Die Vertreter der innersyrischen
Opposition, die sich am 28. und 29. Januar 2013 in Genf getroffen
hatten, waren sich in mehreren Punkten einig. Dazu gehörte, „dass die
Dynamik des Konfliktes nicht mehr von Syrern bestimmt werde, sondern von
zahlreichen externen Akteuren mit gesteuert werde“, wie die
Konferenzbeobachterin und -teilnehmerin
Claudia Haydt berichtete.
Sie schrieb auch: „Während der zweitägigen Konferenz äußerte keiner der
Anwesenden die Ansicht, dass mehr Waffen für die Opposition eine Lösung
wären. Im Gegenteil befürchteten die Meisten, dass noch mehr Waffen zu
weiterer Eskalation führen würden. Alle sprachen sich gegen eine
militärische Intervention aus und machten zudem klar, dass die
internationalen Sanktionen vor allem die Bevölkerung treffen.“ Dem
Bericht zufolge hatte Haytham Manna, Leiter der Genfer Konferenz und
Auslandssprecher „Koordinationskomitee für demokratischen Wandel in
Syrien (NCB)“, zur Eröffnung u.a. festgestellt, dass das Ziel, Assad zu
beseitigen, nicht jedes Mittel rechtfertigt. Die Wahl der Mittel forme
die Zukunft: “Es gibt keinen einzigen Fall eines militärischen Sieges
in einer vergleichbaren Situation, der nicht die Saat des Extremismus,
der Vernichtung und der Rache in sich trug. Wir haben vor den
Folgewirkungen der Gewalt auf den sozialen Zusammenhalt, den sozialen
Frieden und die Einheit Syriens gewarnt und werden dies auch weiterhin
tun.”
Daran muss erinnert werden angesichts der jüngsten Meldungen. Inzwischen ist es sogar
zu Spiegel online durchgedrungen, dass die US-Regierung die Ausbildung der „Rebellen“ unterstützt. Nein,
wirklich neu ist das nicht, nur die Details kommen inzwischen mehr und mehr zu Tage.
Ende Februar hatte die junge Welt einen
Bericht der libanesischen Zeitung As-Safir vom 19. Februar 2013
wiedergegeben, wonach die westlichen Staaten den „Rebellen“ längst
aktiv Hilfe gewähren: „Frankreich, Großbritannien und Italien helfen der
bewaffneten Opposition in Syrien, um sich Einfluß auf die
geostrategisch wichtige Entwicklung in Syrien zu sichern. Neben den
genannten Staaten sind auch die USA, Deutschland, Saudi-Arabien,
Jordanien und Katar in die Kämpfe in Syrien involviert. Private
Sicherheitsfirmen agieren in Absprache mit Geheimdiensten, die sich
weder an Regierungserklärungen noch an EU-Sanktionen gebunden fühlen.
Regierungen wahren darüber Stillschweigen.“ Dem
As-Safir-Bericht
zufolge dienen die verdeckten Operationen dazu, im Norden Syriens –
an der Grenze zur Türkei – einen „Brückenkopf“ der „Rebellen“ zu
festigen. „Über den sollten die Kontrolle der bewaffneten syrischen
Opposition erhalten bleiben und ‚qualitative militärische Operationen‘
ausgeführt werden können. Agenten des französischen
Auslandsgeheimdienstes arbeiteten ‚ohne Unterbrechung in Syrien‘, ihre
Aufmarschgebiete seien die Bekaa-Ebene im Nordlibanon und – gemeinsam
mit amerikanischen und britischen Geheimdiensten – die syrisch-türkische
Grenzregion. Westliche Staaten würden vermeiden, den Aufständischen
Waffen aus ihrem eigenen Arsenal zur Verfügung zu stellen, so die Quelle
weiter. Die Franzosen nutzten einen ‚Geheimfonds für
Auslandsoperationen‘, um modernste Kommunikationstechnik und russische
Waffen zu kaufen.“
Nach den ersten
Informationen über Waffen aus Kroatien via Jordanien an die "Rebellen" in Syrien ist Berichten zufolge nun bekannt, wer die "
große Luftbrücke von Waffen für die syrischen Rebellen via Zagreb"
organisierte: Die USA, unterstützt von Großbritannien und anderen
europäischen Staaten, trotz des geltenden Waffenembargos. Das meldete
der britische
Telegraph am 8. März 2013. Das Blatt berief sich auf einen neuen Bericht der kroatischen Zeitung
Jutarnji list vom 7. März 2013, von der auch schon die ersten Informationen stammten. Danach organsierten US-Beamte den Waffendeal, Saudi-Arabien
bezahlte und Jordanien und die Türkei halfen mit 75 Flugzeugeinsätzen
von Zagreb aus beim Transport der 3.000 Tonnen Waffen, die dann von
jordanischem Territorium aus zu den "Rebellen" in Syrien gebracht
wurden. Inzwischen wurde auch
gemeldet, dass Großbritannien die Hilfen für die „Rebellen“ ausweiten
und auch gepanzerte Fahrzeuge an diese liefern will. Zu Recht verlangt
die russische Regierung, die sich für eine friedliche Lösung einsetzt,
über die Hilfe für die „Rebellen“ und die Waffenlieferungen an diese aufgeklärt zu werden.
