Die aktuelle Ausgabe 08/2012 der Monatszeitung Le Monde diplomatique bringt einen Text über Afghanistan und erinnert an Mohammed Nadschibullah, den letzten kommunistischen Präsidenten des Landes.
"Nicht selten sieht man in einem Teehaus oder einem kleinen Laden von Kabul ein Bild an der Wand, das einen ernst blickenden Mann mit rundem Gesicht, dunklem Haar und Schnurrbart zeigt. Es ist das Porträt von Mohammed Nadschibullah, dem letzten kommunistischen Präsidenten Afghanistans. Nadschibullah war erst 1986 ins Amt gekommen, davor hatte er jahrelang die straff durchorganisierte Geheimpolizei KHAD geleitet. Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen konnte er sich noch drei Jahre an der Macht halten, bis er 1996 von Talibankämpfern auf grauenhafte Weise umgebracht wurde.
Wenn man Afghanen auf die Nadschibullah-Poster anspricht, hört man Sätze wie: "Er war ein starker Präsident, und wir hatten damals eine starke Armee." Oder: "Kabul war sauber, und alles war in Ordnung." Ein Teehausbetreiber meinte nur: "Nadschib hat gegen Pakistan gekämpft." In der Erinnerung erscheint Nadschibullah also weniger als Sozialist - für viele Afghanen ohnehin ein nebelhafter Begriff -, sondern als Patriot und Modernisierer. ..."
Autor Christian Parenti wertet zwei englische Bücher aus, die sich u.a. mit der sowjetischen Besatzung des Landes am Hindukusch von 1979 bis 1989 beschäftigen. Das eine, "Afgantsy", hat Rodric Braithwaite geschrieben. Er ist ein Veteran der Diplomatie des Kalten Krieges, der als britischer Botschafter in Moskau den Zerfall der Sowjetunion beobachtet hat. In seinem Buch schildert er laut Parenti detailliert und mit viel Gespür die russische Invasion und Besatzungszeit in Afghanistan. "Braithwaites nüchterne und ausgewogene Darstellung kontert zugleich die propagandistisch verzerrten und falschen Informationen, die er selbst als britischer Diplomat in Moskau verbreiten half." Für seine Forschungen habe er Zugang zu Archiven der russischen Regierung, mit Zeitzeugen gesprochen, die im sowjetisch-afghanischen Krieg eine Schlüsselrolle gespielt haben, und sei nach Kabul gereist, um seine Kenntnisse vor Ort zu vertiefen.
Das andere Buch, "Ghosts of Afghanistan", stammt von Jonathan Steele. "Als langjähriger Auslandskorrespondent des Guardian hat er dreißig Jahre lang über Afghanistan berichtet: über die sowjetische Intervention, die Nadschibullah-Ära, die Schreckenszeit unter den Mudschaheddin, den Bürgerkrieg, den Aufstieg der Taliban und die US-amerikanische Besatzung. Steele zeichnet ein umfassendes und nuanciertes Bild von Afghanistan, wobei sein journalistischer Blick für aktuelle Details und Zusammenhänge durch eine langfristige historische Betrachtungsweise ergänzt wird."
Parenti schreibt, dass die sowjetische Führung zwar die Kommunisten in Afghanistan unterstützte. Aber was in dem Land Ende der 70er Jahre passierte, habe Moskau laut Braithwaite gar nicht gefallen. Afghanistan galt weder als reif für den Sozialismus, noch die kommunistische DVPA reif für die Führung des Landes. "Im Laufe des Krisenjahrs 1979 hat die kommunistische Regierung Afghanistans die Sowjetunion ganze dreizehnmal dazu aufgefordert, militärisch einzugreifen. Doch Moskau verweigerte sich mit Verweis auf alle möglichen plausiblen Gründe: 'Wir haben alle Aspekte dieses Vorgehens geprüft', erklärte ein sowjetischer Regierungsvertreter, 'und sind zu dem Schluss gekommen, dass sich durch das Eingreifen unserer Truppen die Situation in ihrem Land nicht nur nicht verbessern, sondern sogar verschlimmern würde.' Erst die Ermordung Tarakis scheint ein Umdenken in Moskau bewirkt zu haben. ..."
