Willy Wimmer stellt in einem Beitrag im Online-Magazin Cashkurs vom 7.4.15 fest: Der Westen verspielt den Frieden in Europa. Er schreibt u.a.: "In
diesen beiden Jahren 2014 und 2015 zieht wieder der ganze Schrecken des
vergangenen Jahrhunderts an uns vorüber. Es sind die Jahreszahlen, die
von den Verheerungen künden: 1914 und 1919, 1939 und 1945. Es ist eine
fürchterliche Abfolge von Ereignissen, die man fortschreiben könnte,
weil sie bis heute und weit in die Zukunft unser Leben bestimmen. In
diesem kalenderbestimmten Elendszug gab es einen Lichtblick und das
waren die beiden Jahre 1989 und 1990. Beide ein guter Anlass sich nicht
nur festlich zu erinnern, sondern die damals empfangenen Talente im
biblischen Sinne zu mehren. Natürlich ein Grund zu feiern, alleine schon
wegen der Auswirkungen auf uns, die Deutschen. Vielmehr aber für den
geschundenen Kontinent, für den das verheißungsvolle Bild vom
„gemeinsamen Haus Europa“ mehr zu sein schien, als nur eine vage Utopie.
Verhandeln, statt zu schießen und zu töten, das schien plötzlich
möglich zu sein. Heute, wo wir feiern müssten, kann allerdings nur eines
festgestellt werden: Aus dumpf-dreister Arroganz wird alles
unternommen, die Erinnerung an 1990 und 1989 verblassen zu lassen. Wir
sind, wenn wir die von uns wesentlich mitgestaltete Politik seit dieser
Zeitenwende Revue passieren lassen, den Möglichkeiten nicht gerecht
geworden, die sich aus diesem weltpolitischen Umbruch ergeben hatten. Im
Gegenteil: wir sind mitten darin, sie nach Kräften zu verraten. Wie der
völkerrechtswidrige Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien und der
Bürgerkrieg in der Ukraine nachdrücklich gezeigt haben, sind das
Schießen und damit der Tod wieder die bestimmende Perspektive in Europa
geworden. ...
Ganz Europa hält die Luft an, wenn an Minsk II zu denken ist. Europa hat nicht die Probleme gelöst sondern nur Zeit gekauft. Zeit, die zwischen uns und einem möglichen Kriegsausbruch größerer Art in Europa liegt. Es ist die hohe Zeit der Propaganda und man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Dieses Staunen bezieht sich auf das deutsche und westliche Vorgehen in Sachen Ukraine seit Jahr und Tag, das in dem schändlichen Schweigen und der verwerflichen Untätigkeit in Sachen Maidan-Massaker, Brandopfer im Gewerkschaftshaus von Odessa und Verhalten in Zusammenhang mit den hunderten von Toten beim Absturz der malaysischen Maschine über dem Territorium der Ukraine gipfelte. Ganz zu schweigen von dem Sturz einer zuvor noch verhandlungswürdigen und zudem frei gewählten ukrainischen Regierung, gegen die von innen und außen geputscht worden war. Der Westen hat nicht nur gezündelt, daß es so gekracht hat. Nach deutschen Pressebildern bleibt das angebliche Auftreten amerikanischen Söldner in der Ostukraine in nachhaltiger Erinnerung, die die Ostukraine im Frühjahr 2014 nach Kräften aufgemischt haben. Aber eine westliche und damit auch deutsche Verhaltensweise in diesem Zusammenhang ruft politisches Entsetzen hervor. Die Fähigkeit nämlich, bei russischem Vorgehen das vorgeschaltete eigene Tun völlig vergessen zu machen. Es müßte den Verantwortlichen in Berlin doch zu denken geben, was die ehemaligen Bundeskanzler oder langjährige Brüsseler Größen zu der verheerenden westlichen Politik gegenüber der Russischen Föderation öffentlich haben verlautbaren lassen.
Was soll man in Moskau eigentlich denken, wenn man den Herrn Bundespräsidenten in Polen reden hört? Was soll man in Moskau tun, wenn nur eines nach Ende des Kalten Krieges eindeutig in klar ist: die kalte Schulter gilt Moskau und der Russischen Föderation, dem heutigen Russland. Man kann doch die Entwicklung seit 1992 nachvollziehen. Man wollte und will die Russen nicht am europäischen Tisch sitzen haben und schon gar nicht in einer eigenen Wohnung im gemeinsamen „Haus Europa“. Heute sind wegen der von uns im Westen konsequent verfolgten Politik nur zwei Dinge klar: in dem Land, das einfach nicht dazugehören darf, stellt man sich auf diese Lage ein und die Verwerfungen bleiben innerstaatlich dann nicht aus. Das ist aber bei uns auch nicht anders, wie wir an den ständigen Aufforderungen zu höheren Militärausgaben durch die letzten beiden NATO-Generalsekretäre feststellen können. Nachdem die Menschen in Westeuropa durch die in den USA in Gang gesetzte Enteignungspolitik nur noch ärmer gemacht worden sind, soll jetzt das letzte Hemd für höhere Militärausgaben ausgezogen werden, die durch uns selbst verursacht worden sind. ..."
