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Montag, 26. Januar 2015

Nachrichtenmosaik Ukraine Folge 129

Gesammelte Nachrichten und Informationen zu den Ereignissen in der Ukraine und deren Hintergründen, ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit und fast ohne Kommentar

• EU-Hilfslieferungen für Ostukraine
"Drei Flugzeuge mit Hilfsgütern für die notleidende Bevölkerung in der Ostukraine sollen am Dienstag von Leipzig aus nach Dnipropetrowsk (Dnjepropetrovsk) starten. An Bord seien Zelte, Decken, Schlafsäcke und warme Kleidung, erklärte die EU-Kommission am Montag in Brüssel. Zudem sollten bereits in den kommenden Stunden Lastwagen in der Ostukraine ankommen, teilte die Behörde weiter mit.
Auf dem Luft- und dem Landweg würden insgesamt 85 Tonnen Hilfsgüter transportiert. Die Hilfslieferungen werden von der Kommission und mehreren EU-Mitgliedstaaten gemeinsam organisiert. Unter den neun Ländern, die Güter zur Verfügung stellen, sind Deutschland, Frankreich und Österreich. Mit dem Einsatz Österreichs sollen Zelte mit Heizungen ausgestattet werden und 500 Personen so versorgt werden können.
Zusätzlich stockte die EU-Kommission ihre finanzielle humanitäre Hilfe für die Ukraine um 15 Millionen Euro auf, wie sie weiter mitteilte. Damit steigt die finanzielle humanitäre Hilfe der Kommission, die aus dem europäischen Gemeinschaftshaushalt kommt, sowie der EU-Regierungen zusammengenommen auf 95 Millionen Euro. Die Kosten für die Hilfslieferungen per Flugzeug und Lkw sind darin nicht enthalten. ..." (Der Standard online, 26.1.15)
Die österreichische Tageszeitung Der Standard hat in ihrer Onlineausgabe am 24.1.15 eine Reportage von Rosa Winkler-Hermaden aus Charkiw über Flüchtlinge aus der Ostukraine veröffentlicht: "Igor soll nicht weinen"

