, Litauens und Polens.
Bundeskanzlerin Angela Merkel handelte auch bei diesem heiklen Thema einen Kompromiss aus: Sie kommt einen Tag später und wird zusammen mit Putin das Mahnmal des unbekannten Soldaten an der Kremlmauer besuchen. ...
Experten rechneten angesichts der Ukrainekrise auch mit einem Boykott der Feierlichkeiten durch westliche Spitzenpolitiker. Umso empfindlicher reagierten Kreml und Außenamt auf »Alternativen« wie zentrale gemeinsame Gedenkveranstaltungen in Berlin oder auf der Westerplatte bei Gdansk in Polen. Zumal die Vorschläge von Großbritannien und den osteuropäischen Mitgliedern von NATO und EU stammen: jenen also, die in der Ukrainekrise auf mehr Härte gegenüber Russland pochen. ...
Russland ist nicht nur offizieller Rechtsnachfolger der Sowjetunion. Der Sieg über Hitlerdeutschland ist bis heute identitätsstiftend und Ersatz für jene nationale Idee, auf die sich die seit dem Ende der Union tief gespaltene Gesellschaft des postkommunistischen Russlands bis heute nicht einigen konnte. Daran können auch die hohen Zustimmungsraten für Putin nach dem Russlandbeitritt der Krim nichts ändern. ..." (Neues Deutschland, 31.3.15)
Egon Bahr am 26.3.15: "Der 70. Jahrestag des Kriegsendes wird am 9. Mai in Moskau begangen. Wer Russlands Seele erreichen will, darf dabei nicht fehlen." (siehe Hinweis unten)
• Merkel will einheitliches EU-Vorgehen gegen Russland – Sanktionen als Ersatz für Krieg
"Auf ein gemeinsames Vorgehen im Ukrainekonflikt mit Russland hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel die Europäische Union eingeschworen. Es dürfe niemals Alleingänge geben, mahnte sie in Helsinki nach einem Treffen mit Ministerpräsident Alexander Stubb.
Die EU-Staaten müssten sich immer konsultieren. "Die militärische Auseinandersetzung wollen wir nicht führen", betonte die CDU-Politikerin erneut. Deshalb seien Wirtschaftssanktionen beschlossen worden. ..." (n-tv, 30.3.15)
• NATO-Generalsekretär: Abgeschrecktes Russland "keine unmittelbare Bedrohung"
"Von Russland geht nach Einschätzung des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg aktuell keine Gefahr für Bündnispartner aus. „Wird es einen Konflikt mit Russland geben? Wir sehen keine unmittelbare Bedrohung gegen irgendeinen Nato-Alliierten“, sagte der Norweger am Montag in Brüssel vor Europaabgeordneten. Ein Grund dafür sei die „glaubwürdige Abschreckung“, die das westliche Verteidigungsbündnis sicherstelle. ..." (Handelsblatt online, 30.3.15)
• Egon Bahr für "Verantwortungspartnerschaft mit Moskau und Washington"
Der SPD-Politiker Egon Bahr wurde auf der Festveranstaltung des Deutsch-Russischen Forums am 26.3.15 in Berlin mit dem Dr. Friedrich Joseph Haass-Preis ausgezeichnet. In seiner Rede dazu schlug Bahr u.a. eine "europäischen Verantwortungsgemeinschaft mit Moskau und Washington" vor.
"... Bahr selbst hatte in einem Interview vor der Preisverleihung bekannt: »Ich bin alarmiert, weil nicht auszuschließen ist, dass wir mit den Trümmern der deutschen Ostpolitik konfrontiert werden könnten und bewährte Zusammenarbeit durch Konfrontation abgelöst wird.« In seiner Dankesrede wollte er jedoch nicht auf die »durchaus beunruhigenden täglichen Meldungen« aus der Ukraine, Russland oder den USA eingehen. Er schlug große Bögen von der Ostpolitik zu Zeiten des Kalten Krieges, zur heutigen globalen Situation und den Beziehungen im Dreieck Russland-EU-USA. Die Globalmacht USA werde auch künftig eine »Politik der freien Hand« verfolgen, um ihren Einfluss zu vergrößern, prophezeite er illusionslos. Ihr »Sendungsbewusstsein« sei nicht verhandelbar. So wie es Brandts Ostpolitik ohne Rückendeckung aus Washington nicht gegeben hätte, seien die USA heute als Partner unentbehrlich.
Unverrückbar bleibe aber auch Russland der große Nachbar im Osten: »Wir können Russland nicht aufgeben, weil es Amerika nicht gefällt«. Und »Russland in die Knie zwingen zu wollen, das ist blanker Unsinn«, sagte Bahr ...
Die Annexion der Krim durch Russland sei eine Verletzung internationalen Rechts, die nicht anerkannt werden könne. Bahr erinnerte aber an die Erklärung Brandts, dass die DDR für ihn nicht Ausland sein könne, und dennoch habe er sie als Realität und als Staat respektiert. So wäre die Respektierung der russischen Krim gleichfalls nur die Anerkennung der Realität. ..." (Neues Deutschland, 28.3.15, S. 7)
• Bundestagsmehrheit für Assoziierungsabkommen
"Der Bundestag hat das umstrittene Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine am Donnerstag mit großer Mehrheit gebilligt. Die beiden Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die Grünen stimmten dafür, die LINKE dagegen. Anschließend segnete das Parlament auch die Assoziierungsabkommen der EU mit Georgien und der Republik Moldau ab.
Zuvor hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Politik der Osterweiterung verteidigt. »Die Nachbarschaftspolitik der EU ist gegen niemanden gerichtet. Wir wollen gute Zusammenarbeit nicht nur mit unseren Nachbarn, sondern auch mit unseren Nachbarn der Nachbarn.« Der SPD-Politiker versicherte, die Hand der EU bleibe »auch gegenüber Russland ausgestreckt«.
Als nächstes ist nun der Bundesrat am Zug. Die Länderkammer wird vermutlich am 8. Mai zustimmen. Anschließend muss noch Bundespräsident Joachim Gauck unterschreiben, damit die Ratifizierung durch Deutschland endgültig werden kann. ...
Die Linkspartei im Bundestag begründete ihr Nein damit, dass die Abkommen auch eine »militärische Dimension« hätten. Der LINKE-Außenpolitiker Andrej Hunko machte den Westen für den Konflikt mit Russland verantwortlich, weil er die Osterweiterung von EU und NATO vorangetrieben habe. »Die Assoziierungsabkommen sind ein Teil dieser Osterweiterung«, sagte Hunko im Bundestagsplenum. Außerdem werde darin ein »radikal neoliberales« Wirtschaftsmodell festgeschrieben.
Das Abkommen mit der Ukraine sieht einen fast hundertprozentigen Verzicht beider Seiten auf Zölle für Handelswaren vor. Die Ukraine passt ihre Vorschriften an die der EU an, um den Handel zu erleichtern. Die Ansiedlung von Unternehmen wird erleichtert, der freie Kapitalverkehr garantiert, öffentliche Ausschreibungen für die jeweils andere Seite geöffnet und das Urheberrecht anerkannt. ..." (Neues Deutschland, 27.3.15)
• Putin: NATO will Kräfteverhältnis in Europa verändern
"Russlands Präsident Wladimir Putin hat der NATO erneut vorgeworfen, das militärische Kräfteverhältnis in Europa zu ihren Gunsten ändern zu wollen. Das atomare Gleichgewicht sei in Gefahr, zudem bemerke Russland eine Aufrüstung im All, sagte er am Donnerstag bei einem Treffen mit der Führung des Inlandsgeheimdienstes FSB in Moskau. »Es ist aber noch niemandem gelungen, uns einzuschüchtern oder auf uns Druck auszuüben.« Die Führung in Moskau werde auf solche Versuche gebührend antworten. »Die Lage wird sich nur zu unseren Gunsten ändern, wenn wir stärker sind«, sagte Putin.
