• Die angekündigte Fortsetzung des Krieges
"... Die Regierung Poroschenko kann sich also nicht einmal des staatlichen Gewaltmonopols sicher sein, zumal der Rechte Sektor und etliche Freiwilligenbataillone von Oligarchen wie Igor Kolomojskij finanziert werden und damit grundsätzlich als deren Privatarmeen fungieren können. Kolomojskij, der als Gouverneur von Dnipropetrowsk amtiert, hat offen gesagt [am 27.9.14 - HS], dass er den Waffenstillstand allenfalls vorübergehend anerkennen will. Spätestens im Frühjahr müsse es einen neuen militärischen Angriff auf die abtrünnigen Gebiete im Südosten des Landes geben. ..." (Reinhard Lauterbach in: "Bügerkrieg in der Ukraine - Geschichte, Hintergründe, Beteiligte", Berlin 2014, S. 137)
Aber auch die andere Seite sei motiviert, "den Krieg in der Ukraine, notfalls auf Sparflamme, fortzusetzen", behauptet auf freitag.de der Blogger Sönke Paulsen in seinem Beitrag "Der Frieden wird schrecklich" vom 18.1.15. Er verweist auf eine Äußerung des Premiers der selbsternannten Volksrepublik Donezk (DVR), Alexander Sachartschenko, vom 23.10.14, zitiert von RIA Novosti: "„Wir werden Slawjansk, Kramatorsk und Mariupol einnehmen. Es gelingt leider nicht, die Verhandlungen in friedliche Bahnen zu lenken.“ Laut dem DVR-Premier hielten bis zuletzt nur die Milizen die Waffenruhe ein. „Vorgestern haben wir damit begonnen, das Feuer zu erwidern“, sagte Sachartschenko."
Bei Telepolis hieß es dazu am 24.10.14 wenigstens noch: "Auch wenn solche Äußerungen möglicherweise nur Propaganda sind, so wird deutlich, dass der von Poroschenko eingeleitete Friedensprozess zwar einen prekären Waffenstillstand erreicht hat, der aber jederzeit brechen kann."
Die New York Times zitierte am 16.1.15 Sachartschenko mit einer ähnlichen Äußerung: "Wir werden weiter gehen, nach Slawjansk, nach Kramatorsk, undsoweiter."
• Massive Artillerieoffensive der Kiewer Truppen
"Die ukrainischen Streitkräfte im Raum Donezk haben am Sonntag morgen eine massive Artillerieoffensive gegen Stellungen der Aufständischen begonnen. Präsidentenberater Juri Birjukow erklärte, im »Sektor B« hätten die Streitkräfte den Auftrag bekommen, mit allen verfügbaren Mitteln die Positionen der Separatisten zu beschießen. Von der anderen Seite der Front wurde der Angriff bestätigt.
Ziel der ukrainischen Artillerieoffensive ist es wahrscheinlich, die Stellungen der Aufständischen auf dem Flughafen von Donezk zu zerstören. Dort waren die Regierungstruppen in den letzten Tagen unter Druck geraten. In der Nacht zum Sonntag kämpften sich ukrainische Soldaten auf das Flughafengelände vor, um verwundete Soldaten zu evakuieren und tote zu bergen. Dabei soll nach Birjukows Angaben ein Freiwilligenbataillon den Angriffsbefehl verweigert haben. Solche »Feigheit« werde Folgen haben, schäumte der Präsidentenberater.
Welche Folgen gemeint sind, hat jetzt das ukrainische Parlament neu geregelt. Mit der relativ knappen Mehrheit von 242 Stimmen beschlossen die Abgeordneten eine Reihe von Verschärfungen der militärischen Disziplin. Wie die Agentur 112.ua berichtete, sind die Bataillonskommandeure jetzt ermächtigt, in militärischen Kampfsituationen mit allen Mitteln einschließlich Waffengebrauch »Straftaten wie Befehlsverweigerung, Widerstand oder Bedrohung des militärischen Führers oder Aufgabe von Kampfpositionen« zu unterbinden. Den Entwurf hatten zwei Vertreter der »Volksfront« von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk eingebracht, darunter der zum Abgeordneten gewählte Führer eines der Freiwilligenbataillone, Andrij Teteruk. Der Sekretär des ukrainischen Verteidigungsrates, Olexander Turtschinow, hatte zuvor angekündigt, bei der bevorstehenden Mobilisierung von bis zu 100.000 Männern würden vor allem Arbeitslose einberufen, die bei den Arbeitsämtern registriert seien. ..." (junge Welt, 19.1.15)
• Putins Friedensvorschlag von Poroschenko abgelehnt
"Mit dem drohenden endgültigen Zusammenbruch der Waffenruhe im Osten der Ukraine haben Kiew und Moskau jeweils eigene diplomatische Anläufe zu einer eventuellen friedlichen Regelung genommen. Russlands Präsident Wladimir Putin unterbreitete seinem ukrainischen Kollegen Petro Poroschenko einen Friedensvorschlag, der jedoch nach russischen Angaben umgehend abgelehnt wurde.
In den vergangenen Tagen habe Russland ständig Versuche unternommen, in dem Konflikt zu vermitteln, zitierte die Nachrichtenagentur Itar-Tass Putin-Sprecher Dmitri Peskow am Sonntag. Donnerstagnacht habe Putin Poroschenko sogar einen Brief geschickt mit einem „konkreten Vorschlag“. Der russische Fernsehsender NTV zeigte eine Kopie. Darin schlägt Putin „dringende Maßnahmen zur Beendigung des gegenseitigen Beschusses“ vor. Außerdem sollen die Konfliktparteien Waffen mit einem Kaliber größer als 100 Millimeter rasch abziehen.
Am späten Sonntagabend wiederum schlug das ukrainische Außenministerium der russischen Führung vor, das seit September geltende sogenannte Minsker Abkommen zur Beilegung des Konflikts zu unterzeichnen – dann könnten schon am Montag die Waffen schweigen. Zuvor hatte Kiews Außenminister Pawel Klimkin „echte Perspektiven“ für eventuelle Friedensgespräche gefordert.
Am Sonntag hatten Regierungstruppen und Separatisten erbittert um die Kontrolle über den strategisch wichtigen Flughafen Donezk gekämpft ...
Am Rande einer Trauerzeremonie in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mit Tausenden Menschen lobte Präsident Poroschenko den Mut der Soldaten beim Kampf um den Airport. „Wir geben keinen Fußbreit vom ukrainischen Boden her“, sagte der prowestliche Staatschef. ..." (Handelsblatt online, 18.1.15)
Zur Erinnerung angesichts von Poroschenkos Worten zum Flughafen Donezk: "... Eigentlich hätten die Waffen längst schweigen sollen. Die ukrainischen Truppen dürften im Zusammenhang mit der Minsker Waffenruhe und den nachfolgenden Regelungen über eine Pufferzone längst nicht mehr hier sein. Zwei ukrainische Regierungsvertreter bestätigen, dass der Flughafen in der Zone liegt, aus welcher beide Seiten ihr schweres Gerät entfernen sollten. „Das kann man so interpretieren, dass die ukrainischen Truppen sich von dort zurückziehen müssen“, sagt einer. Der andere wird noch deutlicher: „Zum Minsker Abkommen gehörte, dass der Flughafen an die Donezker ,Republik‘ fallen sollte“. Ein wichtiges Zusatzdetail kommt aus einer dritten Quelle: Präsident Petro Poroschenko persönlich habe Bundeskanzlerin Merkel über diese Regelung informiert. ..." (FAZ online, 1.11.14)
• Großangriff der Kiewer Truppen auf Flughafen Donezk
"Im Konfliktgebiet Ostukraine kämpfen Regierungstruppen und Separatisten erbittert um die Kontrolle über den strategisch wichtigen Flughafen Donezk. Das Militär beklagte mehrere Tote und Verletzte am Sonntag.