• Die Bereitschaft zu schärferen Sanktionen gegen Russland wächst
"... Nach dem Tod von mehr als 30 Zivilisten bei einem Raketenbeschuss der ukrainischen Hafenstadt Mariupol wächst in der Bundesregierung die Bereitschaft zu neuen Sanktionen gegen Russland. Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte die prorussischen Separatisten vor weiteren Angriffen auf Mariupol oder darüber hinaus. "Das wäre eine qualitative Veränderung der Situation, die uns reagieren lassen muss", sagte der SPD-Politiker.
Zugleich forderte Steinmeier Moskau abermals auf, seinen Einfluss auf die Separatisten geltend zu machen. "Wir gehen davon aus, dass es intern klare Ansagen von Russland in Richtung der Separatisten gibt." Auch die Nato forderte Russland auf, die Unterstützung der Separatisten im Osten des Landes unverzüglich einzustellen. Moskau habe in den vergangenen Wochen hunderte Ausrüstungsgegenstände an die Gegner der Regierung in Kiew geliefert, darunter Raketensysteme, gepanzerte Fahrzeuge und schwere Artillerie, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Stoltenberg bezeichnete den Raketenangriff auf die Hafenstadt Mariupol am Schwarzen Meer als "nicht hinnehmbar" und machte die Kiew-Gegner dafür verantwortlich. "Der Angriff erfolgte von Gebiet, das von den durch Russland unterstützten Separatisten kontrolliert wird."
Der Nato-Generalsekretär bezeichnete gleichzeitig eine Äußerung von Russlands Präsident Wladimir Putin als "Unsinn", die ukrainische Armee sei eine "Fremdenlegion der Nato". "Die ausländischen Truppen in der Ukraine sind russisch", betonte Stoltenberg. Die Nato sei "Teil breiter internationaler Bemühungen, die Ukraine zu unterstützen". ...
Im Bundestag mehren sich unterdessen die Stimmen für weitere Sanktionen gegen Moskau. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, CDU-Politiker Norbert Röttgen, sagte "Zeit Online", wenn sich herausstelle, dass die Separatisten in Mariupol von Russland unterstützt worden seien, werde dies "zwingend" weitere Sanktionen nach sich ziehen.
Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich plädierte ebenfalls für ein härteres Vorgehen gegenüber Russland. Zugleich müsse auch der Führung in Kiew klargemacht werden, dass militärische Mittel nicht zu einer Lösung des Konflikts führen könnten. ..." (n-tv, 26.1.15)
"Von einer Lockerung oder Aufhebung gar ist nicht mehr die Rede: Die Sanktionen gegen Russland werden voraussichtlich verschärft. Denn auf die jüngste Eskalation des Konflikts in der Ukraine müssen die Mitgliedstaaten der EU reagieren. Zu diesem Zweck hat die Außenbeauftragte der Union, Federica Mogherini, bereits ein Sondertreffen der Außenminister einberufen. Am Donnerstag kommen die Politiker in Brüssel zusammen, um über eine Ausweitung der Strafmaßnahmen gegen den Kreml zu beraten.
Ginge es nach einigen osteuropäischen Ländern, hätte die Debatte ein klares Ergebnis: eine Verschärfung der Sanktionen. Dafür plädierte etwa der polnische Staatspräsident Bronislaw Komorowski. Die Antwort des Westens auf die Ereignisse der letzten Tage sollte eine harte sein, meinte er. Schon zuvor hatte sein Landsmann, EU-Ratspräsident Donald Tusk, Ähnliches gefordert. Allerdings wählte er dafür schärfere Worte, einer Kriegsrhetorik folgend. "Appeasement", die Politik der Beschwichtigung, habe den Aggressor zu noch größerer Gewalt ermutigt, erklärte Tusk über den Kurznachrichten-Dienst Twitter. Die EU müsste ihre Politik nun auf die Basis "kalter Fakten und nicht von Illusionen" stellen. ..." (Wiener Zeitung online, 26.1.15)

• Moskau: Tragödien werden genutzt, um Sanktionen durchzusetzen
"Nach der erneuten Gewalteskalation in der Ostukraine hat Russland den Westen vor möglichen neuen Sanktionen gegen Moskau gewarnt. "Eine solche Erpressung wird uns niemals dazu bringen, unsere konsequente Haltung zu ändern", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in St. Petersburg. Der Schlüssel zur Lösung der Krise liege allein in Kiew - die ukrainische Regierung müsse in einen direkten Dialog mit den Aufständischen treten, forderte Peskow. ..." (N24, 26.1.14)
"Die neuerlichen Tragödien in der Ukraine werden als Anlass für eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland genutzt, wie der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montag in Moskau in einer Pressekonferenz nach Verhandlungen mit seinem israelischen Amtskollegen Avigdor Lieberman sagte.
Lawrow verwies in diesem Zusammenhang auf die Katastrophe mit der malaysischen Boeing 777, nach der Forderungen laut wurden, ein neues Paket von Sanktionen gegen Russland zu beschließen. Diese Tragödie sei genutzt worden, um ein Sanktionspaket durchzusetzen, so der Minister. ...
„Wir wissen nur zu gut, wie solche Tragödien zynisch genutzt werden, um die Wahrheit zu entstellen und die Ergebnisse objektiver Ermittlungen vorwegzunehmen. Wir wissen auch, dass diese Tragödien genutzt werden, um die antirussische Hysterie zu schüren und die Position der Gruppe westlicher Länder zu untermauern, die nach Blut und immer neuen Sanktionen lechzen“, sagte Lawrow." (Sputnik, 26.1.15)

