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Sonntag, 15. September 2013

Ein paar Hinweise zu den Interessen der USA und Russlands in Syrien

In der Diskussion um den Krieg gegen und in Syrien geht es immer wieder auch um die Interessen der USA und Russlands.

• Der Börsenmakler Dirk Müller hat auf seiner Website cashkurs.com einen interessanten Beitrag von Roman Baudzus veröffentlicht. In dem Text vom 9. September (leider nicht frei zugänglich) beschäftigte sich der Autor mit der Frage, wer in den USA den offenen Kriegseintritt will. Seine Antwort unter der Überschrift „USA: Bestimmtes Gesellschaftselement will Syrien-Krieg mit allen Mitteln“ macht deutlich, „welche Interessen und Lobbygruppen hinter der Befürwortung eines neuen Kriegsabenteuers stehen – und wie egal der Regierung die Interessen der breiten Bevölkerung sind.“ Baudzus wies darauf hin, dass es immer noch keine Beweise für die Verantwortung der syrischen Regierungsseite für den mutmaßlichen Giftgaseinsatz am 21. August gibt, aber dafür umso mehr die entsprechende „westliche Propaganda auf die Spitze getrieben“ werde. Und weiter: „In Washington wollen sie diesen Krieg, koste es was es wolle. Einerseits hat es die US-Regierung in den letzten zwei Jahren trotz intensiver Waffenhilfe für die syrischen Rebellen nicht geschafft, Assad zu stürzen. Andererseits würden die USA wie eine Maus im geostrategischen Ring dastehen, falls nun kein Militärschlag erfolgen würde.“ Das bisher nicht erreichte strategische Hauptziel der US-Kriegstreiber sei „ganz klar mit dem Sturz Assads verbunden“, der der Hauptverbündete Irans sei. „Syrien aus dem Spiel zu nehmen ist der klare Strategieplan des Westens, die letzte Bastion im Nahen Osten, die eine komplette militärische Einkreisung des Iran bislang noch verhindert.“
Baudzus schrieb von dem „Anschein, als ob es noch nicht in die Köpfe Washingtons eingezogen zu sein scheint, dass Amerika sich Kriege aufgrund der heimischen Wirtschaftslage einfach nicht mehr leisten kann“. Ungeachtet dessen wolle vor allem der militärisch-industrielle Komplex in den USA samt seiner politischen Stellvertreter und Fürsprecher den Kriegseintritt gegen Syrien. Baudzus verwies auf einen Beitrag der Huffington Post vom 29. August, in dem der republikanische Kongressabgeordnete Alan Grayson das bestätigte. Laut Grayson sei selbst „im Fall der Vorlage eindeutiger Beweise für einen Giftgaseinsatz der Assad-Regierung eine Zustimmung seiner durch ihn im Kongress vertretenen Wähler kaum vorhanden“. Der Abgeordnete habe festgestellt, dass zum Beispiel die Aktienkurse von US-amerikanischen Raketenherstellern in den letzten zwei Monaten starke Zuwächse zu verzeichnen hatten. „Allein die Aktie von Raytheon sei in diesem Zeitraum um 20 Prozent gestiegen, da die Wahrscheinlichkeit für den Einsatz dieser Raketen im Syrien-Konflikt immer größer werde.“ Für Grayson sei diese Entwicklung ein „unverkennbares Anzeichen für die Tatsache, dass es bestimmte US-Gesellschaftsschichten gäbe, die von einem Kriegseinsatz der USA in Syrien finanziell profitieren würden“.
Baudzus schrieb weiter in seinem Beitrag: „Wer daran noch einen Zweifel hat, sollte sich der Anfang September getätigten Aussagen des republikanischen Senators John McCain gewahr werden. Laut McCain müsse der US-Kongress eine Resolution pro Militärschläge gegen Syrien verabschieden. Falls die Gesetzgeber sich nicht auf eine entsprechende Resolution einigen sollten, wäre dies katastrophal für die US-Interessen in der Region. Eine Katastrophe? Warum eigentlich? Und in welcher Weise ist Syrien eigentlich eine direkte Bedrohung für die USA? Syrien scheint eine derart große Gefahr zu sein, dass McCain mitten im Zuge der laufenden Anhörung in der vergangenen Woche durch einen Fotografen der Washington Post dabei erwischt wurde, wie er Poker auf seinem iPhone spielte.“ Er sei ein „bißchen gelangweilt“ gewesen, erklärte Kriegstreiber McCain später.

Am 19. Mai 2011 hatte EuroNews gemeldet: „Die USA wollen im arabischen Raum eine historische Chance nutzen: Davon spricht angesichts der Umwälzungen dort der amerikanische Präsident. Barack Obama befasst sich in seiner Rede mit den Entwicklungen in den arabischen Ländern. Dazu zählen auch Länder, die sich reformunwillig zeigen. Der Präsident geht vor allem auf Syrien ein, wo die USA bisher weniger entschlossen als zum Beispiel in Libyen wahrgenommen wurden.
Die USA seien gegen Gewalt und Unterdrückung, sagt Obama. Präsident Assad habe die Wahl: Er könne an der Spitze des Übergangs stehen oder abtreten. Syriens Regierung dürfe nicht mehr auf Demonstranten schießen und müsse friedlichen Protest zulassen. Bei Amerikas Unterstützung der Demokratie, sagt Obama weiter, gehe es um stabile Finanzen, um Reformen und darum, wettbewerbsfähige Märkte untereinander und mit der Weltwirtschaft zu verbinden. Los gehe es mit Tunesien und Ägypten.“

