Gesammelte Nachrichten und Informationen zum Ukraine- und zum
West-Ost-Konflikt und den Hintergründen, ohne Gewähr und Anspruch auf
Vollständigkeit, fast ohne Kommentar
• Poroschenko arbeitet an "Plan B" für Kiewer Kontrolle über den Donbass
"Der
ukrainische Präsident Petro Poroschenko arbeitet nach eigenen Worten an
einem „Plan B“ zur Regelung der Situation im Donbass.
Er
unternehme alle möglichen Anstrengungen, damit die Minsker
Vereinbarungen umgesetzt und die ukrainischen Territorien wieder unter
die ukrainische Souveränität gestellt würden, sagte Poroschenko am
Sonntag in einem Interview für drei ukrainische Fernsehsender.
Die
ukrainische Armee sei innerhalb des zurückliegenden Jahres erstarkt und
nun bereit, „dem Aggressor Einhalt zu gebieten“, „wenn es eine
umfassende Offensive geben sollte“. ...
Aus dem
Verteidigungsamt der „Donezker Volksrepublik“ hieß es indes, dass die
ukrainischen Militärkräfte sich auf eine Offensive gegen die
selbsterklärten Volksrepubliken Donezk und Lugansk vorbereiten würden.
Dem Vize-Chef des Stabes der Donezker Volkswehr, Eduard Bassurin,
zufolge sind bereits vier Angriffsgruppierungen mit einer Mannstärke von
insgesamt mehr als 90.000 aufgestellt worden." (Sputnik, 7.9.15)
• NATO will Präsenz in der Ukraine erweitern
"Nato-Generalsekretär
Jens Stoltenberg reist im September nach Kiew, um sich über eine
Erweiterung der Präsenz der Allianz in der Ukraine zu verständigen und
erstmals an einer Sitzung des nationalen Sicherheits- und
Verteidigungsrates teilzunehmen, wie die ukrainische Agentur „Ukrinform“ unter Berufung auf Außenminister Pawel Klimkin mitteilte.
Zuvor war die Eröffnung einer Nato-Vertretung in der Ukraine angekündigt worden.
Auf
Details wollte der Minister nicht eingehen. Klimkin hat sich nach
eigenen Worten am Montag in Brüssel mit dem Nato-Generalsekretär
getroffen.
„Ich habe mit dem Nato-Generalsekretär seinen
bevorstehenden Ukraine-Besuch besprochen, der von besonderer Bedeutung
wird, weil Stoltenberg neben dem ukrainischen Präsidenten der Eröffnung
der Übungen im Zivilschutzbereich beiwohnen wird (…)“, zitierte die
ukrainische Nachrichtenagentur UNIAN den Minister.
Wie
Klimkin später erläuterte, haben Kiew und die Allianz vor, ein Abkommen
über eine Nato-Vertretung in der Ukraine zu unterzeichnen. Faktisch
handele es sich um eine Botschaft der Nato in der Ukraine, schrieb
Klimkin auf seiner Twitter-Seite. ..." (Sputnik, 7.9.15)
• IWF-Direktorin Lagarde bewundert Kiewer Leistungen
"Die
geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF),
Christine Lagarde, ist beeindruckt mit den Fortschritten, die die
Ukraine in den letzten Monaten erreicht hat.
Das erklärte
sie während des gemeinsamen Briefings mit dem Präsidenten der Ukraine,
Petro Poroschenko, in Kiew, berichtet ein Ukrinform-Korrespondent.
„Ich
bin sehr beeindruckt mit dem Fortschritt, der in den letzten Monaten
erreicht wurde. Die Ukraine hat die Welt mit ihren Leistungen in so
kurzer Zeit überrascht. Es ist einfach unglaublich. Ich kann das sagen,
weil als geschäftsführende Direktorin von IWF wir Hauptinformationen
wissen, und verfolgen, was im Lande passiert“, sagte Lagarde.
Ihr
zufolge ist es der Ukraine bei sehr schwierigen Umständen gelungen, die
Makrostabilisierung zu erreichen und die Wirtschaft zu bekommen, die
Anzeichen der Erholung und Stärke zeigt.