• Steinmeier droht Russland mit neuen Sanktionen und wirft Aufständischen Kriegstreiberei vor
"Nach dem Angriff auf die ostukrainische Stadt Mariupol droht die EU Russland mit weiteren Strafmaßnahmen. Niemand sei "blind ehrgeizig", neue Sanktionen zu verhängen, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor dem EU-Außenministertreffen am Donnerstag in Brüssel. "Unser Ehrgeiz geht dahin, dass die Kampfhandlungen endlich beendet werden", fügte er hinzu. "Aber selbstverständlich: Ein Angriff oder gar eine Offensive breit angelegt in Richtung Mariupol und darüber hinaus, das wäre eine qualitative Veränderung der Situation, die uns auch reagieren lassen müsste."
Steinmeier warnte vor einer weiteren Zuspitzung der Lage. "In der Ostukraine geben wieder die Kriegstreiber den Ton an", sagte er der "Saarbrücker Zeitung". Die Separatisten würden auf die militärische Karte setzen und Gewalt und Zerstörung säen. Allen müsse klar sein, "dass der Kampf um die Ostukraine militärisch nicht gewonnen werden kann". ..." (Spiegel online, 26.1.15)
Ich suche immer noch nach ähnlichen Vorwürfen von Steinmeier, Merkel & Co. gegenüber der Kiewer Führung angesichts der vorherigen Aufrüstung der Kiewer Truppen, die Poroschenko symbolisch begleitete und als dieser u.a. die Rückeroberung des Donbass ankündigte: "... Präsident Petro Poroschenko, der sich häufig in Militäruniform im Krisengebiet zeigt, hatte der Armee kürzlich neue Kriegstechnik übergeben. Zudem sollen bei einer Teilmobilmachung mehr als 100.000 Ukrainer bewaffnet werden. ..." (Der Standard online, 25.1.15)
Zur Erinnerung ein Bericht vom 19.1.15: "... Die Militärführung hat nach eigenen Angaben eine neue Offensive der umstrittenen Anti-Terror-Operation (ATO) begonnen. Doch ein Verstoß gegen die angeordnete Waffenruhe sei das nicht, wie Kiew betont. ...
Zwar beteuert Poroschenko in Kiew bei einem Treffen mit der polnischen Regierungschefin Ewa Kopacz, dass die Ukraine weiter an Friedensgesprächen interessiert sei. ... Doch als Oberbefehlshaber der Streitkräfte hat Poroschenko dem Militär befohlen, den Separatisten "keinen Fußbreit" ukrainisches Territorium zu überlassen.
Poroschenko hat versprochen, die Staatlichkeit der Ukraine in der abtrünnigen Donbass-Region wiederherzustellen. Das Militär habe das Feuer im Donbass eröffnen müssen, erklärte der Staatschef beim Treffen mit Kopacz, weil die Separatisten geschossen und den Abtransport von getöteten Soldaten verhindert hätten. Deshalb habe er den Befehl gegeben, auf die Angriffe zu reagieren. ..." (dpa-Meldung auf focus.de, 19.1.15) Das war kurz vor den Gesprächen in Berlin zwischen Deutschland, Frankreich, der Ukraine und Russland.

• Fast 500 Bergleute unter Tage eingeschlossen
"In einem Bergwerk in der umkämpften Ostukraine stecken fast 500 Bergarbeiter unter Tage fest. In der Kohlegrube sei der Strom ausgefallen, erklärte das Katastrophenschutzministerium der international nicht anerkannten Volksrepublik Donezk. Zuvor sei ein regionales Umspannwerk von einer Granate getroffen worden.
Zum Zeitpunkt des Stromausfalls seien 496 Kumpel unter Tage gewesen, sagte ein Ministeriumssprecher. Derzeit liefen Vorbereitungen, um die Arbeiter sicher nach oben zu bringen. "Das Belüftungssystem funktioniert. Lebensgefahr besteht für die Kumpel nicht", ergänzte ein Minister der "Volksrepublik", Julian Bedilo. Nach Angaben eines Mitarbeiters des Verteidigungsministeriums der selbsternannten Volksrepublik wurden 110 Kumpel bereits in Sicherheit gebracht.
Bereits am 11. Januar saßen mehr als 300 Bergarbeiter in derselben Mine stundenlang unter Tage fest. Auch damals fiel der Strom nach dem Einschlag eines Geschosses in einem regionalen Umspannwerk vorübergehend aus. Alle Kumpel wurden gerettet. ..." (n-tv, 26.1.15)

