• Syriens Außenminister Walid Muallem hat in einem Gespräch mit dem Sender BBC am 30. September
die geplanten internationalen Friedensgespräche in Genf als
entscheidend für die Zukunft des Landes bezeichnet. Die Gespräche würden
aber scheitern, wenn die Türkei, Saudi-Arabien und Katar die „Rebellen“
weiter unterstützen. In einer Rede vor der UN-Generalversammlung hatte
der Außenminister erklärt, dass "Terroristen aus mehr als 83 Ländern" in
Syrien kämpfen. Die Vorstellung, es gäbe „moderate Rebellen“ wies er
dabei zurück. Syrien sei immer für eine politische Lösung gewesen,
betonte er. Dazu müssten sich aber alle an die entsprechenden
Verpflichtungen halten. Muallem kritisierte gegenüber der BBC
die Türkei, Saudi-Arabien und Katar, weil diese die „Rebellen“
unterstützten, bewaffneten, finanzierten und einschleusten. Zugleich
wiederholte er, dass Syrien die internationale Organisation für das
Verbot chemischer Waffen (OPCW) bei der Vernichtung der Chemiewaffen der
Armee unterstützen werde. Am Vortag hatte der syrische Präsident Bashar
al-Assad in einem Interview mit dem italienischen Sender RAI24
erklärte, sein Land werde die Auflagen der am 27. September einstimmig
verabschiedeten Resolution 2118 des UN-Sicherheitsrates zur Zerstörung
der Chemiewaffenbestände erfüllen, wie u.a. der Schweizer Tages-Anzeiger am 29. September berichtete.
• In seiner Rede vor der UN-Generalversammlung am 30. September hatte der syrische Außenminister gesagt, dass die USA und ihre Verbündeten verhindert hätten, dass die UN-Chemiewaffenexperten die Schuldigen an der Giftgasattacke am 21. August bei Damaskus feststellen. „Wir hatten vorgeschlagen, das Mandat der UN-Experten auch durch die Möglichkeit zu erweitern, die Schuldigen zu ermitteln“, zitierte die Nachrichtenagentur RIA Novosti aus Muallems Rede. „Aber die USA und andere Länder wie Großbritannien sträubten sich dagegen und ließen die Mission nur feststellen, ob Kampfstoffe eingesetzt wurden oder nicht.“
• Frankreich wollte in der Nacht zum 1. September Syrien angreifen und mit Bomben Stellungen der syrischen Armee ausschalten. Das berichtete die Zeitung Nouvelle Observateur am 29. September. Der französische Präsident Francoise Hollande habe am 31. August den Befehl zur Angriffsvorbereitung gegeben, weil er damit gerechnet habe, dass US-Präsident Barack Obama ihn über den bevorstehenden Angriff der US-Luftwaffe auf Syrien informiere. "Alles ließ uns zu glauben, dass der große Tag gekommen sei", zitierte die Zeitung einen französischen Regierungsbeamten. Dazu hätten auch die zahlreichen Äußerungen der Kriegstreiber in der US-Administration gehört, dass der Giftgaseinsatz am 21. August nur mit einem „Militärschlag“ beantwortet werden könne. Doch Hollande musste die angriffsbereiten „Rafale“-Bomber zurückpfeifen, weil ihm Obama in dem angekündigten Telefonat am 31. August überraschend einen Aufschub der Intervention und eine Debatte dazu im US-Kongress angekündigt hatte.
• Die Gegner Assads und der syrischen Regierung sind unzufrieden mit der Resolution des UN-Sicherheitsrates zu den Chemiewaffen, weil sie auf diese beschränkt sei. Der Resolutionstext könne als „Freibrief für das Töten von Syrern mit allen Waffen – mit Ausnahme von Chemiewaffen und Atomwaffen – verstanden werden“, zitierte laut Tages-Anzeiger vom 28. September die Website «All4Syria» den früheren syrischen Kulturminister Riad Naasan Agha. Der Ex-Minister habe außerdem erklärt, dass „letztlich nur Israel“ profitiere, weil sich das Gleichgewicht des Schreckens dadurch verschiebe.