Solche Berichte belegen, dass und wie die führenden westlichen
Regierungen und ihre arabischen Verbündeten weiterhin jeglichen
tatsächlichen Versuch für eine friedliche Lösung und ein Ende des
Krieges gegen und in Syrien ignorieren und torpedieren. Es geht ihnen
weiter nur um den Sturz des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, wofür
ihnen fast jedes Mittel Recht ist, bloß bisher nicht der Einsatz
eigener Soldaten. Das bestätigt u.a. US-Außenminister John Kerry, nach
dessen Worten zahlreiche Länder an der militärischen Ausbildung von
syrischen Aufständischen beteiligt sind,
wie die Agenturen am 6. März 2013 berichteten:
„Assad
müsse diese Zeichen richtig deuten, fügte Kerry, der sich in Katar
aufhielt, hinzu.“ In diese Reihe gehört, dass der ehemalige
US-Botschafter in Syrien, Robert Ford, laut
junge Welt vom 6. März 2013
kürzlich deutlich machte, dass Washington die Aufständischen weiterhin
anhalte, keine Gespräche mit der syrischen Regierung aufzunehmen,
solange sie nicht ihre militärischen Positionen gestärkt hätten. Laut
der libanesischen Tageszeitung
Al-Akhbar vom 4. März 2013
habe Ford die Einnahme von Damaskus als entscheidend bezeichnet. Die
Schlacht um die Hauptstadt sei nicht vorbei. Dazu passt weiterhin, dass
die Arabische Liga
den syrischen Platz an die vom Westen gesteuerte „Nationale Koalition“ vergab
und die syrische Regierung ausgeschlossen hat. Die „Opposition“ dankt
passenderweise „insbesondere Saudi-Arabien, Katar, Ägypten und anderen
Golfstaaten, für diesen wichtigen politischen Schritt“. Solche Haltungen
wie die der libanesischen Regierung sind
leider nur Einzelpositionen: „Der Libanon forderte dagegen die
Arabische Liga auf, die Aussetzung der Mitgliedschaft Syriens rückgängig
zu machen, um zum Dialog zurückzukehren.“
Die westlichen Regierungen und ihre arabischen Verbündeten sind damit
die wahren Verantwortlichen für das nicht endende Blutvergießen in dem
Land. Sie sind auch verantwortlich für Aktionen der „Rebellen“ wie die
Geiselnahme der philippinischen UN-Beobachter auf dem Golan, die
zum Glück inzwischen wieder freigelassen
wurden. Sie könnten zum Frieden beitragen, wenn sie wollen – sie wollen
aber nicht zu einem Frieden beitragen, der nicht ihren Interessen
entsrpicht, wie eine kleine Meldung im August 2012 schon
zeigte: „Westliche Diplomaten haben laut Syriens Außenminister Walid
Muallem Syrien versprochen, die Krise im Lande zu regeln, wenn Damaskus
seine Beziehungen mit dem Iran und der schiitischen Gruppierung
Hesbollah abbricht.“ Das berichtete
RIA Novosti am 28. August 2012 auf Grundlage eines
Interviews des britischen Independent mit dem syrischen Außenminister.
