Das entsprechende Gremium der USA für geheime Operationen im Ausland zum Beispiel wurde 1955 ins Leben gerufen und wechselte seitdem mehrmals den Namen: Von der "Special Group" des Nationalen Sicherheitsrates (NSC) zum "303 Committee", danach "40 Committee", "Operations Advisory Group", später "NSC Special Coordination Committee". Die letzten Informationen sprechen von der "National Security Planning Group" in den 80er Jahren. In welcher Form und unter welchem Namen dieses Gremium weiterarbeitet, ist mir nicht bekannt. Fletcher L. Prouty zu Folge gehörten dem Gremium meist der Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten als dessen Vertreter, ein Vertreter des US-Außenministeriums, einer aus dem Kriegsministerium, dem Pentagon, der CIA-Direktor und seit US-Präsident John F. Kennedy auch der US-Generalstabschef an. In der BBC-Dokumentation "Death in the Water" (2003) von Christopher Mitchell über den Angriff israelischer Flugzeuge und Schnellboote auf das US-Spionageschiff "USS Liberty" bestätigt der Ex-CIA-Chef Richard Helms das "303 Committee" (auch "Committee 303" geschrieben). Laut Helms plante und entschied es verdeckte Aktionen der USA im Namen des US-Präsidenten. Das sei so geschehen, dass der Präsident bei einem Scheitern nicht belastet werden könne, erklärte Ex-CIA-Chef in dem BBC-Film.
Ich weiß nicht, ob es in der Bundesrepublik ein vergleichbares Gremium gibt. Bekannt ist der Bundessicherheitsrat, ein Ausschuss der Bundesregierung. Aber nicht das Gremium ist aus meiner Sicht das Entscheidende, sondern das Prinzip und die Arbeitsweise. Merkels erste ausweichende Antworten, dass sie vom NSA-Programm "Prism" erst aus den Medien erfahren habe, und zur Beteiligung deutscher Geheimdienste, erinnerten daran. Natürlich muss, wer an der Spitze einer Regierung steht, nicht alle Details der Arbeit der Regierung und ihrer Behörden kennen und sich dabei auf den Apparat verlassen. Die Frage ist aber, was muss der- bzw. diejenige unbedingt wissen. Wenn es um die Sicherheit und Souveränität des eigenen Landes und den Schutz von dessen Bürger und der Verfassung geht, sollten jene an der Spitze nicht unwissend sein. An die erwähnte US-amerikanische Variante musste ich endgültig denken, als ich bei Spiegel online am 22. Juli 2013 von "Merkels Schutzschild" las: Kanzleramtsminister Ronald Pofalla, zuständig auch die für Geheimdienste. "Wenn es gut läuft in der Regierung, dann ist es das Verdienst der Kanzlerin. Wenn es schlecht läuft, liegt es an ihm, dem Kanzleramtsminister.", heißt es passenderweise in dem Beitrag.
Die Behauptung, dass Pofalla nicht wußte und weiß, was und in welchem Umfang die US-Geheimdienste auf deutschem Boden und mit ihnen gemeinsam die deutschen Dienste trieben und treiben, dürfte entweder von drastischer Unfähigkeit künden oder eine Lüge sein. Sollte sich das herausstellen und nachweisen lassen und immer mehr über die Beteilugung deutscher Dienste bekannt werden, dann dürfte der Kanzleramtsminister das Bauernopfer sein. Selbst dann würde er Merkel also noch schützen und die Kanzlerin wäre ein weiteres Mal davor bewahrt, selbst Schaden zu nehmen. Und genau darum geht es bei dem erwähnten Prinzip. Für das, was geschehen ist und weiter geschieht, was die geheimen Dienste und Organisationen der USA und der Bundesrepublik einzeln und gemeinsam hierzulande betreiben und was häppchenweise öffentlich wird, ist und bleibt die Bundeskanzlerin verantwortlich. In welcher konkreten Form das umgesetzt wird oder auch nicht, das kann eben nicht nachgewiesen werde. Notfalls hat einer aus dem Apparat Mist gebaut und muss dafür gehen. Merkel hat schon mal Pofalla ebenso wie Innenminister Hans-Peter Friedrich das berühmte "vollste Vertrauen" ausgesprochen, dem in anderen Fällen Rücktritte folgten.
Aber all das wird die Bundestagswahl im September dieses Jahres nicht wirklich beeinflussen. Es dürfte auch diesmal gelten, was US-Präsident Barack Obama schon vor der Wahl vor vier Jahren gegenüber Merkel sagte: "Ach, Sie haben schon gewonnen. Ich weiß nicht, worüber Sie sich immer Sorgen machen." Er kennt sich aus mit dem Teflon-Prinzip in der Politik. Es wirkt auch hierzulande immer besser.
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