• Eine interessante Analyse der russischen Syrienpolitik veröffentlichte die Bundeszentrale für politische Bildung auf ihrer Website. In dem Text vom 29. März beschäftigte sich Dr. Margarete Klein von der regierungsfinanzierten Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) mit den Interessen und Motiven Russlands innerhalb des „syrischen Knotens“, von dem Lutz Herden kürzlich auf freitag.de schrieb. „Von Anfang an nahm Russland im Syrienkonflikt eine klare Haltung ein, die es trotz aller Kritik aus dem Westen und der Region selbst bis heute beibehalten hat: die Kämpfe zwischen Regime und Opposition seien nur inner-syrisch zu lösen, nämlich durch ergebnisoffene Verhandlungen zwischen beiden Seiten, wobei der Rücktritt Assads keine Vorbedingung sein dürfe. Eine Einmischung externer Kräfte wird strikt abgelehnt, wobei sich dies nicht nur auf die Bewaffnung der Opposition oder eine militärische Intervention, sondern auch auf die Verhängung von Sanktionen oder die bloße Ausübung einseitigen diplomatischen Drucks auf die Führung in Damaskus bezieht.“ Die wirtschaftlichen und militärischen Interessen Russland seien nur „peripher von Bedeutung“ so die Autorin. Es sei viel über die materiellen Interessen Moskaus spekuliert worden, über die Rüstungsexporte und die Marinebasis Tartus. „Der Verlauf des Konflikts zeigte aber, dass beide nur von nachgeordneter Bedeutung sind und bei weitem nicht ausreichen, die russische Haltung zu erklären.“ Klein verwies auf Fakten: „Bei den Außenhandelspartnern Russlands liegt Syrien mit einem Umfang von 855 Mio. Euro im Jahr 2011 auf dem zu vernachlässigenden 35. Platz – hinter Tunesien (871 Mio. Euro), Marokko (1,4 Mrd. Euro), Israel (1,5 Mrd. Euro), Ägypten (1,9 Mrd. Euro), dem Iran (2,7 Mrd. Euro) und der Türkei (15,4 Mrd. Euro).“ Lediglich für die russische Rüstungsindustrie sei Syrien in der Vergangenheit ein wichtiger Abnehmer gewesen. Doch: „Die Sorge um Bestandswahrung und Zukunftsaussichten der Rüstungsverträge können Moskaus Haltung aber nicht erklären.“ Die Bedeutung Syriens für Russlands Rüstungsindustrie sei seit Beginn der gewaltsamen Auseinandersetzungen gesunken. „Hatte Damaskus nach Angaben des ‚Moscow Defense Brief‘ bei den identifizierbaren Lieferungen im Jahr 2011 noch einen Anteil von 8 %, so sank dieser 2012 auf 4 %. Bei den neu unterzeichneten Rüstungsverträgen im Jahr 2011 schrumpfte der Anteil Syriens noch drastischer – von 15 % im Jahr 2011 auf de facto 0 % 2012. Schließlich wurden neue Verträge 2012 entweder nicht abgeschlossen oder suspendiert.“ Die Autorin stellte fest: „Ganz gleich, ob der Bürgerkrieg in Syrien anhält, ob Assad sich durchsetzt oder die Opposition gewinnt – für Russlands Rüstungsindustrie dürfte Syriens Waffenmarkt kurzfristig verloren sein.“ Selbst wenn Assad Präsident bleibe, „wird sich die Frage nach der Zahlungsfähigkeit der syrischen Regierung stellen“.
Klein machte außerdem darauf aufmerksam, dass der die Bedeutung des Exports für Russlands militärisch-industriellen Komplex gesunken sei. „War der Export bis in die frühen 2000er Jahre für das Überleben dieser Branche entscheidend, stammten Ende 2012 nach Angaben Dmitrij Rogosins nurmehr 22 % der Einnahmen der Rüstungsindustrie aus dem Verkauf ins Ausland.“ Ebensowenig wie ökonomische Motive könnten militärische Interessen die Haltung Moskaus im Syrienkonflikt erklären, stellte die SWP-Wissenschaftlerin fest. „Der Versorgungs- und Reparaturstützpunkt in Tartus stellt die einzige Marinebasis Russlands außerhalb des postsowjetischen Raums dar. Dieser wird benötigt, um Einsätze über einen längeren Zeitraum im Mittelmeer bzw. am Horn von Afrika durchführen zu können.“ Die strategische Bedeutung des Marinestützpunkts dürfe nicht überbewertet werden. „In vielem dient Tartus eher der Großmachtdemonstration Russlands.“
Die Autorin stellte klar: „Die eigentlichen Motive der russischen Syrienpolitik gehen über materielle Interessen hinaus. Sie betreffen grundlegende Fragen der internationalen Ordnung und regionalen Machtbalance, aber auch konkrete sicherheitspolitische Risiken für Russland selbst.“ Es gehe um das Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Souveränität und der sogenannten Schutzverantwortung ("responsibility to protect" – "R2P"). „War Moskau in Libyen noch bereit, der westlichen Interpretation entgegen zu kommen, so wirkte gerade die Erfahrung mit diesem Konflikt verhärtend auf die russische Position.“ Klein verwies zudem auf die Befürchtungen in Moskau, dass der islamistische Extremismus sich weiter ausbreite.

• Die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti gab am 12. September wieder, was der rusische Präsident Wladimir Putin in der New York Times am selben Tag schrieb: "Moskau macht sich nicht für das syrische Regime stark, sondern setzt sich für das Völkerrecht ein und pocht darauf, dass kein Weg am UN-Sicherheitsrat vorbei führt… ."

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