Das Oberkommando der Freien Syrischen Armee (FSA) erkenne die vom Westen und seinen Verbündeten zusammengezimmerte „Nationale Koalition“ nicht an, berichtete RIA Novosti am 28. September und berief sich dabei auf die Webseite des TV-Senders Al Jazeera. Die hatte am 27. September gemeldet, dass ein hoher FSA-Kommandeur, Omar al-Wawi, die Autorität der „Nationalen Koalition“ ablehne.
„Der Freien Syrischen Armee droht der Kollaps“, war am 30. September in der Online-Ausgabe der österreichischen Zeitung Der Standard zu lesen. „Zuerst sagten sich vergangene Woche 13 vor allem islamistisch geprägte Kampfverbände rund um Aleppo von der erst Ende 2012 gegründeten Nationalen Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte los und gründeten eine gemeinsame Allianz“, so der Autor Stefan Binder. „Am Wochenende wurde mit der ‚Armee des Islam‘ (Jaysh al-Islam) die Gründung einer weiteren Allianz im Großraum Damaskus bekanntgegeben.“ Binders Fazit: „Dieser zweite, aus 51 Gruppen entstandene Verband unter der Führung der ‚Liwa al-Islam‘ (Brigaden des Islam) dürfte auch das endgültige Aus für den Einfluss der Nationalen Koalition in Damaskus bedeuten.“ Der Autor weist auf die „Hand ausländischer Kräfte“ hin, für die es neue Indizien gebe: „Denn nur wenige Stunden nach der Gründung der ‚Armee des Islam‘ spalteten sich drei islamistische Kampfverbände wieder von der Abspaltung ab. In ihrer Begründung beklagen die Kämpfer die Dominanz einzelner Gruppen und das Fehlen einer Vision - bedanken sich aber bei den großzügigen Spendern aus Kuwait.“
Washington könne die syrischen Oppositionskräfte kaum noch zügeln, stellte die Zeitung Rossijskaja Gaseta laut RIA Novosti am 1. Oktober fest. "Falls die FSA diesen Kampf verliert, hat der US-Chefdiplomat niemanden, der an der Genf-2-Konferenz teilnehmen könnte. Denn die al-Qaida wird mit Assad unter keinen Umständen verhandeln, und die syrische Auslandsopposition hatte ohnehin keine richtigen Instrumente, um die Situation in Syrien zu kontrollieren."
• Unter dem Titel „Syrien: Giftgasangriffe und die Verstetigung des Bürgerkrieges“ hatte Jürgen Wagner von der Informationsstelle Militarisierung Tübingen (IMI) am 27. September auf der IMI-Website eine Analyse der vorliegenden Informationen zum Giftgaseinsatz am 21. August bei Damaskus sowie der westlichen Reaktionen darauf veröffentlicht. „Dabei lässt sich zumindest sagen, dass die Fakten, die laut übereinstimmender westlicher Einschätzung zweifelsfrei nahelegen würden, dass Regierungstruppen verantwortlich zu machen seien, eine solch weitreichende Anschuldigung in keiner Weise hergeben“, so Wagner. „Stattdessen deuten mindestens ebensoviele Indizien darauf hin, dass die Angriffe von Rebellenseite verübt wurden, um so eine westliche Militärintervention zu ihren Gunsten herbeizuführen.“ Die Reaktion der US-Regierung habe für Irritationen gesorgt: Washington habe vor allem zusammen mit Frankreich, Großbritannien und den lokalen Komplizen Saudi Arabien und Katar „viele Jahre lang gezielt“ auf den Sturz von Assad hingearbeitet, doch „genau zu dem Zeitpunkt, an dem sich mit den Giftgasangriffen ein ‚idealer‘ Anlass bot, den Bürgerkrieg per Militärintervention zugunsten der Aufständischen zu entscheiden, vollzog die US-Regierung einen kompletten Kurswechsel“. Wagner vermutet, dass die US-Regierung sich dafür entschieden habe, einen dauerhaften Bürgerkrieg in Syrien zu fördern, „um hierdurch US-feindliche Kräfte – die Hisbollah und den Iran auf der einen und radikalislamistische Gruppen auf der anderen Seite – dauerhaft zu binden und zu schwächen“.