Ebenfalls eine harte Reaktion wurde auf eine mögliche Ausrüstung der Ukraine mit westlichen Waffen nach der Lieferung erster ungepanzerter US-Militärgeländewagen an Kiew von Moskau angekündigt. »Waffenlieferungen aus den USA an die Ukraine bedrohen die brüchige Feuerpause im Donbass und gefährden direkt die Sicherheit Russlands«, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch. Russland werde aufrüsten, sollte dies geschehen. ..." (Neues Deutschland, 27.3.15)
• US-Politiker wollen weiter Krieg in der Ukraine
"... In der US-amerikanischen politischen Klasse dominiert der Drang, beim "hybriden" Krieg um die Ukraine die militärische Komponente zu stärken und so auch die geopolitische Konfrontation mit Russland zu verschärfen. Mit einem "großen" oder gar atomaren militärischen Konflikt zwischen Moskau und Washington wird offenbar nicht kalkuliert, wohl aber mit einer Fortdauer der Gewalt in der Ukraine und weiteren Sanktionen gegen die russische Ökonomie. Dass so Differenzen zwischen der US-amerikanischen Russlandpolitik und der etlicher EU-Staaten, vor allem auch der Bundesrepublik, sich verfestigen, beunruhigt die SupermUSAacht nicht; einen Dämpfer für europäische Eigenwilligkeiten hat sie offenbar einkalkuliert. Weshalb denken US-Politiker so?
Dass der Kampfplatz Ukraine bedrängende Folgen für ihre eigene Gesellschaft hat, müssen sie nicht befürchten, Kiew liegt weit ab von Washington. Auf dauerhaften Austausch mit Russland ist die US-amerikanische Wirtschaft - anders als die der Bundesrepublik - nicht angewiesen; auf russische Energieangebote auch nicht, die will sie ja gerade vom europäischen Markt verdrängen. Negative Effekte der Sanktionen für die Sanktionäre betreffen nicht die USA. Die Kosten für den Unterhalt des Kampfplatzes Ukraine und der konfrontativen Russlandpolitik sollen überwiegend zahlungskräftige EU-Staaten übernehmen. ...
In der US-amerikanischen Gedankenwelt grassiert die Erwartung, in Moskau komme so Regime Change in Gang, eine Art neuer Jelzin werde dann in den Kreml einrücken, Russland als geopolitischer Konkurrent der USA und möglicher Dauerpartner Chinas seine Bedeutung verlieren. ...
Fazit: Die Menschen im ukrainischen Terrain, ob der Kiewer Regierung oder den Separatisten zuneigend, haben mit zivilen Verhältnissen nicht zu rechnen. Sie bleiben Opfer einer Politik, die Gewalt, in unterschiedlichen Formen, für das Natürlichste im Weltgeschehen hält." (Arno Klönne auf Telepolis, 26.3.15)
→ hier geht's zu Folge 179
→ alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen
→ die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine
"Hochqualifizierte Jungakademiker und Facharbeiter kehren dem Krisenstaat den Rücken
... Allein 2013 waren nach offiziellen Angaben über 128 108 Portugiesen emigriert, davon 30 000 nach Großbritannien, 20 000 in die Schweiz, 18 000 nach Frankreich und 11 000 nach Deutschland. Im selben Jahr zählte die amtliche Statistik 2,3 Millionen Auslandsportugiesen in aller Welt. Damit gilt Portugal neben Malta als das EU-Land mit der höchsten Auswanderungsrate. ...
Nicht erst seit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise und der von der Troika verordneten Austeritätspolitik gehört Emigration zum portugiesischen Alltag. Sie diente stets auch als Ventil, um die Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Lage zu dämpfen und den Druck im Kessel zu senken. ...
Im Gegensatz zur klassischen »Gastarbeiter«-Generation sind viele der heutigen Auswanderer jedoch hoch qualifizierte jüngere Menschen aus Städten, die trotz akademischer Abschlüsse im eigenen Land keine Beschäftigung und kein berufliches Fortkommen mit adäquaten Einkommen finden können. Der Aderlass an jüngeren Fachkräften, die dem Land den Rücken gekehrt haben, dürfte inzwischen nach Schätzungen auf bis zu 400 000 angeschwollen sein. Längst gleicht die Einwanderung nach Portugal etwa aus ehemaligen afrikanischen Überseekolonien oder früheren Sowjetrepubliken nicht mehr die Abwanderung vor allem jüngerer Fachkräfte aus. ..." (Neues Deutschland, 1.4.15, S. 17)
• Griechenland will besseres Verhältnis zu Russland – Deutscher Politiker verwarnt Athen
"... In einem Interview mit Itar-Tass sucht Tsipras, sich der möglichen Hilfe Russlands zu versichern, um die drohende Pleite abzuwenden und sich den "Institutionen" und ihren Forderungen nicht unterwerfen zu müssen. Tsipras wird am 8. April, einen Tag vor der anstehenden Schuldenzahlung an den IWF, Moskau besuchen und kündigte schon einmal an, dass er auf bessere Handelsbeziehungen setzt. Er hofft, vor allem wieder mehr Agrarprodukte nach Russland exportieren zu können und damit darauf, dass Moskau das nach den Sanktionen verhängte Importverbot für Lebensmittel aus der EU für Griechenland aufhebt. Tsipras kündigte mehr oder weniger in dem Interview an, dass er die Sanktionspolitik der EU nicht mittragen will, was natürlich auch als provokativer Versuch gelten kann, doch noch einen Schuldenschnitt herauszuhandeln.
Wie weit Tsipras mit dem Versuch kommt, derart zweigleisig zu fahren und Moskau und Brüssel gegeneinander auszuspielen, ist fraglich. Schon vor dem Interview hat das "Flirten" mit Russland durch den vorgezogenen Besuchstermin von Tsipras und die Reise des griechischen Energieministers Panagiotis Lafazanis und des Syriza-Abgeordneten Tanasis Petrakos am 30./31. März nach Moskau für empörte Reaktionen gesorgt. So drohte Manfred Weber (CSU), der Vorsitzende der EVP-Fraktion im EU-Parlament: "Tsipras sollte sich gut überlegen, ob für ihn ein aggressives autokratisches System in Moskau der richtige Partner ist oder die freien und demokratisch regierten Völker Europas. Wer weiter Hilfe von der EU haben will, dessen Kompass sollte nach Brüssel und nicht nach Moskau zeigen."
Zu Moskau - und Brüssel - gewandt sagte er jedenfalls: "Wir befürworten die Sanktionen nicht. Ich glaube, das führt nirgendwohin. Ich unterstütze die Ansicht, dass Dialog und Diplomatie notwendig sind. Wir sollten am Verhandlungstisch zusammensitzen und die Lösungen für die großen Probleme finden." Die Beziehungen zu Russland hätten sich verschlechtert, weil die vorhergehenden Regierungen nicht alles getan hätten, um "diese sinnlose Sanktionspolitik zu vermeiden". ..." (Telepolis, 31.3.15)
Florian Rötzer von Telepolis mag sich sogar nicht festlegen und verbreitet schon mal grafisch Unsinn, indem er die griechische Flagge mit dem russischen Wappen versieht:
(Grafik: Telepolis)
• Verkaufsoffene Nationalgarde
"Die Staatsanwaltschaft in Kiew ermittelt gegen ukrainische Nationalgardisten. Ihnen wird vorgeworfen, zwei Kampfhubschrauber illegal ins Ausland verkauft zu haben.