• Mutmaßliche US-Söldner in Kiewer Truppen gefilmt
"Bewaffnete Männer mit nordamerikanischem Akzent in Militäruniform sind in Mariupol unmittelbar nach dem Raketenbeschuss gesichtet und gefilmt worden. Damit werden Vermutungen verstärkt, dass ausländische private Militärfirmen wie Academi (ehemals Blackwater) in der Ukraine aktiv sind. ...
... unter den Videoaufnahmen von Mariupol sieht man auch bewaffnete Männer in Militäruniformen, die fließend Englisch sprechen.
Ein Video auf Youtube zeigt angeblich Rohmaterial eines lokalen Nachrichtensenders MSN (Mariupol News Service). In einer Sequenz der Aufnahmen wird ein Mann gezeigt, der zielstrebig durch das Wohngebiet an der Kamera vorbeirennt. Der Mann trägt ein Maschinengewehr und eine Kampfweste. Als die Korrespondentin ihn nach einem Kommentar fragt, verdeckt er sein Gesicht und sagt mit nordamerikanischem Akzent: „Outta my face“ – „Verschwindet, haut ab!“
Das zweite Video ist länger und zeigt scheinbar einen weiteren Mann in angeblicher Asow-Uniform, der die Gegend nach Blindgängern absucht. Der Mann hinter der Kamera ist anscheinend ein einheimischer Fremdenführer, da sein Englisch einen klaren Akzent hat. Aber die Person, die er filmt, spricht wie ein Muttersprachler, vermutlich aus Südafrika. „Ist vielleicht explodiert, vielleicht nicht, also vor Ort sprengen,“ erläutert er dem Kameramann bei einem Explosions-Krater. Danach schwenkt die Kamera auf ein Gebäude mit zerstörten Fenstern, dass als Nr. 42 Kindergarten in Mariupol ausgeschildert ist. Das Gebäude liegt in der Kiewer Straße, welche von mehreren Artilleriegranaten getroffen wurden war.
In der Videobeschreibung wird behauptet, die Person sei ein amerikanisches Mitglied des Asow-Freiwilligen-Bataillons, aber bringt keinerlei Beweise dafür. Auf der Uniform ist ein runder blau-gelber Aufnäher auf der Schulter, aber die Details sind unklar, wie das Gesicht des Mannes. ..." (RT deutsch, 26.1.15)

• Aufständische rücken gegen Kiewer Truppen vor
"Die Streitkräfte »Neurusslands« haben an mehreren Abschnitten der Front im Donbass eine Offensive gegen die ukrainischen Stellungen begonnen. Hauptstoßrichtung ist die im Süden am Asowschen Meer gelegene Industriestadt Mariupol. Dort waren am Samstag beim Einschlag mehrerer Raketen in ein Wohngebiet mindestens 30 Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Die Aufständischen und die ukrainische Armee beschuldigten sich gegenseitig, für den Angriff verantwortlich zu sein. Nachweise sind schwierig, weil beide Seiten die gleichen Waffensysteme sowjetischer Produktion verwenden. ...
In den zurückliegenden Tagen hatten russische Medien gemeldet, den Aufständischen stünden an der gesamten Frontlinie nicht mehr als 7.000 Soldaten für Angriffsoperationen zur Verfügung; die Eroberung einer Stadt setzt aber eine deutliche Überlegenheit des Angreifers voraus.