Ich finde Wimmers Warnung bemerkens- und bedenkenswert, wichtig und gut. Deshalb habe ich sie auch so ausführlich zitiert. Aber ich habe dazu folgende Anmerkungen: Ich hatte 1989/90 im Gegensatz zu Wimmer keine Illusionen ob des möglichen allumfassenden Frieden im "Haus Europa". Zu klar war bereits damals, dass die eine Seite gesiegt hat und sich als Sieger aufführen wird, der allein seine Interessen durch- und umsetzen wird. Und diese Interessen, angefangen beim Profit, für den auch Krieg geführt wird, werden bis heute durchgesetzt, mit allen Mitteln. "It's capitalism, stupid", ließe sich Wimmer sagen, den ich aber nicht als dumm bezeichnen würde. Und es gibt keine tatsächliche Gegenkraft mehr, die zumindest bremst ... Das wurde selbst in der FAZ schon bemerkt, auf deren Seite 1 am 2. Januar 2008 zu lesen war: "Manchem wird erst jetzt bewusst, wie sehr die Konkurrenz des Kommunismus, solange sie bestand, auch den Kapitalismus gebändigt hat." Das bestätigte gewissermaßen andersrum Robert J. Eaton, Ex-Vorstandsvorsitzender des Ex-Konzerns DaimlerChrysler, als er am 1.7.1999 in Berlin über den globalen Kapitalismus mit Blick auf die Ereignisse 1989/90 in Europa sagte: "Das, was wir heute 'globalen Kapitalismus' nennen, war von der Leine gelassen, und nichts konnte ihn mehr aufhalten.
Das ist die Kernbotschaft meiner Ausführungen: Nichts kann den globalen Kapitalismus mehr aufhalten!
Menschen, Unternehmen, selbst Regierungen können es versuchen. Sie können versuchen, ihn für ihre Interessen zu instrumentalisieren. Sie können versuchen, die mit ihm verbundenen Verpflichtungen zu begrenzen und die Sanktionen und Lasten zu vermeiden. Aber es wird ihnen nicht gelingen." So was führt zu so was ...
Und noch etwas Passendes dazu: Dieter Senghaas schrieb bereits vor mehr als 40 Jahren in seinem Vorwort zu Ellsbergs 1973 auch in deutsch veröffentlichtem Buch "Papers on the war" von 1972 ("Ich erkläre den Krieg") Folgendes: "Wie Ellsberg betont, sind die USA in den Vietnam-Krieg nicht einfach hineingeschlittert, und die amerikanische Eskalation ist nicht das Produkt blinder Besessenheit. Von Anfang an war die langfristige Perspektive für die US-Außenpolitik, die gleichzeitig immer auch als Außenwirtschaftspolitik zu begreifen ist, klar, wie schwierig ihre Konkretisierung in der Tagespolitik sich auch darstellte: Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten als einzige aus dem Zweiten Weltkrieg intakt hervorgegangene kapitalistische Großmacht in Wahrnehmung gesamtkapitalistischer Interessen der drohenden Ausweitung der seit 1917 und 1949 der internationalen Bourgeoisie laufend zugefügten Verluste an politischem Terrain ein für alle Mal Einhalt zu gebieten. Ihre in jeder Hinsicht ernstgemeinte konter-revolutionäre Politik rund um den Erdball, einschließlich ihrer Politik der Beförderung gesellschaftspolitischer Restauration in West- und Südeuropa nach 1945, war auf diese strategische Stoßrichtung inhaltlich eingeschworen: auf die Konsolidierung des internationalen gesellschaftspolitischen Status quo." Diese Aufgabe hatte sich mit 1989/90 nicht erledigt. Wer auf Anderes hoffte, folgte und folgt einer Illusion, auch wenn diese verständlich ist.
Eine letzte Anmerkung dazu: Der Philosoph Elmar Treptow, schrieb in seinem 2012 erschienenen Buch "Die widersprüchliche Gerechtigkeit im Kapitalismus - Eine philosophisch-ökonomische Kritik": "Zu den Kämpfen mit außerökonomischen Mitteln kommt es regelmäßig nicht nur innerhalb der kapitalistischen Länder, sondern auch zwischen den Ländern, die mehr oder weniger kapitalistisch resp. ungleichmäßig entwickelt sind. Alle Nationen sind zwar formal gleichberechtigt, aber die großen und reichen Nationen sind die Mächte, die sich in den Konfrontationen auf dem Globus durchsetzen. ...