Frau Lagarde
stellte ferner fest, dass der IWF und die internationale Gemeinschaft
weiter die Ukraine unterstützen werden. „Wir unterstützen nicht nur die
Ukraine, sondern bewundern sie auch“, fügte sie hinzu." (Ukrinform, 7.9.15)
• Kolonialismus in neuen Formen
Griechenland und
die Ukraine sind Beispiele für neue Formen des Kolonialismus in Europa.
Das schrieb der US-Ökonom Jack Rasmus in einem am 3.9.15 auf der Website des lateinamerikanischen Senders Telesur TV veröffentlichten Beitrag.
Es sei kein Kolonialismus durch militärische Eroberung und Besetzung
wie im 19. Jahrhundert, auch kein wirtschaftlicher Kolonialismus wie ihn
die USA nach 1945 praktizierten. Im 21. Jahrhundert erfolge er durch
die Übertragung finanzieller Vermögenswerte, so Rasmus. Ausgewählte
Manager des kolonisierten Landes würden nun die entsprechenden Prozesse
verwalten, um die Vermögenswerte ihres Landes an ausländische Besitzer
zu übertragen. In Griechenland habe die "Troika" aus Europäischer
Kommission, der Europäischen Zentralbank, des IWF und Europäischem
Stabilitätsmechanismus (ESM) die direkte Verwaltung des griechischen
Volksvermögens begonnen, eingeleitet durch das von der griechischen
Regierung und der "Troika" am 14.8.15 unterzeichnete "Memorandum of Understanding".
In der Ukraine sei das noch direkter geschehen, indem US- und
EU-Schattenbanken neue Finanz- und Wirtschaftsminister installierten.
Die Vermögenstranfers geschehen in verschiedenen Formen, so der Ökonom:
als Zinszahlungen auf die steigenden Schulden, als direkte Verkäufe an
Investoren und Banken der Kolonialmächte und durch die De
facto-Übernahme des Bankensystems und der Bankguthaben des kolonisierten
Landes.
Nachdem in der Ukraine US- und EU-Banker im Dezember 2014 als Finanz- und Wirtschaftsminister (Natalie Ann Jaresko
und Aivaras Abromavicius) installiert wurden, seien der Ukraine neue
Kredite zugesagt worden. Diese Kredite führten zu neuen Schulden.
Außerdem kündigte Premierminister Arsenij Jazenjuk schnellere
Privatisierungen von 342 ukrainischen Unternehmen im Staatsbesitz an.
Von den Verkäufen zu Ramschpreisen würden wahrscheinlich die Freunde und
Auftraggeber der neuen Minister, die die Verkäufe genehmigen, aus den
USA und der EU profitieren. Jedes fünfte der Unternehmen gelte als
technisch bankrott und könne durch den Verkauf nicht zur Schuldentilgung
beitragen. Ihre Zahlungsunfähigkeit sei das Beste, was den US- und
EU-Schattenbanken sowie den multinationalen Konzernen passieren könne.
Bisher hätte der IWF und die anderen Institutionen die verschuldeten
Ländern, denen per "Rettungspaket" vorgeschrieben wurde, was sie tun
sollen, diese nicht selbst übernommen. Nun erfolge aber die direkte
Verwaltung, damit das betroffene Land sich nicht eventuell sträuben oder
die Übertragung der Vermögenswerte zur Tilgung der steigenden Schulden
nicht verzögern könne.
Kommentar: Es ließe sich auch von
Imperialismus mit neuen Mitteln sprechen. Die Mechanismen, auf die
Rasmus hinwies, sind allerdings nicht so neu. Der ehemalige
"Wirtschaftskiller" John Perkins schilderte sie u.a. in seinem Buch "Bekenntnisse eines Economic Hit Man" und auch in dem Film Film "Let's make money" (nachzulesen u.a. in den Mosaiksteinen zu Griechenland vom 14.7.15).
Neu ist nur, dass diese Methoden nun auch auf europäischem Boden
angewandt werden, nachdem sie sich u.a. in Lateinamerika und Afrika
bewährten.