Kerrys „Hoffnung“, dass Syriens Präsident Assad an den
Verhandlungstisch zurückkehrt, um eine „friedliche» Lösung“ für den seit
zwei Jahren andauernden Konflikt zu finden, ignoriert nicht nur die
Tatsache, dass die syrische Regierung sich mehrfach bereit erklärt
hatte, zu verhandeln. Sie ignoriert auch, dass es immer die sogenannte,
vom Westen unterstützte Opposition war,
die Verhandlungen entweder ablehnte
und erwartungsgemäß nicht annehmbare Vorbedingungen stellte. Der Westen
unterstützt mit seinem tatsächlichen Handeln all jene, die gar nicht an
eine friedliche Lösung im Interesse der Menschen in Syrien denken. Dass
all jene, die nur an dem Sturz des syrischen Präsidenten interessiert
sind, egal, wie viele Menschen dafür sterben müssen, weiter an diesem
Ziel festhalten, dazu trägt auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon bei. Er sprach sich in einem
Interview mit dem österreichischen Nachrichtenmagazin profil
dafür aus, eine Anklage von Syriens Präsident Bashar al-Assad vor dem
Internationalen Strafgerichtshof (ICC) zu debattieren. „‚Meine
Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, hat erklärt, dass
dieser Fall vom Internationalen Strafgerichtshof behandelt werden
sollte. Und auch ich unterstütze eine Diskussion hierüber‘, so Ban
Ki-moon laut Vorausmeldung des
profil", schrieb der österreichische
Standard am 9. März 2013.
Ja, warum denn mit einem verhandeln, der auch international als
„Verbrecher“ abgestempelt wird. So werden jegliche möglichen
Verhandlungen von vornherein verhindert. Da kann die syrische Führung so
oft sie will ihre
Bereitschaft zum Dialog wiederholen (siehe auch
junge Welt vom 9. März 2013).
Der Krieg gegen und in Syrien hat längst „afghanische“ Dimension
erreicht: „Militante Tschetschenen aus Russland kämpfen nach Aussage von
Experten in größerer Zahl auf der Seite der syrischen Rebellen. Auch
syrische Militärs sprechen von Dutzenden, möglicherweise 100 Islamisten
aus dem Nordkaukasus, die sich dem Aufstand gegen den von Russland
unterstützten Präsidenten Baschar al-Assad angeschlossen haben. Neben
Koranschülern seien kampferprobte Islamisten in Syrien, die ihre
militärischen Erfahrungen in den den beiden Tschetschenien-Kriegen in
den 1990er Jahren gesammelt hätten. In Oppositionskreisen ist davon die
Rede, dass die Tschetschenen nach Libyern das zweitgrößte Kontingent an
ausländischen Kämpfern stellen.“ Das berichtete der österreichische
Standard am 7. März 2013. Inzwischen kämpfen Berichten zufolge auch hunderte junge Europäer in Syrien mit, darunter laut Zeitung
La Libre Belgique vom 9. März 2013
mindestens 70 Belgier. Danach sprach Michele Coninsx, Vorsitzende der
europäischen Einheit der Ermittlungs- und Vollzugsbehörden
Eurojust,
in einem Radiointerview von "Dutzenden junger Flamen" aus Antwerpen,
Mechelen und Vilvoorde. Es handele sich aber um ein „breiteres
Phänomen“.
Eurojust sei „besorgt“ und schätze, dass mehrere
hundert Europäer nach Syrien gegangen seien, um mit den „Rebellen“ in
Syrien zu kämpfen.
Nachtrag vom 11.3.2013: Inzwischen hat
Spiegel online einen
Kommentar von Susanne Koelbl
veröffentlicht, in dem u.a. zu lesen ist: "Präsident Baschar al-Assad
muss gehen, vorher gibt es keine Verhandlungen in Syrien - das ist die
Position des Westens. Die Forderung ist fatal, denn sie verlängert das
Blutvergießen. So wird das Land in Anarchie versinken, zerstört und
zerstückelt in Kriegsfürstentümer und islamistische Enklaven." Keine
besondere Erkenntnis und spät kommt sie auch bei einem
Mainstream-Medieum wie
Spiegel online, aber sie kommt immerhin.