Am Rande einer Trauerzeremonie in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mit Tausenden Menschen lobte Präsident Petro Poroschenko den Mut der Soldaten beim Kampf um den Airport. "Wir geben keinen Fußbreit vom ukrainischen Boden her", sagte der prowestliche Staatschef. Er kündigte auf dem Unabhängigkeitsplatz – dem Maidan – an, "die ukrainische Staatlichkeit im Donbass" wiederherzustellen.
Die prorussischen Separatisten warfen den Regierungstruppen vor, mit Panzern und schwerer Artillerie zu schießen. Mehrere Stadtteile von Donezk seien unter Beschuss, darunter auch Bereiche des Stadtzentrums, teilten die Aufständischen mit. Sie hatten am Samstag behauptet, den Flughafen unter ihre Kontrolle gebracht zu haben. Der ukrainische Militärsprecher Andrej Lyssenko wies dies zurück. ..." (Die Welt online, 18.1.15)
"... Der ukrainischen Armee gelang es nach eigenen Angaben mit massivem Panzereinsatz, große Teile des Flughafens zurückzuerobern. Nach Angaben von Armee und Rebellen starben mindestens sieben Menschen. In Kiew demonstrierten derweil Tausende für Frieden.
Nach mehrtägigen heftigen Kämpfen hatten die prorussischen Rebellen verkündet, den Flughafen der ostukrainischen Stadt unter ihre Kontrolle gebracht zu haben.
Die ukrainische Armee rückte daraufhin am Samstag mit mindestens zehn Panzern auf das völlig zerstörte Gelände vor, wie auf Bildern örtlicher TV-Sender zu sehen war. Bei den Gefechten starben nach Armeeangaben vom Sonntag vier Soldaten, mehr als 30 Menschen wurden verletzt. Die Rebellen sprachen von zwei getöteten Zivilisten, ein weiterer wurde in Krasnogoriwka in der Nähe von Donezk getötet.
Es sei gelungen, das Gelände um den Flughafen "fast vollständig zu säubern", sagte der ukrainische Armeesprecher Andrej Lysenko. Der "massive" Einsatz sei beschlossen worden, um Soldaten mit Munition und Ausrüstung zu versorgen sowie Verletzte in Sicherheit zu bringen. Von unabhängiger Seite gab es keine Bestätigung dafür, dass die prorussischen Rebellen zurückgedrängt seien. Journalisten konnten sich dem Gelände nicht nähern.
Unter Beschuss waren am Sonntag auch mehrere Stadtteile von Donezk. Nach Behördenangaben gab es massive Schäden: Häuser wurden zerstört, viele Gebäude waren von der Stromversorgung abgeschnitten. Öffentliche Verkehrsmittel stellten den Betrieb ein, Geschäfte blieben geschlossen. Bewohner berichteten von Schüssen im Nordwesten der Stadt. ..." (Der Tagesspiegel online, 18.1.15)
• Tote durch Gefechte und drohender Kollaps der medizinischen Versorgung
"Obwohl sich die Ukraine und die prorussischen Rebellen im Dezember auf eine Feuerpause geeinigt hatten, wird in der Ostukraine wieder gekämpft: Seit Donnerstag seien elf Menschen getötet worden, teilten die ukrainischen Behörden mit, unter ihnen sechs Soldaten. 18 weitere Armeeangehörige seien verletzt worden. Bei einem Rebellenangriff auf einen Kontrollpunkt bei Luhansk sei ein Zivilist getötet worden.
Das Rathaus von Donezk meldete vier getötete Zivilisten, nachdem ein Lagerhaus nach Beschuss niederbrannte. In der Stadt gab es zudem erneut einen heftigen Angriff auf den Flughafen, wie ein ukrainischer Präsidentenberater mitteilte. "Die Situation ist so schlimm wie seit September nicht mehr", schrieb Präsidentenberater Juri Birjukow. ...
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte, dass wegen des Konflikts die medizinische Versorgung in der Ostukraine zu kollabieren drohe. Es fehlten Impfstoffe und andere Medikamente, sagte die WHO-Beauftragte der Ukraine in Genf. Krankenhäuser seien von der Wasser- und Stromversorgung abgeschnitten, bis zu 70 Prozent des medizinischen Personals seien geflohen. Zudem fehle es an Medikamenten. Die Organisation benötige dringend 19 Millionen Euro, um die Versorgung von rund fünf Millionen Menschen zu verbessern.
In dem seit neun Monaten andauernden Konflikt zwischen der Regierung und Separatisten wurden nach Angaben der WHO-Beauftragten mehr als 4800 Menschen getötet und mehr als 10.000 verletzt." (Spiegel online, 17.1.15)
• Kämpfe um Flughafen Donezk und an anderen Orten fortgesetzt
"Die Kämpfe im Donbass haben in diesen Tagen eine Intensität angenommen wie seit dem Sommer 2014 nicht mehr. Schwerpunkt ist der Flughafen von Donezk. Seit dem Mittwoch greifen Kräfte der »Volksrepublik Donezk« die verbliebenen Stellungen der ukrainischen Regierungstruppen im neuen Terminal an. Wie ein ukrainischer Offizier vor Ort dem Kiewer Fernsehkanal ICTV erklärte, kontrollierten seine Soldaten nur noch einen einzigen Raum in dem Gebäude und lägen von allen Seiten unter Beschuss. Die Aufständischen setzten eine bisher nicht gekannte Vielzahl von Artillerie aller Kaliber, Panzer und Raketenwerfer ein. Auch weiter östlich in der »Volksrepublik Lugansk« nahmen die Kämpfer der Aufständischen ukrainische Stellungen mit schweren Waffen unter Feuer. Sie berichteten über hohe Verluste der Regierungstruppen, die ukrainische Seite räumte sechs Tote und 18 Verletzte auf eigener Seite ein.
Der Flughafen von Donezk, der erst zur Fußball-EM 2012 für viel Geld modernisiert worden war, liegt inzwischen in Trümmern. Er war im April von Aufständischen erobert worden, im Sommer hatten ihn Regierungstruppen eingenommen und von dort aus die umliegenden Wohnviertel beschossen. Nicht nur wegen dieser militärischen Bedeutung sind die Kämpfe so erbittert. Die Anlage zu erobern beziehungsweise zu halten, ist inzwischen für beide Seiten eine Prestigefrage geworden. So haben die Regierungstruppen mehrfach Angebote der Aufständischen zum freien Abzug ausgeschlagen, die ukrainische Führung gibt Durchhaltebefehle aus, die ukrainische Öffentlichkeit heroisiert die Soldaten als »Cyborgs«. ..." (junge Welt, 17.1.15)
• Jazenjuk will Krieg fortsetzen
In einem Beitrag vom 8.1.15 analysierte das Onlinemagazin German Foreign Policy die aktuelle Rolle des ukrainischen Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk:
"... Jazenjuk treibt die Aufrüstung der ukrainischen Streitkräfte mit aller Macht voran; Beobachter vermuten, Kiew bereite eine erneute Offensive im ukrainischen Bürgerkrieg vor. Berichten zufolge sind mehrere NATO-Staaten in die Aufrüstung der Streitkräfte des Landes involviert. Die Bundesregierung hat bereits im September bestätigt, sie habe Anträge auf die Ausfuhr unter anderem von "Schutzausrüstung" in die Ukraine positiv beschieden. Sogar transatlantische Unterstützer des Kiewer Umsturzes vom Februar 2014 warnen inzwischen, der Einflussgewinn faschistischer Milizen und gewisser Oligarchen drohe ein Warlord-System zu schaffen, das sich jeglicher Kontrolle entziehe. Mit der Unterstützung extrem rechter Bataillone hat sich vor allem die Partei von Ministerpräsident Jazenjuk hervorgetan, der bereits gestern von Bundespräsident Joachim Gauck feierlich empfangen worden ist. ...