Auf die weiterhin ungeklärte Frage nach den Tätern des Giftgaseinsatzes am 21. August hatte ebenfalls Sebastian Range in der Online-Ausgabe der Zeitschrift Hintergrund am 25. September aufmerksam gemacht. „Die Fakten lassen eher auf Akteure aus der mit Al Qaida verbündeten Opposition schließen.“ Range zählt eine Reihe von Informationen und Fakten auf, die der angeblich nachgewiesenen Schuld der syrischen Armee widersprechen, so u.a.: „Inzwischen konnte die russische Regierung anhand der im UN-Bericht angegebenen Kennnummer der aufgefundenen M14-Munition nachverfolgen, wann und an wen die Munition exportiert worden war. Sie wurde demnach 1967 produziert und an drei arabische Länder ausgeliefert: Jemen, Ägypten und Libyen.“ Der Autor stellt fest: „Der UN-Bericht wirft demnach mehr Fragen auf, als er beantwortet.“ Er enthalte keinerlei Beweise für eine Täterschaft der syrischen Armee. Die technischen Details würden „insbesondere unter Berücksichtigung vorheriger mutmaßlicher Giftgaseinsätze eher für einen von den Rebellen inszenierten Angriff“ sprechen, „wenngleich es auch hierfür keine eindeutigen Belege gibt“.
• Die Politik der US-Regierung gegenüber Syrien sei verantwortungslos, weil sie Gespräche mit dem syrischen Präsidenten ausschließe, stellte der Publizist Jürgen Todenhöfer in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger, veröffentlicht am 12. September, fest. „Die Aufgabe der Politik ist nicht Kriege zu ermöglichen, sondern Kriege zu verhindern. Das aktuelle Vorgehen widerspricht der amerikanischen Tradition, mit dem Feind zu verhandeln: Nixon hat mit Mao gesprochen, Reagan mit Gorbatschow und Kissinger mit den Nordvietnamesen.“ Assad sei dagegen gesprächsbereit, so Todenhöfer, der mehrmals mit dem syrischen Präsidenten gesprochen hatte. „Im Mittelpunkt der Treffen stand seine, auch für mich überraschende, ausdrückliche Verhandlungsbereitschaft mit den USA. Mit teilweise sehr konkreten Überlegungen. Zum Beispiel äusserte Assad, auf meine Frage, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den USA bei der Bekämpfung von al-Qaida.“ Er sei erstaunt, dass der Westen, der immer wieder vor den islamistischen Terroristen warne und diese fürchte, bisher nicht auf diesen Vorschlag eingegangen ist. Todenhöfer weiter: „Dass mit Syrien ein Verbündeter des Irans beseitigt werden soll, ist die einzig rationale Erklärung für die harte Haltung Washingtons.“ Über den syrischen Präsidenten sagte der Publizist: „Dieser Mann ist kein emotionaler Herrscher wie Muammar Ghadhafi es war, sondern rein kopfgesteuert. … Der Konflikt ist eine Katastrophe für Syrien und das weiss Assad. Er hat mir gesagt, dass er zwei Ziele verfolgt: Erstens möchte er das säkulare und multiethnische Modell Syriens wieder herstellen. Zweitens möchte er al-Qaida und seine Verbündeten besiegen. Mit den anderen syrischen Rebellen ist er – auch wenn er zurzeit mit ihnen im Krieg liegt – zu Verhandlungen bereit.“ Am 1. Juli hatte Todenhöfer im Tagesspiegel geschrieben: „Auch mit Assad müssen die USA verhandeln, wenn sie ihr Terrorzuchtprogramm in Syrien rückgängig machen wollen. Das Argument, Assad sei politisch für den Tod von hunderttausend Menschen verantwortlich, kann kein Verhandlungshindernis sein. Die USA sind im Irak und in Afghanistan für den Tod von viel mehr Menschen verantwortlich. Schätzungen der ‚Ärzte gegen den Atomtod‘ kommen auf über 1,6 Millionen Kriegsopfer.
