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Mittwoch, 11. Juli 2012

Syrien: Blick in die Geschichte

Der verdeckte Krieg der USA mit "schmutzigen Tricks" gegen Syrien hat eine lange Geschichte.

Tim Weiner schreibt in seinem 2008 erschienenen Buch "CIA - Die ganze Geschichte" darüber:
"Einer dieser schmutzigen Tricks, nämlich die Verschwörung zum Sturz der syrischen Regierung, zog sich über gut zehn Jahre hin.
Die CIA hatte dort 1949 mit Adib Shishakli einen proamerikanischen Polizeiobersten an die Macht gebracht. Er erhielt direkte Militärhilfe von den USA sowie verdeckte Finanzhilfen. … Er hielt sich vier Jahre, bevor er durch die Baath-Partei und mit Hilfe kommunistischer Politiker und einiger Militärs gestürzt wurde. Im März 1955 verkündete Allen Dulles, das Land sei „reif für einen Staatsstreich durch das Militär“, den die CIA unterstützen werde. Im März 1955 versuchten Kim Roosevelt von der CIA und sein Pendant auf Seiten des britischen Geheimdienstes SIS, Sir George Young, syrische Armeeoffiziere aus dem rechten politischen Spektrum zu mobilisieren. Die CIA stellte den Anführern der Verschwörung eine halbe Million syrische Pfund zur Verfügung. Indessen hatte das Fisako des Suez-Krieges das politische Klima im Nahen Osten vergiftet, Syrien der Sowjetunion angenähert und damit Amerikaner und Briten gezwungen, den Umsturzplan auf Ende Oktober 1956 zu verschieben.
Im Frühjahr und Sommer des Jahres 1957 griffen sie den Plan wieder auf. Ein im Jahre 2003 unter den privaten Papieren von Duncan Sandys, dem Verteidigungsminister des damaligen britischen Premierministers Harold Macmillan, aufgefundenes Dokument macht ihre Intentionen im Einzelnen deutlich.
Syrien muss „als Drahtzieher von Intrigen, Sabotageakten und Gewaltmaßnahmen gegen die Regierungen der Nachbarländer erscheinen“, heißt es dort. CIA und SIS sollten im Irak, im Libanon und in Jordanien „Verschwörungen einfädeln und zu diversen Gewalthandlungen anstiften“ und Syrien als deren Urheber hinstellen. Paramilitärische Gruppen sollten geschaffen und Revolten von Seiten der Moslembruderschaft in Damaskus angezettelt werden. Durch den Anschein von Instabilität würde die Regierung destabilisiert; vom amerikanischen und britischen Geheimdienst inszenierte Grenzzusammenstöße sollten als Vorwand für den Einmarsch der prowestlich orientierten Armeen des Iraks und Jordaniens dienen. CIA und SIS rechneten damit, dass jedes von ihnen an die Macht gebrachte Regime wahrscheinlich „zunächst auf repressive Maßnahmen zurückgreifen und eine Willkürherrschaft errichten“ werde, um das eigene Überleben zu sichern.
Roosevelt sah in Abdul Hamid Serraj, dem langjährigen Chef des syrischen Geheimdienstes, den mächtigsten Mann des Landes. Serraj sollte zusammen mit dem Chef des syrischen Generalstabes und dem Vorsitzenden der Kommunistischen Partei ermordet werden.
Die CIA entsandte Rocky Stone, der sich seine ersten Sporen bei der Iran-Operation verdient hatte, als neuen Leiter des dortigen CIA-Büros nach Damaskus. Er war als Diplomat akkreditiert und hatte den Rang eines Zweiten Sekretärs der amerikanischen Botschaft. Mit der Zusage von Millionenbeträgen in Dollar und der Aussicht auf uneingeschränkte politische Macht gewann er das Vertrauen syrischer Armeeoffiziere. In seinen Berichten an die Zentrale in Langley stellte er die von ihm Angeworbenen als Elitetruppe für einen von den USA sekundierten Staatsstreich dar.
Abdul Hamid Serraj brauchte nicht lang, um Stone zu duchschauen.
Die Syrer führten Stone in die Irre. „Die Offiziere, mit denen er verhandelt hatte, nahmen das Geld und gingen damit zum Fernsehen, um dort auszuplaudern, sie hätten das Geld von ‚korrupten und bösen Amerikanern‘ für ein Umsturzvorhaben gegen die legitime Regierung Syriens erhalten“, berichtete Curtis F. Jones, ein Beamter des Außenministeriums, den man nach Damaskus schickte, um mit dem Schlamassel aufzuräumen, den Stone angerichtet hatte. Serrajs Truppen umstellten die amerikanische Botschaft, nahmen Stone fest und unterzogen ihn einem unsanften Verhör. Er packte aus und sagte alles, was er wusste. …
Die Enthüllung dieses, nach den Worten von Charles Yost, des amerikanischen Botschafters in Syrien, „besonders plumpen Umsturzversuchs“ hatte Folgen, die bis heute nachwirken (Hervorhebung von mir). Die syrische Regierung erklärte Rocky Stone offiziell zur persona non grata. … Die US-Regierung protestierte heftig gegen die „Machenschaften“ und „Verleumdungen“ der Syrer. Stones Mitverschwörer in Syrien … wurden zum Tode verurteilt. Es folgte eine Säuberung der Armee von allen Militärs, die je mit der amerikanischen Botschaft zu tun gehabt hatten.
Aus diesen politischen Wirren entstand ein syrisch-ägyptisches Bündnis, die Vereinigte Arabische Republik (VAR). Sie wurde zur Brutstätte antiamerikanischer Stimmungen im Nahen Osten. In dem Maße, wie das Ansehen der USA in Damaskus in den Keller ging, wuchs der politische und militärische Einfluss der Sowjetunion. Nach diesem kläglich gescheiterten Putschversuch konnten die Amerikaner nicht hoffen, je wieder das Vertrauen der immer despotischer regierenden syrischen Führung zurückzugewinnen.“


Quelle: Tim Weiner "CIA - Die ganze Geschichte" (dt. Ausgabe) Fischer Verlag, Frankfurt/Main, 2008; S. 193 ff.


Das Buch von Tim Weiner steht seit seinem Erscheinen 2008 gelesen in meinem Regal. Ein Beitrag von Moritz Keder in Ossietzky 14/2012 erinnerte mich an die Passage zu Syrien. Danke.

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