Während die Kiewer Kriegsvorbereitungen von einer Reihe von NATO-Staaten aktiv mitgetragen werden, beginnen inzwischen sogar transatlantische Unterstützer des Umsturzes vom Februar 2014 vor den gesellschaftlichen Folgen des Krieges zu warnen. So räumt Adrian Karatnycky, "Senior Fellow" des US-Think-Tanks "Atlantic Council", in einem Beitrag in der einflussreichen "Washington Post" ein, in der Ukraine gewännen mittlerweile "Warlords" immer mehr Macht. Karatnycky selbst hat von 1993 bis 2004 als Präsident der US-Organisation "Freedom House" prowestliche Spektren ("Demokratiebewegungen") in Jugoslawien, Belarus, Russland und der Ukraine unterstützt. Nun stellt er fest, einige Freiwilligenverbände, die in der Ostukraine kämpften, und einige sie finanzierende Oligarchen gerieten außer Kontrolle. Es handelt sich um Verbände wie das faschistische "Bataillon Asow", vor denen Kritiker bereits im Sommer 2014 warnten (german-foreign-policy.com berichtete [5]), und um Milliardäre wie Ihor Kolomojskij, die schon lange für ihre Willkür berüchtigt sind [6]. Wie Karatnycky feststellt, entzögen sie sich zunehmend den Befehlen der ukrainischen Regierung. ...
Tatsächlich hat in besonderem Maße Ministerpräsident Jazenjuk zur Stärkung der faschistischen Bataillone beigetragen. So hat er den Führer des "Bataillons Asow" in die Strukturen seiner Partei integriert; der Mann ist zugleich Führer der faschistischen Bündnisorganisation "Sozial-Nationale Versammlung", die die "ukrainische Nation" als Teil einer "Weißen Rasse" preist und ihre Politik explizit auf "nationalen und rassischen Egoismus" gründet (german-foreign-policy.com berichtete [8]). Über Jazenjuks Parteiliste ist eine frühere Pressesprecherin der faschistischen Partei UNA-UNSO ins Parlament gelangt, die sich ebenfalls dem "Bataillon Asow" angeschlossen hat.[9] Über den ukrainischen Innenminister Arsen Awakow, einen engen Parteigänger von Jazenjuk, heißt es, zu seiner Zeit als Gouverneur von Charkiw habe zumindest einer seiner Geschäftspartner enge Kontakte zu faschistischen Gewalttätern unterhalten, die noch vor wenigen Jahren als Schutztrupp bei Protestaktionen des "Blok Julija Timoschenko" eingesetzt wurden; Regionalvorsitzender des "Blok" war damals Arsen Awakow. "Seit Awakow das Innenministerium leitet, hat die Polizei in Kiew eine Reihe von sogenannten hate crimes, also Verbrechen aus Hass gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen" - genannt werden Menschen mit dunkler Hautfarbe, Juden sowie Schwule - "nicht aufklären können oder wollen", räumt selbst ein glühender Unterstützer der Majdan-Proteste ein. ..."
• Rubel-Sturz als Folge des westlichen Wirtschaftskrieges gegen Russland
"„Russlands Wirtschaft stürzt ab“ (SZ), „Scheitert Russland?“ (HB), „Schwacher Rubel versetzt ein Volk in Angst“ – die Schlagzeilen widerspiegeln die dramatisch-brenzlige Situation der vergangenen Tage. Was sie verschweigen: Als Brandbeschleuniger fungiert gegenwärtig die internationale Finanzspekulation. Und die Brandstifter sind zum großen Teil in den westlichen Metropolen zu finden; ihnen sind die Ängste des russischen Volkes schnurz-egal.
An den Finanzmärkten erleben wir derzeit ein dejà-vu: Eine Währung wird in Grund und Boden spekuliert – immerhin die Währung des drittstärksten Schwellen- und BRICS-Landes und der sechstgrößten Volkswirtschaft (nach Kaufkraftparitäten). Das spielte sich ähnlich ab, als der Soros-Quantum-Fonds 1992 auf den Ausverkauf des britischen Pfundes spekulierte und es aus dem damaligen Europäischen Währungssystem (EWS) schoss. Für den Spekulanten Soros ein Bombengeschäft. Auch im Rahmen der Südostasien-Krise 1997 wurden die Währungen der sogenannten Tigerstaaten niedergemetzelt, ihre Devisenreserven herausspekuliert und mit der Thai-Währung ein wahres Blut-Baath angerichtet. Ein Jahr später – 1998 - war dann schon einmal die russische Währung Zielobjekt der internationalen Finanzhaie, die das Land in den Staatsbankrott trieben (vgl. Fred Schmid, Die Krise in Russland, isw-spezial 11 (1998). 16 Jahre später rollt der Rubel wieder runter, seit wenigen Tagen rast er bergab. Das russische Währungssystem ist voll im Griff der Spekulation.
Der Unterschied zu damals: Ausgangspunkt für die Spekulationswelle sind diesmal nicht primär ökonomische Krisendaten. Die so genannten Fundamentaldaten waren bis vor einem halben Jahr einigermaßen stabil. Gewiss, Russlands Wachstum hatte sich 2013 auf 1,3% abgeschwächt, was immer noch höher ist als die Stagnation der Eurozone. Die Auslandsverschuldung hatte sich auf 32% des BIP vermindert (2000: 103 %) und auch die Inflationsrate hatte von 20,6% (2000) auf 6,5% (2013) abgenommen. Und Währungsreserven gab es in Hülle und Fülle.
Auslöser ist diesmal eine Kriegserklärung. Der Westen hatte Russland wegen dessen Vorgehen auf der Krim und in der Ostukraine den Wirtschaftskrieg erklärt, das Land mit Sanktionen überzogen. Vor allem die dritte Stufe der Sanktionen richtet sich gegen die Geldversorgung der russischen Wirtschaft. Russische Banken und Konzerne wurden praktisch von der Refinanzierung und Geldaufnahme an den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten. Russische Banken deckten bislang knapp 50 Prozent ihres Kapitalbedarfs in der EU. Russlands Wirtschaft sollte das Geld ausgehen (vgl. dazu: Leo Mayer, Das Imperium im Wirtschaftskrieg, isw-Beiträge, 10.8.14; Fred Schmid: Das Gift der Sanktionen, isw-Beiträge, 2.10.14 auf: www.iswmuenchen.de). Seit Beginn der Finanzsanktionen im Juni hat der Rubel um 44 % abgewertet; im gesamten Jahr bisher 56 %. ..." (Fred Schmid, Institut für sozial-öokologische Wirtschaftsforschung e.V. (isw) München, 19.12.14)
→ hier geht's zu Folge 120
→ alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen
→ die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine
"... Die Regierung Poroschenko kann sich also nicht einmal des staatlichen Gewaltmonopols sicher sein, zumal der Rechte Sektor und etliche Freiwilligenbataillone von Oligarchen wie Igor Kolomojskij finanziert werden und damit grundsätzlich als deren Privatarmeen fungieren können. Kolomojskij, der als Gouverneur von Dnipropetrowsk amtiert, hat offen gesagt [am 27.9.14 - HS], dass er den Waffenstillstand allenfalls vorübergehend anerkennen will. Spätestens im Frühjahr müsse es einen neuen militärischen Angriff auf die abtrünnigen Gebiete im Südosten des Landes geben. ..." (Reinhard Lauterbach in: "Bügerkrieg in der Ukraine - Geschichte, Hintergründe, Beteiligte", Berlin 2014, S. 137)
Aber auch die andere Seite sei motiviert, "den Krieg in der Ukraine, notfalls auf Sparflamme, fortzusetzen", behauptet auf freitag.de der Blogger Sönke Paulsen in seinem Beitrag "Der Frieden wird schrecklich" vom 18.1.15. Er verweist auf eine Äußerung des Premiers der selbsternannten Volksrepublik Donezk (DVR), Alexander Sachartschenko, vom 23.10.14, zitiert von RIA Novosti: "„Wir werden Slawjansk, Kramatorsk und Mariupol einnehmen. Es gelingt leider nicht, die Verhandlungen in friedliche Bahnen zu lenken.“ Laut dem DVR-Premier hielten bis zuletzt nur die Milizen die Waffenruhe ein. „Vorgestern haben wir damit begonnen, das Feuer zu erwidern“, sagte Sachartschenko."
