Nachdem ich vor einem Tag über die "Angst der Macht" schrieb, wofür der Prozess gegen die russischen "Pussy Riot" Anlass bot, will ich mich an dieser Stelle nochmal dazu äußern.
Bevor ich zum Zufall bei der ganzen Geschichte komme: Ich finde das Urteil mit zwei Jahren Straflagern nicht gut und halte es für überzogen. Da stimmt aus meiner Sicht die Verhältnismäßgikeit nicht. Was die "Pussy Riot", für mich eine durchgeknallte Mädchenband, als Anlass dafür boten, ist solch ein Strafmaß nicht wert. Auch wenn selbst Tatjana Lokschina von der Human Rights Watch Russland
meint, dass schon die beantragten drei Jahre Haft für Pussy Riot
vielleicht schon die "mildere Strafe" sei. "Auf Rowdytum stünden bis zu
sieben Jahre Straflager", wird sie u.a. vom österreichischen Kurier zitiert.
Es gibt eine Reihe von Dingen bei dieser Geschichte, die mich aber skeptisch werden lassen, wenn behauptet wird, dass es nur wieder um einen diktatorischen Akt des rusischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Freiheit, die Menschenrechte, die Demokratie und auch die Kunst geht. Die ganze Sache ist mir zum Beispiel zu sehr Medienspektakel. Ich bin mir da ganz sicher, dass die "Pussy Riot" längst wissen, wie
Medien reagieren, dass dazu auch Inszenierungen nötig sind, um auf sich
aufmerksam zu machen. Ist ja nicht so, dass in Russland und bei der dort
tätigen ausländischen Presse andere Nachrichtenfaktoren als anderswo
auf der Welt gelten. Und auch in Russland sind die Regeln der
Mediengesellschaft schnell begriffen und gelernt worden. Funktioniert ja
auch prima.
Die Rolle der Religion in Russland bei der Geschichte darf nicht vernachlässigt werden. Hierzulande spielt der Glaube (zum Glück) im gesellschaftlichen Leben nicht mehr eine so große Rolle wie in Russland und anderswo, aus
welchem Grund auch immer. Hierzulande gehen gar nicht mehr so viele
Menschen in die Kirche. Schon deshalb würde ein solcher Auftritt in der
Bundesrepublik eher mit Ignoranz und Psychatrie beantwortet als mit eine
Gefängnisstrafe. Aber auch hierzulande war das mal anders. Aber es müssten mal die deutschen Bischöfe gefragt werden, wie die das sehen würden und was sie tun würden,
wenn sie könnten, wenn jemand nackt auf dem Altar tanzen würden ...
Dieser Prozess gegen die durchgeknallte Mädchenband ist von beiden
Seiten den Aufwand und den Rummel nicht wert, nicht von russischer und
nicht von westlicher Seite. Es ist die Frage nach der
Verhältnismäßigkeit zu stellen und die russische Justiz für das Urteil zu
kritisieren. Aber eben nicht
vergessen werden darf, dass nicht nur die russische Seite die ganze
Angelegenheit symbolisch auflädt, sondern eben auch die westlichen
Verteidiger von Demokratie, Menschenrechten und Freiheit, die eine
durchgeknallte Mädchenpunktband zum Symbol von Freiheit und Demokratie
machen (wollen). Als Atheist muss ich mal dazu sagen: Herrgott, wo leben
wir denn? Gibt es keine anderen Probleme?
Warum die "Pussy Riot" gegen Putin sind und sich nackt oder wie auch
immer für Demokratie einsetzen, mag ganz ehrliche Motive haben. Ich
kenne sie nicht. Und zu jedem System, zu jeder Form von Macht gehört
immer mindestens einer, der dagegen ist, schon weil er als Individuum zu
gunsten der Gemeinschaft auf irgendwas verzichten muss, was er aber als
Individuum ganz toll findet. Das ist ein Grundproblem jeder
menschlichen Gemeinschaft.