Die Staatsanwaltschaft spricht von einem Schaden in Höhe von 200.000 Euro: Mitglieder der Nationalgarde der Ukraine sollen zwei Kampfhubschrauber illegal ins Ausland verkauft haben. Die Behörde hat die Ermittlungen aufgenommen.
Der Abnehmer der beiden Helikopter ist noch nicht bekannt. Der Verkauf war möglich, weil die Täter die Papiere der Hubschrauber fälschten: Die Maschinen des sowjetischen Typs Mi-24R seien im Verkaufsvertrag als zivile Hubschrauber ausgewiesen worden, hieß es. ..." (Spiegel online, 31.3.15)
Na lieber die eigenen Hubschrauber verkaufen als andere abschießen. Für Letztere, die es aber bei den Aufständischen nicht zu geben scheint, gäbe es auch viel weniger Abschussprämie.
• Bundesregierung zu MH17: Eingesetzte Munition unklar - Informationen zum Abschussort geheim
"Die Bundesregierung kann auf Basis der derzeit vorliegenden Informationen keinen „eindeutigen Rückschluss auf einen möglichen Munitionstyp“ ziehen, der beim Absturz von Flug MH17 in der Ostukraine im Juli vergangenen Jahres eine Rolle gespielt haben könnte. „Auf Grundlage des vorliegenden offenen Bildmaterials von Trümmerteilen der betroffenen Boeing 777 (Authentizität vorausgesetzt) kann davon ausgegangen werden, dass die dargestellten Fragmentierungen in den Blechen von Splittern nach Umsetzung einer explosiven Wirkladung entstanden sind“, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/4299) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3818). Die erkennbaren Beschädigungen des Wrackteils würden darauf hindeuten, dass dort eine hohe Anzahl von Splittern in relativ großer Dichte eingeschlagen sei. „Allerdings lassen Aufnahmewinkel und Qualität des vorliegenden Bildmaterials keine genauere Analyse zu, so dass eine Bestimmung des genauen Wirkladungsabstandes, der Wirkladungsgröße oder der Art der Munition nicht möglich ist. Form der Penetrationen und Splitterbild stützen jedoch die Annahme, dass die Wirkladung in einem gewissen Abstand zu den gezeigten Blechen zur Umsetzung gekommen sein muss.“ Einen Teil der Antworten auf die Fragen der Linksfraktion, die sich unter anderem nach Erkenntnissen zu einem mutmaßlichen Abschussort einer womöglich für den Absturz ursächlichen BUK-Rakete sowie nach Belegen für die Verantwortung für einen möglichen Abschuss erkundigt hatte, stuft die Bundesregierung mit den Geheimhaltungsgrad „VS -Vertraulich“ beziehungsweise „VS-Geheim“ ein ..." (Heute im Bundestag, 31.3.15)
• Westliche Politiker bleiben Siegesfeier am 9. Mai in Moskau fern
"Wenn Russlands Präsident und Oberkommandierender am 9. Mai die Militärparade zum 70. Jahrestag des Sieges abnimmt, werden nach derzeitigem Stand die höchsten Repräsentanten von 26 Ländern neben Wladimir Putin auf der Ehrentribüne auf dem Roten Platz in Moskau stehen. Die Präsidenten von China, Indien, Südafrika, Vietnam und der Mongolei haben Mitte März fest zugesagt, inzwischen auch ihre Amtskollegen aus Tschechien und Zypern. Ebenso die Staatschefs von Kuba und Nordkorea sowie die Ministerpräsidenten der Slowakei und Griechenlands. Als sicher gilt auch die Teilnahme von Spitzenpolitikern aus Island, Mazedonien, Montenegro, Norwegen und Serbien.
Anders als beim 65. Jahrestag fehlen US-Präsident Barack Obama und Europas Führungspersonal. Zwar ist derzeit nach Worten von Kremlsprecher Dmitri Peskow offen, ob Frankreichs Präsident François Hollande und der britische Premierminister David Cameron kommen. Definitiv abgesagt haben indes die Präsidenten Estlands, Lettlands, Litauens und Polens.
Bundeskanzlerin Angela Merkel handelte auch bei diesem heiklen Thema einen Kompromiss aus: Sie kommt einen Tag später und wird zusammen mit Putin das Mahnmal des unbekannten Soldaten an der Kremlmauer besuchen. ...
Experten rechneten angesichts der Ukrainekrise auch mit einem Boykott der Feierlichkeiten durch westliche Spitzenpolitiker. Umso empfindlicher reagierten Kreml und Außenamt auf »Alternativen« wie zentrale gemeinsame Gedenkveranstaltungen in Berlin oder auf der Westerplatte bei Gdansk in Polen. Zumal die Vorschläge von Großbritannien und den osteuropäischen Mitgliedern von NATO und EU stammen: jenen also, die in der Ukrainekrise auf mehr Härte gegenüber Russland pochen. ...
Russland ist nicht nur offizieller Rechtsnachfolger der Sowjetunion. Der Sieg über Hitlerdeutschland ist bis heute identitätsstiftend und Ersatz für jene nationale Idee, auf die sich die seit dem Ende der Union tief gespaltene Gesellschaft des postkommunistischen Russlands bis heute nicht einigen konnte. Daran können auch die hohen Zustimmungsraten für Putin nach dem Russlandbeitritt der Krim nichts ändern. ..." (Neues Deutschland, 31.3.15)
Egon Bahr am 26.3.15: "Der 70. Jahrestag des Kriegsendes wird am 9. Mai in Moskau begangen. Wer Russlands Seele erreichen will, darf dabei nicht fehlen." (siehe Hinweis unten)
• Merkel will einheitliches EU-Vorgehen gegen Russland – Sanktionen als Ersatz für Krieg
"Auf ein gemeinsames Vorgehen im Ukrainekonflikt mit Russland hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel die Europäische Union eingeschworen. Es dürfe niemals Alleingänge geben, mahnte sie in Helsinki nach einem Treffen mit Ministerpräsident Alexander Stubb.
Die EU-Staaten müssten sich immer konsultieren. "Die militärische Auseinandersetzung wollen wir nicht führen", betonte die CDU-Politikerin erneut. Deshalb seien Wirtschaftssanktionen beschlossen worden. ..." (n-tv, 30.3.15)
• NATO-Generalsekretär: Abgeschrecktes Russland "keine unmittelbare Bedrohung"
"Von Russland geht nach Einschätzung des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg aktuell keine Gefahr für Bündnispartner aus. „Wird es einen Konflikt mit Russland geben? Wir sehen keine unmittelbare Bedrohung gegen irgendeinen Nato-Alliierten“, sagte der Norweger am Montag in Brüssel vor Europaabgeordneten. Ein Grund dafür sei die „glaubwürdige Abschreckung“, die das westliche Verteidigungsbündnis sicherstelle. ..." (Handelsblatt online, 30.3.15)
• Militarisierung der EU wegen "veränderter Sicherheitslage"
"Frankreich,
Deutschland und Polen reagieren auf die veränderte Sicherheitslage in
Europa. Eine bereits seit 2007 existierende EU-Kampftruppe soll im
Ernstfall nun wirklich zum Einsatz kommen.
Die Staaten des "Weimarer Dreiecks" – Frankreich, Deutschland und Polen – wollen zu einem Motor für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU werden. Das kommt in einem am Montag formulierten gemeinsamen Brief an die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zum Ausdruck, den nach den Verteidigungsministern der drei EU-Staaten auch ihre Außenminister noch unterzeichnen wollen.