Bei Telepolis hieß es dazu am 24.10.14 wenigstens noch: "Auch wenn solche Äußerungen möglicherweise nur Propaganda sind, so wird deutlich, dass der von Poroschenko eingeleitete Friedensprozess zwar einen prekären Waffenstillstand erreicht hat, der aber jederzeit brechen kann."
Die New York Times zitierte am 16.1.15 Sachartschenko mit einer ähnlichen Äußerung: "Wir werden weiter gehen, nach Slawjansk, nach Kramatorsk, undsoweiter."
• Massive Artillerieoffensive der Kiewer Truppen
"Die ukrainischen Streitkräfte im Raum Donezk haben am Sonntag morgen eine massive Artillerieoffensive gegen Stellungen der Aufständischen begonnen. Präsidentenberater Juri Birjukow erklärte, im »Sektor B« hätten die Streitkräfte den Auftrag bekommen, mit allen verfügbaren Mitteln die Positionen der Separatisten zu beschießen. Von der anderen Seite der Front wurde der Angriff bestätigt.
Ziel der ukrainischen Artillerieoffensive ist es wahrscheinlich, die Stellungen der Aufständischen auf dem Flughafen von Donezk zu zerstören. Dort waren die Regierungstruppen in den letzten Tagen unter Druck geraten. In der Nacht zum Sonntag kämpften sich ukrainische Soldaten auf das Flughafengelände vor, um verwundete Soldaten zu evakuieren und tote zu bergen. Dabei soll nach Birjukows Angaben ein Freiwilligenbataillon den Angriffsbefehl verweigert haben. Solche »Feigheit« werde Folgen haben, schäumte der Präsidentenberater.
Welche Folgen gemeint sind, hat jetzt das ukrainische Parlament neu geregelt. Mit der relativ knappen Mehrheit von 242 Stimmen beschlossen die Abgeordneten eine Reihe von Verschärfungen der militärischen Disziplin. Wie die Agentur 112.ua berichtete, sind die Bataillonskommandeure jetzt ermächtigt, in militärischen Kampfsituationen mit allen Mitteln einschließlich Waffengebrauch »Straftaten wie Befehlsverweigerung, Widerstand oder Bedrohung des militärischen Führers oder Aufgabe von Kampfpositionen« zu unterbinden. Den Entwurf hatten zwei Vertreter der »Volksfront« von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk eingebracht, darunter der zum Abgeordneten gewählte Führer eines der Freiwilligenbataillone, Andrij Teteruk. Der Sekretär des ukrainischen Verteidigungsrates, Olexander Turtschinow, hatte zuvor angekündigt, bei der bevorstehenden Mobilisierung von bis zu 100.000 Männern würden vor allem Arbeitslose einberufen, die bei den Arbeitsämtern registriert seien. ..." (junge Welt, 19.1.15)
• Putins Friedensvorschlag von Poroschenko abgelehnt
"Mit dem drohenden endgültigen Zusammenbruch der Waffenruhe im Osten der Ukraine haben Kiew und Moskau jeweils eigene diplomatische Anläufe zu einer eventuellen friedlichen Regelung genommen. Russlands Präsident Wladimir Putin unterbreitete seinem ukrainischen Kollegen Petro Poroschenko einen Friedensvorschlag, der jedoch nach russischen Angaben umgehend abgelehnt wurde.
In den vergangenen Tagen habe Russland ständig Versuche unternommen, in dem Konflikt zu vermitteln, zitierte die Nachrichtenagentur Itar-Tass Putin-Sprecher Dmitri Peskow am Sonntag. Donnerstagnacht habe Putin Poroschenko sogar einen Brief geschickt mit einem „konkreten Vorschlag“. Der russische Fernsehsender NTV zeigte eine Kopie. Darin schlägt Putin „dringende Maßnahmen zur Beendigung des gegenseitigen Beschusses“ vor. Außerdem sollen die Konfliktparteien Waffen mit einem Kaliber größer als 100 Millimeter rasch abziehen.
Am späten Sonntagabend wiederum schlug das ukrainische Außenministerium der russischen Führung vor, das seit September geltende sogenannte Minsker Abkommen zur Beilegung des Konflikts zu unterzeichnen – dann könnten schon am Montag die Waffen schweigen. Zuvor hatte Kiews Außenminister Pawel Klimkin „echte Perspektiven“ für eventuelle Friedensgespräche gefordert.
Am Sonntag hatten Regierungstruppen und Separatisten erbittert um die Kontrolle über den strategisch wichtigen Flughafen Donezk gekämpft ...
Am Rande einer Trauerzeremonie in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mit Tausenden Menschen lobte Präsident Poroschenko den Mut der Soldaten beim Kampf um den Airport. „Wir geben keinen Fußbreit vom ukrainischen Boden her“, sagte der prowestliche Staatschef. ..." (Handelsblatt online, 18.1.15)
Zur Erinnerung angesichts von Poroschenkos Worten zum Flughafen Donezk: "... Eigentlich hätten die Waffen längst schweigen sollen. Die ukrainischen Truppen dürften im Zusammenhang mit der Minsker Waffenruhe und den nachfolgenden Regelungen über eine Pufferzone längst nicht mehr hier sein. Zwei ukrainische Regierungsvertreter bestätigen, dass der Flughafen in der Zone liegt, aus welcher beide Seiten ihr schweres Gerät entfernen sollten. „Das kann man so interpretieren, dass die ukrainischen Truppen sich von dort zurückziehen müssen“, sagt einer. Der andere wird noch deutlicher: „Zum Minsker Abkommen gehörte, dass der Flughafen an die Donezker ,Republik‘ fallen sollte“. Ein wichtiges Zusatzdetail kommt aus einer dritten Quelle: Präsident Petro Poroschenko persönlich habe Bundeskanzlerin Merkel über diese Regelung informiert. ..." (FAZ online, 1.11.14)
• Großangriff der Kiewer Truppen auf Flughafen Donezk
"Im Konfliktgebiet Ostukraine kämpfen Regierungstruppen und Separatisten erbittert um die Kontrolle über den strategisch wichtigen Flughafen Donezk. Das Militär beklagte mehrere Tote und Verletzte am Sonntag.
Am Rande einer Trauerzeremonie in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mit Tausenden Menschen lobte Präsident Petro Poroschenko den Mut der Soldaten beim Kampf um den Airport. "Wir geben keinen Fußbreit vom ukrainischen Boden her", sagte der prowestliche Staatschef. Er kündigte auf dem Unabhängigkeitsplatz – dem Maidan – an, "die ukrainische Staatlichkeit im Donbass" wiederherzustellen.
Die prorussischen Separatisten warfen den Regierungstruppen vor, mit Panzern und schwerer Artillerie zu schießen. Mehrere Stadtteile von Donezk seien unter Beschuss, darunter auch Bereiche des Stadtzentrums, teilten die Aufständischen mit. Sie hatten am Samstag behauptet, den Flughafen unter ihre Kontrolle gebracht zu haben. Der ukrainische Militärsprecher Andrej Lyssenko wies dies zurück. ..." (Die Welt online, 18.1.15)
"... Der ukrainischen Armee gelang es nach eigenen Angaben mit massivem Panzereinsatz, große Teile des Flughafens zurückzuerobern. Nach Angaben von Armee und Rebellen starben mindestens sieben Menschen. In Kiew demonstrierten derweil Tausende für Frieden.
Nach mehrtägigen heftigen Kämpfen hatten die prorussischen Rebellen verkündet, den Flughafen der ostukrainischen Stadt unter ihre Kontrolle gebracht zu haben.
Die ukrainische Armee rückte daraufhin am Samstag mit mindestens zehn Panzern auf das völlig zerstörte Gelände vor, wie auf Bildern örtlicher TV-Sender zu sehen war. Bei den Gefechten starben nach Armeeangaben vom Sonntag vier Soldaten, mehr als 30 Menschen wurden verletzt. Die Rebellen sprachen von zwei getöteten Zivilisten, ein weiterer wurde in Krasnogoriwka in der Nähe von Donezk getötet.