Mich überrascht das nicht, was da geschrieben wird über die Vergangenheit des neuen Papstes. Wäre Jose Mario Bergoglio nicht machtorientiert wäre er nicht da, wo er jetzt ist. Erzbischof Arnulfo Romero hat wirklich etwas für die Armen und die Opfer einer brutalen Diktatur getan und ist nicht so weit gekommen. Ein Faschist stoppte das irdische Wirken Romeros. Der war dabei nicht einmal ein "Linker" und eher kein "Befreiungstheologe". Die Rolle der katholischen Kirche bei dem ganzen Fall ist auch nicht ganz so eindeutig, wenn ich mich recht an eine TV-Doku zum Mord an Romero erinnere.
Das passt zu dem, was u.a. Karl-Heinz Deschner über die katholische Kirche schrieb: "Mit Gott und den Faschisten". Im Kampf gegen die Kommunisten, diese Teufelsbrut, war und ist der katholischen Kirche noch jeder Mitsreiter recht. Dass der Pole Karol Woytila 1978 Papst wurde, war ähnlich wie jetzt die Wahl Bergoglios auch weniger zufällig bzw. überraschend, als es vielen damals erschien. Wem das zu sehr nach Verschwörungstheorie klingt, wer aber dennoch an Belegen dazu interessiert ist, dem empfehle ich u.a. das Buch von "Watergate"-Enthüller Carl Bernstein und Marco Politi "Seine Heiligkeit - Johannes Paul II und die Geheimdiplomatie des Vatikans" über die nach Aussage der Autoren "historische Allianz zwischen dem polnischen Papst und dem amerikanischen Präsidenten zur Niederschlagung des Kommunismus in Osteuropa". Auf Seite 320 ist u.a. zu lesen: "Die vom Antimarxismus geprägte historische Beziehung, die sich zwischen einer weltlichen und einer geistigen Supermacht entwickelte, führte zu einer engen Zusammenarbeit, die beiden Seiten großen Nutzen brachte, besonders im Hinblick auf Polen und Mittelamerika."
Es wundert mich angesichts dessen nicht, dass entgegen des Geredes vom "Papst der Armen" lateinamerikanische Linke eher besorgt ob der Wahl Bergoglios zum Papst sind. 2011 war über den "Diktatorenfreund" im österreichen Standard zu lesen: "Der Jesuit Bergoglio unterscheidet sich theologisch kaum von Benedikt. Politisch jedoch ist er fragwürdig: Er tolerierte die argentinische Militärdiktatur und fand nie auch nur ein Wort der Kritik an der Ermordung tausender Regimegegner. Dass so ein Mann unter den Kardinälen auf 40 Stimmen kam, ist eigentlich ein Alarmzeichen. 115 Kardinäle waren damals wahlberechtigt - 40 keine klaren Verteidiger der Menschenrechte." Blase Bonpane, der u.a. Priester in Guatemala war, kommentierte die Wahl Bergoglios zum Papst so: "“We have a situation here like Pius XII and the Third Reich."
Zeit online schreibt am 14. März 2013 im Zusammenhang mit der Papstwahl: "Lateinamerikas linke politische Bewegung ist auch deshalb so stark und erfolgreich, weil sie die öffentliche Armutsdebatte nahezu konkurrenzlos besetzte." Papst Franziskus könnte ein Versuch der weltlich und kirchlich Mächtigen sein, dem etwas entgegenzusetzen. Da dürfte das Gerede vom "Papst der Armen" der passende Mummenschanz sein. Dass es Bergoglio in seiner neuen Rolle nicht um irdische Gerechtigkeit geht, dürfte mit seiner ersten Messe deutlich geworden sein, in der er den Meldungen zu Folge die Kirche zur "Abkehr von weltlichen Versuchungen" aufrief, sonst verkümmere sie zu einer „mitfühlenden Nicht-Regierungsorganisation“. Schon sein Vorgänger, Papst Benedikt XVI., forderte: „Kirche muss sich entweltlichen“. Alles andere wäre auch tatsächlich überraschend gewesen.
Papst für die Armen – so wäre es richtig, damit die Armen weiter stillhalten und sich angesichts ihres irdischen Elends weiter auf das Jenseits, auf den Himmel vertrösten. Dort kommen sie ja hin, wenn sie gottesfürchtig leben, untertänig bleiben und sich nicht auch noch um Homoehe, Verhütung und ähnliches Teufelszeug kümmern. Dafür haben sie in ihrem täglichen Existenzkampf sowieso keine Zeit.