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, ihr französischer Kollege Jean-Yves Le Drian und der polnische Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak vereinbarten in Schwielowsee bei Potsdam unter anderem, sich dafür stark zu machen, dass die sogenannten EU-Battlegroups als erste Kräfte in ein Krisengebiet gehen.
Die jeweils mindestens 1500 Soldaten starken EU-Einheiten existieren zwar bereits seit 2007. Sie kamen allerdings aufgrund divergierender außenpolitischer Interessen der Mitgliedstaaten bislang nie zum Einsatz. ...
Gemeinsam mit ihren Kollegen aus Frankreich und Polen will sich von der Leyen "in besonderem Maße" für die Umsetzung der Beschlüsse des Nato-Gipfels in Wales engagieren. Diese waren unter dem Eindruck der russischen Annexion der Krim und der Moskauer Außenpolitik der vergangenen Monate getroffen worden. ..." (Die Welt online, 30.3.15)
Die Staaten des "Weimarer Dreiecks" – Frankreich, Deutschland und Polen – wollen zu einem Motor für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU werden. Das kommt in einem am Montag formulierten gemeinsamen Brief an die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zum Ausdruck, den nach den Verteidigungsministern der drei EU-Staaten auch ihre Außenminister noch unterzeichnen wollen.
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, ihr französischer Kollege Jean-Yves Le Drian und der polnische Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak vereinbarten in Schwielowsee bei Potsdam unter anderem, sich dafür stark zu machen, dass die sogenannten EU-Battlegroups als erste Kräfte in ein Krisengebiet gehen.
Die jeweils mindestens 1500 Soldaten starken EU-Einheiten existieren zwar bereits seit 2007. Sie kamen allerdings aufgrund divergierender außenpolitischer Interessen der Mitgliedstaaten bislang nie zum Einsatz. ...
Gemeinsam mit ihren Kollegen aus Frankreich und Polen will sich von der Leyen "in besonderem Maße" für die Umsetzung der Beschlüsse des Nato-Gipfels in Wales engagieren. Diese waren unter dem Eindruck der russischen Annexion der Krim und der Moskauer Außenpolitik der vergangenen Monate getroffen worden. ..." (Die Welt online, 30.3.15)
• Debatten in der NATO um Rüstungsausgaben - Ukraine-Konflikt und IS-Terror als Argumente
"Die
Auseinandersetzungen um die NATO-Rüstungsausgaben werden zu einem
zentralen Konfliktthema. Die Interessengegensätze zwischen Militaristen
und realistischen Kräften gewinnen an Schärfe ...
Die NATO ist das größte Militärbündnis der Welt. Sie stellt zwischen 55 und 65 Prozent der weltweiten Militärausgaben: 900 bis 1.000 Mrd. US-Dollar. Über die eigenen Bündnisstrukturen hinaus, baut die NATO umfassende Kooperationen auf. Diese reichen von bilateralen Abkommen bis hin zu separaten multilateralen Strukturen. Werden NATO-Partner wie Israel und Japan einbezogen, entfallen bis zu 70 Prozent aller Militärausgaben auf diese Staaten. ...
Bis auf zwei Zeitabschnitte entfallen zwischen 60 und 70 Prozent der NATO-Ressourcen auf die USA. So brachten die USA im Verlauf des Korea-Krieges bis zu 77 Prozent der Militärausgaben auf. Eine rückläufige Entwicklung setzte die Clinton Administration in den 1990er Jahren durch. Das US-amerikanische Militärbudget belief sich auf 55 Prozent der NATO-Ausgaben. Durch die Kriegspolitik unter Georg Bush stiegen die Ausgaben jedoch wieder und erreichten 2010 ihren vorläufigen Höhepunkt mit knapp 700 Mrd. US-Dollar - circa 68 Prozent des NATO-Etats bzw. 40 Prozent aller weltweiten Militärausgaben. ...
In allen NATO-Staaten gehen die Militärausgaben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt seit den 1950er Jahren zurück. Seit Ende der 1990er Jahre vergeuden die NATO-Mitglieder ohne die USA im Durchschnitt weniger als zwei Prozent und ab 2010 weniger als 1,5 Prozent ihrer Wirtschaftskraft für militärische Zwecke. Über der zwei Prozent Marke liegen in Europa neben Großbritannien, Frankreich und der Türkei, die Krisenstaaten Estland, Portugal und Griechenland.
Auf einem deutlich höheren Niveau verläuft der Prozess in den USA langsamer bzw. kehrte sich unter den republikanischen Präsidenten Reagan in den 1980er sowie unter Bush jun. in den 2000er Jahren sogar um. ...
Wesentliche Ursache der höheren Militärausgaben ist die Realität, das Militär als ein zentrales außenpolitisches Machtinstrument einzusetzen. Dafür sind die US-amerikanischen Eliten in Teilen bereit, andere Bereiche der Gesellschaft wie die Gesundheitsversorgung zu vernachlässigen. ...
Im Rahmen der NATO-Sicherheitskonferenzen in München 2015 prallten beide Positionen aufeinander. Kernforderung der pro-Militär-Strömungen vor allem aus den USA war (wieder einmal) die Anhebung der Verteidigungsausgaben aller NATO-Staaten auf zwei Prozent zum BIP. Diese Höhe ist in den NATO-Strategiepapieren explizit festgeschrieben. Allein für Deutschland würde dies eine Erhöhung der Ausgaben um mehr als 15 Mrd. € bedeuten.
Hierbei sind auch die Diskussionen um Waffenlieferungen an die Ukraine sowie den Kampf gegen ISIS von zentraler Bedeutung. Sie dienen als ein Hebel um Erhöhungen der Militärausgaben durchzusetzen. Die Äußerungen von John McCain ("es ist [der Bundesregierung] egal, dass Menschen in der Ukraine abgeschlachtet werden.") und Victoria Nuland ("[Europa] fürchtet sich vor Schäden für ihre Wirtschaft") geben hier die Richtung vor. Dieser schließen sich vor allem Großbritannien, das militärische Ausbilder in die Ukraine entsenden will, sowie osteuropäische Staaten wie Polen und Estland bereitwillig an. ..." (Telepolis, 29.3.15)
Die NATO ist das größte Militärbündnis der Welt. Sie stellt zwischen 55 und 65 Prozent der weltweiten Militärausgaben: 900 bis 1.000 Mrd. US-Dollar. Über die eigenen Bündnisstrukturen hinaus, baut die NATO umfassende Kooperationen auf. Diese reichen von bilateralen Abkommen bis hin zu separaten multilateralen Strukturen. Werden NATO-Partner wie Israel und Japan einbezogen, entfallen bis zu 70 Prozent aller Militärausgaben auf diese Staaten. ...
Bis auf zwei Zeitabschnitte entfallen zwischen 60 und 70 Prozent der NATO-Ressourcen auf die USA. So brachten die USA im Verlauf des Korea-Krieges bis zu 77 Prozent der Militärausgaben auf. Eine rückläufige Entwicklung setzte die Clinton Administration in den 1990er Jahren durch. Das US-amerikanische Militärbudget belief sich auf 55 Prozent der NATO-Ausgaben. Durch die Kriegspolitik unter Georg Bush stiegen die Ausgaben jedoch wieder und erreichten 2010 ihren vorläufigen Höhepunkt mit knapp 700 Mrd. US-Dollar - circa 68 Prozent des NATO-Etats bzw. 40 Prozent aller weltweiten Militärausgaben. ...