Für einen ‚fairen Frieden‘ wäre Assad zu weitreichenden Zugeständnissen bereit. Ich hatte die Gelegenheit, diese mit ihm viele Stunden zu erörtern. Den USA sind diese ‚Überlegungen‘ inzwischen in allen Einzelheiten bekannt.“
Nachtrag von 17:25 Uhr: Ausländische Kämpfer aus der gesamten arabischen Welt und aus anderen Ländern spielen laut der Washington Post vom 2. Oktober eine zunehmend dominierende Rolle im Krieg gegen und in Syrien. Dieser ist der Zeitung zu Folge ein noch stärkerer Magnet für Dschihadisten als Irak und Afghanistan in den vergangenen zehn Jahren. Die ausländischen Kämpfer würden zunehmend die Kontrolle über die "Rebellen"-Gruppen übernehmen. Die meisten von ihnen stammen aus Saudi-Arabien, Tunesien und Libyen, andere kommen laut Washington Post aus Tschetschenien, Kuwait, Jordanien, Irak und den Vereinigten Arabischen Emiraten, ebenso aus Pakistan. "Unter den in den letzten Kämpfen Getöteten war ein marokkanischer Kommandeur, der jahrelang in Guantanamo Bay gefangen gehalten wurde."
• In seiner Rede vor der UN-Generalversammlung am 30. September hatte der syrische Außenminister gesagt, dass die USA und ihre Verbündeten verhindert hätten, dass die UN-Chemiewaffenexperten die Schuldigen an der Giftgasattacke am 21. August bei Damaskus feststellen. „Wir hatten vorgeschlagen, das Mandat der UN-Experten auch durch die Möglichkeit zu erweitern, die Schuldigen zu ermitteln“, zitierte die Nachrichtenagentur RIA Novosti aus Muallems Rede. „Aber die USA und andere Länder wie Großbritannien sträubten sich dagegen und ließen die Mission nur feststellen, ob Kampfstoffe eingesetzt wurden oder nicht.“
• Frankreich wollte in der Nacht zum 1. September Syrien angreifen und mit Bomben Stellungen der syrischen Armee ausschalten. Das berichtete die Zeitung Nouvelle Observateur am 29. September. Der französische Präsident Francoise Hollande habe am 31. August den Befehl zur Angriffsvorbereitung gegeben, weil er damit gerechnet habe, dass US-Präsident Barack Obama ihn über den bevorstehenden Angriff der US-Luftwaffe auf Syrien informiere. "Alles ließ uns zu glauben, dass der große Tag gekommen sei", zitierte die Zeitung einen französischen Regierungsbeamten. Dazu hätten auch die zahlreichen Äußerungen der Kriegstreiber in der US-Administration gehört, dass der Giftgaseinsatz am 21. August nur mit einem „Militärschlag“ beantwortet werden könne. Doch Hollande musste die angriffsbereiten „Rafale“-Bomber zurückpfeifen, weil ihm Obama in dem angekündigten Telefonat am 31. August überraschend einen Aufschub der Intervention und eine Debatte dazu im US-Kongress angekündigt hatte.
• Die Gegner Assads und der syrischen Regierung sind unzufrieden mit der Resolution des UN-Sicherheitsrates zu den Chemiewaffen, weil sie auf diese beschränkt sei. Der Resolutionstext könne als „Freibrief für das Töten von Syrern mit allen Waffen – mit Ausnahme von Chemiewaffen und Atomwaffen – verstanden werden“, zitierte laut Tages-Anzeiger vom 28. September die Website «All4Syria» den früheren syrischen Kulturminister Riad Naasan Agha. Der Ex-Minister habe außerdem erklärt, dass „letztlich nur Israel“ profitiere, weil sich das Gleichgewicht des Schreckens dadurch verschiebe.
Das Oberkommando der Freien Syrischen Armee (FSA) erkenne die vom Westen und seinen Verbündeten zusammengezimmerte „Nationale Koalition“ nicht an, berichtete RIA Novosti am 28. September und berief sich dabei auf die Webseite des TV-Senders Al Jazeera. Die hatte am 27. September gemeldet, dass ein hoher FSA-Kommandeur, Omar al-Wawi, die Autorität der „Nationalen Koalition“ ablehne.
