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Dienstag, 21. Januar 2014

Syrien: Neuer Anschlag gegen Friedensverhandlungen?

Kurz vor den Verhandlungen in Montreux über einen Frieden für Syrien stellt eine weitere Gräuelmeldung eine Verhandlungslösung erneut in Frage

Ein übergelaufener syrischer Militärpolizist soll Beweisfotos für die Grausamkeit des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad außer Landes geschmuggelt haben, meldete u.a. Spiegel online am 20. Januar. Das Magazin bezog sich auf entsprechende Berichte der britischen Zeitung The Guardian und von CNN. Diese Vorwürfe, die von internationalen Juristen untersucht und bestätigt worden seien, würden die am 22. Januar beginnenden Verhandlungen in Montreux belasten, hieß es bei Spiegel online passenderweise. „Die Aussagen und Fotos des Militärpolizisten legen nahe, dass das syrische Regime ‚systematisch‘ Menschen in den Gefängnissen ermordet. Nach den Einschätzungen der Experten könnte Damaskus auch dafür wegen Kriegsverbrechen angeklagt werden.“ Es handele sich um einen Beweis für "Tötungen im industriellen Ausmaß" durch die Regierung von Staatschef Assad, wird der frühere Chefankläger des Kriegsverbrechertribunals für Sierra Leone, Desmond de Silva, zitiert.

Ich kann nicht beurteilen, ob der angeblich übergelaufene Militärpolizist und die von ihm angeblich mitgebrachten Fotos echt und glaubwürdig sind. Möglich ist alles, erst recht in einem Krieg wie dem in Syrien. Sicher bin ich mir, dass ein Gefängnis in Syrien kein Ort ist, an dem Menschenrechte zählen. Aber wieder melden sich bei mir Zweifel an dem, was gemeldet wird, weil erneut geschieht, was ich zum Beispiel am 22. August 2013 zu den damaligen Nachrichten über den mutmaßlichen Giftgaseinsatz bei Damaskus schrieb: „Statt einer friedlichen Lösung für Syrien gibt es neue Gräuelmeldungen aus dem kriegsgeschundenen Land.“ Und weiter war unter dem Titel „Das nächste bestellte Massaker?“ zu lesen: „Immer wieder tauchten solche Berichte just in dem Moment auf, wo in der UNO über den Krieg in Syrien beraten wurde oder versucht wurde, über Verhandlungen eine friedliche Lösung zu finden.“ Passend wurden und werden auch die entsprechenden „Beweise“ von jenen geliefert, die kein Interesse an Verhandlungen haben. Auf Beispiele dafür wie die Ereignisse in Hula und Tremseh habe ich bereits vorher aufmerksam gemacht. Jürgen Todenhöfer schrieb schon im Juli 2012 von einer „Massaker-Marketing-Strategie“ der „Rebellen“. Und dieses Muster wie auch all die Belege für berechtigte Zweifel zur behaupteten Verantwortung Assads für die Vorgänge am 21. August 2013 sind es, welche mich erneut stutzig gegenüber den neuen Gräuelmeldungen werden lässt. Just kurz bevor in Montreux ein erneuter Versuch gestartet werden soll, eine friedliche Lösung für Syrien zu finden, der von den Kriegstreibern und Regimewechslern und ihren Verbündeten schon mehr behindert als unterstützt wurde, wird ein angeblicher Zeuge dafür hervorgezaubert, dass mit dem syrischen Präsidenten und der syrischen Regierung doch eigentlich gar nicht verhandelt werden kann. Und wenn schon mit den Machthabern in Damaskus verhandelt wird, so kann doch keiner wollen, dass der vorverurteilte Assad als Kandidat für den Internationalen Strafgerichtshof, als der er schon seit August 2011 gilt, tatsächlich Präsident in Syrien bleibt. Da erscheinen die neuen „Beweise“ wie eine „punktgenaue Landung“, die „Faust aufs Auge“, wie bestellt und rechtzeitig geliefert.

Da ist zudem die interessante Tatsache, dass Katar, von Anfang an mehr als nur ein Verbündeter des Westens im Krieg gegen und in Syrien, den Bericht über die angeblich massenhafte und planmäßige Tötung von Gefangenen in Auftrag gegeben haben soll. Darauf macht u.a. die junge Welt am 22. Januar aufmerksam. Im Guardian-Beitrag wurde immerhin darauf verwiesen, dass Katar einige der Gruppen der “Rebellen” finanziert und Assad stürzen will. Kann es sein, dass die Unterstützer und Finanziers der „Rebellen“ deren „Massaker-Marketing-Strategie“ übernommen haben, um das gemeinsame Ziel, den Sturz Assads, auf jeden Fall zu erreichen? Handelt es sich bei dem Bericht über den angeblichen Überläufer und seine behaupteten Beweise um einen weiteren Versuch dabei?