In allen NATO-Staaten gehen die Militärausgaben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt seit den 1950er Jahren zurück. Seit Ende der 1990er Jahre vergeuden die NATO-Mitglieder ohne die USA im Durchschnitt weniger als zwei Prozent und ab 2010 weniger als 1,5 Prozent ihrer Wirtschaftskraft für militärische Zwecke. Über der zwei Prozent Marke liegen in Europa neben Großbritannien, Frankreich und der Türkei, die Krisenstaaten Estland, Portugal und Griechenland.
Auf einem deutlich höheren Niveau verläuft der Prozess in den USA langsamer bzw. kehrte sich unter den republikanischen Präsidenten Reagan in den 1980er sowie unter Bush jun. in den 2000er Jahren sogar um. ...
Wesentliche Ursache der höheren Militärausgaben ist die Realität, das Militär als ein zentrales außenpolitisches Machtinstrument einzusetzen. Dafür sind die US-amerikanischen Eliten in Teilen bereit, andere Bereiche der Gesellschaft wie die Gesundheitsversorgung zu vernachlässigen. ...
Im Rahmen der NATO-Sicherheitskonferenzen in München 2015 prallten beide Positionen aufeinander. Kernforderung der pro-Militär-Strömungen vor allem aus den USA war (wieder einmal) die Anhebung der Verteidigungsausgaben aller NATO-Staaten auf zwei Prozent zum BIP. Diese Höhe ist in den NATO-Strategiepapieren explizit festgeschrieben. Allein für Deutschland würde dies eine Erhöhung der Ausgaben um mehr als 15 Mrd. € bedeuten.
Hierbei sind auch die Diskussionen um Waffenlieferungen an die Ukraine sowie den Kampf gegen ISIS von zentraler Bedeutung. Sie dienen als ein Hebel um Erhöhungen der Militärausgaben durchzusetzen. Die Äußerungen von John McCain ("es ist [der Bundesregierung] egal, dass Menschen in der Ukraine abgeschlachtet werden.") und Victoria Nuland ("[Europa] fürchtet sich vor Schäden für ihre Wirtschaft") geben hier die Richtung vor. Dieser schließen sich vor allem Großbritannien, das militärische Ausbilder in die Ukraine entsenden will, sowie osteuropäische Staaten wie Polen und Estland bereitwillig an. ..." (Telepolis, 29.3.15)
• Oligarchen-Präsident will Ukraine "deoligarchisieren"
"Kampfansage aus Kiew: Der Präsident will die Oligarchen loswerden. Dabei gilt er selbst als einer.
Nach dem Rücktritt des ukrainischen Milliardärs Igor Kolomoiski als Gouverneur des Gebiets Dnipropetrowsk hat Präsident Petro Poroschenko den Oligarchen des Landes den Kampf angesagt. «Mein wichtigstes Ziel ist eine Entoligarchisierung des Landes», sagte Poroschenko dem Sender ICTV. ("The key position is deoligarchization of the country. ")
Während die Regierung Ordnung zu schaffen versuche, wollten die Oligarchen den Staat ins Chaos stürzen, kritisierte der Präsident dem Präsidialamt zufolge.
Das Entlassungsgesuch Kolomoiskis vom Mittwoch folgte auf die Besetzung von Energieunternehmen in Kiew durch bewaffnete Einheiten des Milliardärs und auf den Mord an einem Geheimdienstler. Beobachter werteten die Entwicklungen als Ausdruck eines Machtkampfes in der ukrainischen Führung.
Poroschenko wies dies im TV-Interview zurück. Kolomoiskis Rücktritt dürfe nicht als Zeichen eines Konflikts innerhalb der Führung der Ex-Sowjetrepublik gewertet werden, meinte er. Poroschenko ist Unternehmer und gilt selber als Oligarch. ..." (Tages-Anzeiger online, 28.3.15)
"Eine »Entoligarchisierung« des ukrainischen Staates kündigte dessen Präsident an. Das Vorhaben verspricht wenig Erfolg. Petro Poroschenko gehört doch mit seinen märchenhaften Gewinnen als Schoko-, Medien- und vor allem Rüstungsbaron selbst zu den Top Ten dieser Herrscher. Sie haben das Land wie Fürstentümer unter sich aufgeteilt und befehligen eigene Kampfverbände zweifelhaftester Ausrichtung.
An Poroschenko fiel nach der Vertreibung des Vorgängers zusätzlich die Zentralmacht. Damit kennt er sich aus. Er hatte deren wechselnden Spitzen Viktor Juschtschenko, Julia Timoschenko und auch Viktor Janukowitsch gedient. Nun ist er selber Chef und wünscht, das Errungene zu bewahren. ...
Poroschenko wird das Problem der Oligarchen-Herrschaft kaum lösen. Er selbst ist ein allzu wichtiger Teil davon." (Klaus Joachim Herrmann in Neues Deutschland, 30.3.15)
Nach dem Rücktritt des ukrainischen Milliardärs Igor Kolomoiski als Gouverneur des Gebiets Dnipropetrowsk hat Präsident Petro Poroschenko den Oligarchen des Landes den Kampf angesagt. «Mein wichtigstes Ziel ist eine Entoligarchisierung des Landes», sagte Poroschenko dem Sender ICTV. ("The key position is deoligarchization of the country. ")
Während die Regierung Ordnung zu schaffen versuche, wollten die Oligarchen den Staat ins Chaos stürzen, kritisierte der Präsident dem Präsidialamt zufolge.
Das Entlassungsgesuch Kolomoiskis vom Mittwoch folgte auf die Besetzung von Energieunternehmen in Kiew durch bewaffnete Einheiten des Milliardärs und auf den Mord an einem Geheimdienstler. Beobachter werteten die Entwicklungen als Ausdruck eines Machtkampfes in der ukrainischen Führung.
Poroschenko wies dies im TV-Interview zurück. Kolomoiskis Rücktritt dürfe nicht als Zeichen eines Konflikts innerhalb der Führung der Ex-Sowjetrepublik gewertet werden, meinte er. Poroschenko ist Unternehmer und gilt selber als Oligarch. ..." (Tages-Anzeiger online, 28.3.15)
"Eine »Entoligarchisierung« des ukrainischen Staates kündigte dessen Präsident an. Das Vorhaben verspricht wenig Erfolg. Petro Poroschenko gehört doch mit seinen märchenhaften Gewinnen als Schoko-, Medien- und vor allem Rüstungsbaron selbst zu den Top Ten dieser Herrscher. Sie haben das Land wie Fürstentümer unter sich aufgeteilt und befehligen eigene Kampfverbände zweifelhaftester Ausrichtung.
An Poroschenko fiel nach der Vertreibung des Vorgängers zusätzlich die Zentralmacht. Damit kennt er sich aus. Er hatte deren wechselnden Spitzen Viktor Juschtschenko, Julia Timoschenko und auch Viktor Janukowitsch gedient. Nun ist er selber Chef und wünscht, das Errungene zu bewahren. ...
Poroschenko wird das Problem der Oligarchen-Herrschaft kaum lösen. Er selbst ist ein allzu wichtiger Teil davon." (Klaus Joachim Herrmann in Neues Deutschland, 30.3.15)
• Abgesetzter Oligarchen-Gouverneur sieht sich als Opfer
"Der
als Gouverneur zurückgetretene Oligarch Kolomoisky, Finanzier des
Rechten Sektors, macht in einem Interview die verfahrene Situation in
der Ukraine klar
...
