Gedankensplitter zur Totalüberwachung in der vermeintlich
offenen Gesellschaft durch jene, die anderswo Krieg für Freiheit und
Demokratie führen und führen lassen
• Zu Recht wird weiter diskutiert über das,
was dank Edward Snowden über "Prism" und "Tempora" bekannt wurde. Nicht anders als widerlich kann
und muss bezeichnet werden, was sich in der Debatte deutsche
Mainstream-Medien leisten. Mit den unwichtigsten Details über Snowdens
Flucht vor den US-Häschern wird Platz und Zeit verschwendet, die
notwendig wären, um Leser, Hörer und Zuschauer darüber aufzuklären, was
Snowden da tatsächlich aufgedeckt hat und wie das der ganzen Freiheits-
und Demokratie-Propaganda der Regierenden widerspricht.
• Frank Rawel hat auf freitag.de auf das Beispiel Tagesspiegel hingewiesen.
Das ist nicht überraschend, nicht nur, weil das Berliner Blatt einst
nach Kriegsende seine Lizenz von den US-Besatzungsbehörden erhielt. Heute gehört die Zeitung Dieter von Hotzbrinck und der gehört zur Atlantik-Brücke e.V., der nach eigenen Worten
"ältesten deutschen Vereinigung zur Förderung der
deutsch-amerikanischen Beziehungen", die "keine Mühe scheuen" will,
"damit dieses Band zwischen Deutschland und Amerika künftigen
Generationen erhalten bleibt". Da dürfen die Tagesspiegel-Redakteure
gar nichts anderes als gegen Snowden hetzen ... Nichts mit freien und
unabhängigen Medien, was eine Verlinkung zur DDR ergeben könnte ... Aber
das führt zu weit an dieser Stelle.
• Ja, und während das Schauspiel um die elektronische Überwachung läuft, samt medialer Claqeure nicht nur beim Tagesspiegel,
können weiterhin Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes der
Bundesrepublik bis zum Jahr 2019 daraufhin überprüft werden, ob sie in
der Vergangenheit für das Ministerum für Staatssicherheit der DDR (MfS =
"die Stasi") gearbeitet haben. Das wurde erst 2011 beschlossen und dabei der Kreis der zu überprüfenden Personen wieder ausgeweitet.
Weil diese Menschen eine Gefahr für die prismatische temporare Demokratie sind ... Vielleicht weil einige von ihnen, nicht die Köche, Wachsoldaten, Chauffeure usw., wissen, wie sowas geht.
• "Im Vergleich dazu war die Stasi ein Wassertropfen im Meer.", so Guido Rudolphi, Experte für Sicherheit im Internet, am 8. Juni 2013 im Tages-Anzeiger.
" ... diese Abhör- und Mitleseoperationen sind weder in den USA noch im
Ausland erlaubt. Für den amerikanischen Kongress ist es
hochnotpeinlich, dass er nun zugeben muss, Hand geboten zu haben dafür,
dass Hunderte Millionen Menschen bespitzelt werden konnten."
•Die Frage von Freitag-Vizechefredakteur Philipp Grassmann "Wo bleibt die Entrüstung?"
ist berechtigt. Auch das Erstaunen über das geringe Interesse auch der
Ausspionierten. Die Regierenden und die Herrschenden werden sicher
darüber erfreut sein ebenso über das größere Interesse an den Details
von Snowdens Flucht vor den Häschern der US-Regierung.
Ich gehöre
nicht zu jenen, die glauben, dass ich nicht betroffen bin, weil ich ja
nichts zu verbergen hätte ... Dazu habe ich zu lange in der DDR gelebt.
Ich war nicht erstaunt über den Fakt der Netzkontrolle durch NSA &
Co. an sich, den Snowden öffentlich gemacht hat, nur darüber, dass die
Details öffentlich gemacht werden konnten. Ich halte auch schon lange
die den Mythos vom herrschaftsfreien Internet eben für einen
realitäsfernen Mythos.
Die Frage ist, was können die Bürger als Opfer
des Kontrollwahns der Herrschenden und der in deren Auftrag Regierenden
dagegen tun. Vor allem, wo die Regierenden z.B. hierzulande dabei
bewußt außer acht lassen, was in Art. 20 GG (2) steht: "Alle
Staatsgewalt geht vom Volke aus." In Absatz (4) des Artikels steht auch:
"Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben
alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht
möglich ist." Doch wer weiß das überhaupt? Welcher Journalist weist
daraufhin, wo doch dieser Überwachungswahn nichts anderes ist als ein
Angriff auf Demokratie, Freiheit und Grundrechte, eben ein Angriff auf
die demokratische Ordnung z.B. der Bundesrepublik? Vielleicht ist das
Desinteresse der Öffentlichkeit und der Einzelnen nur die Reaktion auf
das Ohnmachtsgefühl angesichts solchen Herrschaftshandelns, bei allem
Recht auf Widerstand.
• Michel Foucaults Erkenntnisse über die Internalisierung der
Macht könnten u.a.Anregung für das Verständnis des ausbleibenden
Protestes geben. Stefan Huber, Student an der Zürcher Hochschulder
Künste, hat vor etwa einem Jahr dazu eine passende Seminararbeit über
Foucaults Werk "Überwachen und Strafen" abgeliefert: "Die allsehende Macht"
• James Bamford, Autor des Buches "NSA. Die Anatomie des mächtigsten Geheimdienstes der Welt", hat u.a. 2005 in einem Beitrag für die New York Times festgestellt, dass die NSA der Orwellsche "Große Bruder" sein könnte.
Passend ist ja auch der Film "Der Staatsfeind Nr. 1" aus dem Jahr 1998, in dem die Fähigkeiten der NSA mindestens angedeutet werden.
Falls nicht längst bekannt, hier noch der Link zum ZEIT-Interview mit Bamford vom 20. Juni 2013
• Wie gut das alles hierzulande schon funktioniert zeigt ein absurdes
Beispiel aus dem Umfeld des Skandals um den Umgang mit Gustl Mollath,
auf das Richard Gutjahr aufmerksam gemacht hat. Danach hatte Anfang Juni die Medizinprofessorin Ursula Gresser bei Twitter auf eine Veranstaltung am 10. Juni 2013 mit der bayrischen Justizministerin Beate Merk
hingewiesen mit dem Zusatz, da könne Merk gefragt werden, wann Mollath
freikommt. Die Reaktion darauf war nicht die Antwort auf diese Frage,
sondern der Besuch zweier Zivilpolizisten, die Gresser nach ihrem Tweet
fragen. worauf diese den Text löschte. Das Absurdeste an der ganzen
Geschichte ist, dass Justizministerin Merk bei der Veranstaltung über
folgendes Thema sprach: "Facebook & Co. – sicher surfen in sozialen
Netzwerken".
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