Es sei gelungen, das Gelände um den Flughafen "fast vollständig zu säubern", sagte der ukrainische Armeesprecher Andrej Lysenko. Der "massive" Einsatz sei beschlossen worden, um Soldaten mit Munition und Ausrüstung zu versorgen sowie Verletzte in Sicherheit zu bringen. Von unabhängiger Seite gab es keine Bestätigung dafür, dass die prorussischen Rebellen zurückgedrängt seien. Journalisten konnten sich dem Gelände nicht nähern.
Unter Beschuss waren am Sonntag auch mehrere Stadtteile von Donezk. Nach Behördenangaben gab es massive Schäden: Häuser wurden zerstört, viele Gebäude waren von der Stromversorgung abgeschnitten. Öffentliche Verkehrsmittel stellten den Betrieb ein, Geschäfte blieben geschlossen. Bewohner berichteten von Schüssen im Nordwesten der Stadt. ..." (Der Tagesspiegel online, 18.1.15)
• Poroschenko: Krieg für europäische Werte
"Der
ukrainische Präsident Petro Poroschenko fordert von Europa Solidarität
mit seinem Land. In einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung
schreibt er, wenn die Ukraine in ihrem Kampf für Demokratie bestehen
solle, „dann müssen alle Europäer heute ein wenig zu Ukrainern werden“.
Wie bei den Millionen Europäern, die dieser Tage mit dem Satz „Je suis
Charlie“ gegen den Terror auf die Straße gegangen seien, gehe es in der
Ukraine „um die Werte, die uns gemeinsam überall in Europa so teuer
sind“. Die Einigkeit der Europäischen Union im ukrainisch-russischen
Konflikt zeige, „dass Europas Rückgrat zu stark ist, um durch
wirtschaftliche Einbußen gebeugt zu werden“.
Der ukrainische Präsident bekräftigte, dass Ukrainer sowohl in ihrem Einstehen für Demokratie und Toleranz als auch im Widerstand gegen die russische Aggression einig seien: „Nachdem wir unsere militärische Kraft im Jahr 2014 stärken konnten, sind wir heute bereit, für unser Land zu kämpfen.“ Der Weg zum Frieden führe in der Ostukraine sie nur möglich, wenn alle Bestimmungen der Minsker Waffenstillstandsvereinbarung vom September vergangenen Jahres „ausnahmslos und verantwortungsvoll von allen Unterzeichnern erfüllt werden – einschließlich der Russischen Föderation“. Geschehe das nicht, werde „ein Gebiet im Herzen Europas zu weiterem Blutvergießen“ verurteilt, „zu noch mehr Terror und Instabilität auch über seine Grenzen hinaus“. ..." (FAZ online, 18.1.15)
Die von Poroschenko eingeforderte europäische Solidarität hat ihm schon mal das Europaparlament zugesichert, worauf Florian Rötzer auf Telepolis am 18.1.15 hinwies: "Das Europaparlament hat am Donnerstag eine Entschließung zur Situation in der Ukraine verabschiedet. Eingebracht wurde sie von der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), auch die Grünen stimmten zu. Nur die Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) lehnte die Entschließung ab und schlug einen Gegenentwurf vor.
Das Europaparlament bekundet der Ukraine und der ukrainischen Bevölkerung seine "uneingeschränkte Solidarität" in der Entschließung. ..."
Dass Poroschenko gar nicht unrecht damit hat, wenn er behauptet, dass der Krieg in der Ostunkraine auch für "europäische Werte geführt wird, zeigt u.a. eine am 18.1.15 begonnene Artikelserie von Sacha Pommerenke im Online-Magazins Telepolis über den "Terrorismus der westlichen Welt": "... zu den Waffen greift die westliche Wertgemeinschaft schnell und gerne. Millionen Tote und unzählige Verstümmelte hinterlässt der "Kampf für Menschenrechte". Die Artikelserie zum Terrorismus der westlichen Welt wirft einen Blick auf die Realitäten der Kriege und "Interventionen", die meist hinter einem medialen Schleier des Anscheins des sauberen und gerechten Krieges verschwinden. ..."
Der ukrainische Präsident bekräftigte, dass Ukrainer sowohl in ihrem Einstehen für Demokratie und Toleranz als auch im Widerstand gegen die russische Aggression einig seien: „Nachdem wir unsere militärische Kraft im Jahr 2014 stärken konnten, sind wir heute bereit, für unser Land zu kämpfen.“ Der Weg zum Frieden führe in der Ostukraine sie nur möglich, wenn alle Bestimmungen der Minsker Waffenstillstandsvereinbarung vom September vergangenen Jahres „ausnahmslos und verantwortungsvoll von allen Unterzeichnern erfüllt werden – einschließlich der Russischen Föderation“. Geschehe das nicht, werde „ein Gebiet im Herzen Europas zu weiterem Blutvergießen“ verurteilt, „zu noch mehr Terror und Instabilität auch über seine Grenzen hinaus“. ..." (FAZ online, 18.1.15)
Die von Poroschenko eingeforderte europäische Solidarität hat ihm schon mal das Europaparlament zugesichert, worauf Florian Rötzer auf Telepolis am 18.1.15 hinwies: "Das Europaparlament hat am Donnerstag eine Entschließung zur Situation in der Ukraine verabschiedet. Eingebracht wurde sie von der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), auch die Grünen stimmten zu. Nur die Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) lehnte die Entschließung ab und schlug einen Gegenentwurf vor.
Das Europaparlament bekundet der Ukraine und der ukrainischen Bevölkerung seine "uneingeschränkte Solidarität" in der Entschließung. ..."
Dass Poroschenko gar nicht unrecht damit hat, wenn er behauptet, dass der Krieg in der Ostunkraine auch für "europäische Werte geführt wird, zeigt u.a. eine am 18.1.15 begonnene Artikelserie von Sacha Pommerenke im Online-Magazins Telepolis über den "Terrorismus der westlichen Welt": "... zu den Waffen greift die westliche Wertgemeinschaft schnell und gerne. Millionen Tote und unzählige Verstümmelte hinterlässt der "Kampf für Menschenrechte". Die Artikelserie zum Terrorismus der westlichen Welt wirft einen Blick auf die Realitäten der Kriege und "Interventionen", die meist hinter einem medialen Schleier des Anscheins des sauberen und gerechten Krieges verschwinden. ..."
• Ukraine-Krise als Teil des des Konkurrenzkampfes um Energie-Märkte
"...
Dem Bürgerkrieg in der Ukraine gingen Planungen für eine Förderung von
Erdgas im großen Maßstab voraus. Exxon, Chevron und Shell wollten dem
Land mithilfe von Fracking-Technologie zur Unabhängigkeit von Russland
verhelfen und Exporte in die Europäische Union beginnen. Ausgerechnet
die an Gas reichen Regionen - die Krim und die Ostukraine - entschieden
sich jedoch für einen anderen Weg. ...
Kaum dass die Proteste auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz an Fahrt aufnahmen, tauchte ein einschlägig bekannter US-Senator auf: John McCain, ehemaliger Präsidentschaftskandidat der Republikaner, saß nicht nur seit 27 Jahren im Streitkräfteausschuss des Senats. Im Wahlkampf 2008 verpassten ihm die Demokraten den Spitznamen "Exxon-John", weil die großen Energieunternehmen der USA seine Ambitionen mit insgesamt zwei Millionen Dollar unterstützt hatten. Dank eines transparenten Systems für Wahlkampfspenden konnte das Democratic National Committee außerdem errechnen, dass die Angestellten von Exxon, Chevron und British Petroleum dem Gegenkandidaten aus der Bush-Tradition zusätzliche 200.000 Dollar zukommen ließen. ...