Offenbar hatte der Oligarch, der mit dem Rechten Sektor und dessen Führer Dmitri Jarosch kooperierte und einige Freiwilligenverbände mit mehreren tausend Mann finanziert, die wichtige Beiträge zu den Kämpfen in der Ostukraine leisteten, seine Macht überreizt. Unter welchen Bedingungen er akzeptiert hatte, von seinem Posten zurückzutreten, ist nicht bekannt. Angeblich sollten die Milizen sich entweder in die Armee eingliedern oder sich auflösen, sich jedenfalls aber aus dem Kampfgebiet zurückziehen. Die Entscheidung wäre verständlich, weil Oligarchen, die über eine Privatarmee verfügen, kaum mit einem demokratischen Rechtstaat vereinbar wären. Vermutlich aber ist in letzter Zeit der Druck auch aus dem zahlenden Ausland größer geworden, die Milizen unter Kontrolle zu kriegen.
Klar ist aber, dass der Konflikt noch keineswegs gelöst ist. Noch verfügt Kolomoisky über seine bewaffneten Milizen und weiß den Rechten Sektor auf seiner Seite. ...
Kolomoisky, der sich den größten Patrioten nennt, hat inzwischen der Washington Post ein Interview gegeben und erklärt, dass die Konflikte im Regierungslager dazu geführt hätten, dass Opfer gebracht werden müssen. Er also versteht sich als Opfer der politischen Grabenkämpfe im Regierungslager vor allem zwischen Block Poroschenko und der Volksfront von Jazenjuk. Zurückgetreten sei er schließlich wegen des Medienrummels und der Sorge, dass man ihn des Separatismus bezichtigen könne. Er habe die Situation beruhigen wollen. Poroschenko habe nichts Schlechtes gemacht, hingegen hätten er und seine Angestellten vielleicht Schlechtes gemacht, "weil wir eine solche unabhängige Position" hatten, er meint wohl unabhängig im Hinblick auf die Regierungsparteien. Er sei als Gouverneur der Angestellte von Poroschenko gewesen und habe auf gleicher Höhe mit ihm gehandelt: "Und das für ihn unangenehm." ...
Das Interview macht deutlich, wie schwer es sein wird, aus der Ukraine eine Demokratie zu machen. Kolomoisky macht sich klein. Er werde Poroschenko unterstützen, ein anderes Land aufzubauen. Die größte Gefahr käme aber nicht von außen, sondern aus "seinem inneren Kreis". Näheres sagte er nicht. Er selbst werde in der Politik nicht mehr aktiv sein (es reicht ja auch aus, als Oligarch die Fäden im Hintergrund zu zehen). Er werde die Menschen beruhigen, den neuen Gouverneur einführen und sagen, es gebe halt eine politische Veränderung: "Und wir werden versuchen, sie zu überzeugen, dass alles gut werden wird." Besser kann man nicht sagen, was man vom Volk und der Demokratie hält." (Telepolis, 28.3.15)
Siehe auch den Beitrag von Ulrich Heyden auf Telepolis vom 26.3.15: "Will der ukrainische Oligarch Kolomoiski nun auch eine "Republik"?"
...
Offenbar hatte der Oligarch, der mit dem Rechten Sektor und dessen Führer Dmitri Jarosch kooperierte und einige Freiwilligenverbände mit mehreren tausend Mann finanziert, die wichtige Beiträge zu den Kämpfen in der Ostukraine leisteten, seine Macht überreizt. Unter welchen Bedingungen er akzeptiert hatte, von seinem Posten zurückzutreten, ist nicht bekannt. Angeblich sollten die Milizen sich entweder in die Armee eingliedern oder sich auflösen, sich jedenfalls aber aus dem Kampfgebiet zurückziehen. Die Entscheidung wäre verständlich, weil Oligarchen, die über eine Privatarmee verfügen, kaum mit einem demokratischen Rechtstaat vereinbar wären. Vermutlich aber ist in letzter Zeit der Druck auch aus dem zahlenden Ausland größer geworden, die Milizen unter Kontrolle zu kriegen.
Klar ist aber, dass der Konflikt noch keineswegs gelöst ist. Noch verfügt Kolomoisky über seine bewaffneten Milizen und weiß den Rechten Sektor auf seiner Seite. ...
Kolomoisky, der sich den größten Patrioten nennt, hat inzwischen der Washington Post ein Interview gegeben und erklärt, dass die Konflikte im Regierungslager dazu geführt hätten, dass Opfer gebracht werden müssen. Er also versteht sich als Opfer der politischen Grabenkämpfe im Regierungslager vor allem zwischen Block Poroschenko und der Volksfront von Jazenjuk. Zurückgetreten sei er schließlich wegen des Medienrummels und der Sorge, dass man ihn des Separatismus bezichtigen könne. Er habe die Situation beruhigen wollen. Poroschenko habe nichts Schlechtes gemacht, hingegen hätten er und seine Angestellten vielleicht Schlechtes gemacht, "weil wir eine solche unabhängige Position" hatten, er meint wohl unabhängig im Hinblick auf die Regierungsparteien. Er sei als Gouverneur der Angestellte von Poroschenko gewesen und habe auf gleicher Höhe mit ihm gehandelt: "Und das für ihn unangenehm." ...
Das Interview macht deutlich, wie schwer es sein wird, aus der Ukraine eine Demokratie zu machen. Kolomoisky macht sich klein. Er werde Poroschenko unterstützen, ein anderes Land aufzubauen. Die größte Gefahr käme aber nicht von außen, sondern aus "seinem inneren Kreis". Näheres sagte er nicht. Er selbst werde in der Politik nicht mehr aktiv sein (es reicht ja auch aus, als Oligarch die Fäden im Hintergrund zu zehen). Er werde die Menschen beruhigen, den neuen Gouverneur einführen und sagen, es gebe halt eine politische Veränderung: "Und wir werden versuchen, sie zu überzeugen, dass alles gut werden wird." Besser kann man nicht sagen, was man vom Volk und der Demokratie hält." (Telepolis, 28.3.15)
Siehe auch den Beitrag von Ulrich Heyden auf Telepolis vom 26.3.15: "Will der ukrainische Oligarch Kolomoiski nun auch eine "Republik"?"
• Klitschko in Osnabrück nicht ohne Protest und Widerspruch
"Bei
den Osnabrücker Friedensgesprächen ging es am Donnerstagabend um die
Ukraine. Zu Gast war mit dem Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko ein
genauso prominenter wie umstrittener Akteur
... Vor dem Rathaus und vor der Osnabrück-Halle gab es derweil Proteste gegen Klitschko u.a. von örtlichen Friedensinitiativen. Sie erinnerten an die ermordeten Maidangegner von Odessa. Andrej Jusow, ein Politiker aus Klitschkos UDAR, habe am 2. Mai zu Gewalt gegen den örtlichen Anti-Maidan aufgerufen, kritisierten sie. Ein Video-Beweis dafür sei etwa in dem Dokumentarfilm "Lauffeuer" zu sehen.
Ein anwesender Überlebender des Brandanschlags trug den Vorwurf gegen Klitschkos Parteikollegen später auch in der Diskussion vor. Der Kiewer Bürgermeister wies die Vorwürfe zurück. Jusow sei eng mit einem Juden befreundet und könne daher kein Nazi sein, sagte der frühere Boxweltmeister. ...
Als entgegengesetzte Stimme saß Reinhard Lauterbach auf dem Podium. Der frühere ARD-Osteuropakorrespondent setzte bei seiner Analyse etwas früher an: Der Euromaidan war nur zum Teil ein pro-europäischer Aufstand der Zivilgesellschaft. Er sei auch sehr schnell nationalistisch und anti-russisch aufgeladen worden. Rechte Gruppen hätten polarisiert in Ukrainer und "Moskals" - eine Beleidigung für angeblich moskautreue Ost- und Südukrainer.
