Nachzulesen ist das auf den Seiten 41 bis 43 des 2015 im Verlag Klett-Cotta erschienenen Buches:
"Das eigentliche Problem
Unser heutiges Problem, dessen Entwicklung bereits von Marx diagnostiziert wurde, ist die Globalisierung, die über die Bedürfnisse der Menschen hinweggeht und ihnen ihre wirtschaftlichen und persönlichen Grundlagen nimmt. Dadurch wird das innere Opfersein geweckt. Die ökonomische Globalisierung und die Kapitalkonzentrationen zerstören den sozialen Zusammenhalt. Wo sie in Erscheinung treten, verstärken sie die wirtschaftliche Ungleichheit, die in dem Maße zunimmt, wie sich die Vorherrschaft der Märkte ungehindert ausbreitet. Diese aus der Globalisierung resultierende Zerstörung der sozialen Zusammenhänge wirkt deshalb so tödlich, weil die Akteure dieses Prozesses, die Wirtschaftsführer, wie C. W. Mills es beschreibt, ihren eigenen Zusammenhalt verloren haben. Sie sind nicht in der Lage, die Auswirkungen ihres zerstörerischen Handelns auf ihre eigenen Bedürfnisse beziehungsweise auf die ihrer Mitmenschen zu erkennen. Zu sehr sind sie von ihrer eigenen Größe und Macht geblendet, zu sehr sind sie durch die Vorstellung von Größe und Macht als Ersatz für wahre menschliche Beziehungen geformt. Kaum ein Politiker ist heute noch bereit, für die Bedürfnisse der Menschen zu kämpfen, denn das hieße, sich gegen diese wirtschaftlichen Mächte zu stellen, deren Entwicklung eine Eigendynamik hat, weil Wachstum zum einzigen und letzten Ziel geworden ist. In diesem Prozess sind die meisten Politiker zu Handlangern der Globalisierung geworden. Auf diese Weise spielen sie den Terroristen in die Hände. Es geht um wirkliches Elend und wirkliche Armut, und es geht darum, dass durch die Praktiken der Globalisierung zunehmend ganze Bevölkerungsgruppen ausgegrenzt werden von Wohlstand und dem Gefühl, einen Platz in der menschlichen Gesellschaft zu haben. Diesen Problemen und den Bedürfnissen der Menschen müssen wir uns zuwenden.
Gleichzeitig gilt es zu erkennen, dass es bei dem Terror und der Gewalt um das Mörderische der Identitätslosen geht, egal ob diese ihre Ziele als religiös, nationalistisch oder im Namen einer anderen Ideologie heiligsprechen. Auch wenn es nicht offentsichtlich ist: Alle Terroristen haben sich einem 'Gott' verschworen. Dieser kann religiöser, aber auch politischer oder intellektueller Natur sein. Entscheidend dabei ist, dass menschen ohne Inneres ständig auf der Suche nach einer überhöhten Macht sind, der sie sich unterwerfen können, eben weil sie kein Eigenes haben. Dabei kann es sich durchaus um gebildete Menschen handeln, wie es ja auch bei den Terroristen des 11. September der Fall war. Die Selbstmordattentäter sind der extremste Ausdruck für das problem, dass sich menschen einem göttlichen Führer verschreiben, um ihrer eigenen inneren Leere zu entfliehen."
Zu ergänzen ist aus meiner Sicht, dass es sich bei jenen, die den Markt und die Marktwirtschaft für gewissermaßen heilig erklären und in deren Namen eben die sozialen Zusammenhänge zerstören nicht weniger um Terroristen handelt, seien es Investmentbanker, Trader, neoliberale Politiker und andere ähnliche Personengruppen, die mit ökonomischen "Massenvernichtungswaffen" hantieren und das unterstützen. Denn ihr Tun und dessen Folgen sind nicht minder gewalttätig gegen andere und genauso selbstzerstörerisch auch für sie selbst, auch wenn sie das nicht erkennen bzw. sich nur selten eingestehen wollen und können. Prägnant beschrieben ist das unter anderem in dem 1997 auf deutsch erschienenem Buch "Der Terror der Ökonomie" von Viviane Forrester.
Arno Gruen verstarb nach einem arbeits- und ereignisreichen 92jährigen Leben im Jahr 2015. Uns bleiben seine Bücher, die uns helfen, gesellschaftliche, sozial- und individualpsychologische Entwicklungen und Prozesse zu verstehen und zu erkennen. Und sie erinnern immer wieder an Eines: Wie wichtig es ist, Mensch zu sein, zu werden und zu bleiben, aber auch, wie gefährdet und schwer das ist. "Alles, was menschliches Mitgefühl und Entgegenkommen fördert, wird nicht nur den Realitätsverlust mindern, sondern auch die Demokratie stärken. Nur so wird unsere Gattung überleben können." Das sind die letzten Worte in dem letzten von Arno Gruen erschienenen Buch "Wider die kalte Vernuft" aus dem Jahr 2016.
Der Schweizer Sender SRF veröffentlichte am 7. Juni 2015 ein Gespräch mit Arno Gruen über das "Leben als Original", das hier online nachgeschaut werden kann.