Das flächenmäßig größte Energievorkommen der Ukraine ist das Skifska-Öl- und Gasfeld im Schwarzen Meer. Das Feld erstreckt sich über 17.000 Quadratkilometer zwischen der Krim und Rumänien. Anfang November 2013, unmittelbar bevor Präsident Janukowitsch überraschend seine Zusage zum Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union zurückzog, unterzeichnete er nach zwölfmonatigen Verhandlungen einen Vertrag mit Exxon. Das größte US-Energieunternehmen wollte gemeinsam mit der österreichisch-rumänischen Firma OMV Petrom und dem Staatsunternehmen Nadra Ukrainy bis zu 250 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus dem Meer holen. Die Jahresproduktion sollte zunächst bei 5 Milliarden Kubikmeter liegen. Dafür wollten die Unternehmen bis zu 12 Milliarden US-Dollar investieren und erhielten einen Fördervertrag über 50 Jahre. Im Bieterwettbewerb hatte das von Exxon geführte Konsortium die russische Firma Lukoil ausgestochen. Allerdings zog sich die Entscheidung über das entscheidende Production-Sharing Agreement (PSA) noch bis Februar 2014 hin, was vermutlich auch am Konflikt um das Assoziierungsabkommen lag. Das britisch-niederländische Unternehmen Shell, das sich zunächst an dem Projekt beteiligen wollte, stieg im Januar 2014 aus dem Konsortium aus. ...
Kaum war der erste Schock über die Ablösung der Krim abgeklungen, begannen jedoch mitten in der Förderregion um Donezk die Aufstände gegen die Putschregierung in Kiew. An allen Zugangspunkten zum Yusifska-Gasfeld, in Slowjansk, Kramatorsk, Wolnowacha, Lyssytschansk und Rubischne, besetzten Bürger die Rathäuser. Die Verkehrswege wurden blockiert und die militärischen Zusammenstöße eskalierten zusehends. Innerhalb weniger Wochen verwandelte sich die Förderregion in ein Bürgerkriegsgebiet.
Die De-facto-Regierung in Kiew versuchte mit allen Mitteln, das Projekt zu retten. Ende Juli 2014, als Anders Fogh Rasmussen in London seine scheinbar unvermittelte Tirade gegen Fracking-Gegner ausstieß, berichtete die Nachrichtenagentur der aufständischen Volksrepubliken, dass unter dem Schutz ukrainischer Soldaten weiterhin Fracking-Bohrtürme errichtet werden. "Zivilisten, geschützt von der ukrainischen Armee, sind dabei, Bohrtürme zu installieren. Weitere Ausrüstung wird in die Region gebracht."
Das dritte große Projekt zur Gasförderung in der Ukraine beendete Chevron schließlich kurz vor Weihnachten 2014. Im Westen der Ukraine hatte sich das Unternehmen die Förderrechte am Olesska-Gasfeld gesichert. Auch hier war die Laufzeit auf 50 Jahre angelegt, auch hier hatte Chevron eine Investition von etwa 10 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt. Wie auch im Osten des Landes wollte Chevron um Lwow herum das Gas mithilfe von Hydraulic Fracturing fördern. ... Auch dieser Vertrag kam unmittelbar vor dem Ausbruch der Ukraine-Krise im November 2013 zustande. Chevron begründete seinen Rückzug öffentlich damit, dass die neue Regierung unter Petro Poroschenko zugesichert habe, dass das Unternehmen Steuervorteile erhält, jedoch habe das Parlament ein entsprechendes Gesetz bis heute nicht verabschiedet. ...
... immer deutlicher, dass sich für die US-Außenpolitik mit der Ukraine-Krise vor allem eine Perspektive verbindet: Den russischen Konkurrenten vom europäischen Energiemarkt zu verdrängen. Das stellt auch den Hintergrund für die Sanktionspolitik gegen Russland. ...
Die energiepolitischen Diskussionen in den USA richteten sich im zweiten Halbjahr 2014 ausschließlich auf die Exportproblematik. Dabei geht es darum, drei Probleme zu lösen. Erstens bestehen aus den Zeiten der knappen Energiereserven rechtliche Beschränkungen für Energieexporte. Zum Zweiten muss die gesamte Infrastruktur, die jahrzehntelang auf Import ausgerichtet war, erst für den Export, etwa von Flüssiggas, umgerüstet werden. Drittens brauchen die US-Unternehmen einen Freihandelsvertrag mit der Europäischen Union, um ihre Investitionen - wie es so schön heißt - gegen politische Entscheidungen abzusichern. ...
Im Berliner Bundeskanzleramt fiel die Entscheidung, russische Gasimporte mittelfristig durch Lieferungen aus Nordamerika zu ersetzen, offensichtlich sehr schnell. Angeblich unterstützt Angela Merkel ein geheimes EU-Positionspapier vom 28. März 2014 für die Freihandelsverträge CETA und TTIP, dass zukünftige Gas- und Ölimporte aus Kanada und den USA zum wichtigsten Thema bei den Freihandelsgesprächen macht. "TTIP wird dazu beitragen, die Sicherheit der Energieversorgung in der EU zu stärken", heißt es darin mit Blick auf Krise in der Ukraine. "Eine solche Anstrengung beginnt man mit seinen engsten Verbündeten."" (Malte Daniljuk auf Telepolis, 17.1.14)
Kaum dass die Proteste auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz an Fahrt aufnahmen, tauchte ein einschlägig bekannter US-Senator auf: John McCain, ehemaliger Präsidentschaftskandidat der Republikaner, saß nicht nur seit 27 Jahren im Streitkräfteausschuss des Senats. Im Wahlkampf 2008 verpassten ihm die Demokraten den Spitznamen "Exxon-John", weil die großen Energieunternehmen der USA seine Ambitionen mit insgesamt zwei Millionen Dollar unterstützt hatten. Dank eines transparenten Systems für Wahlkampfspenden konnte das Democratic National Committee außerdem errechnen, dass die Angestellten von Exxon, Chevron und British Petroleum dem Gegenkandidaten aus der Bush-Tradition zusätzliche 200.000 Dollar zukommen ließen. ...
Das flächenmäßig größte Energievorkommen der Ukraine ist das Skifska-Öl- und Gasfeld im Schwarzen Meer. Das Feld erstreckt sich über 17.000 Quadratkilometer zwischen der Krim und Rumänien. Anfang November 2013, unmittelbar bevor Präsident Janukowitsch überraschend seine Zusage zum Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union zurückzog, unterzeichnete er nach zwölfmonatigen Verhandlungen einen Vertrag mit Exxon. Das größte US-Energieunternehmen wollte gemeinsam mit der österreichisch-rumänischen Firma OMV Petrom und dem Staatsunternehmen Nadra Ukrainy bis zu 250 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus dem Meer holen. Die Jahresproduktion sollte zunächst bei 5 Milliarden Kubikmeter liegen. Dafür wollten die Unternehmen bis zu 12 Milliarden US-Dollar investieren und erhielten einen Fördervertrag über 50 Jahre. Im Bieterwettbewerb hatte das von Exxon geführte Konsortium die russische Firma Lukoil ausgestochen. Allerdings zog sich die Entscheidung über das entscheidende Production-Sharing Agreement (PSA) noch bis Februar 2014 hin, was vermutlich auch am Konflikt um das Assoziierungsabkommen lag. Das britisch-niederländische Unternehmen Shell, das sich zunächst an dem Projekt beteiligen wollte, stieg im Januar 2014 aus dem Konsortium aus. ...
Kaum war der erste Schock über die Ablösung der Krim abgeklungen, begannen jedoch mitten in der Förderregion um Donezk die Aufstände gegen die Putschregierung in Kiew. An allen Zugangspunkten zum Yusifska-Gasfeld, in Slowjansk, Kramatorsk, Wolnowacha, Lyssytschansk und Rubischne, besetzten Bürger die Rathäuser. Die Verkehrswege wurden blockiert und die militärischen Zusammenstöße eskalierten zusehends. Innerhalb weniger Wochen verwandelte sich die Förderregion in ein Bürgerkriegsgebiet.