Lauterbach berichtete von Plakaten auf dem Maidan, die das Russische als "Sprache der Okkupanten" bezeichneten. "Solche Plakate habe ich nicht gesehen", wendete Klitschko ein. "Ich schicke Ihnen gern meine Fotos davon", bot Lauterbach im Gegenzug an. ...
Nazis auf dem Maidan seien ein Propagandamärchen, sagte Klitschko. "In jedem Land gibt es Rechtsextreme. Die russische Propaganda macht aus einer Mücke einen Elefanten." Faschisten hätten keine Bedeutung oder Macht in der Ukraine.
Lauterbach konterte, die Nazis seien schon tief in die Sicherheitsstrukturen der Ukraine eingedrungen. Selbst auf Nachfrage aus dem Publikum behauptete Vitali Klitschko jedoch, Wadim Trojan, den Rechtsradikalen und neuen Chef der Polizeikräfte in der Region Kiew, nicht zu kennen (Von der rechtsextremen Miliz Asow zum Polizeichef). ...
Erneut kippte Lauterbach Wasser in den Wein: Die EU helfe der ukrainischen Wirtschaft mit dem Assoziierungsabkommen gar nicht. In der EU gebe es kein Interesse an neuen wirtschaftlichen Konkurrenten. So wird es keine EU-Wirtschaftshilfe für die potenziell leistungsstarke ukrainische Landwirtschaft oder den Flugzeugbau (Antonow-Werke) geben, sagte der in Polen lebende Korrespondent.
Der entwickelte Teil der ukrainischen Wirtschaft lebte bislang vom Handel mit Russland. Für das Abkommen mit der EU hätte Janukowitsch diesen Teil "in die Tonne treten" müssen. "Das wäre politischer Selbstmord gewesen." Deswegen wollte er nicht unterschreiben. Das "Entweder Assoziierung oder Zollunion" der EU habe zur Eskalation beigetragen – genau wie die unkritische Unterstützung des Maidan durch westliche Politiker.
In der Fragerunde des Plenums kam es durch die große Mehrheit der Fragesteller zu scharfer Kritik an Klitschko. Er habe mit Faschisten zusammengearbeitet und einen Staatsstreich mitorganisiert. Der Maidan sei schwerer Landfriedensbruch gewesen. Für die Tausenden von Toten in der Ostukraine sei er mitverantwortlich. Klitschko gehöre nicht auf dieses Podium, sondern auf die Anklagebank eines Gerichts, sagte eine Frau. "Dies hier ist kein Tribunal", betonte der Moderator erneut. ..." (Telepolis, 28.3.15)
... Vor dem Rathaus und vor der Osnabrück-Halle gab es derweil Proteste gegen Klitschko u.a. von örtlichen Friedensinitiativen. Sie erinnerten an die ermordeten Maidangegner von Odessa. Andrej Jusow, ein Politiker aus Klitschkos UDAR, habe am 2. Mai zu Gewalt gegen den örtlichen Anti-Maidan aufgerufen, kritisierten sie. Ein Video-Beweis dafür sei etwa in dem Dokumentarfilm "Lauffeuer" zu sehen.
Ein anwesender Überlebender des Brandanschlags trug den Vorwurf gegen Klitschkos Parteikollegen später auch in der Diskussion vor. Der Kiewer Bürgermeister wies die Vorwürfe zurück. Jusow sei eng mit einem Juden befreundet und könne daher kein Nazi sein, sagte der frühere Boxweltmeister. ...
Als entgegengesetzte Stimme saß Reinhard Lauterbach auf dem Podium. Der frühere ARD-Osteuropakorrespondent setzte bei seiner Analyse etwas früher an: Der Euromaidan war nur zum Teil ein pro-europäischer Aufstand der Zivilgesellschaft. Er sei auch sehr schnell nationalistisch und anti-russisch aufgeladen worden. Rechte Gruppen hätten polarisiert in Ukrainer und "Moskals" - eine Beleidigung für angeblich moskautreue Ost- und Südukrainer.
Lauterbach berichtete von Plakaten auf dem Maidan, die das Russische als "Sprache der Okkupanten" bezeichneten. "Solche Plakate habe ich nicht gesehen", wendete Klitschko ein. "Ich schicke Ihnen gern meine Fotos davon", bot Lauterbach im Gegenzug an. ...
Nazis auf dem Maidan seien ein Propagandamärchen, sagte Klitschko. "In jedem Land gibt es Rechtsextreme. Die russische Propaganda macht aus einer Mücke einen Elefanten." Faschisten hätten keine Bedeutung oder Macht in der Ukraine.
Lauterbach konterte, die Nazis seien schon tief in die Sicherheitsstrukturen der Ukraine eingedrungen. Selbst auf Nachfrage aus dem Publikum behauptete Vitali Klitschko jedoch, Wadim Trojan, den Rechtsradikalen und neuen Chef der Polizeikräfte in der Region Kiew, nicht zu kennen (Von der rechtsextremen Miliz Asow zum Polizeichef). ...
Erneut kippte Lauterbach Wasser in den Wein: Die EU helfe der ukrainischen Wirtschaft mit dem Assoziierungsabkommen gar nicht. In der EU gebe es kein Interesse an neuen wirtschaftlichen Konkurrenten. So wird es keine EU-Wirtschaftshilfe für die potenziell leistungsstarke ukrainische Landwirtschaft oder den Flugzeugbau (Antonow-Werke) geben, sagte der in Polen lebende Korrespondent.
Der entwickelte Teil der ukrainischen Wirtschaft lebte bislang vom Handel mit Russland. Für das Abkommen mit der EU hätte Janukowitsch diesen Teil "in die Tonne treten" müssen. "Das wäre politischer Selbstmord gewesen." Deswegen wollte er nicht unterschreiben. Das "Entweder Assoziierung oder Zollunion" der EU habe zur Eskalation beigetragen – genau wie die unkritische Unterstützung des Maidan durch westliche Politiker.
In der Fragerunde des Plenums kam es durch die große Mehrheit der Fragesteller zu scharfer Kritik an Klitschko. Er habe mit Faschisten zusammengearbeitet und einen Staatsstreich mitorganisiert. Der Maidan sei schwerer Landfriedensbruch gewesen. Für die Tausenden von Toten in der Ostukraine sei er mitverantwortlich. Klitschko gehöre nicht auf dieses Podium, sondern auf die Anklagebank eines Gerichts, sagte eine Frau. "Dies hier ist kein Tribunal", betonte der Moderator erneut. ..." (Telepolis, 28.3.15)
• Ukraine-EU-Gipfel am 27. April
"Der
ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat für den 27. April ein
Gipfeltreffen mit ranghohen Vertretern der Europäischen Union
angekündigt. Den Termin habe er in einem Telefonat mit
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker festgelegt, teilte
Poroschenko am Samstag mit. ...
Poroschenkos Regierung strebt gegen den Widerstand Russlands eine Annäherung der Ukraine an die EU mit der Perspektive auf einen Beitritt an. Im Konflikt zwischen der ukrainischen Regierung und den prorussischen Rebellen im Osten des Landes steht die EU an der Seite Kiews." (Wiener Zeitung online, 28.3.15)
Poroschenkos Regierung strebt gegen den Widerstand Russlands eine Annäherung der Ukraine an die EU mit der Perspektive auf einen Beitritt an. Im Konflikt zwischen der ukrainischen Regierung und den prorussischen Rebellen im Osten des Landes steht die EU an der Seite Kiews." (Wiener Zeitung online, 28.3.15)
Der SPD-Politiker Egon Bahr wurde auf der Festveranstaltung des Deutsch-Russischen Forums am 26.3.15 in Berlin mit dem Dr. Friedrich Joseph Haass-Preis ausgezeichnet. In seiner Rede dazu schlug Bahr u.a. eine "europäischen Verantwortungsgemeinschaft mit Moskau und Washington" vor.