Ein weiterer Schwerpunkt der Kämpfe lag nordwestlich des Flughafens Donezk, den die Ukraine in der vergangenen Woche vorläufig aufgegeben hatte. Weiter östlich versuchen Einheiten der Volksmilizen, den Frontvorsprung von Debalzewo von drei Seiten abzuschneiden und die ukrainischen Truppen dort entweder einzuschließen oder zum Rückzug zu zwingen. Meldungen vom Sonntag besagten, dass die Ukrainer in großer Eile ihren Stab und ihre Beamten aus der Stadt abzögen. Debalzewo ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt an der direkten Straße von Donezk nach Lugansk. Eine dritte Offensive begann nordwestlich der letzteren Stadt. Dass die Lage der ukrainischen Truppen ernst ist, lässt der Vorschlag des Vorsitzenden der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, Ilkka Kanerva aus Finnland, vermuten, Friedenstruppen in den Donbass zu schicken. ..." (junge Welt, 26.1.15)

• Warum die Aufständischen wieder kämpfen
"Auf den ersten Blick ist am Freitag in Donezk etwas Unerhörtes passiert. Alexander Sachartschenko, Präsident der international nicht anerkannten Volksrepublik Donezk, desavouierte seine mutmaßlichen Protektoren. Mit seiner Erklärung, die Volksrepubliken sähen nach dem Bushaltestellen-Anschlag von Donezk keinen Sinn darin, weiter mit Kiew über einen Waffenstillstand zu verhandeln, strafte Sachartschenko den russischen Außenminister Sergej Lawrow Lügen. Der hatte noch am Donnerstag in Berlin angekündigt, die Kämpfer der Volksrepubliken seien bereit, ihre schweren Waffen von der Frontlinie zurückzuziehen.
Die Erklärung und die unmittelbar darauf folgende Offensive der Aufständischen in mehrere Richtungen haben militärisch ihre Logik. Es ist absehbar, dass das Kräfteverhältnis für die Volksrepubliken ungünstiger würde, wenn Kiew erst seine angekündigte neue Einberufungswelle vollzogen hat. Die Ressourcen der Volksrepubliken sind vergleichsweise begrenzt. Die Erklärung ist auch politisch im Innenverhältnis zur Bevölkerung des Donbass nachvollziehbar. Die Bewohner sind es aus gutem Grund leid, ständig die Zielscheibe ukrainischer Kanoniere abzugeben. Nach dieser Seite ist das Abdrängen der ukrainischen Streitkräfte von den Großstädten – worauf die Kämpfe der letzten Tage abzielen – die beste Garantie dafür, dass der Granaten- und Raketenterror aufhört.
Komplizierter ist die Einschätzung von Sachartschenkos Erklärung vor dem Hintergrund des Verhältnisses der Volksrepubliken zu Russland. Schließlich bleibt die hochgradige Abhängigkeit der Republiken von russischer Unterstützung – politischer, wirtschaftlicher, logistischer, wahrscheinlich auch militärischer – bestehen. An dieser Abhängigkeit ändert sich durch Sachartschenkos Eigenmächtigkeit nichts. Wahrscheinlich ist, dass der Präsident der VR Donezk versucht hat, den Spieß gegenüber Moskau umzudrehen. Er weiß, dass eine Niederlage der Volksrepubliken auch eine geostrategische Niederlage und ein Gesichtsverlust für Russland wäre. ..." (Reinhard Lauterbach in junge Welt, 26.1.15)