Die De-facto-Regierung in Kiew versuchte mit allen Mitteln, das Projekt zu retten. Ende Juli 2014, als Anders Fogh Rasmussen in London seine scheinbar unvermittelte Tirade gegen Fracking-Gegner ausstieß, berichtete die Nachrichtenagentur der aufständischen Volksrepubliken, dass unter dem Schutz ukrainischer Soldaten weiterhin Fracking-Bohrtürme errichtet werden. "Zivilisten, geschützt von der ukrainischen Armee, sind dabei, Bohrtürme zu installieren. Weitere Ausrüstung wird in die Region gebracht."
Das dritte große Projekt zur Gasförderung in der Ukraine beendete Chevron schließlich kurz vor Weihnachten 2014. Im Westen der Ukraine hatte sich das Unternehmen die Förderrechte am Olesska-Gasfeld gesichert. Auch hier war die Laufzeit auf 50 Jahre angelegt, auch hier hatte Chevron eine Investition von etwa 10 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt. Wie auch im Osten des Landes wollte Chevron um Lwow herum das Gas mithilfe von Hydraulic Fracturing fördern. ... Auch dieser Vertrag kam unmittelbar vor dem Ausbruch der Ukraine-Krise im November 2013 zustande. Chevron begründete seinen Rückzug öffentlich damit, dass die neue Regierung unter Petro Poroschenko zugesichert habe, dass das Unternehmen Steuervorteile erhält, jedoch habe das Parlament ein entsprechendes Gesetz bis heute nicht verabschiedet. ...
... immer deutlicher, dass sich für die US-Außenpolitik mit der Ukraine-Krise vor allem eine Perspektive verbindet: Den russischen Konkurrenten vom europäischen Energiemarkt zu verdrängen. Das stellt auch den Hintergrund für die Sanktionspolitik gegen Russland. ...
Die energiepolitischen Diskussionen in den USA richteten sich im zweiten Halbjahr 2014 ausschließlich auf die Exportproblematik. Dabei geht es darum, drei Probleme zu lösen. Erstens bestehen aus den Zeiten der knappen Energiereserven rechtliche Beschränkungen für Energieexporte. Zum Zweiten muss die gesamte Infrastruktur, die jahrzehntelang auf Import ausgerichtet war, erst für den Export, etwa von Flüssiggas, umgerüstet werden. Drittens brauchen die US-Unternehmen einen Freihandelsvertrag mit der Europäischen Union, um ihre Investitionen - wie es so schön heißt - gegen politische Entscheidungen abzusichern. ...
Im Berliner Bundeskanzleramt fiel die Entscheidung, russische Gasimporte mittelfristig durch Lieferungen aus Nordamerika zu ersetzen, offensichtlich sehr schnell. Angeblich unterstützt Angela Merkel ein geheimes EU-Positionspapier vom 28. März 2014 für die Freihandelsverträge CETA und TTIP, dass zukünftige Gas- und Ölimporte aus Kanada und den USA zum wichtigsten Thema bei den Freihandelsgesprächen macht. "TTIP wird dazu beitragen, die Sicherheit der Energieversorgung in der EU zu stärken", heißt es darin mit Blick auf Krise in der Ukraine. "Eine solche Anstrengung beginnt man mit seinen engsten Verbündeten."" (Malte Daniljuk auf Telepolis, 17.1.14)
"Obwohl sich die Ukraine und die prorussischen Rebellen im Dezember auf eine Feuerpause geeinigt hatten, wird in der Ostukraine wieder gekämpft: Seit Donnerstag seien elf Menschen getötet worden, teilten die ukrainischen Behörden mit, unter ihnen sechs Soldaten. 18 weitere Armeeangehörige seien verletzt worden. Bei einem Rebellenangriff auf einen Kontrollpunkt bei Luhansk sei ein Zivilist getötet worden.
Das Rathaus von Donezk meldete vier getötete Zivilisten, nachdem ein Lagerhaus nach Beschuss niederbrannte. In der Stadt gab es zudem erneut einen heftigen Angriff auf den Flughafen, wie ein ukrainischer Präsidentenberater mitteilte. "Die Situation ist so schlimm wie seit September nicht mehr", schrieb Präsidentenberater Juri Birjukow. ...
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte, dass wegen des Konflikts die medizinische Versorgung in der Ostukraine zu kollabieren drohe. Es fehlten Impfstoffe und andere Medikamente, sagte die WHO-Beauftragte der Ukraine in Genf. Krankenhäuser seien von der Wasser- und Stromversorgung abgeschnitten, bis zu 70 Prozent des medizinischen Personals seien geflohen. Zudem fehle es an Medikamenten. Die Organisation benötige dringend 19 Millionen Euro, um die Versorgung von rund fünf Millionen Menschen zu verbessern.
In dem seit neun Monaten andauernden Konflikt zwischen der Regierung und Separatisten wurden nach Angaben der WHO-Beauftragten mehr als 4800 Menschen getötet und mehr als 10.000 verletzt." (Spiegel online, 17.1.15)
• Kämpfe um Flughafen Donezk und an anderen Orten fortgesetzt
"Die Kämpfe im Donbass haben in diesen Tagen eine Intensität angenommen wie seit dem Sommer 2014 nicht mehr. Schwerpunkt ist der Flughafen von Donezk. Seit dem Mittwoch greifen Kräfte der »Volksrepublik Donezk« die verbliebenen Stellungen der ukrainischen Regierungstruppen im neuen Terminal an. Wie ein ukrainischer Offizier vor Ort dem Kiewer Fernsehkanal ICTV erklärte, kontrollierten seine Soldaten nur noch einen einzigen Raum in dem Gebäude und lägen von allen Seiten unter Beschuss. Die Aufständischen setzten eine bisher nicht gekannte Vielzahl von Artillerie aller Kaliber, Panzer und Raketenwerfer ein. Auch weiter östlich in der »Volksrepublik Lugansk« nahmen die Kämpfer der Aufständischen ukrainische Stellungen mit schweren Waffen unter Feuer. Sie berichteten über hohe Verluste der Regierungstruppen, die ukrainische Seite räumte sechs Tote und 18 Verletzte auf eigener Seite ein.
Der Flughafen von Donezk, der erst zur Fußball-EM 2012 für viel Geld modernisiert worden war, liegt inzwischen in Trümmern. Er war im April von Aufständischen erobert worden, im Sommer hatten ihn Regierungstruppen eingenommen und von dort aus die umliegenden Wohnviertel beschossen. Nicht nur wegen dieser militärischen Bedeutung sind die Kämpfe so erbittert. Die Anlage zu erobern beziehungsweise zu halten, ist inzwischen für beide Seiten eine Prestigefrage geworden. So haben die Regierungstruppen mehrfach Angebote der Aufständischen zum freien Abzug ausgeschlagen, die ukrainische Führung gibt Durchhaltebefehle aus, die ukrainische Öffentlichkeit heroisiert die Soldaten als »Cyborgs«. ..." (junge Welt, 17.1.15)
• OSZE zieht Beobachter ab
"Angesichts
der verschärften Situation in dem ukrainischen Bürgerkriegsgebiet
Donbass haben einzelne Länder nach Angaben der OSZE ihre Beobachter aus
der Krisenregion abgezogen. Die Experten hätten sich aus den umkämpften
Gebieten Lugansk und Donezk zurückgezogen, sagte Michael Bociurkiw von
der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Er
nannte weder Staaten namentlich noch Zahlen. Die in der Region verhängte
Waffenruhe wird immer wieder gebrochen.
Der OSZE zufolge hat sich die Lage in der Region „bedeutend“ verschlechtert. Die russische OSZE-Botschafter Andrej Kelin teilte mit, es handele sich um westliche Staaten, die wegen der gespannten Situation ihre Vertreter abgezogen hätten.
Nach Darstellung der OSZE sind in der Ukraine 374 internationale Beobachter im Einsatz, davon 217 in Lugansk und Donezk. ..." (FAZ online, 14.1.15)
Der OSZE zufolge hat sich die Lage in der Region „bedeutend“ verschlechtert. Die russische OSZE-Botschafter Andrej Kelin teilte mit, es handele sich um westliche Staaten, die wegen der gespannten Situation ihre Vertreter abgezogen hätten.