Nun zum vermeintlichen Zufall bei der ganzen Geschichte: Als ich las, dass der Anwalt der Band Mark Fejgin sich als "liberalen Konservativen und Freund der CDU"
bezeichnet, dachte ich, dass ich gern mal wissen würde, ob er sich schon mal mit
den Vertretern der Konrad-Adenauer-Stiftung getroffen hat. Die
"Gespenster", die ich in solchen Fällen sehe, rufe ich gar nicht. Die
melden sich ganz von selbst."
Inzwischen hat das "Gespenst" Form angenommen: Der "Pussy Riot"-Anwalt Fejgin gehört zu den Gründern der Bewegung "Solidarnost", worauf Ulrich Heyden in einem Interview mit ihm für die Sächsische Zeitung hinweist. An der Gründung war auch Gari Kasparow, der politisierende Schachspieler, beteiligt. Zu Kasparow habe ich an anderer Stelle auf einige Informationen zu dessen "Kampf für
Demokratie" und die Unterstützung dabei durch
US-Regierungsorgansiationen wie u.a. die USAID hingewiesen.
Vielleicht alles nur Zufall. Auch Folgendes? (Der Zufall ist am Ende
zu finden): "Am 16. Januar 2009 berichtete die elektronische Ausgabe der
außenpolitischen US-Zeitschrift „Foreign Policy“ über die bevorstehende
Ernennung von Michael McFaul zum Leiter des Arbeitsgebietes „Rußland“
im Nationalen Sicherheitsrat (NSC) beim Präsidenten (1) . Am 27. Januar
2009 konnte „Foreign Policy“ diese Meldung bestätigen. Michael McFaul
wird im Apparat des NSC die Amtsbezeichnung „NSC senior director for
Russia and Eurasian affairs“ führen (2) . ...
Am 11. und 12. Juli 2006 war McFaul unter den westlichen Teilnehmern
einer (vom ehemaligen Schachweltmeister Garri Kasparow einberufenen)
Anti-Putin-Konferenz des Bündnisses „Drugaja Rossija“ (einer Koalition
aus Liberalen und Nationalbolschewisten) (9). Kasparow versucht seit
2006 vergeblich eine „Revolution“ in Rußland in Gang zu setzen. Das
unter Leitung des Neokonservativen Bruce P. Jackson stehende Project on
Transitional Democracies hatte damals eine Solidaritätserklärung
westlicher Persönlichkeiten für Kasparows Konferenz organisiert, McFaul
war unter den Unterzeichnern (10). McFaul nahm im März 2008 auch an
einer vom neokonservativen American Enterprise Institute (AEI)
organisierten Konferenz teil, bei der Möglichkeiten für die Einigung der
russischen „Demokraten“ gegen Putin erörtert wurden (11). Diese
Konferenz dürfte eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Ende 2008
proklamierten Gründung von Kasparows neuer politischer Firma „Solidarnost“ gewesen sein. ..." (Quelle)
Kann alles der reine Zufall sein, aber ich bin da skeptisch. Und
deshalb bleibe ich dem ganzen Theater um die "Pussy Riot" gegenüber
weiter skeptisch. Die durchgeknallten Mädels tun mir rein menschlich
leid und ich hoffe, dass sie menschlich unbeschadet aus dem Theater rauskommen.
PS: Was der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Stefan Liebich zu dem Urteil sagt, verwundert mich nicht. Er meint: "'Free Pussy Riot' ist zu einem Synonym für den Kampf für
Meinungsfreiheit und Menschenrechte geworden. Den Verurteilten und auch
allen anderen politisch verfolgten Demokratinnen und Demokraten gilt
unsere Solidarität. Sie müssen umgehend freigelassen werden. Ich fordere
die Bundesregierung auf, sich stärker der sich verschlechternden
Menschenrechtslage in Russland zu stellen." Das zeigt, dass er gar nichts verstanden und begriffen hat, auch nicht, dass Putin nur abschreibt. Da haben doch die herrschenden Kreise hierzulande die selbsternannte "Die Linke" wieder mal da, wo sie sie haben wollen. Das spiegelt den traurigen Zustand der Partei "Die Linke".
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