Alles Weitere ist Geschichte und kann in dem Beitrag von Le Monde diplomatique weitergelesen werden.
"Nicht selten sieht man in einem Teehaus oder einem kleinen Laden von Kabul ein Bild an der Wand, das einen ernst blickenden Mann mit rundem Gesicht, dunklem Haar und Schnurrbart zeigt. Es ist das Porträt von Mohammed Nadschibullah, dem letzten kommunistischen Präsidenten Afghanistans. Nadschibullah war erst 1986 ins Amt gekommen, davor hatte er jahrelang die straff durchorganisierte Geheimpolizei KHAD geleitet. Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen konnte er sich noch drei Jahre an der Macht halten, bis er 1996 von Talibankämpfern auf grauenhafte Weise umgebracht wurde.
Wenn man Afghanen auf die Nadschibullah-Poster anspricht, hört man Sätze wie: "Er war ein starker Präsident, und wir hatten damals eine starke Armee." Oder: "Kabul war sauber, und alles war in Ordnung." Ein Teehausbetreiber meinte nur: "Nadschib hat gegen Pakistan gekämpft." In der Erinnerung erscheint Nadschibullah also weniger als Sozialist - für viele Afghanen ohnehin ein nebelhafter Begriff -, sondern als Patriot und Modernisierer. ..."
Autor Christian Parenti wertet zwei englische Bücher aus, die sich u.a. mit der sowjetischen Besatzung des Landes am Hindukusch von 1979 bis 1989 beschäftigen. Das eine, "Afgantsy", hat Rodric Braithwaite geschrieben. Er ist ein Veteran der Diplomatie des Kalten Krieges, der als britischer Botschafter in Moskau den Zerfall der Sowjetunion beobachtet hat. In seinem Buch schildert er laut Parenti detailliert und mit viel Gespür die russische Invasion und Besatzungszeit in Afghanistan. "Braithwaites nüchterne und ausgewogene Darstellung kontert zugleich die propagandistisch verzerrten und falschen Informationen, die er selbst als britischer Diplomat in Moskau verbreiten half." Für seine Forschungen habe er Zugang zu Archiven der russischen Regierung, mit Zeitzeugen gesprochen, die im sowjetisch-afghanischen Krieg eine Schlüsselrolle gespielt haben, und sei nach Kabul gereist, um seine Kenntnisse vor Ort zu vertiefen.
Das andere Buch, "Ghosts of Afghanistan", stammt von Jonathan Steele. "Als langjähriger Auslandskorrespondent des Guardian hat er dreißig Jahre lang über Afghanistan berichtet: über die sowjetische Intervention, die Nadschibullah-Ära, die Schreckenszeit unter den Mudschaheddin, den Bürgerkrieg, den Aufstieg der Taliban und die US-amerikanische Besatzung. Steele zeichnet ein umfassendes und nuanciertes Bild von Afghanistan, wobei sein journalistischer Blick für aktuelle Details und Zusammenhänge durch eine langfristige historische Betrachtungsweise ergänzt wird."
Parenti schreibt, dass die sowjetische Führung zwar die Kommunisten in Afghanistan unterstützte. Aber was in dem Land Ende der 70er Jahre passierte, habe Moskau laut Braithwaite gar nicht gefallen. Afghanistan galt weder als reif für den Sozialismus, noch die kommunistische DVPA reif für die Führung des Landes. "Im Laufe des Krisenjahrs 1979 hat die kommunistische Regierung Afghanistans die Sowjetunion ganze dreizehnmal dazu aufgefordert, militärisch einzugreifen. Doch Moskau verweigerte sich mit Verweis auf alle möglichen plausiblen Gründe: 'Wir haben alle Aspekte dieses Vorgehens geprüft', erklärte ein sowjetischer Regierungsvertreter, 'und sind zu dem Schluss gekommen, dass sich durch das Eingreifen unserer Truppen die Situation in ihrem Land nicht nur nicht verbessern, sondern sogar verschlimmern würde.' Erst die Ermordung Tarakis scheint ein Umdenken in Moskau bewirkt zu haben. ..."
Alles Weitere ist Geschichte und kann in dem Beitrag von Le Monde diplomatique weitergelesen werden.
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