• Polen will Putin nicht in Auschwitz dabeihaben
"Moskau hatte eine offizielle Einladung aus Polen erwartet, wie zum 65. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz. Doch schon damals überschatteten die Nachbeben des Krieges mit Georgien im August 2008 die Gedenkfeier. Zum 70. Jahrestag drohten Differenzen wegen der Ukraine-Krise sogar einen handfesten Eklat heraufzubeschwören. Das Internationale Auschwitz-Komitee hatte daher schon 2014 beschlossen, das Gedenken an die Opfer und Überlebenden in den Mittelpunkt zu stellen. Die polnische Regierung wiederum nahm Abstand von einer offiziellen Einladung an Putin, weil sie Wähler nicht vergrämen wolle, wie russische Medien - kritische und linientreue - vermuten.
Mit wahltaktischem Kalkül erklären sie auch die jüngsten Auslassungen von Polens Außenminister Grzegorz Schetyna, die seinem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow nach dessen eigenen Worten »die Sprache verschlugen«. In einem von der »Rossijskaja Gaseta« - dem Amtsblatt der russischen Regierung - nachgedruckten Radiointerview hatte Warschaus Chefdiplomat allen Ernstes behauptet, Ukrainer hätten Auschwitz befreit. Offenbar, weil die sogenannte Erste Ukrainische Front das Todeslager stürmte. Doch deren Name leitet sich von der Stoßrichtung - Westsüdwest - ab, nicht von der nationalen Zusammensetzung. In jenen Truppenteilen, die an der Operation beteiligt waren, hätten Russen, Ukrainer, Tschetschenen, Georgier und Tataren gemeinsam gedient, kritisierte Lawrow daher völlig zu Recht. Versuche, in dieser Situation »nationalistische Gefühle ins Spiel zu bringen und sich über die Geschichte lustig zu machen«, seien daher »absolut zynisch«.
Nicht die Rote Armee, sondern die Wehrmacht hatte nach dem Nationalitätenprinzip aufgestellte Einheiten. Darunter polnische und ukrainische, die gegen die Angliederung der Westukraine an die Sowjetunion durch den Hitler-Stalin-Pakt rebellierten und von der SS auch zur Bewachung von Auschwitz eingesetzt wurden, empörte sich sogar das Massenblatt »Moskowski Komsomolez«, das den Kreml sonst gern frontal angreift. ..." (Neues Deutschland, 26.1.15, S. 8)

• Merkel will, dass Putin neue Eskalationen verhindert
"Nach dem Tod von mehr als 30 Menschen bei einem Raketenangriff auf die ukrainische Stadt Mariupol hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel Russland aufgefordert, seinen Einfluss auf die Rebellen geltend zu machen. Merkel habe am Sonntag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert, teilte ein Sprecher der deutschen Regierung mit.
Dabei habe sie Putin aufgefordert, neue Eskalationen zu verhindern und "im Sinne einer Umsetzung von Minsk mit Nachdruck auf die Separatisten einzuwirken". Der Angriff auf Mariupol sei nach Einschätzung von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) durch von Russland unterstützte Separatisten ausgeführt worden, erklärte der Sprecher. Dies sei ein eindeutiger und durch nichts zu rechtfertigender Bruch der in Minsk vereinbarten Waffenruhe. Es müsse alles daran gesetzt werden, zu einer friedlichen Lösung zu kommen und die Minsker Vereinbarungen umzusetzen. ..." (Die Presse online, 25.1.15)

• Kiewer Botschafter in Wien fordert Waffenlieferungen
"Olexander Scherba, neuer ukrainischer Botschafter in Österreich, ruft Wien zu mehr Unterstützung im Konflikt in seinem Land auf. Von Europa fordert er Waffen für die Ukraine.
Die Presse: Beim Beschuss eines Wohnviertels der Stadt Mariupol kamen am Samstag 30 Menschen ums Leben. Wer trägt die Verantwortung für diese Tat?
Olexander Scherba: Russland und die von Russland finanzierten Terroristen im Donezker Gebiet. Alle Zeichen deuten darauf hin – auch die OSZE hat das indirekt bestätigt. Wir haben Abhörprotokolle von Gesprächen der Terroristen, die besprechen, dass sie zuerst die Stellungen des Militärs und dann die Stadt beschießen wollten.
Der Beschuss von Zivilisten war kalkuliert?
Ja. Man hat das absichtlich zur Einschüchterung gemacht – einen Tag, nachdem der selbst ernannte Ministerpräsident der Donezker Republik erklärt hat, er und die Seinen würden nun nach Mariupol ziehen. Er hat den Waffenstillstand aufgekündigt, er will den Krieg.
Welche Reaktionen erwarten Sie nun von internationaler Seite?
Erstens: eine klare Verurteilung des Vorgefallenen, auch von Österreich. Zweitens: Waffen für die Ukraine. Es geht nicht, dass Russland tausende Militärs und neueste Waffen in die Gegend schickt und Europa und die Welt sich noch immer weigern, die Ukraine zu bewaffnen. Drittens: Verschärfung der Sanktionen gegen Russland. ..." (Die Presse online, 25.1.15)

