... wird auch ohne UNO-Mandat durchgezogen. Das hat NATO-Generalsekretär Anders Fogh
Rasmussen in Berlin angekündigt. Nun ist sowas ja nichts Neues, wie
der Krieg gegen Jugoslawien 1999 gezeigt hat. Darauf bezog sich Rasmussen auch.
Neu ist höchstens die offene Ankündigung dazu. Und es macht deutlich, wieviel
den westlichen Staaten und ihrem Militärbündnis die UNO und das Völkerrecht
wert sind, welche Rolle beides für sie spielt.
Albrecht
Müller hat auf den Nachdenkseiten beklagt: "Die Nato zerstört,
von handfesten Interessen und vom Geist rücksichtsloser Gewalt geleitet, die
Menschen leiden." Er hat Recht mit den handfesten Interessen und dem Geist rücksichtsloser
Gewalt sowie dem Leid der Menschen. Das hat sich in Libyen gezeigt. Der
NATO-Krieg mit UNO-Schutzschild sollte angeblich die libysche Bevölkerung
schützen. Aber rund 30.000 Menschen mussten den NATO-geführten Bürgerkrieg mit
ihrem Leben bezahlen. Die Zahl stammt laut Meldungen vom selbst ernannten
libyschen Übergangsrat. Seamus Milne bezeichnete das im Guardian zu
Recht als katastrophales
Versagen.
NATO-Generalsekretär Rasmusen behauptete ungeachtet dessen in Berlin: "...
wir waren auf der Seite der Bevölkerung Libyens." Gehe in Deckung, wer
solche Freunde hat ...
Albrecht
Müller ist aber zu widersprechen, wenn er angesichts dieser Fakten meint, auch
die NATO sei zerstört. Nein, das westliche Militärbündnis wird stattdessen
immer offener als das behandelt und benutzt, was es von Anfang an war:
Militärisches Instrument zur Durchsetzung der politischen Interessen ihrer
Mitgliedsstaaten, wobei nicht alle Interessen gleich viel wert sind ... Und
diese Interessen, oft wirtschaftlich begründet, werden heute immer offener und
unverschämter umgesetzt auch in militärisches Handeln. Es geht aus meiner Sicht
nicht darum, die NATO gegen ihren vermeintlichen Mißbrauch zu verteidigen,
sondern sich endlich von ihrem Gründungsmythos, dass es sich um ein
Verteidigungsbündnis handelt, zu verabschieden. Mir war schon in den 80er
Jahren, zu Zeiten des Kalten Krieges, der mich auch in die Uniform zwang, klar
angesichts solcher Ereignisse wie des US-Überfalls auf Grenada, dass die
westlichen Staaten hemmungslos ihre Militärmaschinerie einsetzen, um ihre
Interessen durchzusetzen, wenn sie nur halbwegs die Sicherheit haben, dass sie
keine oder nur kaum Gegenwehr haben. Das hat auch die ganze Geschichte nach
1989 gezeigt. Mal geschah das mit NATO, mal ohne, mal mit UNO, mal ohne, je
nach Bedarf. Das Prinzip ist immer das gleiche und alte. Und heute brauchen sie
dafür nicht mal mehr Soldaten, sondern nur noch HighTech-Waffen, Flugzeuge,
Cruise Missiles und Drohnen, am besten aus sicherer Entfernung ferngesteuert.
Nein, es ist keine Zerstörung der NATO, sondern eher eine freiwillige
Demaskierung, die aber schon lange vorher begonnen hat.
Noch eine
Bemerkung dazu, dass Rasmussen in Berlin sagte, dass auch moralische Prinzipien
einen NATO-Krieg begründen könnten. Auch das ist nichts Neues, aber selten so
offen Kundgetanes. Es ist Lüge und Manipulation, es ist Täuschung und
Missbrauch von Werten. Und es hat unheilvolle Tradition: Das Prinzip
"Menschenrecht bricht Staatsrecht" hat schon Adolf
Hitler in "Mein Kampf" beschrieben. Und vor ihm hat 1918 der deutsche Prinz
Max von Baden in seiner "Denkschrift über den ethischen Imperalismus"
gefordert: "Eine so ungeheure Kraft, wie wir sie in diesem Kriege
entfaltet haben, muss sich vor der Welt ethisch begründen, will sie ertragen
werden. Darum müssen wir allgemeine Menschheitsziele in unseren nationalen
Willen aufnehmen." (zitiert nach "Europastrategien des deutschen
Kapitals 1900-1945", herausgegeben von Reinhard Opitz, S. 433).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen