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Mittwoch, 14. Dezember 2011

Das Bild vom Alter(n)

Das Bild vom Alter(n) beschäftigt derzeit manch Fachleute und viele Interessierte.
Ich gestehe, es beschäftigt auch mich, nicht nur, weil ich mich manchmal alt fühle, sondern weil ich mich straff dem Ende meines fünften Jahrzehntes nähere und mich frage, welches Bild ich vom Altern(n) habe. Aber darum geht es mir hier nicht, sondern um die Frage, was die Berichte und Veranstaltungen zu "Altersbildern" mit den realen Bildern vom Alter in dieser Gesellschaft zu tun haben. Um es vorweg zu nehmen: Herzlich wenig.
Im Auftrag der Bundesregierung hat eine ganze Kommission voller sogenannter Experten den sechsten Altenbericht zum Thema "Altersbilder in der Gesellschaft" verfasst. Es gehe um "ein realistisches und differenziertes Bild vom Alter", behauptete die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, als ihr der Bericht im letzten Jahr offiziell überreicht wurde. Ältere Menschen werden darin vor allem als Arbeitskräfte und Konsumenten gesehen und beschrieben, also unter vorrangig ökonomischen Aspekten betrachtet. Das wurde kürzlich mit einer Konferenz zu den Altersbildern fortgesetzt. Zuvor hatte der ostdeutsche Sozialverband Volkssolidarität eine Studie zum Thema veröffentlicht und ebenfalls eine Tagung dazu veranstaltet, mitsamt "Experten" und Regierungsvertreter. Das klingt schon interessant, von wegen, das Alter darf nicht nur mit seinen Schwächen, sondern muss auch mit seinen Stärken gesehen und begriffen werden. Ältere sollen nicht ausgegrenzt werden, weil sie alt sind, nicht beim Arbeiten, nicht bei der Gesundheitsversorgung undsoweiter. Kann ich unterschreiben.
Wenn ich mir das alles so anschaue, scheinen mir die Betrachter des Themas, ob von der Regierung bestellt oder der Volkssolidarität beauftragt, doch vor allem die ökonomische Brille dabei aufgehabt zu haben. Und sie folgen, nicht überraschend, den Phrasen von mehr Mitbestimmung und besserer Gesundheitsvorsorge für Ältere, samt mehr ÖPNV. Mir fehlt bei alledem der Blick auf die realen Altersbilder, die wir immer mehr zu sehen bekommen, wenn wir uns in diesem Land umschauen. Ich meine jene, die von ihrer Rente nicht leben können und arbeiten gehen müssen auch über die (derzeit noch gültigen) 65 hinaus, ob sie wollen oder nicht, und vor allem jene, die in ihrer Not in öffentlichen Mülleimern nach leeren Flaschen wühlen, um ihre Rente ein klein wenig aufzubessern. Es werden immer mehr, die ganz konkret und schmerzhaft erleben müssen, was Altersarmut bedeutet. Ursachen sind die sogenannten Rentenreformen, mit denen die gesetzliche Rente, die einst den Lebenstandard im Alter sichern sollte, politisch gewollt kaputt gemacht wird, und die sinkenden Reallöhne und der Ausbau des Niedriglohnsektors. Wer heute schon zu wenig verdient, wird im Alter noch weniger haben. und wird sich einreihen in die Schar derer, denen im Alter anzusehen ist, dass sie nicht genug für ein würdevolles Leben im Alter haben, die leere Flaschen sammeln, zu den "Tafeln" gehen müssen. Sie werden immer mehr in den nächsten Jahren und zeigen ein Bild des Alter(n)s, das so gar nichts mit den lächelnden Ältern auf den Broschüren des Bundesfamilienministerien und in der Werbung zu tun hat. Dass die sogenannten Silver Ager nur diejenigen sind und sein werden, die schon in den jüngeren Jahren zu den Besserverdienenden gehörten, ist klar. Dass seine Rolle als Konsument im Alter nur spielen kann, wer genug zum Leben und ein bisschen mehr hat, ist auch klar. Aber es wird in den regierungsoffiziellen Berichten und auf den Tagungen und in Studien wenig von den Älteren gesprochen, die gar nicht die Chance bekommen, dabei zu sein, auch wenn sie wollen. Und deren Sorgen ganz andere sind als die, welches Ehrenamt im Alter sie übernehmen können oder selche seniorengerechte Produkte sie auswählen können. "Geringverdiener sterben eher", lauteten kürzlich die Schlagzeilen, die für einen Moment das Licht auf eine Bild vom Alter warfen, das ansonsten gern übersehen wird. Interessanterweise basierten die Meldungen auf einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Auf der obengenannten Tagung des Bundesfamilienministeriums mit internationaler Beteiligung spielte das keine Rolle. Das stört ja auch und lenkt ab von den dabei diskutierten Frage, ob Alter produktiv sein kann und wie die Älteren als Konsmuenten auf Werbung reagieren. Es zeigt stattdessen, dass es "das Alter" hierzulande nicht gibt und immer weniger geben kann. Es zeigt, das all die positiven und auch negativen Bilder vom Alter (siehe "demografische Bedrohung") nicht das Leben von immer mehr Menschen widerspiegeln. Und die Erkenntnis, die für einen Moment die Medien aufschreckte, ist alles andere als neu: Schon 2008 hatten Wissenschaftler vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Insitut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung festgestellt: "Lebenserwartung von Ruheständlern differiert je nach wirtschaftlicher Lage um bis zu fünf Jahre". Die "sozialen Unterschiede bei der Lebenserwartung", so die Wissenschaftler, hätten sich in den vergangenen Jahren trotz insgesamt steigender Lebenserwartung nicht verkleinert. "Künftig dürften sie durch hohe Arbeitslosigkeit und Einschränkungen bei der gesetzlichen Alterssicherung und im Gesundheitswesen sogar eher größer werden." Wer arm ist im Alter, der wird kaum zu denen gehören, die immer älter werden und entweder die Gesellschaft bedrohen, wie die einen meinen, oder die ein ungenutztes wirtschaftliches Potenzial darstellen, wie die anderen meinen. Manches deutet daraufhin, dass dieses Bild vom Alter(n) in Armut die etablierte Politik kaum interessiert. Für mich ist das ein Skandal in einem der reichsten Länder der Erde im 21. Jahrhundert ...

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