• Heldenverehrung in Springers Welt
Die Tageszeitung Die Welt veröffentlichte am 2.9.15
in ihrer Onlineausgabe ein Porträt eines der Mitglieder der
faschistischen Partei "Swoboda", der auch in einem der Freikorps in der
Ostukraine kämpft:
"Ein warmer Sommerabend im
Zentrum von Kiew. Eine feierliche Filmpremiere, dann Stehempfang, danach
eine große Runde in der Kneipe. Mit am Tisch sitzen Olexander und
Krystyna. Nachdem Olexander sein Steak verzehrt hat, erklärt er das
Leben in der Ukraine. "Wer hier eine Extremsportart betreiben will, der
muss nicht Fallschirm springen. Es reicht, wenn er Unternehmer wird. Das
ist bei uns der extremste Sport. Und außerdem der Krieg. Die beste
Erfahrung meines Lebens."
Niemand hatte den Zivilisten
Olexander Martynenko gezwungen, im Osten der Ukraine an die Front zu
gehen. Er wollte dort sein Land verteidigen – gegen die russischen
Söldner und die separatistischen Rebellen. Wie Tausende seiner
Landsleute, die vor einem Jahr aus dem Nichts Freiwilligenbataillone
gebildet haben, um der Armee zur Seite zu stehen. Aus Wut auf den 2014
gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch hatte sich Olexander auch der
Partei der Nationalisten angeschlossen. Es waren vor allem seine
Parteifreunde, die am Montag in Kiew gegen Zugeständnisse an Russland
demonstrierten; dabei warf ein Protestierer eine Granate, die drei
Polizisten tötete. ...
Olexander Martynenko ist auf
Kamtschatka in Russland aufgewachsen. Dann zog die Familie nach
Tadschikistan, wo immer noch seine Oma lebt. Doch die meiste Zeit
verbrachte Olexander in Kiew. Vater Ukrainer, Mutter Russin: ein
typisches Kind des Schmelztiegels Sowjetunion. Ähnlich Krystyna: Vater
Russe, Mutter Ukrainerin, aufgewachsen in der Ostukraine. Für beide war
die Familiensprache Russisch. Aber die Erwachsenen Olexander und
Krystyna sind – wie Millionen russischsprachiger Bürger – Patrioten der
Ukraine. Jetzt erst recht. ...
Olexander schloss sich den
Nationalisten an, der Partei Swoboda (Freiheit). Eine liberale Kraft war
für ihn nicht attraktiv. "Die Nationalisten haben das alte System am
konsequentesten bekämpft", findet Olexander. Das System zeigte bald,
dass sein schlechter Ruf berechtigt war: Janukowitsch brach, von
Wladimir Putin unter Druck gesetzt, die Annäherung an die EU, auf die er
sein Land vorbereitet hatte, plötzlich ab. Daraufhin gab es wochenlange
Proteste auf dem Maidan. Natürlich demonstrierte Olexander mit.
...
Krieg
führen ist nicht schwer, sagt Olexander. "Man braucht dazu Intellekt,
körperliche Konstitution und das Ausführen von Befehlen." Angst empfand
er nicht. Und dann das – wie er sagt – Einmalige des Krieges: "Dort gibt
es nur Weiß oder Schwarz. Freund oder Feind. Basta. Und der Mensch wird
zum Kristall. Dort kann er nichts verstecken. Dort erfährst du, was für
ein Mensch du bist." Aber brutalisiert der Krieg nicht den Menschen?
"Wer vorher eine Quelle von Brutalität in sich hatte, bei dem kommt es
raus. Und wer vorher ein guter Mensch war, bei dem kommt auch das raus.
Das Echte, das Wahre gibt es nur im Krieg. Die gegenseitige Hilfe, die
Freundschaften fürs Leben. Im zivilen Leben ist das alles so unscharf,
so verwaschen." ...
"Das ist für uns ein heiliger Krieg", sagt der
frühere Unternehmer Olexander ruhig, fast lakonisch. "Ein Kampf für
unsere Unabhängigkeit. Und die Opfer werden unser Land vereinen. Sie
werden die Helden der Zukunft sein. Für einen Mann ist es eine Ehre, im
Krieg zu sterben. Das ist nicht jedem gegeben." ..."
→ hier geht's zu Folge 249
→ alternative Presseschau aus ukrainischen, ostukrainischen und russischen Quellen
→ die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine
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