• Warum Mariupol? 
"Mariupol wäre für die Separatisten wertvollster Ort", heißt es unter anderem auf Welt online am 25.1.15 zur Frage, warum es zu dem Massaker in Mariupol kam: "... Mariupol ist die zweitgrößte Stadt im Gebiet Donezk. Sie besitzt einen Hafen und ist Standort wichtiger Industriebetriebe. Wenn die Separatisten ihr Gebiet erweitern wollen, wäre Mariupol der wertvollste Ort. ..."
Peter Mühlbauer sieht das in einem Beitrag auf Telepolis am 25.1.15 anders: "... Mariupol wäre für die Donezker Separatisten nur von begrenztem Wert: Erobern sie die Stadt, hätten sie zwar einen Zugang zum Meer, könnten von dort aus aber wahrscheinlich auch lediglich aus und nach Russland im- und exportieren, was auf dem Landwege viel einfacher und kostengünstiger geht.
Die in westlichen Medien häufig genannte Einrichtung einer russisch kontrollierten Landbrücke zur Krim befriedigt als Erklärung ebenfalls nur bedingt: Zwischen Mariupol und der Krim liegen nämlich über 320 Kilometer Küste, die erobert werden müssten. Da käme Russland der Bau einer nur vier Kilometer langen Brücke zur Kertsch-Halbinsel womöglich deutlich günstiger. Ähnliches gilt für zwei Stahlwerke in Mariupol, die angeblich Profit erwirtschaften und die das ZDF als Grund für einen Vorstoß vermutet.
Vielleicht geht es den Rebellen aber auch um eine "Befreiung" der russischen Minderheit: In der ehemals von einer griechischen Mehrheit besiedelten Metropole sprechen nämlich ungefähr 90 Prozent der Bewohner Russisch als Muttersprache. Der Anteil der Ukrainischsprecher liegt unterhalb von 10 Prozent."

• Unterschiedliche Reaktionen in Kiew auf Massaker von Mariupol
"Der Angriff auf ein Wohnviertel der Hafenstadt Mariupol in der Ostukraine hat bei den ukrainischen Politikern große Ratlosigkeit hinterlassen. Auch einen Tag nach dem Bombardement, bei dem mindestens 30 Zivilisten ums Leben kamen, zeigte es sich, dass das Land keine einheitliche Lösung im Konflikt mit dem Nachbarn Russland hat.
Präsident Petro Poroschenko, der am späten Samstagabend erst von der Trauerfeier für den verstorbenen saudischen König Abdullah nach Kiew zurückgekehrt war, ordnete für Sonntag Staatstrauer an und mahnte bei einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates zur Ruhe.
Auch wenn es manchem schwer falle, angesichts der Brutalität und der Anzahl der Toten und Verletzten nicht emotional zu reagieren, müsse das Land verstehen, dass es zum Dialog mit dem Gegner Russland keine realistische Alternative gebe, sagte Poroschenko nach Angaben des Abgeordneten Oleg Berezjuk. Der Nationale Sicherheitsrat wies die Regierung am Sonntag an, die Aufständischen wegen Delikten im Bürgerkrieg beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anzuklagen. Zudem soll sich die Regierung dafür einsetzen, die selbst ernannten „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk international als Terrororganisationen zu ächten.
Der Präsident beschuldigte die Russische Föderation, für den Anschlag in Mariupol verantwortlich zu sein. „Dafür gibt es unwiderlegbare Beweise“, sagte der Staatschef laut der Zeitung „Ukrainiska Prawda“. ...
Doch Poroschenko sieht sich zunehmend einer Front gegenüber, die ein härteres Vorgehen gegenüber Russland fordert. Nicht nur in der Fraktion von Samopomitsch regt sich Widerstand gegen die Linie Poroschenkos. Vor allem die Abgeordneten der „Nationalen Front“ von Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk wollen, dass der Raketenangriff vom Samstag und die allgemeine Lage im Donbass auf internationaler Bühne diskutiert werden. ..." (Der Tagesspiegel online, 25.1.15)