Unter den Voraussetzungen des Kapitalismus herrscht permanente Friedlosigkeit. Das zeigen die Theorie und die Praxis des Kapitalismus in Geschichte und Gegenwart, einschließlich des Imperialismus damals und heute. Seit Jahrhunderten versuchen die kapitalistischen Länder, ihr System anderen Ländern aufzuzwingen, und zwar durch ökonomische Vorherrschaft, politische Gleichschaltung, kulturelle Bevormundung und militärische Gewalt. Dass Imperialismus und Demokratie sich nicht ausschließen, wurde seit dem Vietnam-Krieg deutlicher als je zuvor." (S. 20f.)
All das gehört auch zum Ukraine-Konflikt und dem von den US-Vasallen in Kiew geführten Krieg in der Ostukraine.
Ganz Europa hält die Luft an, wenn an Minsk II zu denken ist. Europa hat nicht die Probleme gelöst sondern nur Zeit gekauft. Zeit, die zwischen uns und einem möglichen Kriegsausbruch größerer Art in Europa liegt. Es ist die hohe Zeit der Propaganda und man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Dieses Staunen bezieht sich auf das deutsche und westliche Vorgehen in Sachen Ukraine seit Jahr und Tag, das in dem schändlichen Schweigen und der verwerflichen Untätigkeit in Sachen Maidan-Massaker, Brandopfer im Gewerkschaftshaus von Odessa und Verhalten in Zusammenhang mit den hunderten von Toten beim Absturz der malaysischen Maschine über dem Territorium der Ukraine gipfelte. Ganz zu schweigen von dem Sturz einer zuvor noch verhandlungswürdigen und zudem frei gewählten ukrainischen Regierung, gegen die von innen und außen geputscht worden war. Der Westen hat nicht nur gezündelt, daß es so gekracht hat. Nach deutschen Pressebildern bleibt das angebliche Auftreten amerikanischen Söldner in der Ostukraine in nachhaltiger Erinnerung, die die Ostukraine im Frühjahr 2014 nach Kräften aufgemischt haben. Aber eine westliche und damit auch deutsche Verhaltensweise in diesem Zusammenhang ruft politisches Entsetzen hervor. Die Fähigkeit nämlich, bei russischem Vorgehen das vorgeschaltete eigene Tun völlig vergessen zu machen. Es müßte den Verantwortlichen in Berlin doch zu denken geben, was die ehemaligen Bundeskanzler oder langjährige Brüsseler Größen zu der verheerenden westlichen Politik gegenüber der Russischen Föderation öffentlich haben verlautbaren lassen.
Was soll man in Moskau eigentlich denken, wenn man den Herrn Bundespräsidenten in Polen reden hört? Was soll man in Moskau tun, wenn nur eines nach Ende des Kalten Krieges eindeutig in klar ist: die kalte Schulter gilt Moskau und der Russischen Föderation, dem heutigen Russland. Man kann doch die Entwicklung seit 1992 nachvollziehen. Man wollte und will die Russen nicht am europäischen Tisch sitzen haben und schon gar nicht in einer eigenen Wohnung im gemeinsamen „Haus Europa“. Heute sind wegen der von uns im Westen konsequent verfolgten Politik nur zwei Dinge klar: in dem Land, das einfach nicht dazugehören darf, stellt man sich auf diese Lage ein und die Verwerfungen bleiben innerstaatlich dann nicht aus. Das ist aber bei uns auch nicht anders, wie wir an den ständigen Aufforderungen zu höheren Militärausgaben durch die letzten beiden NATO-Generalsekretäre feststellen können. Nachdem die Menschen in Westeuropa durch die in den USA in Gang gesetzte Enteignungspolitik nur noch ärmer gemacht worden sind, soll jetzt das letzte Hemd für höhere Militärausgaben ausgezogen werden, die durch uns selbst verursacht worden sind. ..."