"... Bahr selbst hatte in einem Interview vor der Preisverleihung bekannt: »Ich bin alarmiert, weil nicht auszuschließen ist, dass wir mit den Trümmern der deutschen Ostpolitik konfrontiert werden könnten und bewährte Zusammenarbeit durch Konfrontation abgelöst wird.« In seiner Dankesrede wollte er jedoch nicht auf die »durchaus beunruhigenden täglichen Meldungen« aus der Ukraine, Russland oder den USA eingehen. Er schlug große Bögen von der Ostpolitik zu Zeiten des Kalten Krieges, zur heutigen globalen Situation und den Beziehungen im Dreieck Russland-EU-USA. Die Globalmacht USA werde auch künftig eine »Politik der freien Hand« verfolgen, um ihren Einfluss zu vergrößern, prophezeite er illusionslos. Ihr »Sendungsbewusstsein« sei nicht verhandelbar. So wie es Brandts Ostpolitik ohne Rückendeckung aus Washington nicht gegeben hätte, seien die USA heute als Partner unentbehrlich.
Unverrückbar bleibe aber auch Russland der große Nachbar im Osten: »Wir können Russland nicht aufgeben, weil es Amerika nicht gefällt«. Und »Russland in die Knie zwingen zu wollen, das ist blanker Unsinn«, sagte Bahr ...
Die Annexion der Krim durch Russland sei eine Verletzung internationalen Rechts, die nicht anerkannt werden könne. Bahr erinnerte aber an die Erklärung Brandts, dass die DDR für ihn nicht Ausland sein könne, und dennoch habe er sie als Realität und als Staat respektiert. So wäre die Respektierung der russischen Krim gleichfalls nur die Anerkennung der Realität. ..." (Neues Deutschland, 28.3.15, S. 7)
• Bundestagsmehrheit für Assoziierungsabkommen
"Der Bundestag hat das umstrittene Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine am Donnerstag mit großer Mehrheit gebilligt. Die beiden Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die Grünen stimmten dafür, die LINKE dagegen. Anschließend segnete das Parlament auch die Assoziierungsabkommen der EU mit Georgien und der Republik Moldau ab.
Zuvor hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Politik der Osterweiterung verteidigt. »Die Nachbarschaftspolitik der EU ist gegen niemanden gerichtet. Wir wollen gute Zusammenarbeit nicht nur mit unseren Nachbarn, sondern auch mit unseren Nachbarn der Nachbarn.« Der SPD-Politiker versicherte, die Hand der EU bleibe »auch gegenüber Russland ausgestreckt«.
Als nächstes ist nun der Bundesrat am Zug. Die Länderkammer wird vermutlich am 8. Mai zustimmen. Anschließend muss noch Bundespräsident Joachim Gauck unterschreiben, damit die Ratifizierung durch Deutschland endgültig werden kann. ...
Die Linkspartei im Bundestag begründete ihr Nein damit, dass die Abkommen auch eine »militärische Dimension« hätten. Der LINKE-Außenpolitiker Andrej Hunko machte den Westen für den Konflikt mit Russland verantwortlich, weil er die Osterweiterung von EU und NATO vorangetrieben habe. »Die Assoziierungsabkommen sind ein Teil dieser Osterweiterung«, sagte Hunko im Bundestagsplenum. Außerdem werde darin ein »radikal neoliberales« Wirtschaftsmodell festgeschrieben.
Das Abkommen mit der Ukraine sieht einen fast hundertprozentigen Verzicht beider Seiten auf Zölle für Handelswaren vor. Die Ukraine passt ihre Vorschriften an die der EU an, um den Handel zu erleichtern. Die Ansiedlung von Unternehmen wird erleichtert, der freie Kapitalverkehr garantiert, öffentliche Ausschreibungen für die jeweils andere Seite geöffnet und das Urheberrecht anerkannt. ..." (Neues Deutschland, 27.3.15)
• Putin: NATO will Kräfteverhältnis in Europa verändern
"Russlands Präsident Wladimir Putin hat der NATO erneut vorgeworfen, das militärische Kräfteverhältnis in Europa zu ihren Gunsten ändern zu wollen. Das atomare Gleichgewicht sei in Gefahr, zudem bemerke Russland eine Aufrüstung im All, sagte er am Donnerstag bei einem Treffen mit der Führung des Inlandsgeheimdienstes FSB in Moskau. »Es ist aber noch niemandem gelungen, uns einzuschüchtern oder auf uns Druck auszuüben.« Die Führung in Moskau werde auf solche Versuche gebührend antworten. »Die Lage wird sich nur zu unseren Gunsten ändern, wenn wir stärker sind«, sagte Putin.
Ebenfalls eine harte Reaktion wurde auf eine mögliche Ausrüstung der Ukraine mit westlichen Waffen nach der Lieferung erster ungepanzerter US-Militärgeländewagen an Kiew von Moskau angekündigt. »Waffenlieferungen aus den USA an die Ukraine bedrohen die brüchige Feuerpause im Donbass und gefährden direkt die Sicherheit Russlands«, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch. Russland werde aufrüsten, sollte dies geschehen. ..." (Neues Deutschland, 27.3.15)
• US-Politiker wollen weiter Krieg in der Ukraine
"... In der US-amerikanischen politischen Klasse dominiert der Drang, beim "hybriden" Krieg um die Ukraine die militärische Komponente zu stärken und so auch die geopolitische Konfrontation mit Russland zu verschärfen. Mit einem "großen" oder gar atomaren militärischen Konflikt zwischen Moskau und Washington wird offenbar nicht kalkuliert, wohl aber mit einer Fortdauer der Gewalt in der Ukraine und weiteren Sanktionen gegen die russische Ökonomie. Dass so Differenzen zwischen der US-amerikanischen Russlandpolitik und der etlicher EU-Staaten, vor allem auch der Bundesrepublik, sich verfestigen, beunruhigt die SupermUSAacht nicht; einen Dämpfer für europäische Eigenwilligkeiten hat sie offenbar einkalkuliert. Weshalb denken US-Politiker so?
Dass der Kampfplatz Ukraine bedrängende Folgen für ihre eigene Gesellschaft hat, müssen sie nicht befürchten, Kiew liegt weit ab von Washington. Auf dauerhaften Austausch mit Russland ist die US-amerikanische Wirtschaft - anders als die der Bundesrepublik - nicht angewiesen; auf russische Energieangebote auch nicht, die will sie ja gerade vom europäischen Markt verdrängen. Negative Effekte der Sanktionen für die Sanktionäre betreffen nicht die USA. Die Kosten für den Unterhalt des Kampfplatzes Ukraine und der konfrontativen Russlandpolitik sollen überwiegend zahlungskräftige EU-Staaten übernehmen. ...
In der US-amerikanischen Gedankenwelt grassiert die Erwartung, in Moskau komme so Regime Change in Gang, eine Art neuer Jelzin werde dann in den Kreml einrücken, Russland als geopolitischer Konkurrent der USA und möglicher Dauerpartner Chinas seine Bedeutung verlieren. ...
Fazit: Die Menschen im ukrainischen Terrain, ob der Kiewer Regierung oder den Separatisten zuneigend, haben mit zivilen Verhältnissen nicht zu rechnen. Sie bleiben Opfer einer Politik, die Gewalt, in unterschiedlichen Formen, für das Natürlichste im Weltgeschehen hält." (Arno Klönne auf Telepolis, 26.3.15)
→ hier geht's zu Folge 179
→ alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen
→ die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine
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