„Der Freien Syrischen Armee droht der Kollaps“, war am 30. September in der Online-Ausgabe der österreichischen Zeitung Der Standard zu lesen. „Zuerst sagten sich vergangene Woche 13 vor allem islamistisch geprägte Kampfverbände rund um Aleppo von der erst Ende 2012 gegründeten Nationalen Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte los und gründeten eine gemeinsame Allianz“, so der Autor Stefan Binder. „Am Wochenende wurde mit der ‚Armee des Islam‘ (Jaysh al-Islam) die Gründung einer weiteren Allianz im Großraum Damaskus bekanntgegeben.“ Binders Fazit: „Dieser zweite, aus 51 Gruppen entstandene Verband unter der Führung der ‚Liwa al-Islam‘ (Brigaden des Islam) dürfte auch das endgültige Aus für den Einfluss der Nationalen Koalition in Damaskus bedeuten.“ Der Autor weist auf die „Hand ausländischer Kräfte“ hin, für die es neue Indizien gebe: „Denn nur wenige Stunden nach der Gründung der ‚Armee des Islam‘ spalteten sich drei islamistische Kampfverbände wieder von der Abspaltung ab. In ihrer Begründung beklagen die Kämpfer die Dominanz einzelner Gruppen und das Fehlen einer Vision - bedanken sich aber bei den großzügigen Spendern aus Kuwait.“
Washington könne die syrischen Oppositionskräfte kaum noch zügeln, stellte die Zeitung Rossijskaja Gaseta laut RIA Novosti am 1. Oktober fest. "Falls die FSA diesen Kampf verliert, hat der US-Chefdiplomat niemanden, der an der Genf-2-Konferenz teilnehmen könnte. Denn die al-Qaida wird mit Assad unter keinen Umständen verhandeln, und die syrische Auslandsopposition hatte ohnehin keine richtigen Instrumente, um die Situation in Syrien zu kontrollieren."
• Unter dem Titel „Syrien: Giftgasangriffe und die Verstetigung des Bürgerkrieges“ hatte Jürgen Wagner von der Informationsstelle Militarisierung Tübingen (IMI) am 27. September auf der IMI-Website eine Analyse der vorliegenden Informationen zum Giftgaseinsatz am 21. August bei Damaskus sowie der westlichen Reaktionen darauf veröffentlicht. „Dabei lässt sich zumindest sagen, dass die Fakten, die laut übereinstimmender westlicher Einschätzung zweifelsfrei nahelegen würden, dass Regierungstruppen verantwortlich zu machen seien, eine solch weitreichende Anschuldigung in keiner Weise hergeben“, so Wagner. „Stattdessen deuten mindestens ebensoviele Indizien darauf hin, dass die Angriffe von Rebellenseite verübt wurden, um so eine westliche Militärintervention zu ihren Gunsten herbeizuführen.“ Die Reaktion der US-Regierung habe für Irritationen gesorgt: Washington habe vor allem zusammen mit Frankreich, Großbritannien und den lokalen Komplizen Saudi Arabien und Katar „viele Jahre lang gezielt“ auf den Sturz von Assad hingearbeitet, doch „genau zu dem Zeitpunkt, an dem sich mit den Giftgasangriffen ein ‚idealer‘ Anlass bot, den Bürgerkrieg per Militärintervention zugunsten der Aufständischen zu entscheiden, vollzog die US-Regierung einen kompletten Kurswechsel“. Wagner vermutet, dass die US-Regierung sich dafür entschieden habe, einen dauerhaften Bürgerkrieg in Syrien zu fördern, „um hierdurch US-feindliche Kräfte – die Hisbollah und den Iran auf der einen und radikalislamistische Gruppen auf der anderen Seite – dauerhaft zu binden und zu schwächen“.
Auf die weiterhin ungeklärte Frage nach den Tätern des Giftgaseinsatzes am 21. August hatte ebenfalls Sebastian Range in der Online-Ausgabe der Zeitschrift Hintergrund am 25. September aufmerksam gemacht. „Die Fakten lassen eher auf Akteure aus der mit Al Qaida verbündeten Opposition schließen.“ Range zählt eine Reihe von Informationen und Fakten auf, die der angeblich nachgewiesenen Schuld der syrischen Armee widersprechen, so u.a.: „Inzwischen konnte die russische Regierung anhand der im UN-Bericht angegebenen Kennnummer der aufgefundenen M14-Munition nachverfolgen, wann und an wen die Munition exportiert worden war. Sie wurde demnach 1967 produziert und an drei arabische Länder ausgeliefert: Jemen, Ägypten und Libyen.“ Der Autor stellt fest: „Der UN-Bericht wirft demnach mehr Fragen auf, als er beantwortet.“ Er enthalte keinerlei Beweise für eine Täterschaft der syrischen Armee. Die technischen Details würden „insbesondere unter Berücksichtigung vorheriger mutmaßlicher Giftgaseinsätze eher für einen von den Rebellen inszenierten Angriff“ sprechen, „wenngleich es auch hierfür keine eindeutigen Belege gibt“.