Nach Darstellung der OSZE sind in der Ukraine 374 internationale Beobachter im Einsatz, davon 217 in Lugansk und Donezk. ..." (FAZ online, 14.1.15)
In einem Beitrag vom 8.1.15 analysierte das Onlinemagazin German Foreign Policy die aktuelle Rolle des ukrainischen Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk:
"... Jazenjuk treibt die Aufrüstung der ukrainischen Streitkräfte mit aller Macht voran; Beobachter vermuten, Kiew bereite eine erneute Offensive im ukrainischen Bürgerkrieg vor. Berichten zufolge sind mehrere NATO-Staaten in die Aufrüstung der Streitkräfte des Landes involviert. Die Bundesregierung hat bereits im September bestätigt, sie habe Anträge auf die Ausfuhr unter anderem von "Schutzausrüstung" in die Ukraine positiv beschieden. Sogar transatlantische Unterstützer des Kiewer Umsturzes vom Februar 2014 warnen inzwischen, der Einflussgewinn faschistischer Milizen und gewisser Oligarchen drohe ein Warlord-System zu schaffen, das sich jeglicher Kontrolle entziehe. Mit der Unterstützung extrem rechter Bataillone hat sich vor allem die Partei von Ministerpräsident Jazenjuk hervorgetan, der bereits gestern von Bundespräsident Joachim Gauck feierlich empfangen worden ist. ...
Während die Kiewer Kriegsvorbereitungen von einer Reihe von NATO-Staaten aktiv mitgetragen werden, beginnen inzwischen sogar transatlantische Unterstützer des Umsturzes vom Februar 2014 vor den gesellschaftlichen Folgen des Krieges zu warnen. So räumt Adrian Karatnycky, "Senior Fellow" des US-Think-Tanks "Atlantic Council", in einem Beitrag in der einflussreichen "Washington Post" ein, in der Ukraine gewännen mittlerweile "Warlords" immer mehr Macht. Karatnycky selbst hat von 1993 bis 2004 als Präsident der US-Organisation "Freedom House" prowestliche Spektren ("Demokratiebewegungen") in Jugoslawien, Belarus, Russland und der Ukraine unterstützt. Nun stellt er fest, einige Freiwilligenverbände, die in der Ostukraine kämpften, und einige sie finanzierende Oligarchen gerieten außer Kontrolle. Es handelt sich um Verbände wie das faschistische "Bataillon Asow", vor denen Kritiker bereits im Sommer 2014 warnten (german-foreign-policy.com berichtete [5]), und um Milliardäre wie Ihor Kolomojskij, die schon lange für ihre Willkür berüchtigt sind [6]. Wie Karatnycky feststellt, entzögen sie sich zunehmend den Befehlen der ukrainischen Regierung. ...
Tatsächlich hat in besonderem Maße Ministerpräsident Jazenjuk zur Stärkung der faschistischen Bataillone beigetragen. So hat er den Führer des "Bataillons Asow" in die Strukturen seiner Partei integriert; der Mann ist zugleich Führer der faschistischen Bündnisorganisation "Sozial-Nationale Versammlung", die die "ukrainische Nation" als Teil einer "Weißen Rasse" preist und ihre Politik explizit auf "nationalen und rassischen Egoismus" gründet (german-foreign-policy.com berichtete [8]). Über Jazenjuks Parteiliste ist eine frühere Pressesprecherin der faschistischen Partei UNA-UNSO ins Parlament gelangt, die sich ebenfalls dem "Bataillon Asow" angeschlossen hat.[9] Über den ukrainischen Innenminister Arsen Awakow, einen engen Parteigänger von Jazenjuk, heißt es, zu seiner Zeit als Gouverneur von Charkiw habe zumindest einer seiner Geschäftspartner enge Kontakte zu faschistischen Gewalttätern unterhalten, die noch vor wenigen Jahren als Schutztrupp bei Protestaktionen des "Blok Julija Timoschenko" eingesetzt wurden; Regionalvorsitzender des "Blok" war damals Arsen Awakow. "Seit Awakow das Innenministerium leitet, hat die Polizei in Kiew eine Reihe von sogenannten hate crimes, also Verbrechen aus Hass gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen" - genannt werden Menschen mit dunkler Hautfarbe, Juden sowie Schwule - "nicht aufklären können oder wollen", räumt selbst ein glühender Unterstützer der Majdan-Proteste ein. ..."
• Rubel-Sturz als Folge des westlichen Wirtschaftskrieges gegen Russland
"„Russlands Wirtschaft stürzt ab“ (SZ), „Scheitert Russland?“ (HB), „Schwacher Rubel versetzt ein Volk in Angst“ – die Schlagzeilen widerspiegeln die dramatisch-brenzlige Situation der vergangenen Tage. Was sie verschweigen: Als Brandbeschleuniger fungiert gegenwärtig die internationale Finanzspekulation. Und die Brandstifter sind zum großen Teil in den westlichen Metropolen zu finden; ihnen sind die Ängste des russischen Volkes schnurz-egal.
An den Finanzmärkten erleben wir derzeit ein dejà-vu: Eine Währung wird in Grund und Boden spekuliert – immerhin die Währung des drittstärksten Schwellen- und BRICS-Landes und der sechstgrößten Volkswirtschaft (nach Kaufkraftparitäten). Das spielte sich ähnlich ab, als der Soros-Quantum-Fonds 1992 auf den Ausverkauf des britischen Pfundes spekulierte und es aus dem damaligen Europäischen Währungssystem (EWS) schoss. Für den Spekulanten Soros ein Bombengeschäft. Auch im Rahmen der Südostasien-Krise 1997 wurden die Währungen der sogenannten Tigerstaaten niedergemetzelt, ihre Devisenreserven herausspekuliert und mit der Thai-Währung ein wahres Blut-Baath angerichtet. Ein Jahr später – 1998 - war dann schon einmal die russische Währung Zielobjekt der internationalen Finanzhaie, die das Land in den Staatsbankrott trieben (vgl. Fred Schmid, Die Krise in Russland, isw-spezial 11 (1998). 16 Jahre später rollt der Rubel wieder runter, seit wenigen Tagen rast er bergab. Das russische Währungssystem ist voll im Griff der Spekulation.
Der Unterschied zu damals: Ausgangspunkt für die Spekulationswelle sind diesmal nicht primär ökonomische Krisendaten. Die so genannten Fundamentaldaten waren bis vor einem halben Jahr einigermaßen stabil. Gewiss, Russlands Wachstum hatte sich 2013 auf 1,3% abgeschwächt, was immer noch höher ist als die Stagnation der Eurozone. Die Auslandsverschuldung hatte sich auf 32% des BIP vermindert (2000: 103 %) und auch die Inflationsrate hatte von 20,6% (2000) auf 6,5% (2013) abgenommen. Und Währungsreserven gab es in Hülle und Fülle.
Auslöser ist diesmal eine Kriegserklärung. Der Westen hatte Russland wegen dessen Vorgehen auf der Krim und in der Ostukraine den Wirtschaftskrieg erklärt, das Land mit Sanktionen überzogen. Vor allem die dritte Stufe der Sanktionen richtet sich gegen die Geldversorgung der russischen Wirtschaft. Russische Banken und Konzerne wurden praktisch von der Refinanzierung und Geldaufnahme an den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten. Russische Banken deckten bislang knapp 50 Prozent ihres Kapitalbedarfs in der EU. Russlands Wirtschaft sollte das Geld ausgehen (vgl. dazu: Leo Mayer, Das Imperium im Wirtschaftskrieg, isw-Beiträge, 10.8.14; Fred Schmid: Das Gift der Sanktionen, isw-Beiträge, 2.10.14 auf: www.iswmuenchen.de). Seit Beginn der Finanzsanktionen im Juni hat der Rubel um 44 % abgewertet; im gesamten Jahr bisher 56 %. ..." (Fred Schmid, Institut für sozial-öokologische Wirtschaftsforschung e.V. (isw) München, 19.12.14)
→ hier geht's zu Folge 120
→ alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen
→ die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine
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