• Gewaltige Verluste für deutsche Wirtschaft
"Die Verluste sind gewaltig. Um mehr als sechs Milliarden Euro seien die deutschen Ausfuhren nach Russland im vergangenen Jahr eingebrochen, beklagte sich Eckhard Cordes, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, am Freitag in der Rheinischen Post. Ein Rückgang um beinahe ein Fünftel – das ist für viele Unternehmen, die vom Russland-Geschäft abhängen, ein dramatischer Schlag. Bereits 2013 waren die Exporte in das Land wegen der kriselnden Wirtschaftslage dort um zwei Milliarden Euro geschrumpft; dieses Jahr kamen die Folgen des Konflikts um die Ukraine hinzu. Die Sanktionen gegen Moskau sparten zwar die Erdgasbranche aus, kosteten jedoch den Maschinenbau wertvolle Aufträge, und die russischen Gegenmaßnahmen trafen die Nahrungsmittelbranche. Zuletzt und wohl am schlimmsten hat der Absturz des Rubel sich ausgewirkt und dazu geführt, dass Westprodukte jeglicher Art für Russen unerhört teuer wurden, Investitionen auf Eis liegen und, wer kann, im Inland oder im preiswerteren China kauft. Und während Transatlantiker gierig Wetten abschließen, ob die russische Währung Präsident Wladimir Putin nicht vielleicht mit sich in den Abgrund reißt, warnt Cordes, »ein dauerhafter 20prozentiger Rückgang« im Russland-Export könne »im schlimmsten Fall zum Wegfall von 60.000 Arbeitsplätzen führen«. In Deutschland.
Keine Frage: Die Verluste sind gewaltig, und sie werden aus Sicht Berlins dadurch noch verschlimmert, dass Moskau sich, aus dem Ukraine-Konflikt die ersten Konsequenzen ziehend, von der exklusiven Erdgaskooperation mit Deutschland abwendet. ..." (Jörg Kronauer in junge Welt, 24.1.15)

• IWF will Kiew mehr Geld und mehr Zeit geben
"Für die Ukraine gibt es wieder Hoffnung. Der Internationale Währungsfonds (IMF) prüft ein längeres Hilfsprogramm. Im Gegenzug müssen wohl die Gläubiger ihren Beitrag leisten.
Im Ringen um die Stabilisierung der Ukraine hat sich womöglich eine entscheidende Wende ergeben. Wie berichtet, hat die ukrainische Regierung beim IMF um ein länger laufendes Hilfsprogramm nachgesucht, das das bisherige Beistandsabkommen über 17 Mrd. $ ablösen soll. IMF-Chefin Lagarde zeigte sich grundsätzlich bereit, ein solches Programm zu unterstützen. Im Gegenzug müssen wohl die Gläubiger des Landes ihren Beitrag in Form eines Schuldenschnitts leisten. Nach früheren Angaben braucht die Ukraine mindestens zusätzliche 15 Mrd. $ an Finanzhilfen.
Noch wird es einige Verhandlungen brauchen, bis das neue Hilfspaket in trockenen Tüchern ist. Aber die neue ukrainische Regierung hat damit einen geschickten Schachzug vollbracht. Das beantragte länger laufende Hilfsprogramm – in Form einer «Extended Financing Facility (EFF)» – brächte viele Vorteile. Kiew erhielte mehr Zeit, um die dringend notwendigen strukturellen Reformen durchzuführen sowie die Wirtschaft und die Staatsfinanzen zu stabilisieren. ..." (Neue Zürcher Zeitung online, 23.1.15)
"Die Ukraine hat vom Internationalen Währungsfonds (IWF) eine breitere finanzielle Unterstützung gefordert. Präsident Petro Poroschenko informierte am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos IWF-Chefin Christine Lagarde, dass sein Land die bestehende Übereinkunft über Hilfskredite durch ein mehrjähriges, neues Arrangement ersetzen möchte, hieß es in einer Mitteilung des Währungsfonds. Die Ukraine will nach Angaben von IWF-Vertretern zudem mit Anteilseignern neu über ihre Schulden verhandeln. ..." (Donaukurier online, 22.1.15)

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