„Rechtsstaaten haben die Pflicht, unzweifelhafte Beweise zu sammeln, bevor sie ihr Urteil fällen – und nicht umgekehrt.“ Das schrieb Todenhöfer am 10. September 2013 in einem Beitrag für die Nachdenkseiten zu den Ereignissen am 21. August 2013. Dem ist nicht zu widersprechen, doch auch diesmal habe ich Zweifel an den neuen „Beweisen“ dafür, dass Assad nichts anderes als der „Schlächter von Damaskus“ ist. Sicher ist: Dem Frieden und einem Ende der Gewalt kommt das kriegsgeschundene Syrien so kaum näher.

Nachtrag vom 22. Januar: Die führenden westlichen Staaten samt ihrer arabischen Verbündeten und bewaffneten Stellvertreter-Krieger werden natürlich versuchen, das, was sie bisher nicht erreicht hatten, den Sturz Assads und die Zerstückelung Syriens, mit allen diplomatischen Mitteln zu erreichen. Diese Ziele haben sie bisher nicht aufgegeben, sie haben sich nur für andere Mittel entschieden. Das Institute for Public Accuracy fragt m.E. zu Recht: "Is Geneva 2 a Real Attempt at Peace in Syria, or a Path to Continued “Proxy War”?"

Die Bestätigung durch den US-Außenminister erfolgte prompt in Montreux: "Die syrischen Friedensverhandlungen müssen nach Ansicht der amerikanischen Regierung mit dem Rücktritt von Präsident Baschar al-Asad enden. Das grösste Hindernis für Frieden in Syrien sei die Tatsache, «dass ein Mensch und eine Familie an der Macht kleben», sagte Aussenminister John Kerry am Mittwoch bei der Eröffnung der Syrien-Friedenskonferenz im schweizerischen Montreux."

Die Regimewechsler haben ihr Ziel nie aufgegeben und wollen immer noch bestimmen, was gut ist für Syrien. Alles weitere dazu kann in vielen meiner Texte nachgelesen werden.

2. Nachtrag: Jürgen Todenhöfer gab schon am 21. Januar in der Süddeutschen Zeitung gewissermaßen vorab eine Antwort auf Kerrys Behauptungen, zu der auch solch aberwitzige gehören wie Assad habe Syrien "zu einem Magneten für Terroristen" aus aller Welt gemacht: "Verhandelt mit Assad!"

3. Nachtrag: Das hatte ich am 23. Oktober 2013 geschrieben: Eine Grundlage für die Gespräche in Genf bietet, was am selben Ort im Juni 2012 von der „Aktionsgruppe für Syrien“ beschlossen wurde. Die Gruppe folgte einem Vorschlag von Brahimi-Vorgänger Kofi Annan und schlug u.a. eine Übergangsregierung für Syrien vor. Der von den westlichen Staaten und ihren Verbündeten sowie den für sie kämpfenden „Rebellen“ gewünschte Rücktritt des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad gehörte nicht zum Inhalt des in Genf beschlossenen Papiers. Genau darüber kam es in der Folgezeit immer wieder zwischen dem Westen und Russland zum Streit. Der russische Außenminister Sergej Lawrow kritisierte u.a. am 2. Februar auf der Internationalen Sicherheitskonferenz in München, dass die Vereinbarung von Genf vor allem von westlicher Seite eher sabotiert statt umgesetzt wurde. Nichtsdestotrotz wurde das Dokument als zweiter Anhang in die vom UN-Sicherheitsrat am 27. September beschlossene Resolution 2118 zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen aufgenommen. „Die Vorbedingung der Aufständischen, dass zuvor Assad abgedankt haben müsse, ist nicht in den Plan aufgenommen worden.“ Darauf machte unlängst erneut der Völkerrechtler Norman Paech in einem Beitrag für die Zeitschrift „Hamburger Debatte“ des Linkspartei-Landesverbandes in Hamburg aufmerksam.

4. Nachtrag: Noch eine Bestätigung, geliefert von der Welt online: "Die Fotos von gravierenden Menschenrechtsverletzungen, die dem syrischen Regime von Baschar al-Assad zur Last gelegt werden, prägen die Gespräche am ersten Tag der Friedenskonferenz von Montreux. Der Präsident der oppositionellen Syrischen Nationalen Koalition Ahmed al-Dscharba sagte, er werde keine Gespräche darüber akzeptieren, dass Assad an der Macht bleibe. Er sei für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich."

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