• Die Politik der US-Regierung gegenüber Syrien sei verantwortungslos, weil sie Gespräche mit dem syrischen Präsidenten ausschließe, stellte der Publizist Jürgen Todenhöfer in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger, veröffentlicht am 12. September, fest. „Die Aufgabe der Politik ist nicht Kriege zu ermöglichen, sondern Kriege zu verhindern. Das aktuelle Vorgehen widerspricht der amerikanischen Tradition, mit dem Feind zu verhandeln: Nixon hat mit Mao gesprochen, Reagan mit Gorbatschow und Kissinger mit den Nordvietnamesen.“ Assad sei dagegen gesprächsbereit, so Todenhöfer, der mehrmals mit dem syrischen Präsidenten gesprochen hatte. „Im Mittelpunkt der Treffen stand seine, auch für mich überraschende, ausdrückliche Verhandlungsbereitschaft mit den USA. Mit teilweise sehr konkreten Überlegungen. Zum Beispiel äusserte Assad, auf meine Frage, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den USA bei der Bekämpfung von al-Qaida.“ Er sei erstaunt, dass der Westen, der immer wieder vor den islamistischen Terroristen warne und diese fürchte, bisher nicht auf diesen Vorschlag eingegangen ist. Todenhöfer weiter: „Dass mit Syrien ein Verbündeter des Irans beseitigt werden soll, ist die einzig rationale Erklärung für die harte Haltung Washingtons.“ Über den syrischen Präsidenten sagte der Publizist: „Dieser Mann ist kein emotionaler Herrscher wie Muammar Ghadhafi es war, sondern rein kopfgesteuert. … Der Konflikt ist eine Katastrophe für Syrien und das weiss Assad. Er hat mir gesagt, dass er zwei Ziele verfolgt: Erstens möchte er das säkulare und multiethnische Modell Syriens wieder herstellen. Zweitens möchte er al-Qaida und seine Verbündeten besiegen. Mit den anderen syrischen Rebellen ist er – auch wenn er zurzeit mit ihnen im Krieg liegt – zu Verhandlungen bereit.“ Am 1. Juli hatte Todenhöfer im Tagesspiegel geschrieben: „Auch mit Assad müssen die USA verhandeln, wenn sie ihr Terrorzuchtprogramm in Syrien rückgängig machen wollen. Das Argument, Assad sei politisch für den Tod von hunderttausend Menschen verantwortlich, kann kein Verhandlungshindernis sein. Die USA sind im Irak und in Afghanistan für den Tod von viel mehr Menschen verantwortlich. Schätzungen der ‚Ärzte gegen den Atomtod‘ kommen auf über 1,6 Millionen Kriegsopfer.
Für einen ‚fairen Frieden‘ wäre Assad zu weitreichenden Zugeständnissen bereit. Ich hatte die Gelegenheit, diese mit ihm viele Stunden zu erörtern. Den USA sind diese ‚Überlegungen‘ inzwischen in allen Einzelheiten bekannt.“
Nachtrag von 17:25 Uhr: Ausländische Kämpfer aus der gesamten arabischen Welt und aus anderen Ländern spielen laut der Washington Post vom 2. Oktober eine zunehmend dominierende Rolle im Krieg gegen und in Syrien. Dieser ist der Zeitung zu Folge ein noch stärkerer Magnet für Dschihadisten als Irak und Afghanistan in den vergangenen zehn Jahren. Die ausländischen Kämpfer würden zunehmend die Kontrolle über die "Rebellen"-Gruppen übernehmen. Die meisten von ihnen stammen aus Saudi-Arabien, Tunesien und Libyen, andere kommen laut Washington Post aus Tschetschenien, Kuwait, Jordanien, Irak und den Vereinigten Arabischen Emiraten, ebenso aus Pakistan. "Unter den in den letzten Kämpfen Getöteten war ein marokkanischer Kommandeur, der jahrelang in Guantanamo Bay gefangen gehalten wurde."
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