"Das eigentliche Problem
Unser heutiges Problem, dessen Entwicklung bereits von Marx diagnostiziert wurde, ist die Globalisierung, die über die Bedürfnisse der Menschen hinweggeht und ihnen ihre wirtschaftlichen und persönlichen Grundlagen nimmt. Dadurch wird das innere Opfersein geweckt. Die ökonomische Globalisierung und die Kapitalkonzentrationen zerstören den sozialen Zusammenhalt. Wo sie in Erscheinung treten, verstärken sie die wirtschaftliche Ungleichheit, die in dem Maße zunimmt, wie sich die Vorherrschaft der Märkte ungehindert ausbreitet. Diese aus der Globalisierung resultierende Zerstörung der sozialen Zusammenhänge wirkt deshalb so tödlich, weil die Akteure dieses Prozesses, die Wirtschaftsführer, wie C. W. Mills es beschreibt, ihren eigenen Zusammenhalt verloren haben. Sie sind nicht in der Lage, die Auswirkungen ihres zerstörerischen Handelns auf ihre eigenen Bedürfnisse beziehungsweise auf die ihrer Mitmenschen zu erkennen. Zu sehr sind sie von ihrer eigenen Größe und Macht geblendet, zu sehr sind sie durch die Vorstellung von Größe und Macht als Ersatz für wahre menschliche Beziehungen geformt. Kaum ein Politiker ist heute noch bereit, für die Bedürfnisse der Menschen zu kämpfen, denn das hieße, sich gegen diese wirtschaftlichen Mächte zu stellen, deren Entwicklung eine Eigendynamik hat, weil Wachstum zum einzigen und letzten Ziel geworden ist. In diesem Prozess sind die meisten Politiker zu Handlangern der Globalisierung geworden. Auf diese Weise spielen sie den Terroristen in die Hände. Es geht um wirkliches Elend und wirkliche Armut, und es geht darum, dass durch die Praktiken der Globalisierung zunehmend ganze Bevölkerungsgruppen ausgegrenzt werden von Wohlstand und dem Gefühl, einen Platz in der menschlichen Gesellschaft zu haben. Diesen Problemen und den Bedürfnissen der Menschen müssen wir uns zuwenden.
Gleichzeitig gilt es zu erkennen, dass es bei dem Terror und der Gewalt um das Mörderische der Identitätslosen geht, egal ob diese ihre Ziele als religiös, nationalistisch oder im Namen einer anderen Ideologie heiligsprechen. Auch wenn es nicht offentsichtlich ist: Alle Terroristen haben sich einem 'Gott' verschworen. Dieser kann religiöser, aber auch politischer oder intellektueller Natur sein. Entscheidend dabei ist, dass menschen ohne Inneres ständig auf der Suche nach einer überhöhten Macht sind, der sie sich unterwerfen können, eben weil sie kein Eigenes haben. Dabei kann es sich durchaus um gebildete Menschen handeln, wie es ja auch bei den Terroristen des 11. September der Fall war. Die Selbstmordattentäter sind der extremste Ausdruck für das problem, dass sich menschen einem göttlichen Führer verschreiben, um ihrer eigenen inneren Leere zu entfliehen."
Zu ergänzen ist aus meiner Sicht, dass es sich bei jenen, die den Markt und die Marktwirtschaft für gewissermaßen heilig erklären und in deren Namen eben die sozialen Zusammenhänge zerstören nicht weniger um Terroristen handelt, seien es Investmentbanker, Trader, neoliberale Politiker und andere ähnliche Personengruppen, die mit ökonomischen "Massenvernichtungswaffen" hantieren und das unterstützen. Denn ihr Tun und dessen Folgen sind nicht minder gewalttätig gegen andere und genauso selbstzerstörerisch auch für sie selbst, auch wenn sie das nicht erkennen bzw. sich nur selten eingestehen wollen und können. Prägnant beschrieben ist das unter anderem in dem 1997 auf deutsch erschienenem Buch "Der Terror der Ökonomie" von Viviane Forrester.
Arno Gruen verstarb nach einem arbeits- und ereignisreichen 92jährigen Leben im Jahr 2015. Uns bleiben seine Bücher, die uns helfen, gesellschaftliche, sozial- und individualpsychologische Entwicklungen und Prozesse zu verstehen und zu erkennen. Und sie erinnern immer wieder an Eines: Wie wichtig es ist, Mensch zu sein, zu werden und zu bleiben, aber auch, wie gefährdet und schwer das ist. "Alles, was menschliches Mitgefühl und Entgegenkommen fördert, wird nicht nur den Realitätsverlust mindern, sondern auch die Demokratie stärken. Nur so wird unsere Gattung überleben können." Das sind die letzten Worte in dem letzten von Arno Gruen erschienenen Buch "Wider die kalte Vernuft" aus dem Jahr 2016.
Der Schweizer Sender SRF veröffentlichte am 7. Juni 2015 ein Gespräch mit Arno Gruen über das "Leben als Original", das hier online nachgeschaut werden kann.
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