Ich finde Wimmers Warnung bemerkens- und bedenkenswert, wichtig und gut. Deshalb habe ich sie auch so ausführlich zitiert. Aber ich habe dazu folgende Anmerkungen: Ich hatte 1989/90 im Gegensatz zu Wimmer keine Illusionen ob des möglichen allumfassenden Frieden im "Haus Europa". Zu klar war bereits damals, dass die eine Seite gesiegt hat und sich als Sieger aufführen wird, der allein seine Interessen durch- und umsetzen wird. Und diese Interessen, angefangen beim Profit, für den auch Krieg geführt wird, werden bis heute durchgesetzt, mit allen Mitteln. "It's capitalism, stupid", ließe sich Wimmer sagen, den ich aber nicht als dumm bezeichnen würde. Und es gibt keine tatsächliche Gegenkraft mehr, die zumindest bremst ... Das wurde selbst in der FAZ schon bemerkt, auf deren Seite 1 am 2. Januar 2008 zu lesen war: "Manchem wird erst jetzt bewusst, wie sehr die Konkurrenz des Kommunismus, solange sie bestand, auch den Kapitalismus gebändigt hat." Das bestätigte gewissermaßen andersrum Robert J. Eaton, Ex-Vorstandsvorsitzender des Ex-Konzerns DaimlerChrysler, als er am 1.7.1999 in Berlin über den globalen Kapitalismus mit Blick auf die Ereignisse 1989/90 in Europa sagte: "Das, was wir heute 'globalen Kapitalismus' nennen, war von der Leine gelassen, und nichts konnte ihn mehr aufhalten.
Das ist die Kernbotschaft meiner Ausführungen: Nichts kann den globalen Kapitalismus mehr aufhalten!
Menschen, Unternehmen, selbst Regierungen können es versuchen. Sie können versuchen, ihn für ihre Interessen zu instrumentalisieren. Sie können versuchen, die mit ihm verbundenen Verpflichtungen zu begrenzen und die Sanktionen und Lasten zu vermeiden. Aber es wird ihnen nicht gelingen." So was führt zu so was ...
Und noch etwas Passendes dazu: Dieter Senghaas schrieb bereits vor mehr als 40 Jahren in seinem Vorwort zu Ellsbergs 1973 auch in deutsch veröffentlichtem Buch "Papers on the war" von 1972 ("Ich erkläre den Krieg") Folgendes: "Wie Ellsberg betont, sind die USA in den Vietnam-Krieg nicht einfach hineingeschlittert, und die amerikanische Eskalation ist nicht das Produkt blinder Besessenheit. Von Anfang an war die langfristige Perspektive für die US-Außenpolitik, die gleichzeitig immer auch als Außenwirtschaftspolitik zu begreifen ist, klar, wie schwierig ihre Konkretisierung in der Tagespolitik sich auch darstellte: Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten als einzige aus dem Zweiten Weltkrieg intakt hervorgegangene kapitalistische Großmacht in Wahrnehmung gesamtkapitalistischer Interessen der drohenden Ausweitung der seit 1917 und 1949 der internationalen Bourgeoisie laufend zugefügten Verluste an politischem Terrain ein für alle Mal Einhalt zu gebieten. Ihre in jeder Hinsicht ernstgemeinte konter-revolutionäre Politik rund um den Erdball, einschließlich ihrer Politik der Beförderung gesellschaftspolitischer Restauration in West- und Südeuropa nach 1945, war auf diese strategische Stoßrichtung inhaltlich eingeschworen: auf die Konsolidierung des internationalen gesellschaftspolitischen Status quo." Diese Aufgabe hatte sich mit 1989/90 nicht erledigt. Wer auf Anderes hoffte, folgte und folgt einer Illusion, auch wenn diese verständlich ist.
Eine letzte Anmerkung dazu: Der Philosoph Elmar Treptow, schrieb in seinem 2012 erschienenen Buch "Die widersprüchliche Gerechtigkeit im Kapitalismus - Eine philosophisch-ökonomische Kritik": "Zu den Kämpfen mit außerökonomischen Mitteln kommt es regelmäßig nicht nur innerhalb der kapitalistischen Länder, sondern auch zwischen den Ländern, die mehr oder weniger kapitalistisch resp. ungleichmäßig entwickelt sind. Alle Nationen sind zwar formal gleichberechtigt, aber die großen und reichen Nationen sind die Mächte, die sich in den Konfrontationen auf dem Globus durchsetzen. ...
Unter den Voraussetzungen des Kapitalismus herrscht permanente Friedlosigkeit. Das zeigen die Theorie und die Praxis des Kapitalismus in Geschichte und Gegenwart, einschließlich des Imperialismus damals und heute. Seit Jahrhunderten versuchen die kapitalistischen Länder, ihr System anderen Ländern aufzuzwingen, und zwar durch ökonomische Vorherrschaft, politische Gleichschaltung, kulturelle Bevormundung und militärische Gewalt. Dass Imperialismus und Demokratie sich nicht ausschließen, wurde seit dem Vietnam-Krieg deutlicher als je zuvor." (S. 20f.)
All das gehört auch zum Ukraine-Konflikt und dem von den US-Vasallen in Kiew geführten Krieg in der Ostukraine.
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